Alle vier Jahre beschäftigt die Fußballweltmeisterschaft der Herren viele Fußballfans auch am Arbeitsplatz: Die Spielpläne hängen, das Büro-Tippspiel ist organisiert und der Arbeitsplatz ist in den favorisierten Nationalfarben geschmückt. Je nach Austragungsort finden die Spiele aber vor allem spätabendlich und nachts (Brasilien) oder tagsüber (Katar, Südkorea) statt, was dann entweder die fußballbegeisterten Arbeitnehmern mit Tagesjobs oder die Nachtschichtler der Republik verärgert.

Manche Unternehmen gestalten ihre Arbeitszeiten zur WM zwar flexibler, im Großen und Ganzen dürfte das jedoch die Ausnahme bleiben. Damit die Übrigen trotz Fußballbegeisterung ihren Arbeitsplatz auch noch nach dem Finalspiel haben, stellen wir Ihnen hier einige Tipps zum Thema zusammen, damit Sie trotzdem die WM während der Arbeit genießen können:

Findige Arbeitnehmer kennen viele Wege, auf denen Sie die WM während der Arbeit verfolgen können. Leider schiebt das Arbeitsrecht den Meisten davon einen Riegel vor. Was erlaubt ist und was nicht:

  1. Der Fernseher im Büro
  2. Internetstreams
  3. News-Ticker auf dem Handy
  4. Die Radio-Alternative
  5. Im Trikot zur Arbeit
  6. Arbeitsplatzdekoration
  7. Tippspiel
  8. Außerordentliche Kündigung: Ist ein Tippspiel illegal?
  9. Kicken in der Pause
  10. Zur WM krank melden oder Urlaub nehmen?
  11. Tipp: Betriebsvereinbarung schließen

1. Der Fernseher im Büro

Zunächst die verlockendste Alternative: Ein Fernseher im eigenen Büro oder in der Werkshalle aufstellen. So schön es klingt, jedes Spiel der Fußballweltmeisterschaft während der Arbeit schauen zu können: Ein unerlaubter Fernseher am Arbeitsplatz ist ein Kündigungsgrund.

Grund: Wer während seiner Schicht in den Fernseher starrt, kann meistens nicht vernünftig nebenher arbeiten. Das ist klassischerweise Arbeitsverweigerung und wird mit einer Abmahnung – oder mit Kündigung – bestraft.
Selbst wenn der Chef den Fernseher im Pausenraum oder am Arbeitsplatz erlaubt: Das Verfolgen der WM während der Arbeit ist privates Freizeitvergnügen und keine Arbeitszeit. Die 90 Minuten müssen grundsätzlich nachgearbeitet werden.


2. Internetstreams

Für den Internetstream der Übertragung gilt generell das Gleiche. Zusätzlich zum Verschwenden der Arbeitszeit blockieren Sie dabei auch das Arbeitsgerät des Betriebs. Wenn Ihr Stream das vorhandene Datenvolumen aufbraucht, behindern Sie den Arbeitsablauf der Kollegen, was über die Kündigung hinaus auch zu Schadensersatzansprüchen des Arbeitgebers führen kann.


3. News-Ticker auf dem Handy

Vergleichsweise harmlos ist hingegen das Lesen eines Newstickers. Grundsätzlich ist das zwar privat und damit verboten, aber zumindest blockieren Sie kein Arbeitsgerät. Trotzdem sollten Sie um Erlaubnis fragen, denn eine Abmahnung ist auch für die Handynutzung am Arbeitsplatz möglich. Der Arbeitgeber kann eine bislang erlaubte Handynutzung übrigens auch von heute auf morgen widerrufen (ArbG Ludwigshafen, Beschluss vom 30.10.2009, Az: 6 TaBV 33/09).


4. Die Radio-Alternative

Hier die gute Nachricht für Fußballfreunde: Wer die Spiele während der Arbeitszeit im Radio verfolgen möchte, darf das grundsätzlich, so lange er den Betriebsablauf nicht stört und seine Arbeitsleistung nicht beeinträchtigt ist. Wenn der Arbeitnehmer trotz der WM während der Arbeit gute Ergebnisse erzielt und kein Kollege gestört wird, darf man bei der Arbeit Radio hören. Will der Arbeitgeber das unterbinden, muss er einen der oben genannten Punkte nachweisen und bei Bestehen eines Betriebsrates diesen an der Beratung über das Verbot beteiligen (Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 14. Januar 1986, Az: 1 ABR 75/83). Das Stören von Kollegen kann man zumindest umgehen, wenn man das Spiel mit Kopfhörer verfolgt.

Etwas anderes gilt allerdings, wenn das Radioverbot eine sog. arbeitsnotwendige Maßnahme darstellt. Das ist z.B. der Fall, wenn Ihre Tätigkeit in der Beratung von Kunden besteht. Der Arbeitgeber darf dann alleine, also ohne Beteiligung des Betriebsrats, bestimmen, dass kein Radio gehört werden darf (BAG 14.01.1986, Az: 1ABR 75/83).

Wer bislang immer Radio am Arbeitsplatz hörte, der kann sich unter Umständen auf eine „betriebliche Übung“ berufen. Eine solche liegt vor, wenn der Arbeitgeber über einen längeren Zeitraum eine Leistung an den Arbeitnehmer gewährte, die er nicht unter den Vorbehalt der Freiwilligkeit gestellt hat. Stillschweigendes Akzeptieren des Radiokonsums kann also auch zur WM einen Rechtsanspruch begründen, der für den Arbeitgeber nicht so einfach zu widerrufen ist.


Fußballbegeisterte Arbeitnehmer wollen natürlich nicht nur die Spiele verfolgen. Passionierte Mitarbeiter kommen im Trikot der Lieblingsmannschaft ins Büro, hängen Fähnchen auf oder wetten und fachsimpeln mit Kollegen. Einiges davon ist arbeitsrechtlich in Ordnung, einiges nicht. Hier die wichtigsten Fälle:

5. Im Trikot zur Arbeit

Die Lieblingsmannschaft spielt oder hat grade gewonnen: Für echte Fans bedeutet das Trikotpflicht – auch am Arbeitsplatz. Praktisch: Das Trikot am Arbeitsplatz ist grundsätzlich erlaubt! Arbeitgeber können nur in begründeten Fällen ein Trikotverbot aussprechen. Dabei kommt es auf die Gesamtumstände an. Man wägt das Interesse des Arbeitgebers an einem reibungslosen Betriebsablauf gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers ab.

Wer sein Unternehmen bei Kunden und in der Öffentlichkeit repräsentiert, muss schärfere Einschränkungen hinnehmen, als seine Kollegen im sogenannten „Backoffice“(Landesarbeitsgericht Köln, Beschluss vom 18. August 2010, 3 TaBV 15/10). Damit ist grundsätzlich auch das Fußballtrikot erlaubt, wenn nicht das Arbeitsumfeld (beispielsweise eine Privatbank) eine gewisse Erscheinung verlangt oder der Betriebsfrieden (durch zu befürchtende Krawalle zwischen den Fangruppen im Betrieb) gefährdet ist.

Ausnahme: Das Trikot riecht nach der gestrigen Bierdusche. Dann sollten Sie es waschen, Ihren Kollegen und Ihrem Job zu liebe. Wer riecht, kann nämlich, zumindest innerhalb der Probezeit, gefeuert werden (vgl. Arbeitsgericht Köln, Urteil vom 25. März 2010, Az: 4 Ca 10458/09).

6. Arbeitsplatzdekoration

Verboten ist es hingegen, den Arbeitsplatz nach Belieben zu dekorieren. Der Arbeitgeber hat das Hausrecht in seinem Betrieb und darf daher entscheiden, wie dieser auszusehen hat. Der bundestrainerförmige Wackelelvis und die schwarz-rot-goldene Girlande müssen also leider im heimischen Wohnzimmer bleiben. Allerdings: Versuch macht klug. Wenn der Arbeitgeber keine generelle Richtlinie für die Arbeitsplatzdekoration ausgegeben hat, muss er sein Direktionsrecht erst ausüben. Bis dahin können Sie es ja ausprobieren.


7. Tippspiel

Auch das in vielen Büros beliebte Tippspiel zur WM ist während der Arbeit nicht gestattet. Höchstens in Pausen ist Tippen, Auswerten und Kassieren erlaubt. Streng genommen darf während der Arbeitszeit nicht einmal über die Ergebnisse geredet werden. Wer einen besonders strengen Arbeitgeber hat, der muss unter Umständen ganz auf das Tippspiel zur WM verzichten, denn genau genommen veranstalten Sie ein Glücksspiel, für das Sie keine Lizenz besitzen. Weil Glücksspiel mit moralischen Fragen behaftet ist, kann es der Arbeitgeber generell verbieten, wenn er den Betriebsfrieden gefährdet sieht.

Viele Arbeitgeber werden das allerdings nicht so eng sehen. Sie kennen Ihr Betriebsklima können Reaktionen von Kollegen und Chefs am besten vorhersehen. Ansonsten: Fragen Sie doch, ob der Chef mittippen will.


8. Außerordentliche Kündigung: Ist ein Tippspiel illegal?

Wer im Betrieb eine Straftat begeht, kann außerordentlich gekündigt werden (vergleiche hier). Der Leiter eines Tippspiels könnte sich beispielsweise wegen illegalen Glücksspiels strafbar machen. Im Strafgesetzbuch heißt es in § 284 StGB:

  1. Wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu bereitstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
  2. Als öffentlich veranstaltet gelten auch Glücksspiele in Vereinen oder geschlossenen Gesellschaften, in denen Glücksspiele gewohnheitsmäßig veranstaltet werden.

Der Betrieb ist zwar eine geschlossene Gesellschaft, wer allerdings nicht ständig den Kollegen bezahlte Wetten auf sportliche Großereignisse anbietet, sollte aus dem Schneider sein. Er handelt dann nicht gewohnheitsmäßig. Das Tippspiel zur WM während der Arbeit rechtfertigt also keine außerordentliche Kündigung, für die Teilnehmer birgt es aber dennoch die Gefahr, abgemahnt zu werden.


9. Kicken in der Pause

In der Pause haben Sie Freizeit. Einer Runde aktivem Fußball mit den Kollegen steht also nichts im Weg. Aber Vorsicht: Es darf weder Eigentum des Arbeitgebers kaputt gehen (der berühmte Ball in der Fensterscheibe), noch dürfen Sie Ihre Arbeitsfähigkeit fahrlässig aufs Spiel setzen. Verletzten Sie sich auf Grund übertrieben harter Spielweise oder viel zu schlechter Vorbereitung, können Sie unter Umständen den Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall verlieren (§ 3 EFZG). Fußball an sich ist zwar keine besonders gefährliche Sportart, es kommt aber maßgeblich darauf an, ob Sie „gröblich gegen das von einem verständigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartende Verhalten verstoßen“ haben, so das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 7. Oktober 1981, Az: 5 AZR 338/79; AP Nr. 45 zu § 1 LohnFG).

Wer im Zuge der WM während der Arbeit kicken möchte und dabei umsichtig ist, sollte aber kein Problem bekommen.


10. Zur WM krank melden oder Urlaub nehmen?

Ein heikles Thema: Urlaub zur WM nehmen. Sie sind sicher nicht der erste in ihrer Firma, der diese Idee hatte. Auch steht Ihnen grundsätzlich zwar ein Recht auf Erholungsurlaub zu, der Arbeitgeber darf Ihren Antrag nur aus wichtigen betrieblichen Gründen ablehnen. Die können allerdings schon vorliegen, wenn so viele Arbeitnehmer zur WM Urlaub beantragt haben, dass der Betrieb faktisch stillgelegt würde. In diesem Fall kann der Arbeitgeber Ihren WM-Urlaub ablehnen. Übrigens: Auch unbezahlter Urlaub darf nur genommen werden, wenn er genehmigt wurde.

Vielleicht schaffen Sie es jedoch, mit einem weniger fußballbegeisterten Kollegen die Schichten der wichtigsten Spiele zu tauschen.

Achtung: Einfach krankfeiern geht natürlich nicht. Wer sich dennoch zur WM krank meldet, läuft Gefahr wegen vorgetäuschter Krankheit gekündigt zu werden. Der Arbeitgeber kann schon am ersten Tag eine Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit verlangen. Wer auffällig oft zu Spielen krank ist, wird wohl relativ schnell auffliegen. Wer hingegen wirklich krank ist, darf natürlich fernsehen.

11. Tipp: Betriebsvereinbarung schließen

Wenn Sie das Gefühl haben, die WM während der Arbeit nicht ausreichend genießen zu dürfen, sollten Sie mit dem Arbeitgeber verhandeln. Wenn Ihr Unternehmen einen Betriebsrat hat, kann er mit dem Arbeitgeber eine Betriebsvereinbarung für die Dauer der Weltmeisterschaft schließen. Verlängerte Pausen und ein Fernseher im Aufenthaltsraum, ein extra Arbeitszeitkonto für die Weltmeisterschaft und viele andere Möglichkeiten sind denkbar.

Haben Sie keinen Betriebsrat, wird die Zeit wohl kaum reichen, um noch schnell einen Betriebsrat zu gründen. Vielleicht erkennt Ihr Chef aber auch, dass ein gemeinsames Schauen der WM während der Arbeit eine hervorragende Teambuilding-Maßnahme sein kann.