1. Warum ist der Zeitpunkt des Zugangs so wichtig?
  2. Nur schriftliche Kündigung geht wirksam zu
  3. Zugang der Kündigung
  4. Problematische Fälle und Nachweis des Zugangs
  5. Muss die Kündigung angenommen werden?
  6. Abfindungsanspruch prüfen und Höhe der Abfindung ermitteln
  7. Wie kündige ich am besten?
  8. Fazit
  9. Video

1. Warum ist der Zeitpunkt des Zugangs so wichtig?

Bei einer Kündigung entsteht zwischen den Beteiligten (Arbeitnehmer und Arbeitgeber) nicht selten Streit darüber, ob und wann die Kündigung zugegangen ist. Der Zeitpunkt ist aus zwei Gründen sehr wichtig:

Klage nur bis drei Wochen nach Zugang

Bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber kann der Arbeitnehmer nur innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Kündigungsschutzklage einreichen. Nach Ablauf dieser Frist ist der Arbeitsplatz endgültig verloren. Die drei Wochen beginnen mit dem Tag des Zugangs.

Beispiel: Geht die Kündigung am 1. September zu, kann die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers bis zum 22. September erhoben werden, d.h. die Klageschrift muss bis zu diesem Tag beim Arbeitsgericht eingegangen sein.

Zugang bestimmt, ab wann Kündigung gültig ist

Der Zeitpunkt des Zugangs hat außerdem große Bedeutung für die Berechnung der Kündigungsfrist.

Häufig ist die Kündigung nur bis zu bestimmten Stichtagen möglich, etwa zum 15. eines Monats oder zum Monatsende. Dann muss die Kündigung mit ausreichendem Vorlauf zugehen, sodass vor dem Stichtag noch die Kündigungsfrist ablaufen kann. Wird dieser Stichtag durch einen verspäteten Zugang der Kündigung „verpasst“, verlängert sich die Frist um die Dauer bis zum nächsten Stichtag. Das bedeutet: Das Arbeitsverhältnis besteht unverändert weiter.

Beispiel: Der Arbeitgeber will einem Arbeitnehmer, der seit über zwei Jahren beschäftigt ist, ordentlich kündigen. Da keine besonderen Kündigungsbestimmungen im Arbeitsvertrag enthalten sind und auch kein Tarifvertrag anwendbar ist, richtet sich die Kündigungsfrist für den Arbeitgeber nach § 622 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Danach gilt für Arbeitsverhältnisse mit einer Dauer von über 2 Jahren eine Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende (Stichtag).
 
Will der Arbeitgeber also zum 30. September kündigen, muss die Kündigung dem Arbeitnehmer spätestens zum Ende des Vormonats – also am 31. August – zugehen. Geht die Kündigung erst am 1. September zu, wird sie erst zum 31. Oktober wirksam.

2. Nur schriftliche Kündigung geht wirksam zu

Die Kündigung muss zunächst wirksam erklärt worden sein. Nach § 623 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) bedarf die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses der Schriftform. Die Schriftform wiederum verlangt eine eigenhändige Unterschrift (vgl. § 126 Abs. 1 BGB). Ein Schriftstück ohne Unterschrift, ein Fax oder eine E-Mail/WhatsApp reichen nicht!

Wird eine Kündigung ohne Einhaltung der Schriftform erklärt, ist diese von vorneherein unwirksam.

Auch Namensstempel, ein Namenskürzel anstelle der vollen Unterschrift oder eine eingescannte Schrift bzw. die Kopie einer unterschriebenen Kündigung sind nicht ausreichend!

3. Zugang der Kündigung

Eine Kündigung wird erst zu dem Zeitpunkt wirksam, in dem sie dem Kündigungsempfänger zugegangen ist.

Kündigung persönlich übergeben

Wird die Kündigung durch den Arbeitgeber oder Arbeitnehmer persönlich übergeben, geht sie am Tag der Übergabe zu. Diese sollte stets unter Zeugen geschehen (s.u.).

Kündigung per Post: Welches Datum zählt?

Problematischer ist die Ermittlung des Zugangs, wenn die Kündigung nicht persönlich übergeben, sondern mit der Post verschickt oder durch einen Boten übergeben wird.

Bei einem sogenannten Zugang unter Abwesenden (vgl. § 130 BGB) wird die Kündigung grundsätzlich wirksam, wenn der Empfänger von ihr Kenntnis nimmt, also etwa seine Post öffnet und das Kündigungsschreiben liest.

Man kann den Zeitpunkt des Zugangs allerdings nicht beliebig hinauszögern, indem man einfach nicht die Post liest. Der Zugang wird nämlich spätestens angenommen, wenn

  • die Kündigung in den „Machtbereich“ des Empfängers gelangt (in aller Regel meint das, dass sie in seinem Briefkasten liegt)
  • und unter gewöhnlichen Umständen damit zu rechnen ist, dass der Empfänger sie zur Kenntnis nehmen konnte.

Aus der letzten Voraussetzung wird deutlich: Es kommt gar nicht darauf an, dass der Empfänger das Schreiben tatsächlich liest. Entscheidend sind die gewöhnlichen Umstände.

Früher wurde vielfach angenommen, dass der Einwurf eines Kündigungsschreibens in den Briefkasten ab 17:00 Uhr in der Regel eine Zustellung erst am Folgetag bewirkt.

Mit Urteil vom 22.08.2019 (Az. 2 AZR 111/19) hat das Bundesarbeitsgericht aber ausdrücklich klargestellt, dass ein solcher Richtwert im Hinblick auf die modernen Arbeitszeiten und Arbeitsmodelle (z.B. Home-Office, Teilzeit) allein nicht zur Bestimmung des Zeitpunkts des Zugangs ausreicht, sondern dass dieser immer anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls geprüft werden muss.
 
Es ging um folgenden Fall: Der Arbeitgeber warf das Schreiben selbst am 27.1. beim Arbeitnehmer an dessen Wohnort im Elsass ein. Die Vorinstanzen nahmen an, dass der Zugang noch am Tag selbst erfolgt sei. Das Bundesarbeitsgericht hatte Zweifel. Schließlich werde die Post an dem Ort unstreitig bis 11 Uhr spätestens ausgetragen. Warum sollte man anschließend noch in den Briefkasten schauen? Es müsse z.B. auch in den Blick genommen werden, ob der Betroffene über Tag zuhause sei. Erst dann können die „gewöhnlichen Umstände“ ermittelt werden.

Arbeitgeber sind daher gut beraten, eine Kündigung frühzeitig zuzustellen. Arbeitnehmer hingegen sollten sich den genauen Zeitpunkt notieren, wann sie das Kündigungsschreiben aus dem Briefkasten geholt und wann sie diesen zuletzt geleert haben.

Völlig irrelevant ist übrigens das Datum, das auf dem Kündigungsschreiben als Datumsangabe vermerkt ist. Dieses bezeichnet lediglich den Tag, an dem die Kündigungserklärung aufgesetzt wurde.

Kündigung per Einschreiben: Welches Datum zählt?

Auch beim Einschreiben spielt das Datum auf dem Briefkopf keine Rolle. Entscheidend ist auch in diesem Fall, wann die Kündigung in den Machtbereich des Empfängers gerät und unter gewöhnlichen Umständen zur Kenntnis genommen wird.

Beim Einwurfeinschreiben gilt daher zunächst nichts anderes als bei einer einfachen Postsendung. Hier besteht aber der große Vorteil, dass der Postmitarbeiter den Zeitpunkt des Einwurfs notiert.

Achtung: Dieser Zeitpunkt ist nicht gleichzusetzen mit dem Zugang. Es kommt darauf an, wann unter regelmäßigen Umständen mit der Leerung des Briefkastens zu rechnen ist (s.o.). Das lässt sich aber deutlich besser ermitteln, wenn der Zeitpunkt des Einwurfs klar ist.

Bei einem normalen Einschreiben (Standardeinschreiben) ist die Lage anders:

  • Nimmt der Empfänger das Schreiben persönlich entgegen, ist der Zugang in diesem Moment erfolgt.
  • Übergibt die Post das Schreiben einem anderen Bewohner der Wohnung (z.B. Ehemann), kommt es wiederum auf den Zeitpunkt an, in dem unter gewöhnlichen Umständen mit der Weitergabe zu rechnen ist (meist am selben Tag abends).
  • Trifft der Postbote niemanden an, wirft er nur eine Benachrichtigung in den Briefkasten. Damit ist das Kündigungsschreiben selbst noch nicht in den Machtbereich gelangt und ein Zugang nach wie vor nicht möglich. Einige Gerichte nehmen an, dass der Arbeitnehmer nach dem zweiten gescheiterten Zustellversuch zur Abholung des Schreibens verpflichtet sei. Ob die Kündigung wirksam wird, wenn der Arbeitnehmer das Einschreiben nicht abholt, ist allerdings umstritten. Arbeitgeber sollten darauf nicht vertrauen.

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4. Problematische Fälle des Zugangs

Klassischerweise kommt es in folgenden Situationen zum Streit über den Zugangszeitpunkt:

  • Der Arbeitnehmer ist im Urlaub oder im Krankenhaus: Das verschickte Kündigungsschreiben geht dann in dem Zeitpunkt zu, in dem üblicherweise mit der Kenntnisnahme zu rechnen wäre. Es wird also so getan, als wäre der Arbeitnehmer gar nicht im Urlaub bzw. im Krankenhaus. Natürlich ist das Schreiben an die Heimatadresse zu senden.
  • Der Chef ist im Urlaub: Kündigt der Arbeitnehmer während einer Urlaubsreise des Arbeitgebers, so geht die Kündigung trotzdem zu. Auch hier kommt es auf den gewöhnlichen Zeitpunkt der Kenntnisnahme ohne Urlaub an.
  • Der Arbeitnehmer verhindert die Zustellung: Ein findiger Arbeitnehmer mag auf die Idee kommen, seinen Postkasten zuzukleben oder den Briefträger mit dem Einschreiben wegzuschicken. In diesen Fällen wird der Zugang allerdings fingiert. Es wird also so getan, als sei die Kündigung zugegangen, obwohl das Schreiben tatsächlich nicht beim Arbeitnehmer liegt.
  • Dasselbe gilt, wenn der Arbeitnehmer mit unbekannter Anschrift umzieht.

5. Muss die Kündigung angenommen werden?

Nein! Eine Kündigung des Arbeitsvertrags ist eine einseitige Willenserklärung. „Einseitig“ bedeutet, dass die Kündigung – anders als ein Vertragsangebot – gerade nicht vom Empfänger der Kündigung angenommen werden muss.

Eine Kündigung wird nach ihrem Zugang also wirksam, egal, ob der Empfänger sie akzeptiert oder nicht.

Gerade bei der Kündigung durch den Arbeitgeber ist allerdings ein Sonderfall wichtig: Der „Arbeitgeber“ ist oft keine natürliche Person, sondern eine Gesellschaft (z.B. eine GmbH). Die Kündigung unterschreibt dann ein Vertreter. Haben Arbeitnehmer Zweifel daran, dass diese Person tatsächlich intern zur Entlassung befugt ist, sollten sie unverzüglich eine Vollmachtsurkunde verlangen und die Kündigung zurückweisen. Sie wird dann nicht wirksam, wenn die Person keine Vollmacht vorlegt. So lässt sich der Kündigungszeitpunkt hinauszögern.

Beispiel: Arbeitnehmer A ist im Streit mit dem stellvertretenden Abteilungsleiter L. Der eigentliche Abteilungsleiter ist krankheitsbedingt abwesend. L gibt A ein Kündigungsschreiben, das nur L unterschrieben hat. Kündigungen spricht sonst nur der Geschäftsführer aus. A sollte die Kündigung daher zurückweisen und eine Vollmachtsurkunde verlangen. Weiß A allerdings z.B. vom Geschäftsführer, dass L kündigen darf, hilft ihm dieses Vorgehen nicht.

Es kann sinnvoll sein, dass der Empfänger der Kündigung den Erhalt bestätigt. Der Kündigende hat schließlich die Beweispflicht, ob der Andere die Kündigung erhalten hat. Ein Muss ist das aber nicht. Es bleibt dabei: Die Kündigung wird grundsätzlich auch ohne Bestätigung wirksam. In vielen Fällen ist die andere Partei ohnehin nicht zur Bestätigung bereit.

6. Abfindungsanspruch prüfen und Höhe der Abfindung ermitteln

7. Wie kündige ich am besten?

Egal ob Arbeitnehmer oder Arbeitgeber: Die Kündigung sollte meist per Einschreiben erfolgen.

Welches Einschreiben für die Kündigung sinnvoller ist, hängt von den Umständen ab.

  • Mit dem Einwurfeinschreiben ist sichergestellt, dass das Schreiben möglichst früh zugeht.
  • Beim Standardeinschreiben kann es zu Verzögerungen beim Zugang kommen, wenn die Post den Empfänger nicht antrifft. Dafür ist eher gewährleistet, dass der richtige Adressat tatsächlich Kenntnis vom Schreiben erhält (für den Zugang genügt aber grundsätzlich schon der Einwurf an der richtigen Adresse, s.o.).

Das Einschreiben sollte möglichst früh abgeschickt werden. Es macht nämlich nichts, wenn es viel früher als es zur Wahrung der Kündigungsfrist erforderlich ankommt.

Warum ein teures Einschreiben?

Bei einer Kündigung muss man damit rechnen, dass der Kündigungsempfänger den Zugang der Kündigung bestreitet. Die Beweislast vor Gericht trifft dann die Partei, die die Kündigung ausgesprochen hat. Übergibt der Chef etwa dem Arbeitnehmer das Kündigungsschreiben in einem Briefumschlag persönlich, ist die Kündigung auch dann zugegangen, wenn der Mitarbeiter den Umschlag nicht öffnet. Erfolgte die Übergabe aber nicht im Beisein eines Zeugen, der auch den Inhalt des Briefumschlags belegen kann, muss der Arbeitgeber mit Beweisproblemen rechnen.

Ebenfalls rechtssicher ist die persönliche Übergabe vor Zeugen. Diese sollten auch den Inhalt des übergebenen Schreibens kennen. Sonst ist der Beweiswert ihrer Aussage vor Gericht gering.

Noch ein Tipp: Wenn eine Kündigung für einen bestimmten Kündigungstermin zu spät zugeht, wird sie in der Regel in eine Kündigung zum nächstmöglichen Termin umgedeutet. Dennoch ist es ratsam, die Kündigung von vorneherein zu einem bestimmten Datum und zusätzlich „hilfsweise zum nächstmöglichen Termin“ zu erklären.

8. Fazit

  • Mit Zugang der Kündigung beginnt die dreiwöchige Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage. Außerdem läuft ab dem Zugang die Kündigungsfrist.
  • Wird die Kündigung persönlich übergeben (unter Anwesenden), geht sie sofort in diesem Zeitpunkt zu.
  • Unter Abwesenden geht die Kündigung zu, wenn sie in den Briefkasten des Empfängers gelangt und dieser unter gewöhnlichen Umständen die Möglichkeit der Kenntnisnahme hat. Es kommt also nicht darauf an, ob er sie tatsächlich liest.
  • Die Kündigung geht auch ohne Bestätigung des Empfängers zu.
  • Urlaub und Annahmeverweigerung zögern den Zugang nicht hinaus.
  • Eine Kündigung sollte immer per Einschreiben verschickt oder vor Zeugen persönlich übergeben werden.

9. Video