1. Künstliche Befruchtung – ein rechtlicher Überblick

Bei einer künstlichen Befruchtung wird grundsätzlich zwischen homologer und heterologer Insemination unterschieden:

  • Bei der homologen Insemination werden die Samenzellen des Partners verwendet. Biologischer und rechtlicher Vater sind identisch, rechtliche Probleme entstehen daher nicht.
  • Bei der heterologen Insemination kommt Fremdsamen zum Einsatz, etwa wenn der Partner unfruchtbar ist oder genetische Risiken vermieden werden sollen. Hier fallen biologischer und rechtlicher Vater auseinander – und genau dadurch stellen sich zentrale rechtliche Fragen: Wer gilt rechtlich als Vater? Und wer ist unterhaltspflichtig?
Hinweis: In Deutschland ist die Eizellenspende bei Unfruchtbarkeit der Frau gesetzlich verboten.

2. Wer gilt als rechtlicher Vater bei einer künstlichen Befruchtung?

Die rechtliche Vaterschaft knüpft nicht automatisch an die biologische Abstammung an, sondern an die Vorgaben des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Danach kann ein Mann gem. § 1592 BGB auf drei Wegen rechtlicher Vater werden:

  1. Kraft Ehe (§ 1592 Nr. 1 BGB): Vater ist der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter verheiratet ist.
  2. Durch Anerkennung (§ 1592 Nr. 2 BGB): Ist die Mutter nicht verheiratet, kann ein Mann die Vaterschaft durch formwirksame Anerkennung begründen, sofern die Mutter zustimmt.
  3. Durch gerichtliche Feststellung (§ 1592 Nr. 3 BGB): Wird die Vaterschaft weder durch Ehe noch durch Anerkennung begründet, kann sie gerichtlich festgestellt werden.
Im Kontext einer Kinderwunschbehandlung bedeutet das: Erfolgt die künstliche Befruchtung während einer Ehe, gilt der Ehemann automatisch als Vater – unabhängig von der genetischen Abstammung – und ist damit unterhaltspflichtig. Bei unverheirateten Paaren entsteht die Vaterschaft hingegen erst durch ausdrückliche Anerkennung oder ggf. durch gerichtliche Feststellung.

Eine spätere Vaterschaftsanfechtung mit dem Argument fehlender biologischer Abstammung ist ausgeschlossen, wenn der Mann der Verwendung von Fremdsamen bei einer künstlichen Befruchtung zugestimmt hat (§ 1600 Abs. 4 BGB).


3. Muss ein Samenspender Unterhalt zahlen?

Ob ein Samenspender Kindesunterhalt leisten muss, hängt entscheidend davon ab, wann und auf welchem Weg die Samenspende erfolgte.

Anonyme Samenspende

Bei einer anonymen Spende über eine Samenbank im Rahmen einer ärztlich begleiteten künstlichen Befruchtung ist eine Vaterschaft gesetzlich ausgeschlossen (§ 1600d Abs. 4 BGB). Der Spender ist damit nicht unterhaltspflichtig.

Entscheidend ist vielmehr die Zustimmung des Partners zur Behandlung der Frau: Wer einer künstlichen Befruchtung zustimmt, übernimmt Verantwortung, unabhängig von der biologischen Abstammung.

Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass die Zustimmung einen Vertrag zugunsten des Kindes (§ 328 BGB) begründet, aus dem später Unterhaltsansprüche abgeleitet werden können (BGH, Urteil vom 23.09.2015, Az. XII ZR 99/14). Männer sollen sich also nicht mit dem Hinweis entlasten können, sie seien nicht die biologischen Väter.
Hinweis: Die gesetzliche Absicherung des § 1600d Abs. 4 BGB wurde durch das Samenspenderregistergesetz (SaRegG) eingeführt und gilt daher für alle Samenspenden, die seit dem Inkrafttreten des Gesetzes am 01.07.2018 verwendet wurden. Für zuvor verwendete Spenden ist eine gerichtliche Vaterschaftsfeststellung des Spenders weiterhin möglich (§ 46 zu Art. 229 EGBGB), so dass Unterhaltspflichten in Betracht kommen können.

Private Samenspende

Anders liegt der Fall, wenn die Samenspende außerhalb eines ärztlich begleiteten Verfahrens erfolgt.

Beispiel: Ein gleichgeschlechtliches Paar bittet einen befreundeten Mann um eine Samenspende. Der Samen wird privat bereitgestellt, die Wunschmutter führt ihn selbst ein und wird schwanger. Schriftlich vereinbaren die Beteiligten, dass der Spender keine Unterhaltspflichten haben soll.

Doch auch wenn Einigkeit besteht, dass der Spender finanziell nicht belastet werden soll, bleibt ein rechtliches Risiko: Unterhaltsansprüche des Kindes können nicht wirksam ausgeschlossen werden.

Allenfalls kann der Spender von Unterhaltsforderungen freigestellt werden, indem die Mutter sich verpflichtet, eventuelle Zahlungen zu übernehmen. Aber: Eine Freistellungsvereinbarung wirkt nur im Innenverhältnis zwischen Mutter und Spender, nicht jedoch gegenüber dem Kind. Ist die Mutter zahlungsunfähig, kann der Spender trotz Abrede als Vater auf Unterhalt in Anspruch genommen werden.

Praxistipp: Samenspender sind immer abgesichert, solange die Spende im Rahmen ärztlicher begleiteter Verfahren unter klar geregelten Voraussetzungen erfolgt. Private Absprachen können dagegen zu bösen finanziellen Überraschungen führen.

4. Was gilt bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften?

Bei unverheirateten Paaren entsteht die rechtliche Vaterschaft nicht automatisch, sondern in der Regel erst durch ausdrückliche Vaterschaftsanerkennung mit Zustimmung der Mutter.

Dies hat jedoch keine Auswirkungen auf die Unterhaltspflicht. Der BGH hat ausdrücklich entschieden, dass auch bei unverheirateten Paaren eine Unterhaltspflicht bereits mit Zustimmung zur künstlichen Befruchtung entsteht (BGH, Urteil vom 23.09.2015, Az. XII ZR 99/14). Damit soll sichergestellt werden, dass Kinder aus nichtehelichen Lebensgemeinschaften nicht schlechter gestellt sind als Kinder verheirateter Eltern.

Die Zustimmung begründet einen Vertrag zugunsten des Kindes, aus dem dieses später Unterhaltsansprüche herleiten kann.


5. Gibt es Besonderheiten bei gleichgeschlechtlichen Partnerschaften?

Auch gleichgeschlechtliche Paare nutzen zunehmend die Möglichkeiten der künstlichen Befruchtung. Dabei stellt sich die Frage, wie Elternschaft und Unterhaltspflichten rechtlich zugeordnet werden.

Nach § 1591 BGB gilt als Mutter eines Kindes stets die Frau, die es geboren hat. Die Partnerin dieser Mutter wird jedoch – auch im Fall einer Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft – nicht automatisch zweiter Elternteil.

Kommt es bei einem Frauenpaar zu einer künstlichen Befruchtung, hat das daraus entstehende Kind daher keine gesetzlichen Unterhaltsansprüche gegenüber der Partnerin der Mutter. Allerdings begründet die Zustimmung der Partnerin zur künstlichen Befruchtung, genau wie bei ehelichen oder nichtehelichen Lebensgemeinschaften, einen Vertrag zugunsten Dritter, worauf das Kind seine Unterhaltsansprüche stützen kann (OLG Brandenburg, Beschluss vom 26.10.2020, Az. 9 F 178/20).

Für männliche Paare bestehen besondere Einschränkungen, da die Geburt eines Kindes stets eine Mutter erfordert. Eine rechtliche Elternschaft beider Männer kann in solchen Fällen nur über den Weg der Adoption entstehen. Eine Leihmutterschaft ist in Deutschland verboten.


6. Brauchen alleinstehende Frauen eine Garantieperson?

Viele Kinderwunschkliniken verlangen von Single-Frauen die Benennung einer sogenannten Garantieperson, um eine künstliche Befruchtung durchzuführen. Dabei handelt es sich meist um ein Familienmitglied oder eine enge Vertrauensperson, die eine Unterhaltserklärung für das Kind abgibt. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass das Kind auch dann versorgt ist, wenn der Mutter z. B. etwas zustößt, und dass keine Ansprüche gegen die Klinik geltend gemacht werden können.

Da bei einer ärztlich begleiteten Samenspende der Samenspender rechtlich nicht als Vater in Betracht kommt, hat das Kind nämlich keinen Anspruch auf Unterhaltsvorschuss. Eine Garantieperson schafft so eine zusätzliche finanzielle Absicherung für das Kind.

Praxistipp: Rechtlich vorgeschrieben ist eine Garantieperson nicht. Es handelt sich lediglich um eine interne Vorgabe der jeweiligen Klinik. Wer keine geeignete Garantieperson benennen kann, sollte daher gezielt nach Kinderwunschzentren suchen, die auf dieses Erfordernis verzichten.

7. Fazit

  • Rechtliche Vaterschaft entsteht durch Ehe mit der Mutter zum Zeitpunkt der Geburt, Anerkennung oder gerichtliche Feststellung.
  • Wer einer künstlichen Befruchtung zustimmt, muss später auch Unterhalt zahlen; dies gilt für verheiratete, unverheiratete und Frauenpaare.
  • Anonyme Samenspender sind seit dem 01.07.2018 bei ärztlich begleiteten Verfahren gesetzlich als Vater ausgeschlossen und damit nicht unterhaltspflichtig. Bei privaten Spenden drohen dagegen rechtliche Risiken.
  • Bei alleinstehenden Frauen wird häufig die Unterhaltserklärung durch eine Garantieperson verlangt.
  • Unterhaltsansprüche des Kindes können nicht durch private Vereinbarungen ausgeschlossen werden.