1. Den oder die Ex per Mausklick wegklicken
  2. Onlineberatung ohne Anwalt und Anwaltshaftung
  3. Erscheinen vor Gericht und Anwaltszwang
  4. Welche Schritte können bei einer Scheidung übers Internet verfolgt werden?
  5. Fazit
  6. Praxistipp

1. Den oder die Ex per Mausklick wegklicken

Wer im Internet nach „Scheidung Online“ sucht, erhält eine Unzahl an Suchtreffern und viele mehr oder minder seriös klingende Angebote von Kanzlei-Homepages, Scheidungsagenturen und Scheidungsportalen. Alle bieten die bequeme, schnelle und preiswerte Scheidung übers Internet an, meist deutschlandweit. Das klingt natürlich verlockend – die Scheidung von zu Hause aus, ohne lästige Termine beim Anwalt.

Doch inwieweit ist eine Scheidung übers Internet überhaupt möglich – was kann online erledigt werden und wann muss man vor Ort erscheinen bzw. einen persönlichen Termin wahrnehmen? Wo können Kosten gespart werden? Kann ich mich nicht generell in einschlägigen Online-Portalen ohne Beauftragung eines Anwalts beraten lassen? Dieser Beitrag liefert die Antworten zu den wichtigsten Fragen.

2. Online-Beratung ohne Anwalt und Anwaltshaftung

Um eine seriöse und kompetente Rechtsberatung zu ermöglichen sind in Deutschland die Vorgaben des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) zu beachten. Vereinfacht dargestellt gilt:

  • Eine umfassende rechtliche Beratung und gerichtliche Vertretung ist nur durch einen zugelassenen Rechtsanwalt erlaubt.
  • In gewissem begrenzten Umfang sind auch Beratungsleistungen von Nichtjuristen möglich, etwa zur Vollstreckung von Testamenten durch den Testamentsvollstrecker als Nebenleistung (§ 5 RDG).
  • Rechtsberatung bedeutet die Erbringung einer Rechtsdienstleistung, welche die Prüfung und Bewertung eines konkreten Einzelfalls erfordert.

Umgekehrt bedeutet dies: Ein Sich-Informieren oder auch ein Stellen von abstrakten, also nicht auf einen konkreten Einzelfall bezogenen Fragen (etwa in einem Online-Forum oder Chat) ist auch bei einem juristischen „Laien“ möglich. Dies gilt für eine angestrebte Scheidung ebenso wie für andere rechtliche Fragen. Die (nicht immer ganz leicht zu bestimmende) „Beratungsgrenze“ darf dabei aber nicht überschritten werden.

Neben den gesetzlichen Vorgaben zur Rechtsberatung im RDG besteht ein weiterer Grund des Verbotes der Laien-Beratung in einem konkreten Einzelfall auch in der Haftungspflicht des Anwalts. Denn dieser macht sich haftbar, wenn er einen falschen oder unvorteilhaften Rat gibt und der Fragende sich hierauf verlässt. Wer sich also auf einen Ratschlag verlassen möchte, sollte sich eine umfassende Beratung von einem Rechtsanwalt im Rahmen eines Anwaltsmandats einholen.

In einem Fall vor dem Landgericht Berlin (Urt. v. 05.06.2014 – Az. 14 O 395/13) ging es um Schadenersatz für eine unvorteilhafte Rechtsberatung über die getroffene Regelung zum Ehegattenunterhalt und Versorgungsausgleich im Rahmen einer „Online-Scheidung“. Das Gericht entschied: Obwohl sich das Mandat des Anwalts auf die Vornahme der Scheidung beschränkte, hätte dieser auch zu den Scheidungsfolgen umfassend beraten müssen und durfte sich nicht auf die Angaben der Scheidungswilligen vertrauen. Denn diese hatten einen gegenseitigen Verzicht auf Versorgungsleistungen erklärt, ohne genau zu wissen, was dies für sie bedeutete.

3. Erscheinen vor Gericht und Anwaltszwang

Die Voraussetzungen für eine Scheidung haben wir in unserem Beitrag „Scheidung einreichen: Wann und wie kann eine Ehe geschieden werden?“ dargestellt. Diese Vorgaben gelten auch für eine Online-Scheidung. Die Scheidung muss schriftlich beim zuständigen Familiengericht eingereicht werden, und zwar durch einen Rechtsanwalt (vgl. § 114 Abs.1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit – FamFG). Zum gerichtlichen Scheidungstermin müssen die scheidungswilligen Noch-Ehepartner persönlich erscheinen.

Da die rechtlichen und finanziellen Folgen einer Scheidung erheblich sind, gilt in Deutschland für Scheidungen ein Anwaltszwang. Dies gilt auch dann, wenn die Scheidung einvernehmlich erfolgt. Eine Online-Scheidung bedeutet also nicht, dass eine Scheidung vollständig über Online-Portale, E-Mail und Telefon abgewickelt werden kann. Eine Scheidung per Mausklick bzw. durch ein Betätigen der Eingabe- oder Escape-Taste existiert daher nicht. Gleichwohl können Kosten gespart und Aufwand reduziert werden, wenn weitestmöglich die genannten digitalen Kommunikationsmittel genutzt werden.

4. Welche Schritte können bei einer Scheidung übers Internet erfolgen?

Natürlich kann die vorherige Information über die Voraussetzungen einer Scheidung im Internet erfolgen. Dies gilt auch für die Kosten einer Scheidung, wie etwa über einen Scheidungskostenrechner. Das Ausfüllen des Scheidungsantrags wird ebenfalls oft online angeboten – dieser wird dann durch den Scheidungsanwalt später bei Gericht eingereicht. Die für eine Scheidung erforderlichen Dokumente (z.B. Kopie der Heiratsurkunde, Ehevertrag oder Vereinbarung zum Versorgungsausgleich) können per Post, Fax und E-Mail übersandt werden. Auch ein Beratungsgespräch mit dem Anwalt muss nicht zwingend vor Ort in der Kanzlei erfolgen, sondern kann auch über Telefon und E-Mail abgewickelt werden. Hier muss sich letztlich jeder selbst überlegen, ob er eher eine persönliche Beratung beim Anwalt oder eine „diskretere“, aber unpersönlichere Beratung über Fernkommunikationsmittel bevorzugt.

5. Fazit

Zum Thema Online-Scheidung sind zusammenfassend die folgenden Punkte zu beachten:

  • Die Korrespondenz mit dem Anwalt wegen einer Scheidung, das Ausfüllen von Fragebögen oder das Ermitteln der Scheidungskosten kann heutzutage bequem online von zu Hause aus erfolgen.
  • Die Scheidung selbst muss in Deutschland nach wie vor persönlich vor Gericht unter Hinzuziehung von mindestens eines gemeinsamen Anwalts erfolgen.
  • Der Anwaltszwang sichert eine umfängliche Beratung der Eheleute über sämtliche Scheidungsfolgen – auch über den Versorgungsausgleich.
  • Durch Nutzung des Internets und von Telefon, Post und E-Mail lassen sich Aufwand und Kosten bei einer Scheidung sparen.

6. Praxistipp

Wenn sich zwei Ehepartner einvernehmlich scheiden lassen möchten, können auch Kosten durch die Beauftragung eines gemeinsamen Anwalts gespart werden, denn dann muss auch nur ein Anwalt bezahlt werden. Bei niedrigen Einkommen ist auch stets an die Beantragung von Verfahrenskostenhilfe (Prozesskostenhilfe) im Scheidungsverfahren zu denken. Insgesamt eignet sich eine Online-Scheidung auch eher für einvernehmliche Scheidungen.

Wer dagegen mit dem Ehepartner erbittert über Unterhaltsansprüche oder das Sorgerecht für gemeinsame Kinder streitet, sollte den persönlichen Gang zu einem Rechtsanwalt bevorzugen. Auch wenn gerade das Bedürfnis nach einer „diskreten“ Scheidung in solchen Fällen oft am höchsten ist, und die Online-Scheidung gerade deswegen boomt, gilt: Je komplexer die im Rahmen einer Scheidung zu klärenden Streit- und Rechtsfragen sind, desto empfehlenswerter ist der Gang zum Anwalt. Denn dann reicht es oft nicht aus, vorgefertigte Fragebögen und Eingabemasken auszufüllen. Wie in dem geschilderten Fall vor dem LG Berlin steigt die Gefahr, ohne die entsprechende Beratung unbewusst falsche Angaben zu machen oder Dinge anzustreben, über deren rechtliche Tragweite man nicht ausreichend Bescheid weiß.