1. Ausbleibende Unterhaltszahlungen und Lohnpfändung
  2. Vom Unterhaltsanspruch zum vollstreckbaren Unterhaltstitel
  3. Vollstreckung des Unterhaltstitels
  4. Freibeträge und Selbstbehalt bei einer Lohnpfändung
  5. Fazit
  6. Praxistipp

1. Ausbleibende Unterhaltszahlungen und Lohnpfändung

Wenn der Ex-Partner seinen Unterhaltsverpflichtungen nicht nachkommt, sollte man sich wie von uns beschrieben überlegen, den Unterhalt einzuklagen. Von der Unterhaltsklage (gerichtliche Feststellung der Unterhaltsansprüche) ist die Vollstreckung (Durchsetzung der Unterhaltsforderungen im Wege der Zwangsvollstreckung) dieser Unterhaltsansprüche zu unterscheiden. Da Unterhaltszahlungen monatlich anfallen und dadurch schnell beträchtliche Summen zusammenkommen, wird oft eine Lohnpfändung beim Ex-Partner anstehen. Denn das Arbeitseinkommen des Partners ist regelmäßig dessen einziges pfändbares Vermögen.

Wie läuft eine Lohnpfändung wegen Unterhaltsansprüchen nun genau ab und wieviel kann überhaupt gepfändet werden? Und welche Pflichten kommen auf den Arbeitgeber zu, wenn einer seiner Arbeitnehmer einer Lohnpfändung unterworfen wird? Der folgende Beitrag gibt einen Überblick darüber, was es dabei zu beachten gibt.

2. Vom Unterhaltsanspruch zum vollstreckbaren Unterhaltstitel

Zunächst sollte der Unterhaltsanspruch schriftlich beim unterhaltspflichtigen Partner geltend gemacht werden, denn der Unterhaltsanspruch besteht erst ab dem Datum der ersten Geltendmachung! Wer seine Ansprüche vor Gericht einklagt, der erwirkt durch eine erfolgreiche Klage (Gericht bestätigt den Unterhaltsanspruch) einen vollstreckbaren Unterhaltstitel. Dieser kann statischer (Geldbetrag) oder dynamischer (Geldbetrag, der bei Änderungen angepasst wird) Natur sein. Praktikabler ist ein dynamischer Titel, da bei Änderunge – z.B. geändertes Gehalt des Unterhaltspflichtigen – kein neuer Titel erwirkt werden muss.

Ein vollstreckbarer Unterhaltstitel setzt nicht zwingend ein vorheriges Urteil vor Gericht voraus. Weitere Möglichkeiten sind nämlich

  • die Erstellung einer Jugendamtsurkunde beim örtlichen Jugendamt
  • die Erstellung einer notariellen Urkunde bei einem Notar
  • ein außergerichtlicher anwaltlicher Vergleich
  • ein Vergleich vor Gericht.

Alle diese Möglichkeiten haben den grundsätzlichen Vorteil, dass sie insgesamt kostengünstiger als ein Urteil sind. Eine Jugendamtsurkunde für Ansprüche für Kinder bis 21 Jahre stellt den einfachsten und kostengünstigsten Weg dar. Freilich muss der unterhaltspflichtige Elternteil dazu bereit sein, sich in der Jugendamtsurkunde durch seine Unterschrift zu verpflichten.

Ähnliches gilt für eine notarielle Urkunde beim Notar. Hier fallen nur die Notarkosten an.

Bei einem anwaltlichen (außergerichtlichen) Vergleich fallen lediglich die Anwalts- und keine Gerichtskosten an und man erhält die fachliche Beratung eines Rechtsanwalts. Damit der Vergleich vollstreckbar ist, muss sich der unterhaltspflichtige Teil für den Fall einer ausbleibenden Zahlung einer sofortigen Zwangsvollstreckung unterwerfen.

Der Vergleich vor Gericht wird oft die letzte Möglichkeit darstellen, zu einer gütlichen Übereinkunft mit dem unterhaltspflichtigen Elternteil zu kommen. Auch jetzt können noch Kosten gespart werden: Die Gerichtskosten fallen niedriger aus, wenn ein Vergleich vor Gericht ergeht und es nicht zu einem Urteil kommt.
Für einen solchen Vergleich ist es erforderlich, dass beide Eltern diesen vor Gericht erklären und der Richter ihn protokolliert. Es ist nicht ausreichend, wenn nur ein Elternteil einen schriftlichen Vergleich vorlegt und den anderen Teil darauf unterschreiben lässt (OLG Karlsruhe v. 06.07.2010 – Az. 5 UF 17/10).

3. Vollstreckung des Unterhaltstitels

Bei Vorliegen eines Unterhaltstitels kann dieser vollstreckt werden. Dies kann durch eine Lohnpfändung geschehen. Dafür ist ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erforderlich, der beim zuständigen Vollstreckungsgericht – dem Amtsgericht am Wohnort des unterhaltspflichtigen Elternteils – beantragt werden muss.

Dem schriftlichen Antrag, für den ein spezieller Vordruck existiert, sind folgende Unterlagen beizufügen:

  • eine vollstreckbare Ausfertigung des Unterhaltstitels, z.B. des Vergleichs oder Urteils
  • ein Zustellungsnachweis (Nachweis, dass der Vollstreckungstitel dem unterhaltspflichtigen Elternteil zugestellt wurde).

Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss bewirkt, dass der gepfändete Teil vom Lohn des unterhaltspflichtigen Elternteils direkt von dessen Arbeitgeber eingefordert werden kann. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wird dabei an den Arbeitgeber (im Vordruck „Drittschuldner“ genannt) weitergeleitet. Dieser muss bei der Pfändung mitwirken, indem er den pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens (dazu gleich) vom Arbeitslohn abzieht und diesen Teil direkt an den unterhaltsberechtigten Elternteil überweist.

Es ist übrigens nicht notwendig, den Unterhaltspflichtigen vor Vollstreckung des Unterhaltsanspruchs zur Zahlung des Unterhalts aufzufordern. Dies gilt auch dann, wenn der Unterhaltspflichtige bisher stets den geschuldeten Unterhalt freiwillig und rechtzeitig gezahlt hat (vgl. BGH v. 02.12.2009 – Az. XII ZB 207/08).

4. Freibeträge und Selbstbehalt bei einer Lohnpfändung

Die Höhe des pfändbaren Betrags ist nicht immer ganz einfach zu errechnen. Bei der Pfändung von Arbeitslohn sind – wie stets bei der Vollstreckung von Geldforderungen – zunächst die Pfändungsfreigrenzen (Freibeträge) der Zivilprozessordnung (genauer: die Pfändungstabelle nach § 850c ZPO) zu beachten. Denn dem Gepfändeten muss so viel verbleiben, dass er seinen Lebensunterhalt noch selbst bestreiten kann und nicht etwa aufgrund der Pfändung auf staatliche Hilfen (z.B. Grundsicherung) angewiesen ist. Aus der Pfändungstabelle ist daher der Betrag zu entnehmen, der beim unterhaltspflichtigen Elternteil in jedem Fall gepfändet werden kann. Übersteigt der Unterhaltsanspruch den pfändbaren Betrag kann also nur dieser Teilbetrag vom anderen Elternteil eingefordert werden.

Bei der Pfändung von Unterhaltsansprüchen existiert dabei eine wichtige Ausnahme: Geht es um unmittelbare Unterhaltsforderungen (gesetzlich vorgesehene Unterhaltszahlungen) kann der berechtigte Unterhaltsgläubiger (z.B. die Ex-Ehefrau) sogar mehr Geld einfordern als in der Pfändungstabelle vorgesehen. Dem verpflichteten Unterhaltsschuldner (z.B. Ex-Ehemann) muss dann nur soviel Geld übrig bleiben, dass er selbst seinen eigenen notwendigen Unterhalt (Selbstbehalt) noch bestreiten kann (§ 850d Abs. 1 S. 2 ZPO). Die Vorschriften der §§ 850d und 850a ZPO enthalten weitere Vorgaben zur Berechnung des pfändbaren Betrags – hier empfiehlt sich der Gang zum Fachanwalt für Familienrecht.

Zu dieser Pfändungsprivilegierung sind zwei wichtige Aspekte zu beachten:

  • Das Pfändungsprivileg nach § 850d ZPO wird nur auf expliziten Antrag gewährt
  • Betrifft die Lohnpfändung weitere Ansprüche im Zusammenhang mit Unterhaltsforderungen (z.B. Kostenerstattung gegen den Ex-Partner aus bereits erfolgten Unterhaltsprozessen), gilt das Vollstreckungsprivileg nicht (BGH v. 09.07.2009 – Az. VII ZB 65/08). Erfasst sind also nur die direkten Unterhaltsansprüche – ansonsten gilt die Pfändungstabelle.

5. Fazit

Zusammenfassend lässt sich zur Vollstreckung von Unterhaltstiteln sagen:

  • Wer Unterhaltsansprüche gegen den Ex-Partner durchsetzen will, kann dies über eine Lohnpfändung tun. Der Unterhaltsanspruch wird dann direkt vom Arbeitgeber des unterhaltspflichtigen Ex-Partners ausgezahlt.
  • Um den Unterhaltsanspruch zu vollstrecken, also im Wege der Zwangsvollstreckung durchzusetzen, ist ein vollstreckbarer Unterhaltstitel erforderlich, etwa aus einem Urteil, einer vollstreckbaren Urkunde oder einem Vergleich.
  • Für eine Lohnpfändung ist ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erforderlich.
  • Für unmittelbare Unterhaltsforderungen kann auf Antrag mehr Geld als bei normalen Pfändungen eingefordert werden.
  • Sonstige Forderungen (z.B. Kostenerstattungen) werden nach den üblichen Pfändungsfreigrenzen vollstreckt.

6. Praxistipp

Wer einen Vollstreckungstitel für Unterhaltsansprüche erwirkt, der hebt die Verjährung für Unterhaltsforderungen von drei auf 30 Jahren an (sog. Vollstreckungsverjährung). Unterhalt kann also auch dann (nach)gefordert werden, wenn der unterhaltspflichtige Ex-Partner wieder „zu Geld gekommen“ ist.

Wie stets gilt auch für die Höhe des gepfändeten Lohns: Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser! Dies gilt besonders bei kleineren Arbeitgebern, bei denen die Berechnung und Abführung von Lohnpfändungsbeträgen vielleicht nicht so oft vorkommt wie bei großen Unternehmen und Konzernen. Das Vollstreckungsprivileg für Unterhaltsforderungen, für welche die normale Pfändungstabelle ja nicht gilt, ist oft nicht so geläufig wie eine „normale“ Lohnpfändung. Die Pfändungstabelle ist übrigens nicht mit der „Düsseldorfer Tabelle“ zu verwechseln: In dieser wird zunächst bestimmt, wieviel Unterhalt überhaupt gezahlt werden muss.