1. Was versteht man unter einer Versetzung?

Eine Versetzung ist die durch den Arbeitgeber veranlasste einseitige Änderung von Art, Ort oder Umfang der Tätigkeit eines Mitarbeiters für eine gewisse Dauer.
 
Eine Versetzung kann also nicht nur bei einem Wechsel des Arbeitsorts vorliegen, sondern auch bei einer inhaltlichen Veränderung der Tätigkeit.

Rechtlich müssen zwei verschiedene Versetzungsbegriffe unterschieden werden:

  1. Bei der arbeitsvertraglichen Versetzung geht es um die Änderung des Arbeitsplatzes durch das Weisungsrecht des Arbeitgebers. Es hängt vom Inhalt des Arbeitsvertrags ab, ob die Versetzung des Arbeitnehmers vom Weisungsrecht des Arbeitgebers gedeckt ist.
  2. Ob eine Versetzung im betriebsverfassungsrechtlichen Sinn vorliegt, definiert § 95 Abs. 3 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG). Danach ist eine Versetzung als Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs zu verstehen, die voraussichtlich länger als einen Monat dauert oder mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist. Wenn nach diesen Voraussetzungen eine Versetzung vorliegt, muss der Betriebsrat informiert und seine Zustimmung eingeholt werden. Dies kommt also nur bei Unternehmen mit Betriebsrat zum Tragen, wobei ein Betriebsrat ab einer bestimmten Anzahl von Mitarbeitern jederzeit gegründet werden kann.

Beispiele für eine Versetzung sind:

  • die Zuweisung neuer Arbeitsaufgaben, die erheblich von den bisherigen Aufgaben abweichen
  • die Zuordnung zu einer anderen Betriebsabteilung
  • die Zuweisung eines neuen Arbeitsortes in einer anderen, weiter entfernten Stadt

Handelt es sich nur um eine kurzfristige Maßnahme, spricht man von einer Umsetzung.


2. Wann ist eine Versetzung unwirksam?

Eine Versetzung ist eine einseitige Maßnahme des Arbeitgebers und nicht von der Zustimmung des Arbeitnehmers abhängig. Solange die vom Arbeitgeber angeordnete Versetzung rechtmäßig ist, muss der Arbeitnehmer sie akzeptieren.

Eine Versetzung ist wirksam, wenn der Arbeitgeber die Grenzen seines Weisungsrechtes beachtet und die Zustimmung des Betriebsrats einholt, sofern es einen Betriebsrat im Unternehmen gibt.

Weisungsrecht des Arbeitgebers

Gemäß § 106 der Gewerbeordnung (GewO) kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen bestimmen. Dies bedeutet, dass ein fairer Interessenausgleich gefunden werden muss.

Die Reichweite des Weisungsrechts hängt von den Vereinbarungen im Arbeitsvertrag ab: Wenn darin keine Regelung zu einem festen Arbeitsort getroffen wurde oder wenn sogar eine Versetzungsklausel vereinbart wurde, hat der Arbeitgeber grundsätzlich einen weiten Spielraum.

Die Zumutbarkeit einer Zwangsversetzung ist immer im Einzelfall zu betrachten und hängt von den Gründen des Arbeitgebers sowie den Interessen des Arbeitnehmers ab.

Beispiel für einen Interessenausgleich: Der Arbeitgeber muss bei einer Versetzung keine starren Ankündigungsfristen einhalten. Im Falle eines Wohnsitzwechsels muss er dem Arbeitnehmer jedoch mit einer längeren Ankündigungsfrist die Möglichkeit gewähren, alle organisatorischen Vorkehrungen treffen zu können. Ein Anhaltspunkt für eine angemessene Ankündigungsfrist kann die Länge der Kündigungsfrist sein.

Eine Fahrtzeit von ein bis zwei Stunden für eine einfache Strecke wird in den meisten Fällen als zumutbar betrachtet. Anders kann es aber bei einer Teilzeitkraft aussehen, die nur vier bis fünf Stunden arbeitet. Umgekehrt kann auch eine längere Pendlerzeit zumutbar sein, wenn die betrieblichen Interessen des Arbeitgebers dringend sind und dem keine schützenswerten Belange des Arbeitnehmers entgegenstehen.

Ohne vertragliche Festlegung eines bestimmten Arbeitsortes können Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer auch deutschlandweit versetzen (Landesarbeitsgericht (LAG) Köln, Urteil vom 28.08.2024, Az. 6 Sa 423/14).

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat festgestellt, dass sogar Auslandsversetzungen vom Direktionsrecht des Arbeitgebers erfasst sein können. Das ist insbesondere für Arbeitnehmer relevant, die in international tätigen Unternehmen beschäftigt sind.

Beispiel: Ein deutscher Ryanair-Pilot wurde nach Schließung des Standortes Nürnberg nach Bologna versetzt und verlor seine dagegen gerichtete Klage. Das BAG bestätigt in seiner Entscheidung, dass auch Versetzungen ins Ausland vom Weisungsrecht des Arbeitgebers gedeckt sind, wenn im Arbeitsvertrag oder nach den Umständen keine Begrenzung auf einen Arbeitsort in Deutschland geregelt ist.

Im konkreten Fall war die Versetzung dem Piloten auch zumutbar, da vom Flugpersonal einer internationalen Fluggesellschaft eine gewisse Flexibilität vorausgesetzt wird, es keine alternativen Standorte in Deutschland gab und alle in Nürnberg stationierten Piloten nach Bologna versetzt worden waren (BAG, Urteil vom 30.11.2022, Az. 5 AZR 336/21).

Grenzen des Weisungsrechts

Eine Versetzung ist aber nur dann wirksam, wenn der Arbeitgeber die Grenzen seines Weisungsrechts beachtet hat. Diesbezügliche Beschränkungen können sich aus dem Arbeitsvertrag selbst, aber auch aus Betriebsvereinbarungen, Tarifverträgen oder allgemeinen Gesetzen ergeben. Darüber hinaus muss der Arbeitgeber die Interessen des Arbeitnehmers in seiner Entscheidung ausreichend berücksichtigen.

Beispiel: Eine Mutter in Elternzeit hatte mit ihrem Arbeitgeber eine Teilzeitarbeit von 30 Stunden vereinbart, wobei sie nur zwei Tage für jeweils fünf Stunden ins nahe gelegene Büro musste. Der Arbeitgeber löste das Büro auf und forderte die Mutter auf, die zwei Bürotage künftig in London zu arbeiten.

Zwar war die Versetzung grundsätzlich vom Arbeitsvertrag gedeckt, widersprach jedoch billigem Ermessen. Bei der Versetzung wurde die familiäre Lage der Mutter nicht berücksichtigt und es war auch nicht zumutbar, für die wenigen Bürostunden nach London reisen zu müssen (Hessisches LAG, Urteil vom 15.02.2011, Az. 13 SaGa 1934/10).

Zu berücksichtigende Interessen des Arbeitnehmers sind z. B. die Pflege von nahen Angehörigen, die Betreuung von Kindern oder Darlehensverpflichtungen am Wohnort.

Will sich der Arbeitgeber über die Grenzen seines Weisungsrechts hinwegsetzen, kommt statt einer Versetzung eine Änderungskündigung in Betracht. Damit kann der Arbeitgeber einzelne Arbeitsbedingungen zu seinen Gunsten ändern. Nach Ablauf der Kündigungsfrist kann der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis zu den geänderten Konditionen fortsetzen. Entscheidet er sich jedoch gegen den modifizierten Arbeitsvertrag, wird bei Wirksamkeit der Änderungskündigung das Arbeitsverhältnis beendet.

Alternativ kann auch ein Änderungsvertrag abgeschlossen werden, in dem sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer über eine Änderung der Vertragskonditionen einigen.

Zustimmung des Betriebsrats

In Unternehmen mit Betriebsrat muss der Betriebsrat über geplante Versetzungen informiert werden und zustimmen. Ohne vorherige Zustimmung des Betriebsrats ist eine Versetzung unzulässig.

Sobald der Arbeitgeber den Betriebsrat vollständig über die geplante Maßnahme informiert hat, beginnt eine einwöchige Frist zu laufen. Innerhalb dieser Frist muss der Betriebsrat aktiv werden, wenn er seine Zustimmung verweigern will.

Bei seiner Entscheidung ist der Betriebsrat nicht völlig frei, sondern kann nur aus bestimmten, in § 99 Abs. 2 BetrVG festgelegten Gründen eine Versetzung ablehnen. Praktisch bedeutsam ist insbesondere die Prüfung der Zumutbarkeit der Versetzung für den Arbeitnehmer. Dabei werden die vom Arbeitgeber genannten betrieblichen Gründe mit den Belastungen für den Arbeitnehmer abgewogen.


3. Ist eine Versetzung mit Gehaltskürzung zulässig?

Kurz und knapp: Eine Degradierung ohne Zustimmung des Arbeitnehmers ist in aller Regel unzulässig! Der Arbeitgeber darf Arbeitnehmer weder auf eine schlechter bezahlte Position versetzen, noch darf er einen Wechsel auf eine weniger verantwortungsvolle Stelle anordnen.

Selbst ohne Gehaltskürzung verstößt der Arbeitgeber gegen sein Weisungsrecht, wenn er einem Arbeitnehmer mit einer Versetzung geringwertigere Aufgaben zuweist.

4. Kann der Arbeitgeber sein Recht auf Versetzung verlieren?

Nicht selten werden Arbeitnehmer von einer Versetzung völlig überrumpelt, weil sie bereits jahrelang in derselben Dienststelle beschäftigt sind und überhaupt nicht mit einer Versetzung gerechnet haben. Dann wird seitens der Arbeitnehmer häufig argumentiert, dass sich durch die lange Beschäftigung an einem bestimmten Ort bzw. in einer bestimmten Fachabteilung das Arbeitsverhältnis darauf “verdichtet” habe. Damit sei der Arbeitgeber dementsprechend eingeschränkt in seinem Weisungsrecht und eine Versetzung daher unwirksam.

Diese Argumentation ist vor Gericht jedoch häufig erfolglos: Nur weil der Arbeitgeber während eines bestimmten Zeitraums keinen Gebrauch von seinem Weisungsrecht macht, bedeutet dies nicht, dass er auch künftig darauf verzichten will. Die Nichtausübung seines Weisungsrechts allein schafft keinen Vertrauenstatbestand. Nur wenn weitere Umstände hinzutreten, kann es unter Umständen zu einer Einschränkung des Direktionsrechtes kommen (BAG, Urteil vom 30.11.2022, Az. 5 AZR 336/21).

Beispiel: Eine Arbeitnehmerin war 26 Jahre als Kundenberaterin in der Hauptverwaltung ihres Arbeitgebers beschäftigt. Aufgrund zweier Versetzungen sollte sie zunächst als Springerin in der Personalreserve in verschiedenen Geschäftsstellen tätig sein und anschließend in einer kleinen Zweigstelle.

Die dagegen gerichtete Klage hat sie verloren, weil der Arbeitsvertrag einen Einsatz in anderen Zweigstellen nicht ausgeschlossen hat und die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum eben keinen Vertrauenstatbestand begründet, dass der Arbeitgeber von seinem Weisungsrecht zukünftig keinen Gebrauch mehr machen möchte (LAG Köln, Urteil vom 06.09.2016, Az. 12 Sa 414/16).

Praxistipp: Erfolgversprechender ist es in der Praxis, über Argumente der Billigkeit gegen die Versetzung vorzugehen. Es gilt also Gründe zu finden, die die Versetzung für den Arbeitnehmer unzumutbar machen.

5. Gibt es einen Anspruch des Arbeitnehmers auf Versetzung?

Arbeitnehmer haben keinen Anspruch auf eine Versetzung an einen anderen Dienstort oder in eine andere Fachabteilung, wenn dies nicht ausdrücklich im Arbeitsvertrag vereinbart wurde.

Ausnahmsweise kann der Arbeitgeber jedoch verpflichtet sein, dem Versetzungswunsch zuzustimmen, wenn dies zur Erfüllung seiner Fürsorgepflicht gegenüber dem Arbeitnehmer notwendig ist. Dies kann z. B. in Mobbing-Situationen der Fall sein.

Der Arbeitnehmer kann jederzeit einen schriftlichen Versetzungsantrag an seinen Arbeitgeber richten. Voraussetzung für eine Versetzung ist allerdings auch dann, dass der Arbeitgeber dem Antrag zustimmt.


6. Wie kann man sich gegen eine Versetzung wehren?

Wenn ein Arbeitnehmer gegen eine Versetzung vorgehen will, sollte er zunächst seinen Arbeitsvertrag im Hinblick auf Regelungen zum Arbeitsort und etwaiger Versetzungsklauseln prüfen und einen im Arbeitsrecht spezialisierten Rechtsanwalt einschalten. Gibt es im Unternehmen einen Betriebsrat, sollte dieser sofort informiert werden.

Auf keinen Fall sollte einfach die Arbeit niedergelegt werden! Einer unzulässigen Versetzung muss der Arbeitnehmer zwar nicht Folge leisten. Damit ginge er allerdings ein hohes Risiko ein, denn bei Arbeitsverweigerung kann der Arbeitgeber mit Abmahnung oder sogar einer fristlosen Kündigung reagieren. Sollte sich bei einer Klage herausstellen, dass die Versetzung tatsächlich rechtmäßig war, ist der Arbeitnehmer seinen Job los.

Praxistipp: Wenn ein Arbeitnehmer eine Versetzung nicht hinnehmen will, sollte er zunächst unter Vorbehalt zustimmen und gleichzeitig Klage erheben, um die Versetzung gerichtlich prüfen zu lassen. Wenn die Versetzung rechtmäßig war, verliert der Arbeitnehmer zumindest nicht seinen Job. Gewinnt er die Klage, kann er an seinem alten Arbeitsplatz bleiben.

Dieses Vorgehen hat natürlich den Nachteil, dass der Arbeitnehmer während der Verfahrensdauer die angeordnete Versetzung zunächst befolgen muss. Arbeitsgerichte gehen in der Regel davon aus, dass dies dem Arbeitnehmer auch zumutbar ist. Nur in bestimmten Ausnahmefällen kann der Arbeitnehmer erfolgreich gegen eine Versetzung im Eilverfahren vorgehen.

Solche Ausnahmefälle sind u.a.:

  • Offensichtliche Rechtswidrigkeit der Versetzung (z. B. bei fehlender Zustimmung des Betriebsrats)
  • Schädigung des beruflichen Ansehens (z. B. bei einer Degradierung)
  • Massive Gesundheitsgefahren (z. B., wenn eine Schwangere nach der Versetzung schwere körperliche Tätigkeiten verrichten soll)

7. Fazit

  • Eine Versetzung ist der vom Arbeitgeber angeordnete Wechsel des Arbeitsortes, der keiner Zustimmung des Arbeitnehmers bedarf. Der Arbeitgeber darf jedoch die Grenzen seines Weisungsrechts nicht überschreiten.
  • Sofern ein Betriebsrat vorhanden ist, muss dieser informiert werden und zustimmen.
  • Eine wirksame Versetzung setzt einen fairen Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer voraus.
  • Eine Degradierung durch Gehaltskürzung oder durch Zuweisung geringwertigerer Aufgaben ist unzulässig.
  • Auch nach längerer Zeit am selben Arbeitsort ist eine Versetzung möglich.
  • Will man sich gegen eine Versetzung wehren, sollte man unter Vorbehalt zustimmen und gleichzeitig klagen.