Im Gegensatz zur fristgerechten oder fristlosen Kündigung ist die Änderungskündigung eher wenigen Arbeitnehmern ein Begriff. Dabei muss sie vor jeder endgültigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zumindest in Erwägung gezogen werden.
Arbeitnehmer sollten außerdem unbedingt wissen: Bei einer Änderungskündigung gibt es verschiedene Reaktionsmöglichkeiten, die wiederum unterschiedliche Auswirkungen auf ihre Rechtsschutzmöglichkeiten haben. Wir erklären Ihnen deshalb, worauf Sie achten sollten und was sonst noch bei der Änderungskündigung wichtig ist.
- Was ist eine Änderungskündigung?
- Wann eine Änderungskündigung in Betracht kommt
- Abgrenzung zur Versetzung
- Wirksamkeitsvoraussetzung einer Änderungskündigung
- Welche Reaktionsmöglichkeiten gibt es?
- Ausschluss der ordentlichen Änderungskündigung
- Außerordentliche Änderungskündigung
- Fazit und Praxistipp
1. Was ist eine Änderungskündigung?
Mit der Änderungskündigung beendet der Arbeitgeber das aktuelle Arbeitsverhältnis und unterbreitet dem Arbeitnehmer gleichzeitig ein neues Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach Ablauf der Kündigungsfrist zu geänderten Bedingungen. Anders als das Wort „Kündigung“ vermuten lässt, zielt die Änderungskündigung primär nicht auf die endgültige Beendigung des Arbeitsverhältnisses ab.
Vielmehr geht es darum, die vertraglichen Arbeitsbedingungen des betreffenden Arbeitnehmers zu modifizieren, während sein Verbleib im Unternehmen gesichert werden soll. Entscheidet er sich allerdings, das Änderungsangebot nicht anzunehmen, wird das Arbeitsverhältnis beendet, sofern die Änderungskündigung wirksam ist.
2. Wann eine Änderungskündigung in Betracht kommt
Grundsätzlich müssen Arbeitgeber beachten, dass die Änderungskündigung Vorrang vor der Beendigungskündigung genießt. Damit muss dem Arbeitnehmer vor jeder ordentlichen und außerordentlichen Kündigung eine objektiv mögliche und beiden Parteien zumutbare Weiterbeschäftigung auf einem anderen freien Arbeitsplatz auch zu geänderten Bedingungen angeboten werden. Der Arbeitgeber kann ausnahmsweise von einer Änderungskündigung absehen, wenn er mit Sicherheit davon ausgehen kann, dass sein Angebot vom Arbeitnehmer abgelehnt werden würde.
3. Abgrenzung zur Versetzung
Der Arbeitgeber muss nicht jedes Mal, wenn er die Arbeitsbedingungen seiner Mitarbeiter ändern möchte, eine Änderungskündigung aussprechen. Sein Weisungs- und Direktionsrecht (§ 106 Gewerbeordnung) erlaubt es ihm, innerhalb gewisser Grenzen dem Arbeitnehmer bestimmte Anordnungen zu machen und ihn beispielsweise auf einen anderen Arbeitsplatz zu versetzen.
Wie weit das Direktionsrecht des Arbeitgebers reicht, hängt insbesondere von den konkreten, im Arbeitsvertrag festgelegten Vereinbarungen, sowie von geltenden tariflichen Bestimmungen ab. Bewegt sich die Anordnung des Arbeitgebers innerhalb dieser Grenzen, handelt es sich um eine Versetzung. Für alle Weisungen darüber hinaus wird dagegen eine Änderungskündigung erforderlich.
4. Wirksamkeitsvoraussetzungen einer Änderungskündigung
Beteiligung des Betriebsrats
Wie bei jeder anderen Kündigung muss auch bei der Änderungskündigung der Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung angehört werden, sofern es im Unternehmen einen gibt. Dabei sind ihm neben dem Änderungsangebot auch die Gründe für die beabsichtigte Änderung mitzuteilen. Geschieht dies nicht, ist die Kündigung unwirksam.
Bestimmtheit
Für den Arbeitnehmer muss aus dem Angebot direkt ersichtlich sein, welche Arbeitsbedingungen in Zukunft für ihn gelten und ab wann die Änderungen greifen sollen. Ist die Änderungskündigung nicht hinreichend konkret, ist sie schon allein deshalb unwirksam. Auf eine mögliche soziale Rechtfertigung kommt es dann nicht mehr an. Bei Ausspruch mehrerer alternativer Änderungskündigungen muss also z.B. feststehen, in welchem Verhältnis sie zueinander stehen und wann welches Angebot Geltung erlangen soll. Auch Widersprüche innerhalb des Angebots oder die nur allgemeine Bezugnahme auf die Geltung „eines Tarifvertrags“ sorgen nicht für die erforderliche Bestimmtheit des Angebots (BAG – Az. 2 AZR 641/07).
Einhaltung der Kündigungsfrist
Bei einer ordentlichen Änderungskündigung müssen die jeweils bestehenden Kündigungsfristen sowohl hinsichtlich der Änderung der Arbeitsbedingungen als auch hinsichtlich einer möglichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses, eingehalten werden. Eine Änderung der Bedingungen vor Ablauf der Kündigungsfrist muss der Arbeitnehmer nicht gegen sich gelten lassen (BAG – Az. 2 AZR 167/06).
Soziale Rechtfertigung
Die Änderungskündigung muss sozial gerechtfertigt sein, um wirksam zu werden (§ 2 KSchG). Das bedeutet konkret, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen aus persönlichen, verhaltensbedingten oder betriebsbedingten Gründen unvermeidbar sein muss. Darüber hinaus müssen auch die konkreten inhaltlichen Änderungen des Arbeitsverhältnisses sozial gerechtfertigt sein.
Wann eine Änderungskündigung sozial gerechtfertigt ist, hängt von dem Kündigungsgrund ab, den der Arbeitgeber geltend macht. Im Fall einer personenbedingten Änderungskündigung muss er nachweisen, dass der Arbeitnehmer aus Gründen, die in seiner Person liegen, seine Arbeitspflicht künftig nur an dem neuen Arbeitsplatz wird erfüllen können.
Handelt es sich um eine verhaltensbedingte Änderungskündigung, so hat der Arbeitgeber darzulegen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen aufgrund eines Pflichtverstoßes des Mitarbeiters unvermeidbar ist. Zu beachten ist, dass im Verhältnis zur Änderungskündigung die Abmahnung ein milderes Mittel darstellt. In der Regel muss der Arbeitgeber also den Pflichtverstoß des Mitarbeiters abgemahnt haben, bevor er deshalb eine Änderungskündigung aussprechen kann.
Liegt dagegen eine betriebsbedingte Änderungskündigung vor, muss von der Arbeitgeberseite entsprechend nachgewiesen werden, dass betriebliche Gründe die Weiterbeschäftigung des Arbeitgebers an demselben Arbeitsplatz verhindern.
Beschränkung auf das unbedingt erforderliche Maß
Auch wenn eine Änderungskündigung an sich sozial gerechtfertigt ist, kann sie unwirksam sein, wenn sie Änderungen enthält die nicht notwendig sind und über das erforderliche Maß hinausgehen.
Der Arbeitgeber darf demnach nur Änderungen vornehmen, die in Bezug auf den Kündigungsgrund auch wirklich notwendig sind. Kann die neue Tätigkeit z.B. genauso gut vom alten Arbeitsort aus ausgeführt werden und sprechen auch sonst keine Gründe dafür für einen Wechsel des Arbeitsortes, so ist eine Änderungskündigung unwirksam, die trotzdem den Umzug des Arbeitnehmers vorsieht (BAG – Az. 2 AZR 147/07). Dasselbe gilt, wenn der Arbeitgeber im Wege einer Änderungskündigung Schicht- und Wochenendarbeit einführen will, obwohl für einen Einsatz am Wochenende die erforderlichen Gründe fehlen. Da sich der Arbeitgeber dann nicht auf eine Änderung der Arbeitszeiten im dringenden betrieblichen Umfang beschränkt, ist die Kündigung unwirksam (LAG Hamburg, 15.03.2021 – Az: 5 Sa 67/20)
5. Welche Reaktionsmöglichkeiten auf eine Änderungskündigung gibt es?
Ablehnung des Angebots
Geht der Arbeitnehmer überhaupt nicht auf das Änderungsangebot seines Arbeitgebers ein, wird sein Arbeitsverhältnis durch die Änderungskündigung beendet. In diesem Fall hat er, wie bei jeder anderen Kündigung auch, die Möglichkeit, innerhalb von drei Wochen nach Zugang des Änderungskündigungsschreibens Kündigungsschutzklage zu erheben.
Vorbehaltlose Annahme
Nimmt der Arbeitnehmer das Angebot des Arbeitgebers vorbehaltlos an, wird das Arbeitsverhältnis einvernehmlich geändert. Etwaige Schutzmaßnahmen nach dem Kündigungsschutzgesetz können in diesem Fall nicht mehr ergriffen werden.
Der Arbeitgeberkann mit Ausspruch der Änderungskündigung eine Frist setzen, innerhalb derer der Arbeitnehmer das Angebot annehmen muss. Eine Annahme des Angebots nach Ablauf der Frist ist nicht mehr wirksam, da das Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt bereits beendet ist. Allerdings muss die gesetzte Frist angemessen lang sein. Eine zu kurz bemessene Frist ist laut Bundesarbeitsgericht (BAG) entsprechend der Regelung in § 2 KSchG auf drei Wochen zu verlängern (BAG – Az. 2 AZR 44/06).
Annahme unter Vorbehalt
Der Arbeitnehmer kann das unterbreitete Änderungsangebot dagegen auch unter dem Vorbehalt annehmen, dass gerichtlich festgestellt wird, dass die Änderung seiner Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist. Er bestreitet damit, dass sein bisheriger Arbeitsplatz weggefallen ist.
Zu beachten ist, dass der Vorbehalt dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch vor Ablauf von drei Wochen nach Zugang der Änderungskündigung erklärt werden muss. Der Vorbehalt kann sowohl mündlich als auch schriftlich ergehen und muss keinen besonderen Formvorschriften genügen. Aus Beweiszwecken ist eine schriftliche Erklärung allerdings immer vorzugswürdig. Auch eine vom Arbeitnehmer erhobene Klage gegen die Änderungskündigung kann als Vorbehalt gelten. Voraussetzung dafür ist, dass die Klageschrift dem Arbeitgeber innerhalb der geltenden Vorbehaltsfrist zugeht.
Änderungsschutzklage
Neben der Erklärung der Annahme des Änderungsangebotes unter Vorbehalt muss der Arbeitnehmer innerhalb von drei Wochen ab Zugang der Kündigung eine Änderungsschutzklage beim Arbeitsgericht erheben. Dann wird durch das Gericht die Geltung bzw. soziale Rechtfertigung der geänderten Arbeitsbedingungen überprüft. Dagegen geht es nicht um die Frage, ob die in der Änderungskündigung enthaltene Beendigungskündigung wirksam ist.
6. Ausschluss der ordentlichen Änderungskündigung
Eine ordentliche Änderungskündigung ist bei Personen, die einen besonderen Kündigungsschutz nach § 15 KSchG genießen, nicht möglich. Dazu zählen insbesondere Betriebsratsmitglieder. Dieser Schutz greift nach Auffassung des BAG auch dann, wenn es sich um Massenänderungskündigungen aus betrieblichen Gründen handelt. Den Betriebsratsmitgliedern müsse insbesondere in einer solchen Situation eine ungestörte Amtsausübung ermöglicht werden (BAG – Az. 2 AZR 81/04).
7. Außerordentliche Änderungskündigung
Neben der ordentlichen kommt auch eine außerordentliche Änderungskündigung in Betracht, insbesondere für den Fall, dass eine ordentliche Kündigung des betreffenden Arbeitnehmers tarifvertraglich oder gesetzlich ausgeschlossen ist. In diesem Fall muss ein wichtiger Grund die Kündigung rechtfertigen. Ein wichtiger Grund ist vor allem dann gegeben, wenn die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu den bisherigen Bedingungen dem Kündigenden unzumutbar ist
8. Fazit und Praxistipp
Das „Wesen“ der Änderungskündigung zielt in zwei Richtungen: Das Arbeitsverhältnis soll zwar einerseits fortgesetzt werden, aber (nur) zu geänderten Bedingungen, die vom Weisungsrecht des Arbeitgebers bzw. dem bisherigen Arbeitsvertrag nicht mehr gedeckt werden und für die deshalb ein neuer Arbeitsvertrag notwendig ist. Damit ist Sie Chance und Risiko für den Arbeitnehmer zugleich. Dieser sollte sich gut überlegen, ob er unter den neuen Arbeitsbedingungen arbeiten will. Der gesamte neue Arbeitsvertrag sollte sorgfältig geprüft werden. Unschädlich bleibt die Änderungskündigung für die Frage der Betriebszugehörigkeitsdauer, wichtig etwa für eine spätere Abfindung.