1. Mitbestimmung und Anhörung des Betriebsrats bei einer Kündigung
  2. Anforderungen an eine wirksame Anhörung
  3. Mitbestimmung bei einer ordentlichen Kündigung
  4. Mitbestimmung bei einer außerordentlichen Kündigung
  5. Kündigung von Betriebsratsmitgliedern
  6. Fazit

Es gibt eine Vielfalt von Gründen, die Arbeitgeber dazu veranlassen, sich von Mitarbeitern zu trennen. Zum Schutz des Arbeitnehmers gegen willkürliche Entlassungen kann ein Arbeitgeber ein bestehendes Arbeitsverhältnis mit einem Arbeitnehmer allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen kündigen. Neben den Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes sind in Unternehmen, in denen es einen Betriebsrat gibt, bestimmte Vorgaben einzuhalten.

Der Betriebsrat muss grundsätzlich vor jeder Kündigung eines Arbeitnehmers angehört werden. Besonderheiten ergeben sich zudem bei der Kündigung von Betriebsratsmitgliedern.

1. Mitbestimmung und Anhörung des Betriebsrats bei einer Kündigung

Der Betriebsrat hat das Recht, an Einzelpersonalmaßnahmen beteiligt zu werden. Dazu zählt auch die Anhörung bei einer geplanten Kündigung von Mitarbeitern.

Gemäß § 102 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung von jenen Arbeitnehmern anzuhören, die in § 5 Abs. 1 BetrVG genannt werden.

Dies sind

  • Arbeiter, Angestellte und Auszubildende, die im Betrieb, im Außendienst oder mit Telearbeit beschäftigt werden.
  • in Heimarbeit Beschäftigte, die hauptsächlich für den Betrieb arbeiten.
  • Beamte, Soldaten sowie Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes einschließlich der Auszubildenden, die in privatrechtlich organisierten Unternehmen tätig sind.

Die Pflicht zur Anhörung besteht also unabhängig davon, ob für den zu kündigenden Arbeitnehmer besonderer Kündigungsschutz besteht oder nicht.

Unterbleibt die Anhörung, ist die ausgesprochene Kündigung unwirksam (BAG, 12.05.2005, 2 AZR 149/04).

Nicht als Arbeitnehmer gelten nach dem Betriebsverfassungsgesetz:

  • Freie Mitarbeiter
  • Leitende Angestellte
  • Leiharbeitnehmer (im Entleiherbetrieb)
  • Arbeitgebernahe Personen (z.B. Ehepartner)

Für die Beendigung der vorgenannten Rechtsverhältnisse ist demnach auch keine Anhörung des Betriebsrats erforderlich.


2. Anforderungen an eine wirksame Anhörung

Das Anhörungsverfahren wird seitens des Arbeitgebers eingeleitet, indem er den Betriebsrat über die geplante Kündigung informiert. Diese Mitteilung unterliegt grundsätzlich keiner Schriftform. Allerdings ist diese aus Beweisgründen im Rahmen einer Kündigungsschutzklage sehr zu empfehlen.

TIPP für den Arbeitgeber: Im Falle eines Kündigungsrechtsstreits wird oftmals argumentiert, dass der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört wurde und die Kündigung gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 Be­trVG unwirksam ist. Ein ausführliches Anhörungsschreiben vom Arbeitgeber an den Betriebsrat kann in diesem Fall als Nachweis vor Gericht dienen.

Im Rahmen der Anhörung hat der Arbeitgeber den Betriebsrat insbesondere über folgende Punkte zu informieren:

  • Angaben zur Person des zu kündigenden Arbeitnehmers (z.B. Alter, Betriebszugehörigkeit)
  • Art der Kündigung (ordentlich, außerordentlich)
  • Gründe für die Kündigung (z.B. betrieblich bedingt)

Eine umfängliche Darstellung der beabsichtigten Kündigung und der Kündigungsgründe seitens des Arbeitgebers ist bedeutend für eine rechtmäßige Anhörung und damit auch für die Wirksamkeit der Kündigung.

Beispiel: Der Arbeitgeber möchte einem Arbeitnehmer kündigen, der wiederholt ohne eine entsprechende Entschuldigung verspätet zur Arbeit erschienen ist. Der Arbeitnehmer hat bereits eine Abmahnung wegen Unpünktlichkeit erhalten. Ordnungsgemäß teilt der Arbeitgeber dem Betriebsrat die Angaben zur Person (Personaldaten) des zu kündigenden Arbeitnehmers mit. Zudem gibt er die ordentliche Kündigung als Kündigungsart und als Kündigungsgrund verhaltensbedingte Gründe an.

Der Arbeitgeber stellt in seinen Ausführungen lediglich einen Verstoß des Arbeitnehmers dar: „Am 30.01.2018 erst um 10:00 erschienen und damit eine Stunde verspätet. Der Arbeitnehmer konnte keine entschuldbaren Gründe für seine Verspätung vorbringen.“

Der Arbeitgeber hat in diesem Fall nicht umfänglich informiert, da er die bereits vorhandene Abmahnung wegen Unpünktlichkeit nicht gegenüber dem Betriebsrat erwähnt hat. Der Betriebsrat kann zu der beabsichtigten Kündigung nicht abschließend Stellung nehmen, wenn er nicht weiß, dass es sich um einen Wiederholungsfall handelt. Denn dieser Umstand ist für die Wirksamkeit einer Kündigung von wesentlicher Bedeutung.

Im Falle einer Kündigungsschutzklage wird der Arbeitnehmer diesen Rechtsstreit vermutlich gewinnen, da die Anhörung gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG fehlerhaft war und eine einzige Verspätung keine wirksame Kündigung begründen kann.

Je nachdem, welche Art der Kündigung der Arbeitgeber aussprechen möchte, gibt es Unterschiede im Anhörungsverfahren. Es wird diesbezüglich zwischen der ordentlichen (fristgerechten) Kündigung und der außerordentlichen (meist als fristlos gestalteten) Kündigung unterschieden.

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3. Mitbestimmung bei einer ordentlichen Kündigung

Fällt die Kündigung unter das Kündigungsschutzgesetz (KSchG), so muss der Arbeitgeber eine ordentliche Kündigung ausführlich mit einem wirksamen Grund rechtfertigen. Die Kündigungsgründe können betrieblich bedingt (z.B. Wegfall des Arbeitsplatzes durch Umstrukturierung), verhaltensbedingt (z.B. Arbeitsverweigerung) oder personenbedingt (z.B. Krankheitsfälle) sein.

Das Kündigungsschutzgesetz kommt jedoch erst zur Anwendung, wenn

  • der Beschäftigte mindestens sechs Monate ohne Unterbrechung im Betrieb beschäftigt war und
  • im Betrieb regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt sind.
Hinweis: Im Rahmen einer Kündigungsschutzklage darf sich der Arbeitgeber nur auf die Kündigungsgründe berufen, die er dem Betriebsrat rechtzeitig mitgeteilt hat.

Der Betriebsrat hat bei einer ordentlichen Kündigung eine Frist von einer Woche, um seine Stellungnahme abzugeben. Dabei müssen die Ausführungen des Arbeitgebers über die geplante Kündigung so verständlich und detailliert sein, dass der Betriebsrat ohne weitere Nachforschungen feststellen kann, ob die Kündigung gerechtfertigt ist.

Der Betriebsrat kann in seiner Stellungnahme mit

  • Zustimmung,
  • Schweigen,
  • Bedenken oder
  • Widerspruch

auf die geplante Kündigung reagieren.

Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er dies dem Arbeitgeber unter Angabe von Gründen schriftlich mitzuteilen (§ 102 Abs. 2 Satz 1 Be­trVG).

Äußert sich der Betriebsrat innerhalb der Frist nicht (Schweigen), so gilt seine Zustimmung zur Kündigung nach § 102 Abs. 2 Satz 2 Be­trVG als er­teilt.

TIPP für Arbeitnehmer: Der Arbeitnehmer kann auch dann Kündigungsschutzklage erheben, wenn der Betriebsrat der Kündigung zugestimmt hat.

Zudem kann der Betriebsrat auch innerhalb der Frist mit einem Widerspruch gegen eine beabsichtigte Kündigung reagieren. In diesem Fall sind die Widerspruchsgründe des § 102 Abs. 3 Be­trVG zu beachten.

Auch wenn der Betriebsrat der Kündigung widersprochen hat, darf der Arbeitgeber diese trotzdem aussprechen. Eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats ist dem gekündigten Arbeitnehmer vorzulegen, damit sich dieser über die Gründe des Widerspruchs informieren und im Falle einer Kündigungsschutzklage verwenden kann.

Der Arbeitgeber hat insbesondere darauf zu achten, dass die dem Betriebsrat zur Verfügung gestellten Informationen im Anhörungsverfahren vollständig und richtig sind und dass die gesetzliche Wochenfrist zwischen der Anhörung und dem Ausspruch der Kündigung gewahrt wird.

TIPP für Arbeitnehmer: Hat der Betriebsrat der Kündigung aus den im Gesetz genannten Gründen widersprochen, kann der Arbeitnehmer im Rahmen einer Kündigungsschutzklage in der Regel einen betriebsverfassungsrechtlichen Anspruch auf Weiterbeschäftigung geltend machen. Er ist dann bis zum Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiter zu beschäftigen.

4. Mitbestimmung bei einer außerordentlichen Kündigung

Bei einer außerordentlichen Kündigung muss immer ein wichtiger Grund vorliegen (z.B. eine Straftat gegen den Arbeitgeber).

Wie auch bei der ordentlichen Kündigung muss der Betriebsrat über alle Umstände der Kündigung informiert und ordnungsgemäß angehört werden. Im Gegensatz zu einer ordentlichen Kündigung hat der Betriebsrat bei einer außerordentlichen Kündigung aber innerhalb von drei Tagen auf die Kündigung zu reagieren. Zudem kann er im Fall der außerordentlichen Kündigung kein Widerspruchsrecht ausüben. Daher besteht für den Arbeitnehmer auch kein betriebsverfassungsrechtlicher Anspruch auf Weiterbeschäftigung.


5. Kündigung von Betriebsratsmitgliedern

Betriebsratsmitglieder können nur in Ausnahmefällen ordentlich gekündigt werden, etwa bei Betriebsstilllegung. Eine außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund ist möglich.

Achtung: Zu beachten ist zudem, dass der Betriebsrat bei einer außerordentlichen Kündigung von Betriebsratsmitgliedern zwingend seine Zustimmung erteilen muss. Unterbleibt diese, so hat der Arbeitgeber gemäß § 103 Abs. 2 BetrVG die Möglichkeit, beim Arbeitsgericht die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zu beantragen.

6. Fazit

  • Im Rahmen einer Kündigung von Arbeitnehmern ist der Betriebsrat grundsätzlich anzuhören. Ausnahmen ergeben sich aus § 5 Abs. 1 BetrVG (z.B. bei leitenden Angestellten).
  • Unterbleibt die Anhörung des Betriebsrats oder wird dieser vom Arbeitgeber nur unzureichend informiert, so ist die ausgesprochene Kündigung unwirksam.
  • Je nach Art der Kündigung (ordentliche oder außerordentliche Kündigung) gibt es Unterschiede im Anhörungsverfahren.
  • Der Betriebsrat hat bei einer ordentlichen Kündigung eine Frist von einer Woche, um seine Stellungnahme abzugeben. Widerspricht er der Kündigung aus den im Gesetz genannten Gründen, so kann der Arbeitnehmer im Rahmen einer Kündigungsschutzklage in der Regel einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung geltend machen.
  • Bei einer außerordentlichen Kündigung muss der Betriebsrat innerhalb von drei Tagen auf die Kündigung reagieren. Ein Widerspruchsrecht kann er in diesem Fall aber nicht ausüben.