1. Wann spricht man von einem Arbeitszeitbetrug?
  2. Abmahnung wegen Arbeitszeitbetrug
  3. (Fristlose) Kündigung wegen Arbeitszeitbetrug
  4. Arbeitszeitbetrug ist eine Straftat
  5. Einzelfälle und Rechtsprechung
  6. Fazit

1. Wann spricht man von einem Arbeitszeitbetrug?

Arbeitszeitbetrug ist ein schwerer Vorwurf, weil der Arbeitnehmer hier nicht bloß zu spät erscheint oder früher geht. Er versucht vielmehr, dem Arbeitgeber bewusst vorzutäuschen, wie vereinbart gearbeitet zu haben.

In vielen Unternehmen werden die genauen Arbeitszeiten des einzelnen Arbeitnehmers erfasst, etwa durch eine elektronische Zeiterfassung am Unternehmenseingang oder durch auszufüllende Stundenzettel. Werden hier bewusst falsche Zeiten aufgeschrieben oder der Zeitnachweis unzutreffend vorgenommen, spricht man von Arbeitszeitbetrug.

Beispiel: Laut Arbeitsvertrag arbeitet A von 9 bis 16 Uhr im Home-Office. Er muss täglich seine Arbeitszeiten in einer Excel-Tabelle dokumentieren. A trägt oft 9 Uhr ein, obwohl er erst um 10 Uhr angefangen hat.

Ganz entscheidend kommt es darauf an, dass der Arbeitnehmer vorsätzlich täuschen will. Hat er bloß aus Unachtsamkeit eine falsche Arbeitszeit aufgeschrieben, liegt kein Arbeitszeitbetrug vor. Man spricht dann bloß von einem Arbeitszeitverstoß oder einer Arbeitszeitverletzung. Mit diesem Argument lässt sich oft erfolgreich gegen Kündigungen oder Abmahnungen vorgehen.

Beispiele: A aus dem obigen Beispiel trägt seine Arbeitszeiten erst eine Woche später ein. Sein Arbeitgeber hatte genehmigt, dass er an dem o.g. Tag eine Stunde später anfängt. Vergisst er beim Dokumentieren seinen späteren Arbeitsbeginn, begeht er keinen Arbeitszeitbetrug (allerdings muss er den gegenteiligen Eindruck vor Gericht entkräften, was schwierig sein kann). Dasselbe gilt, wenn ein Mitarbeiter zwar zu spät im Betrieb erscheint, er seine Arbeitszeiten nicht angeben muss und über seine Unpünktlichkeit schweigt.

Auch im Rahmen von Gleitzeitmodellen (Gleitzeitbetrug) oder Vertrauensarbeitszeit ist ein Arbeitszeitbetrug möglich. Bei letzterem ist dies der Fall, wenn der Mitarbeiter mehr Arbeitsstunden angibt, als er tatsächlich geleistet hat. Im Rahmen der Vertrauensarbeitszeit darf der Mitarbeiter nämlich nur über die Lage seiner Arbeitszeit bestimmen, nicht aber über deren Umfang.

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2. Abmahnung wegen Arbeitszeitbetrug

Stellt der Arbeitgeber einen Arbeitszeitbetrug fest, darf er den Mitarbeiter abmahnen. Er fordert ihn so zu einem besseren Verhalten auf und droht zugleich mit einer Kündigung, sollte der Mitarbeiter erneut Arbeitszeit erschleichen oder ähnliche Pflichten verletzen.

Arbeitnehmer können theoretisch gegen rechtswidrige Abmahnungen vorgehen. Dies ist aber nicht immer sinnvoll oder nötig. Halten sie die Darstellung der Tatsachen in der Abmahnung für falsch, können Betroffene auch eine Gegendarstellung in die Personalakte aufnehmen lassen, in der sie ihre Sicht auf die Dinge schildern. Kommt es später noch zu einer Kündigung und einem Prozess, wird damit der negative Eindruck der Abmahnung ggf. etwas entkräftet.

Eine Abmahnung wegen Arbeitszeitbetrugs hat aber auch etwas Gutes! Verzichtet der Arbeitgeber nämlich auf eine Kündigung und mahnt den Mitarbeiter erstmal nur ab, darf er wegen desselben Vorwurfs nicht mehr kündigen. Die Abmahnung wirkt also quasi als Kündigungssperre. Diese ist erst aufgehoben, wenn der Arbeitgeber von neuen Tatsachen erfährt oder es zu weiteren Pflichtverstößen kommt.

3. (Fristlose) Kündigung wegen Arbeitszeitbetrug

Ein Arbeitszeitbetrug kann auch zum Ausspruch einer Kündigung berechtigen. Ob zuvor eine oder gar mehrere Abmahnungen nötig sind, hängt stark vom Einzelfall ab. Die Gerichte sind nach einem Arbeitszeitbetrug allerdings recht streng und verlangen oftmals keine vorherige Abmahnung. Der Grund dafür: Bei nachgewiesenem Arbeitszeitbetrug hätte der Arbeitnehmer von vornherein wissen müssen, dass der Arbeitgeber ein derartiges Fehlverhalten nicht hinnehmen würde.

Damit noch nicht genug. Auch eine fristlose Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs ist nicht ausgeschlossen. Das Arbeitsverhältnis endet dann von einem Tag auf den anderen. Arbeitgeber dürfen zu diesem Mittel greifen, wenn der Mitarbeiter z.B. über lange Zeit, hartnäckig oder mit besonderer List täuscht.

Trotzdem haben Arbeitnehmer gegen eine Kündigung oft gute Chancen. Der Arbeitgeber muss den Vorwurf nämlich gut beweisen können. Häufig lassen sich die Unternehmen daher auf eine Abfindung ein, um ihr eigenes Prozessrisiko zu umgehen.

Wichtig: Arbeitnehmer haben nur drei Wochen Zeit, um gegen die Kündigung vorzugehen. Erheben sie in dieser Zeit keine Kündigungsschutzklage, wird die Entlassung automatisch wirksam und unangreifbar.

Kann der Arbeitszeitbetrug nicht nachgewiesen werden, besteht aber ein begründeter Verdacht, kommt nach Anhörung des Arbeitnehmers der Ausspruch einer Verdachtskündigung in Betracht.


4. Arbeitszeitbetrug ist eine Straftat

Wie der Name schon verrät, ist der Arbeitszeitbetrug ein Betrug und dementsprechend eine Straftat. Das Verhalten des Arbeitnehmers interessiert daher nicht nur den Arbeitgeber, sondern auch die Staatsanwaltschaft. Im schlimmsten Fall droht eine Geldstrafe oder bis zu fünf Jahre Haft.

Soweit die Theorie. In aller Regel kommt es aber erst gar nicht zur Anzeige und die Staatsanwaltschaft erfährt von dem Vorgang nichts. Selbst wenn Ermittlungen aufgenommen werden, ist mit einer Verurteilung oder einem Strafbefehl eher nur in besonders schwerwiegenden Fällen zu rechnen. Anzunehmen ist dies etwa bei ausgeprägter krimineller List oder Täuschungen über weit mehr als bloß einige Stunden.

5. Einzelfälle und Rechtsprechung

Welche Konsequenzen ein Arbeitszeitbetrug nach sich zieht, hängt stark vom Einzelfall ab. Die folgenden Beispiele aus der Rechtsprechung sollen eine erste Orientierung bieten:

Kündigung wegen fehlender Abmahnung und geringem Schaden unwirksam

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg (Urt. v. 13.06.2012 – Az. 15 Sa 407/12) hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem ein Arbeitnehmer an vier Tagen einer Woche das Unternehmensgelände jeweils für einige Minuten verlassen hatte, ohne sich per elektronischer Zeiterfassung auszuloggen. Der Arbeitgeber sprach daraufhin eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung aus.

Zu Unrecht, urteilten die Berliner Richter: Denn im vorliegenden Fall sei dem Arbeitgeber kein Schaden entstanden, da der Arbeitnehmer jeden Monat bis zu zehn unbezahlte Überstunden abzuleisten hatte und dieses Pensum nicht ausgeschöpft wurde.

Der Arbeitnehmer hatte in der besagten Woche auch nach Abzug der Fehlzeiten (insgesamt 60 Minuten) noch einige Stunden über der vorgeschriebenen Regelarbeitszeit von täglich acht Stunden gelegen. Das Gericht betonte, dass es auch abseits dieser besonderen Umstände fraglich sei, eine Kündigung wegen der insgesamt recht geringen Fehlzeit mit einem Arbeitswert von unter zehn Euro ohne vorherige Abmahnung auszusprechen.

Kündigung wegen Raucherpausen rechtens

Für das LAG Rheinland-Pfalz (Urt. v. 06.05.2010 – Az. 10 Sa 712/07) war dagegen eine Kündigung rechtmäßig, die wegen klarer Verstöße gegen eine Betriebsanweisung ausgesprochen wurde. Nach dieser waren Raucherpausen nur mit Ein- und Ausstempeln aus der Zeiterfassung erlaubt. Der Arbeitnehmer hatte deswegen bereits zwei Abmahnungen erhalten und wurde eine Woche später erneut „erwischt“.

Fristlose Kündigung gerechtfertigt

In einem Fall vor dem Bundesarbeitsgericht (Urt. v. 09.06.2011 – Az. 2 AZR 381/10) wurde einer außerordentlichen Kündigung ohne vorheriger Abmahnung stattgegeben: Eine ordentlich unkündbare Frau hatte an sieben Tagen falsche Arbeitszeiten aufgeschrieben. Die Gesamtdauer der so erschlichenen Arbeitszeit betrug 135 Minuten. Die Mitarbeiterin hatte dieses Verhalten mit einer bestehenden Dienstvereinbarung gerechtfertigt, wonach die Arbeit „an der Arbeitsstelle“ beginne. Daher hatte sie die Zeiten bei der Ein- und Ausfahrt durch die Schranke des Firmenparkplatzes als Arbeitsbeginn bzw. Arbeitsende angegeben.

Dies nützte ihr nichts – das BAG wertete das Verhalten als fortgesetzten und systematischen Arbeitszeitbetrug. Es sei offensichtlich, dass mit „Arbeitsstelle“ nicht der Parkplatz, sondern erst der Arbeitsplatz am Schreibtisch gemeint war.

6. Fazit

  • Von einem Arbeitszeitbetrug ist die Rede, wenn der Arbeitnehmer bewusst über seine geleistete Arbeitszeit täuscht. Bloße Unpünktlichkeit reicht nicht aus.
  • Der Arbeitgeber darf wegen Arbeitszeitbetrug abmahnen. Eine Kündigung wegen desselben Vorwurfs ist dann allerdings grundsätzlich nicht mehr möglich.
  • Auch eine Kündigung kommt oft in Betracht. In schweren Fällen ist auch die fristlose Kündigung nicht ausgeschlossen.
  • Arbeitszeitbetrug ist eine Straftat, sodass die Staatsanwaltschaft ggf. Ermittlungen aufnimmt.
  • Möchten Arbeitnehmer die Kündigung angreifen, sollten sie schnellstmöglich auf einen Anwalt für Arbeitsrecht zugehen. Dieser geht entweder gegen die Entlassung vor oder verhandelt über eine Abfindung.