1. Raucher- und Nichtraucherschutz am Arbeitsplatz
Das Rauchen am Arbeitsplatz ist in vielen Betrieben ein emotional aufgeladenes Thema. Während sich Raucher oft reflexartig verteidigen, reagieren manche Nichtraucher mit Unverständnis oder sogar Empörung. Die Herausforderung für Arbeitgeber und Betriebsrat besteht darin, diese gegensätzlichen Interessen miteinander in Einklang zu bringen und dabei den gesetzlichen Rahmen zu wahren.
Diese Vorgabe wird in der Praxis streng gehandhabt: Vor Gericht scheiterte bspw. ein Arbeitgeber mit der Argumentation, dass durch die installierte Luftanlage in seinem Betrieb die Luftverunreinigung durch Tabak auf ein Minimum beschränkt wird (Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 10.5.2016, Az. 9 AZR 347/15). Entscheidend ist nämlich, dass überhaupt kein Tabakrauch in die Atemluft der Nichtraucher gelangt.
Über die ArbStättV hinaus sind zudem die Nichtraucherschutzgesetze des Bundes und der Länder zu beachten. Sie schreiben in sensiblen Einrichtungen wie Krankenhäusern oder Schulen oft ein vollständiges Rauchverbot mit allenfalls sehr eng gefassten Ausnahmen vor. In Bereichen mit erhöhter Brand- oder Explosionsgefahr sind Rauchverbote ohnehin zwingend einzuhalten.
Gleichzeitig darf jedoch nicht vergessen werden, dass auch Raucher Rechte haben. Immerhin raucht nach wie vor etwa jeder vierte Deutsche. Viele Beschäftigte sind somit potenziell von betrieblichen Rauchverboten betroffen. Arbeitgeber und Betriebsrat sind daher gefordert, tragfähige Regelungen zu entwickeln, die sowohl den Schutz der Nichtraucher sicherstellen als auch den Rauchern angemessene Rückzugsmöglichkeiten bieten. Ziel ist stets ein gerechter Interessenausgleich, der sowohl gesetzliche Vorgaben erfüllt als auch das Betriebsklima berücksichtigt.
2. Darf der Arbeitgeber ein Rauchverbot aussprechen?
Grundsätzlich kann der Arbeitgeber im Betrieb teilweise oder vollständige Rauchverbote erlassen, wenn es der Nichtraucherschutz oder andere gesetzliche Vorschriften verlangen. Allerdings ist dabei Vorsicht geboten, denn der Arbeitgeber ist allen Beschäftigten des Betriebs gegenüber verpflichtet – den Rauchern und den Nichtrauchern gleichermaßen. Weil das Rauchen von legalen Tabakwaren zur rechtmäßigen Entfaltung der Persönlichkeit gehört, ist auch das Rauchen zu ermöglichen und zu schützen.
Betriebsvereinbarung zum Rauchen am Arbeitsplatz
Sofern ein Betriebsrat vorhanden ist, kann der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat eine sogenannte Betriebsvereinbarung aufsetzen, wodurch die Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern beziehungsweise zwischen den im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmern untereinander verbindlich geregelt werden. Das bedeutet, dass eine Betriebsvereinbarung zum Rauchen am Arbeitsplatz einen Anspruch begründen kann, der auch vor (dem Arbeits-) Gericht einklagbar ist.
Eine Betriebsvereinbarung kommt zustande, indem Arbeitgeber und Betriebsrat diese gemeinsam beschließen und schriftlich niederlegen. Die getroffenen Regelungen werden also nach gemeinsamer Beschlussfassung in einem Dokument schriftlich fixiert und durch die Unterschriften des Betriebsratsvorsitzenden und des Arbeitgeberrepräsentanten rechtswirksam.
Weigert sich der Arbeitgeber, eine Regelung zum Schutz von Nichtrauchern am Arbeitsplatz zu treffen, kann unter Umständen eine Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat über die Einigungsstelle erzwungen oder Beschwerde beim zuständigen Amt für Arbeitsschutz eingelegt werden.
Weitere Gestaltungsmöglichkeiten des Arbeitgebers
Insbesondere wenn kein Betriebsrat existiert, kann ein Rauchverbot auch Bestandteil eines Arbeitsvertrages oder Gegenstand einer zulässigen Arbeitgeberweisung sein.
Kein Gewohnheitsrecht auf Rauchen am Arbeitsplatz
Auch wenn in einem Betrieb über längere Zeit hinweg das Rauchen geduldet wurde, begründet dies grundsätzlich keine betriebliche Übung, die einen rechtlichen Anspruch auf das Rauchen am Arbeitsplatz entstehen lässt. Der Arbeitgeber kann also selbst dann ein Rauchverbot aussprechen, wenn das Rauchen zuvor jahrelang erlaubt oder zumindest stillschweigend akzeptiert wurde. Ein einmal eingeräumtes Verhalten kann durch berechtigte Interessen, wie z. B. den Gesundheitsschutz anderer Beschäftigter, wieder eingeschränkt oder untersagt werden. Entscheidend ist dabei, dass der Arbeitgeber die Maßnahme nachvollziehbar begründet und verhältnismäßig umsetzt (dazu mehr im folgenden Abschnitt).
3. Konkrete Maßnahmen zum Rauchen am Arbeitsplatz
Jeder Betrieb ist unterschiedlich: Von der baulichen Ausstattung über die Anzahl von Rauchern und Nichtrauchern, den Branchengewohnheiten, der Toleranz der Belegschaft bis hin zur Art der Tätigkeit. Deshalb hat der Arbeitgeber einen gewissen Spielraum, passende Maßnahmen zum Nichtraucherschutz auszuwählen, die alle Beteiligten möglichst gut einbeziehen. Diese reichen von Rauchverboten in bestimmten Bereichen bis hin zu einem vollständigen Rauchverbot im gesamten Betrieb.
Damit die Maßnahmen wirksam sind, müssen sie verhältnismäßig sein. Das bedeutet:
- Sie müssen geeignet sein, um das Ziel – den Schutz der Nichtraucher – zu erreichen.
- Sie müssen erforderlich sein, dürfen also keine unnötig strengen Einschränkungen enthalten, wenn auch mildere Lösungen ausreichen würden.
- Und sie müssen angemessen, also fair und zumutbar für alle Beteiligten sein. Die Gesundheit der Nichtraucher hat dabei besonderes Gewicht, aber auch die Interessen der rauchenden Beschäftigten dürfen nicht völlig außer Acht gelassen werden.
Ein Rauchverbot kann am Arbeitsplatz, aber meist nicht im Freien erlassen werden. Der Arbeitgeber darf darüber hinaus keine willkürlichen Rauchverbote erlassen und muss darauf achten, dass Raucher durch das Verweisen an unangemessene Orte nicht stigmatisiert werden, z. B. durch das Einrichten einer Raucherecke neben dem Bereich für Mülltonnen. Das widerspräche ebenfalls dem grundrechtlich garantierten Recht der Raucher auf freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit.
Ein vollständiges Rauchverbot kommt daher nur als letztes Mittel in Betracht, etwa in Bereichen mit erhöhter Brandgefahr oder wenn eine räumliche Trennung von Rauchern und Nichtrauchern nicht möglich ist (z. B. in Großraumbüros). In diesem Fall können Arbeitnehmer auch nicht während ihrer regulären Pausenzeiten rauchen, sofern sie diese auf dem Betriebsgelände verbringen.
Mögliche konkrete Maßnahmen
Zu den häufig umsetzbaren Lösungen gehören technische Vorkehrungen und organisatorische Maßnahmen wie z. B.:
- Einbau von Lüftungsanlagen, die Tabakqualm vollständig absorbieren (oder zusammen mit anderen Maßnahmen zu qualmfreier Luft führen),
- räumliche Trennung von Rauchern und Nichtrauchern,
- Bereitstellung von Raucherzimmern oder
- Einrichtung von Raucherecken.
4. Kündigung wegen Rauchen am Arbeitsplatz
Eine Kündigung wegen Rauchen am Arbeitsplatz ist möglich, wenn der Arbeitnehmer dabei gegen betriebliche Vorgaben oder gesetzliche Regelungen verstößt. Entscheidend ist, ob ein Rauchverbot besteht und ob der Verstoß so schwerwiegend ist, dass eine Kündigung gerechtfertigt erscheint.
Verstoß gegen ein betriebliches Rauchverbot
Wenn im Unternehmen ein allgemeines oder teilweises Rauchverbot gilt – etwa durch eine Betriebsvereinbarung oder eine ausdrückliche Anweisung des Arbeitgebers –, drohen dem Raucher arbeitsrechtliche Konsequenzen. Das beharrliche Ignorieren eines Rauchverbots kann als Arbeitsverweigerung gewertet werden. In der Regel ist zunächst eine Abmahnung erforderlich, bevor bei wiederholten Verstößen eine verhaltensbedingte Kündigung in Betracht kommt.
Gefährdung von Personen oder Sachwerten
Raucht ein Mitarbeiter trotz eines Verbots in sensiblen Bereichen, wie etwa in einer Produktionshalle mit leicht entzündlichen Stoffen oder in einem Krankenhaus, kann dies eine erhebliche Gefährdung darstellen. In solchen Fällen kann sogar eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sein, da der Arbeitnehmer vorsätzlich oder grob fahrlässig gegen Sicherheitsvorschriften verstößt.
Raucherpausen ohne Zeiterfassung
Verlässt ein Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz wiederholt für nicht genehmigte Raucherpausen und erfasst diese Zeiten nicht korrekt („Ausstempeln“), kann dies als Arbeitszeitbetrug gewertet werden. Hier ist nach einer Abmahnung eine verhaltensbedingte Kündigung und bei schwerwiegenden Verstößen auch eine fristlose Kündigung möglich (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 06.05.2010, Az. 10 Sa 712/09 sowie LAG Thüringen, Urteil vom 03.05.2022, Az. 1 Sa 18/21).
5. Was gilt bei E-Zigaretten und Joints?
Lange Zeit war nicht klar, ob die Dämpfe der E-Zigaretten genauso schädlich wie Tabakrauch sind. Darüber hinaus ist der Konsum von Cannabis teillegalisiert worden. Der Gesetzgeber hat aber reagiert und den Konsum von E-Zigaretten sowie Cannabis in die ArbStättV einbezogen und dem Rauchen von Tabak gleichgestellt.
6. Fazit
- Arbeitgeber müssen gesetzliche Vorgaben zum Nichtraucherschutz einhalten und Nichtraucher wirksam vor Tabakrauch schützen.
- Vorgaben zum Rauchen am Arbeitsplatz werden häufig in Betriebsvereinbarungen geregelt und müssen verhältnismäßig sein. Geeignete Maßnahmen können in der Installation von Lüftungsanlagen oder der Einrichtung von Raucherecken bestehen.
- Willkürliche Rauchverbote sind unzulässig und ein vollständiges Rauchverbot kommt nur ausnahmsweise in Frage.
- Wer gegen ein Rauchverbot in Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag verstößt, riskiert eine Abmahnung oder sogar die Kündigung. Wer nicht ausstempelt, begeht Arbeitszeitbetrug und kann ebenso gekündigt werden.
- Arbeitgeber können den Konsum von Cannabis während der Arbeitszeit verbieten.