1. Was ist der Zugewinnausgleich?
  2. Wann kommt es zum Zugewinnausgleich?
  3. Wie wird der Zugewinnausgleich berechnet?
  4. Welche Vermögenspositionen werden im Zugewinnausgleich berücksichtigt?
  5. Verzicht auf den Zugewinnausgleich
  6. Einvernehmliche Scheidung und Zugewinnausgleich
  7. Fazit
  8. Video

1. Was ist der Zugewinnausgleich?

Der Zugewinnausgleich ist der Ausgleich zwischen den Vermögen der Ehepartner im Falle einer Scheidung. Ihm liegt die Annahme zugrunde, dass beide Ehepartner während der Ehe dazu beitragen, Vermögen zu erwirtschaften und deshalb auch bei der Scheidung zu gleichen Teilen von diesem sogenannten Zugewinn profitieren sollen.


2. Wann kommt es zum Zugewinnausgleich?

Der Zugewinnausgleich kommt überhaupt nur in Frage, wenn in der Ehe der Güterstand der Zugewinngemeinschaft besteht. Das ist immer dann der Fall, wenn die Ehegatten nicht in einem Ehevertrag etwas anderes vereinbart haben. Auch eine sog. modifizierte Zugewinngemeinschaft ist möglich. Im Ehevertrag wird dann bestimmt, dass grundsätzlich der gesetzliche Güterstand gilt, einzelne Gegenstände aber nicht berücksichtigt werden (z.B. Unternehmensanteile).

Der Zugewinnausgleich wird erst im Zuge der Scheidung durchgeführt. Während der vorgelagerten Trennungsphase spielt er noch keine Rolle.

Das Familiengericht beschäftigt sich außerdem nur dann mit dem Ausgleich, wenn er von einem der Beteiligten beantragt wurde.

Übrigens: Die Scheidung ist nur einer von mehreren Ausgleichsgründen. Auch der Tod von einem der Ehegatten löst den Zugewinnausgleich aus und erhöht den Erbteil. Das gilt natürlich nur für nach wie vor verheiratete Paare.

3. Wie wird der Zugewinnausgleich berechnet?

Als Grundlage der Berechnung wird bei jedem der Beteiligten das Anfangs- mit dem Endvermögen verglichen.

Hinweis zum besseren Verständnis: Jeder Ehegatte hat sein eigenes, separates Eigentum in der Ehe. Vermögen, das ein Partner vor der Ehe sein Eigen nannte, bleibt dies in der Ehe grundsätzlich auch. Es ist gerade nicht so, dass die Partner nach der Eheschließung nur noch gemeinsames Eigentum hätten.

Deshalb ist das Anfangs- und Endvermögen sowie der Zugewinn für jeden der beiden Eheleute separat zu ermitteln.

Das Vermögen umfasst alle positiven Vermögenswerte abzüglich der Schulden.

Das Anfangsvermögen ist das Vermögen, das der Ehepartner zum Zeitpunkt der Eheschließung hatte. Da hier auch etwaige Verbindlichkeiten berücksichtigt werden, kann es einen negativen Wert annehmen. Kann bei der Scheidung nicht mehr festgestellt werden, wie hoch das Anfangsvermögen war, wird vermutet, dass es bei Null Euro lag. Somit macht der Vermögenszuwachs dann den kompletten Zugewinn aus.

Bei längeren Ehen besteht zudem oft noch das Problem, dass Vermögenswerte von vor einigen Jahren oder Jahrzehnten bedingt durch Inflation heute nicht mehr dem reinen Zahlenwert entsprechen. Bei der Berechnung des Anfangsvermögens ist eine etwaige Geldentwertung deshalb auch zu berücksichtigen und das Anfangsvermögen deshalb zu „indexieren“.

Das Endvermögen ist das Vermögen, das zum Ende der Ehe beim jeweiligen Ehegatten besteht. Für dessen Berechnung ist nicht der Zeitpunkt der Scheidung, sondern die Zustellung des Scheidungsantrags an den anderen Ehepartner maßgeblich.

Der Zugewinn stellt demnach die Differenz zwischen dem Anfangs- und dem Endvermögen dar, wobei er nie einen negativen Wert annehmen kann. Verluste des Ehegatten sind also nicht auszugleichen. Anschließend wird durch einen Vergleich festgestellt, welcher der beiden Partner während der Ehe einen höheren Zugewinn erzielt hat. Dieser ist dann verpflichtet, dem jeweils anderen die Hälfte seines Überschusses auszugleichen.

Der Mann hat zu Anfang der Ehe ein Vermögen von 100.000 €. Sein Endvermögen beläuft sich auf 300.000 €. Somit besteht bei ihm ein Vermögenszuwachs von 200.000 €.

Die Frau hat ein Anfangsvermögen von 50.000 € und ein Endvermögen von 200.000 €. Somit hat sie während der Ehe einen Vermögenszuwachs von 150.000 € erwirtschaftet.

Nun werden die Zugewinne der Eheleute miteinander saldiert. Es besteht eine Differenz von 50.000 €.

Die Ehefrau kann verlangen, dass die Hälfte dieses Zugewinns – also 25.000 € – an sie ausgezahlt wird.

Rechenbeispiel Zugewinnausgleich

4. Welche Vermögenspositionen werden im Zugewinnausgleich berücksichtigt?

Das Vermögen der Beteiligten kann im Laufe der Ehe durch verschiedene Faktoren beeinflusst werden. Demnach stellt sich immer die Frage, ob und wie bestimmte Vermögenspositionen bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs zu berücksichtigen sind.

  • Erbschaften und Schenkungen zählen als sogenannter privilegierter Erwerb grundsätzlich zum Anfangsvermögen und werden deshalb nur mit ihrer Wertsteigerung in den Zugewinnausgleich einbezogen.
Beispiel: A erbt ein Haus von seinen Eltern im Wert von 600.000 €. Bei der Berechnung des Zugewinns bleibt diese Erbschaft außen vor. Steigert sich der Immobilienwert während der Ehe allerdings z.B. um 50.000 €, fließt dies in den Zugewinn ein.

Schenkungen bleiben allerdings nur dann unberücksichtigt, wenn diese zur Vermögensbildung vorgesehen sind und nicht lediglich der laufenden Deckung des Lebensbedarfs dienen sollen. In letzterem Fall werden sie wie Einkünfte behandelt und nicht zum Anfangsvermögen gerechnet. Klassisches Beispiel hierfür sind kleinere Beträge, die ein Gatte etwa wiederholt als „Finanzspritze“ von seinen Eltern erhält und die zum Kauf von Lebensmitteln usw. verwendet werden.

  • Lottogewinne werden dagegen nur dem Endvermögen zugerechnet und unterliegen somit dem Zugewinnausgleich (BGH Beschl. v. 16.10.2013, Az. XII ZB 277/12). Gleiches gilt für Abfindungszahlungen aus Arbeitsverträgen und Schmerzensgeldzahlungen. Anders als der privilegierte Erwerb beruhen diese Vermögenspositionen nicht auf einer besonderen persönlichen Nähebeziehung zu einem Dritten und werden deshalb auch nicht aus dem Zugewinnausgleich ausgenommen.
  • Hausrat, der im gemeinsamen Eigentum der Eheleute steht, unterliegt nicht dem Zugewinn. Dazu zählen alle beweglichen, dem gemeinsamen Leben des Ehepaares dienenden Gegenstände. Hierüber wird in dem separaten Verfahren der Hausratsverteilung entschieden. Hausratsgegenstände, die im Alleineigentum eines Ehepartners stehen, zählen dagegen zum Zugewinn.

5. Verzicht auf den Zugewinnausgleich

Nur in begründeten Einzelfällen lässt die Rechtsprechung eine Kürzung oder Verweigerung des Zugewinnausgleichs zu. Geregelt ist das in § 1381 BGB. Die Vorschrift setzt voraus, dass einer der Partner vor dem Familiengericht schlüssig vorträgt, dass die Durchführung des Zugewinnausgleichs „dem Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise widersprechen“ würde (BGH NJW 73, 749). Die Anwendung dieses Falls ist damit stark eingeschränkt.

Beispiele: Der ausgleichsberechtigte Ehegatte hat vor der Scheidung seine ehelichen Unterhaltspflichten schuldhaft vernachlässigt oder das fragliche Vermögen wurde erst nach der Trennung und ohne jeglichen Bezug zur Ehe erwirtschaftet.

6. Einvernehmliche Scheidung und Zugewinnausgleich

Ehepartner können Zeit und Geld sparen, wenn sie sich einvernehmlich scheiden lassen. Dies setzt voraus, dass sie sich über die Scheidung an sich und deren Folgen im Großen und Ganzen einig sind.

Eine einvernehmliche Scheidung erleichtert auch den Zugewinnausgleich. Regelmäßig setzen die Eheleute eine sog. Scheidungsfolgenvereinbarung auf, in der sie sich auf einen bestimmten Ausgleichsbetrag einigen. Zugleich erklären sie, allen gesetzlichen Auskunftspflichten über das jeweilige Vermögen gerecht geworden zu sein.
Die Scheidungsfolgenvereinbarung lässt sich je nach Konstellation flexibel ergänzen. Oft bieten sich Regelungen dazu an, wie das gemeinsame Haus oder Zuwendungen während der Ehe im Zugewinnausgleich berücksichtigt werden.

Die Eheleute sollten eine Scheidungsfolgenvereinbarung allerdings nicht ohne vorherige anwaltliche Beratung unterschreiben. In aller Regel verzichten sie nämlich auf alle gegenseitigen Ansprüche, die in der Vereinbarung nicht genannt sind. Dies kann ungewollte und weitreichende Konsequenzen haben.

7. Fazit

  • Der Zugewinnausgleich wird nach der Scheidung durchgeführt und soll für eine faire Aufteilung des Vermögens unter den Eheleuten sorgen.
  • Zur Ermittlung des Zugewinns wird bei jedem Ehegatten das Vermögen zu Beginn und zum Ende der Ehe verglichen. Übersteigt der Zugewinn eines Ehegatten den des anderen, ist die Hälfte des Zugewinns abzugeben.
  • Nur wenige Vermögensgegenstände (z.B. Erbschaften) bleiben im Zugewinnausgleich unberücksichtigt.
  • In Härtefällen darf der Zugewinnausgleich verweigert werden.
  • Am sinnvollsten ist die Regelung des Zugewinnausgleichs in einer Scheidungsfolgenvereinbarung.

8. Video