Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat erneut die Rechte von Homosexuellen gestärkt und damit einen weiteren Meilenstein für die Gleichstellung von eingetragener Lebenspartnerschaft und Ehe gelegt.
Die Adoptionsarten im deutschen Recht
Das deutsche Adoptionsrecht unterscheidet zwischen vier verschiedenen Adoptionsarten:
Bei der Einzeladoption adoptiert eine unverheiratete Person ein Kind allein. Wenn diese Person später heiratet, hat der Ehepartner die Möglichkeit, das Kind ebenfalls zu adoptieren. In diesem Fall spricht man von der sog. Sukzessivadoption, die Gegenstand des jüngst erlassenen Urteils des BVerfG gewesen ist und mittlerweile vom Bundestag umgesetzt wurde. Zum Thema finden Sie im Pressebereich ein Interview mit Franziska Hasselbach.
Nimmt eine Person ein leibliches Kind mit in die Ehe, hat der Ehegatte die Möglichkeit, das Kind im Wege der sog. Stiefkindadoption zu adoptieren.
Zuletzt sei die gemeinschaftliche Adoption erwähnt, in deren Rahmen Ehepartner gemeinsam ein Kind adoptieren können.
Die Adoptionsmöglichkeiten für Homosexuelle bisher
Vor dem Urteil des BVerfG vom 19.02.2013 waren für Homosexuelle lediglich die Einzeladoption und – wenn sie in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebten – die Stiefkindadoption möglich.
Wenn demnach ein Lebenspartner ein Kind adoptierte, blieb der andere außen vor, weil in diesen Fällen weder die gemeinschaftliche noch die Sukzessivadoption möglich war. Dass dies vor allem für das Kind zu unerträglichen Ergebnissen führte, lag auf der Hand. Beispielsweise sei auf die lückenhafte finanzielle Absicherung des adoptierten Kindes hingewiesen. Aufgrund der eingeschränkten Adoptionsmöglichkeiten bei Lebenspartnerschaften hatte das Kind lediglich gegen den jeweiligen Lebenspartner Unterhaltsansprüche, der das Kind auch adoptiert hatte. Obwohl der Andere faktisch ebenfalls als Elternteil fungierte, bestanden gegen diesen keine Unterhaltsansprüche, was schlussendlich nicht nachvollziehbar war. Dieses Beispiel ist nur eines von vielen, das für die Sukzessivadoption in eingetragenen Lebenspartnerschaften spricht.
Was das Urteil verändert hat
Durch das Urteil wurde eingetragenen Lebenspartnern nun auch die die Möglichkeit der Sukzessivadoption eingeräumt, wobei die gemeinschaftliche Adoption in Lebenspartnerschaften nach wie vor ausgeschlossen ist.
Warum wurde die gemeinschaftliche Adoption nicht ebenfalls im Rahmen des Verfahrens zugelassen?
Das BVerfG hat sich im Rahmen von Verfassungsbeschwerden lediglich mit konkreten Einzelfällen zu beschäftigen, die Gegenstand der Beschwerde sind. Der vorliegende Fall hatte ausschließlich die Möglichkeit der Sukzessivadoption in Lebenspartnerschaften zum Thema. Hinsichtlich der Zulassung der gemeinschaftlichen Adoption kann nur der Gesetzgeber eine übergreifende Regelung treffen, wovon in Zukunft – aufgrund des Urteils des BVerfG – auszugehen sein dürfte.
Das BVerfG begründet sein Urteil zur Sukzessivadoption u. a. damit, dass sich die Adoption durch den eingetragenen Lebenspartner nicht wesentlich von der Adoption durch den Ehepartner unterscheidet. Insbesondere ist die eingetragene Lebenspartnerschaft gleichermaßen auf Dauer angelegt und durch eine verbindliche Verantwortungsübernahme geprägt wie eine Ehe, so dass eine Nicht-Zulassung der Sukzessivadoption in einer Lebenspartnerschaft verfassungswidrig ist und gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Absatz 1 Grundgesetzt (GG) verstößt.
Zukünftige gemeinschaftliche Adoption auch in Lebenspartnerschaften?
Die Tendenz ist klar: Sobald sich das BVerfG in Zukunft mit der gemeinschaftlichen Adoption in Lebenspartnerschaften zu beschäftigen hat, wird es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Urteil zugunsten der eingetragenen Lebenspartnerschaft erlassen.
Ob vor einer solchen Entscheidung bereits der Gesetzgeber tätig wird, ist fraglich, jedenfalls beabsichtigen die Grünen einen entsprechenden Gesetzesentwurf noch vor der Bundestagswahl 2013 zur Diskussion einzubringen.