- Befristete Arbeitsverträge in Deutschland
- Was ist eine Entfristungsklage?
- Wie erhebt man eine Entfristungsklage?
- Frist für die Einlegung der Entfristungsklage
- Warum kann eine Befristung unwirksam sein?
- Wann empfiehlt sich eine Entfristungsklage?
- Ablauf des Entfristungsverfahrens vor Gericht
- Fazit
- Praxistipp
1. Befristete Arbeitsverträge in Deutschland
In Deutschland gibt es immer mehr befristete Arbeitsverträge. Da ein solcher ohne Kündigung endet, entsteht dadurch eine erhebliche Rechtsunsicherheit für den Arbeitnehmer. Konkreten Zahlen über die Anzahl an befristeten Arbeitsverträgen können in der Publikation „Bevölkerung und Erwerbstätigkeit“ auf der Seite des statistischen Bundesamtes eingesehen werden.
Die Zulässigkeit einer Befristung richtet sich (insbesondere) nach den Vorgaben des Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (Teilzeitbefristungsgesetz – TzBfG). Letztlich stellt jede Befristung des Arbeitsvertrags eine – rechtmäßige – Umgehung des Kündigungsschutzes (nach dem Kündigungsschutzgesetz – KSchG) dar. Denn ein Arbeitsvertrag müsste nach den Vorgaben des KSchG gekündigt werden, wobei die Kündigung auf betriebs-, verhaltens- oder personenbedingte Gründe gestützt werden muss.
2. Was ist eine Entfristungsklage?
Die Nachteile einer Befristung treffen hauptsächlich den Arbeitnehmer. Dies gilt besonders in den Fällen, in denen Arbeitsverträge immer wieder aufs Neue über einen recht kurzen Zeitraum geschlossen werden (sog. Kettenbefristungen). Vor diesem Hintergrund bietet die Vorschrift des § 17 TzBfG die Möglichkeit für den Arbeitnehmer an, die Rechtmäßigkeit einer Befristung im Arbeitsvertrag gerichtlich feststellen zu lassen bzw. gegen eine unwirksame Befristung vorzugehen. Man spricht von einer sog. Entfristungsklage oder auch Befristungskontrollklage. Diese stellt letztlich eine modifizierte Form der Kündigungsschutzklage dar, die vom Arbeitnehmer gegen die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses eingelegt werden kann.
Ist die Entfristungsklage erfolgreich, wird das Arbeitsverhältnis unbefristet fortgeführt.
3. Wie erhebt man eine Entfristungsklage?
Wer der Ansicht ist, dass seine Befristung unwirksam ist, kann dies gerichtlich überprüfen lassen. Wie die Kündigungsschutzklage muss auch die Entfristungsklage schriftlich vor dem zuständigen Arbeitsgericht erhoben werden. Dies ist normalerweise das Arbeitsgericht am Arbeitsort. Die Entfristungsklage kann auch vom Arbeitnehmer selbst, d.h. ohne Anwalt eingelegt werden. Eine besondere Bezeichnung ist nicht erforderlich. Es genügt, dass ersichtlich ist, dass die Befristung des Arbeitsvertrags überprüft werden soll. Bei Unsicherheiten kann sich der Arbeitnehmer an die Rechtsantragstelle des zuständigen Arbeitsgerichts wenden.
4. Frist für die Einlegung der Entfristungsklage
Wichtig ist die Frist für die Einlegung der Entfristungsklage, denn diese muss spätestens drei Wochen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhoben werden. Als „Ende des Arbeitsverhältnisses“ gilt dabei das im Arbeitsvertrag bzw. einer gesonderten Vereinbarung über die Befristung festgeschriebene Arbeitsende.
Wird das Arbeitsverhältnis trotz eines vereinbarten Arbeitsendes zunächst weitergeführt und beruft sich der Arbeitgeber später auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, läuft die Drei-Wochen-Frist ab der schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, dass das Arbeitsverhältnis beendet sei. Das bedeutet, dass die Frist in diesem Fall nur dann ausgelöst wird, wenn der Arbeitgeber sich in Schriftform auf sie beruft. Die Entfristungsklage kann auch schon während des noch bestehenden Arbeitsverhältnisses eingelegt werden.
Beispiel: Der befristete Arbeitsvertrag des Arbeitnehmers A lief zum 31.03.2015 aus. A erschien in der Folgezeit jedoch weiterhin täglich bei der Arbeit. Am 30.04. berief sich Arbeitgeber G schriftlich auf die Beendigung des Arbeitsvertrags.
Die Drei-Wochen-Frist für die Entfristungsklage fängt am 30.04. an zu laufen und endet am 21.05.2015.
Wird die Frist versäumt, so kann vorgebracht werden, dass dies ohne Schuld des Arbeitnehmers geschah. Die Anforderungen sind hier allerdings sehr hoch.
5. Warum kann eine Befristung unwirksam sein?
Wie von uns im Beitrag zur Verlängerung von befristeten Arbeitsverträgen thematisiert, kann eine Befristung aus unterschiedlichen Gründen unwirksam sein. Zunächst kommt eine Unwirksamkeit wegen des Verstoßes gegen das Schriftformerfordernis in Betracht. Die Vereinbarung über die Befristung (sog. „Befristungsabrede“) zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer muss schriftlich erfolgt und unterschrieben sein, eine einfache Textform – etwa per E-Mail – reicht nicht aus. Zur Wahrung der Schriftform ist es ausreichend, wenn der Abschluss eines befristeten Vertrages von der einen Vertragsseite (z.B. Arbeitgeber) einseitig unterschrieben vorgelegt und vom Vertragspartner (Arbeitnehmer) unterschrieben wurde. (BAG v. 26.07.2006 – Az. 7 AZR 514/05).
Die schriftliche Vereinbarung der Befristung muss grundsätzlich im Arbeitsvertrag geschlossen werden. Eine nachträgliche schriftliche Vereinbarung, weil der ursprüngliche Arbeitsvertrag z.B. nur mündlich verabredet wurde, ist nur dann möglich, wenn noch weitere Veränderungen getroffen werden als nur die Festlegung der Befristung. Ansonsten liegt ein unbefristetes Arbeitsverhältnis vor. Der Grund für die Befristung (dazu gleich) fällt allerdings nicht unter das Schriftformerfordernis, sondern nur die Vereinbarung einer Befristung an sich.
Das Teilzeitbefristungsgesetz unterscheidet nach § 14 TzBfG zwischen Befristungen mit und ohne Sachgrund. Eine sachgrundlose Befristung ist maximal drei Mal über einen Zeitraum von insgesamt höchstens zwei Jahren möglich. Allerdings gibt es hier abweichende Sonderregelungen zu beachten, etwa für ältere Arbeitnehmer über 52 Jahren.
Eine Befristung mit Sachgrund kann prinzipiell beliebig oft erfolgen. Allerdings dürfen immer neue Befristungen nicht rechtsmissbräuchlich sein (BAG v. 18.07.2012 – Az. 7 AZR 443/09).
Insgesamt ist das Befristungsrecht sehr komplex – hier empfiehlt sich der Gang zum Rechts- bzw. Fachanwalt für Arbeitsrecht. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Rechtmäßigkeit von mehreren Befristungen hintereinander beurteilt werden soll.
6. Wann empfiehlt sich eine Entfristungsklage?
Grundsätzlich empfiehlt sich eine Entfristungsklage natürlich immer dann, wenn eine vereinbarte Befristung für unwirksam gehalten wird. Allerdings sollte stets bedacht werden, welche Folgen die Erhebung einer Entfristungsklage nach sich zieht, insbesondere wie diese vom Arbeitgeber aufgefasst wird.
Diesbezüglich ist auf folgende häufige Fälle hinzuweisen:
- Oft wird die Entfristungsklage erhoben, obwohl der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis gar nicht fortsetzen, aber eine Abfindung erstreiten möchte. In dieser Konstellation ist eine Entfristungsklage sinnvoll, gerade wenn der Arbeitgeber Stellen abbauen möchte. Denn dann wird er sich überlegen müssen, ob er sich aus einem wegen der Unwirksamkeit der Befristung nun unbefristeten Vertrag durch die Zahlung einer Abfindung herauskaufen soll.
- Wer in einem Betrieb arbeitet, in dem er keinen (Kleinbetrieb) bzw. noch keinen (die ersten sechs Monate der Betriebszugehörigkeit, oft in Probezeit) Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz hat, muss damit rechnen, dass der Arbeitgeber nach Erhebung der Entfristungsklage eine ordentliche Kündigung ausspricht. In diesem Fall sollte die Entfristungsklage also möglichst erst nach sechs Monaten Betriebszugehörigkeit erhoben werden, sofern dies unter Wahrung der Frist in Betracht kommt.
7. Ablauf des Entfristungsverfahrens vor Gericht
Zunächst kommt es vor Gericht zu einem Gütetermin, in dem eine einvernehmliche Einigung von Arbeitgeber und Arbeitnehmer angestrebt wird. Dieser soll zwei Wochen nach Erhebung der Entfristungsklage stattfinden – in der Praxis vergehen meist vier bis sechs Wochen. Einigen sich die Parteien – je nach Situation – weder auf eine Verlängerung des Arbeitsvertrags, auf eine Weiterführung des Arbeitsverhältnisses (z.B. Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags oder Vereinbarung einer neuen Befristung) noch auf eine Abfindung, kommt es zur „richtigen“ Gerichtsverhandlung (Kammertermin). Natürlich kann auch hier noch eine Einigung erzielt werden. Ansonsten spricht die Kammer ein Urteil aus. Bis zur Anberaumung des Kammertermins bzw. bis zur Urteilsverkündigung können einige Monate verstreichen.
8. Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen:
- Die Entfristungsklage kann ohne Anwalt schriftlich bis zu drei Wochen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses beim zuständigen Arbeitsgericht eingelegt werden.
- Eine Entfristungsklage empfiehlt sich immer dann, wenn die Vereinbarung einer Befristung für unwirksam gehalten wird.
- Die Entfristungsklage ist sinnvoll, wenn der Arbeitnehmer „nichts zu verlieren hat“, weil das Vertragsverhältnis bereits beendet wurde bzw. wenn es dem Arbeitnehmer um eine Abfindung und nicht um die tatsächliche Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses geht.
- Wer keinen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz hat, muss damit rechnen, dass der Arbeitgeber als Reaktion auf die Entfristungsklage eine (ordentliche) Kündigung ausspricht.
9. Praxistipp
Gegen ein Urteil des Arbeitsgerichts kann Berufung vor dem Landesarbeitsgericht eingelegt werden. Hier herrscht Anwaltszwang, d.h. spätestens jetzt muss ein Anwalt eingeschaltet werden. Gerade im Hinblick auf Verhandlungen mit dem Arbeitgeber im Vorfeld des Urteils und auf die oft komplizierte rechtliche Bewertung von Befristungsabreden ist es daher sinnvoll, von Anfang an einen Rechtsanwalt einzuschalten. Dieser kann dem Arbeitgeber auf Augenhöhe bei den Verhandlungen begegnen und weiß, wie mit diesem zu verhandeln ist.