- Muss ich bei Sturm oder Unwetter zur Arbeit gehen?
- Darf ich bei Sturm oder Unwetter zu spät kommen?
- Erhalte ich auch ohne Arbeit meinen Lohn?
- Was, wenn die Arbeit wegen Sturm oder Unwetter unmöglich ist?
- Darf ich meine Kinder betreuen?
1. Muss ich bei Sturm oder Unwetter zur Arbeit gehen?
Arbeitnehmer muss erscheinen
Theoretisch muss der Arbeitnehmer auch bei einem Unwetter zur Arbeit erscheinen.
Eine andere Frage ist, welche Konsequenzen sich aus dem Fernbleiben ergeben. Dies hängt stark von der Schwere des Unwetters und den Möglichkeiten des Arbeitnehmers ab (s.u.).
Wer an dem betreffenden Tag Urlaub nehmen möchte, sollte dies so früh wie möglich mit seinem Arbeitgeber absprechen. Dieser hat dem Wunsch nur zu entsprechen, wenn Urlaubsanträge anderer Arbeitnehmer nicht Vorrang haben und keine „dringenden betrieblichen Erfordernisse“ vorliegen. Insbesondere mit Blick auf letzteres hängt es stark von der Arbeit im Betrieb ab, ob so kurzfristig Urlaub gewährt werden kann bzw. muss.
Drohen Abmahnung oder Kündigung?
Wenn der Arbeitnehmer nicht zur Arbeit erscheint, verletzt er seine arbeitsvertraglichen Pflichten. Grundsätzlich kann ihn der Arbeitgeber hierfür abmahnen oder sogar kündigen.
Hier wird jedoch stets im Einzelfall betrachtet, wie schwer der Arbeitsausfall wiegt. Kommt der Arbeitnehmer beispielsweise regelmäßig aufgrund Glätte zu spät, ist eine Abmahnung ohne weiteres möglich. War das Unwetter seit einigen Tagen angekündigt und der Arbeitnehmer konnte sich hierauf einstellen, ist auch hier ein Nichterscheinen nur schwer entschuldbar.
Ist das Unwetter hingegen plötzlich aufgekommen und hat den Arbeitnehmer überrascht, drohen regelmäßig keine Abmahnung oder Kündigung. Auch wenn der Sturm den Weg zur Arbeit unmöglich macht oder unzumutbar erschwert, muss der Arbeitgeber Verständnis für den Arbeitnehmer zeigen. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn vor dem Aufenthalt im Freien aufgrund des Unwetters ausdrücklich gewarnt wird. Davon ist mitunter z.B. bei Warnstufe rot oder violett des DWD auszugehen. Arbeitsrechtliche Konsequenzen drohen in diesen Fällen Fall meist nicht. Der Arbeitgeber sollte jedoch so schnell wie möglich über das Fernbleiben informiert werden.
2. Darf ich bei Sturm oder Unwetter zu spät kommen?
Für den Arbeitnehmer heißt dies im Zweifelsfall, dass er früher aufstehen und eine längere Fahrtzeit oder alternative Verkehrsmittel für den Weg zur Arbeit einplanen muss. Er kann sich also weder mit Glätte, Stau noch mit Verspätungen im öffentlichen Nahverkehr herausreden. Selbst wenn die Bahn den (Fern-)Verkehr einstellt, gilt nichts anderes.
3. Erhalte ich auch ohne Arbeit meinen Lohn?
Erscheint der Arbeitnehmer daher aufgrund eines Unwetters nicht zur Arbeit, erhält er für diese Zeit auch keinen Lohn. Gleiches gilt, wenn er zu spät kommt. Er wird dann nur für die tatsächlich geleistete Arbeitszeit bezahlt. Dies gilt auch für die Fälle, in denen aus den zuvor genannten Gründen keine Abmahnung oder Kündigung zu befürchten ist.
4. Was, wenn die Arbeit wegen Sturm oder Unwetter unmöglich ist?
Was passiert, wenn das Unwetter nicht nur den Weg erschwert, sondern die Arbeit ganz und gar unmöglich macht? Beispielsweise, wenn aufgrund des Unwetters z.B. draußen nicht gearbeitet werden kann, Linienflugzeuge am Boden bleiben müssen (in Bezug auf das Kabinenpersonal), der Strom ausfällt oder die Fabrik überschwemmt wird?
In diesem Fall spricht man vom sog. Betriebsrisiko. Während das Wegerisiko beim Arbeitnehmer liegt, wird das Betriebsrisiko vom Arbeitgeber getragen (§ 615 S. 3 BGB). Kann der Arbeitnehmer also zur Arbeit kommen, der Arbeitgeber die Arbeit aber nicht ermöglichen, erhält der Arbeitnehmer weiterhin Lohn. Selbstverständlich sind in diesem Fall auch keine anderen arbeitsrechtlichen Konsequenzen möglich.
5. Darf ich meine Kinder betreuen?
Für viele Arbeitnehmer stellt sich auch die Frage, wie sie ihre Kinder während des Unwetters betreuen sollen. Oftmals schließen Kindergärten und Schulen bei einer Sturmwarnung früher oder haben erst gar nicht geöffnet. Insbesondere jüngere Kinder können aber nicht unbeaufsichtigt allein zu Hause bleiben. Die Eltern stehen daher meist vor einem Problem.
Eine vergleichbare Situation ist aus rechtlicher Sicht die Erkrankung eines Kindes: Der Arbeitnehmer muss zunächst alle zumutbaren Anstrengungen unternehmen, um eine alternative Betreuungsmöglichkeit zu finden. Ist dies nicht möglich, so kann er die Arbeit verlassen oder nicht zur Arbeit erscheinen, um sein Kind zu betreuen (ähnlich LAG Köln, 9 Sa 696/14). Dies gilt jedoch nur dann, wenn das Kind einer Betreuung wirklich bedarf, insbesondere aufgrund seines Alters.
Kann der Arbeitnehmer aufgrund der fehlenden Kinderbetreuung nur für eine kurze Zeit nicht zur Arbeit kommen, wie dies bei einem Unwetter wohl meist der Fall ist, verliert er auch nicht seinen Anspruch auf Lohnzahlung (§ 616 BGB). Zwar ist die Rechtslage bei einem Unwetter insoweit noch nicht eindeutig geklärt; es spricht aber vieles für die Anwendung des § 616 BGB. Im Einzelfall kann die Regelung jedoch durch Arbeits- oder Tarifvertrag ausgeschlossen sein.
Alle Maßnahmen sollten zuvor mit dem Arbeitgeber abgesprochen werden.