Eine Trennung von Paaren mit Kindern ändert nicht nur das Zusammenleben dieser Kleinfamilie, sondern wirkt sich auch auf den Umgang der Kinder mit anderen Verwandten aus. Doch auch ohne Trennung und Scheidung kann der Umgang der Kinder, etwa mit Großeltern ein heikles Thema sein.

Konflikte sind vorprogrammiert, wenn das Verhältnis der Eltern mit den eigenen Eltern oder Schwiegereltern gestört ist. Ein häufiges Thema, mit dem Mandanten an den Anwalt herantreten: Die Großeltern oder sonstigen Verwandten möchten das Kind unbedingt sehen, über das Wochenende einladen oder mit in den Zoo nehmen – und die Eltern weigern sich. Immer wieder kommt es darüber zum Streit, weshalb sich auch die Gerichte intensiv mit derartigen Familienstreitigkeiten auseinandersetzen müssen.

Wir erläutern, unter welchen Voraussetzungen Großeltern und andere Bezugspersonen ein Recht auf Umgang mit einem Kind haben und wie sie dieses Recht geltend machen können.

  1. Kontakt des Kindes mit anderen Bezugspersonen
  2. Umgang muss dem Kindeswohl dienen
  3. Umgang mit Großeltern und Geschwistern
  4. Umgang mit anderen Bezugspersonen
  5. Verfahren vor dem Familiengericht
  6. Fazit

1. Kontakt des Kindes mit anderen Bezugspersonen

Das Gesetz regelt den Umgang der Großeltern und anderer Personen mit den Kindern in einer eigenen Vorschrift, § 1685 BGB. Hiernach haben Verwandte nicht per se ein Recht auf Umgang mit dem Kind. Anders als im Falle der Kindeseltern, denen grundsätzlich ein Umgangsrecht mit ihrem Kind zusteht, bestehen Umgangsrechte der Großeltern sowie anderer Verwandter und sonstigen Bezugspersonen nur unter eingeschränkten Voraussetzungen.

Nur wenn die Gesamtumstände des Einzelfalls den Umgang für das Kind sinnvoll erscheinen lassen, kann das Umgangsrecht vor dem Familiengericht erfolgreich durchgesetzt werden.


2. Umgang muss dem Kindeswohl dienen

Die wichtigste Voraussetzung für das Umgangsrecht ist, dass der Umgang dem Wohl des Kindes dient. Dabei ist zunächst einmal nicht außer Acht zu lassen, was in den Vorschriften zum Familienrecht ausdrücklich bestimmt ist: Demnach gehört zum Wohl des Kindes in der Regel auch der Umgang mit anderen Personen als den Eltern, wenn es zu diesen Bindungen besitzt und deren Aufrechterhaltung für seine Entwicklung förderlich ist, § 1626 Abs. 3 BGB.

Auch wenn man hieraus für das Umgangsrecht schlussfolgern könnte, dass der regelmäßige Kontakt insbesondere der Großeltern mit ihren Enkeln ein grundlegendes Recht darstellt, so unterscheidet der Gesetzgeber doch sehr deutlich: Das Erziehungsrecht der Eltern hat Vorrang und kann nur unter engen Voraussetzungen umgangen werden.

Maßgeblich ist wie bei allen Umgangsfragen letztlich daher stets, was dem Wohl des Kindes am besten entspricht, gemäß dem sogenannten Kindeswohlprinzip (§ 1697a BGB). Hierbei geht es allein um die Sicht des Kindes und nicht um den Blickwinkel der beteiligten Erwachsenen.

Konkret bedeutet dies, dass sich das Umgangsrecht positiv auf das Kind auswirken muss. Der Umgang darf dem Kind in keiner Weise schaden. Aus diesem Grund ist für das Familiengericht wichtig, die familiäre Gesamtsituation zu betrachten und zu prüfen, ob sich das gestörte Verhältnis der Erwachsenen zueinander auf den Umgang mit dem Kind auswirken könnte. Dies ist beispielswiese der Fall, wenn die Umgangskontakte in einer spannungsgeladenen Atmosphäre stattfinden oder sogar von Wortgefechten der Erwachsenen begleitet werden. Auch bei möglichen Loyalitätskonflikten des Kindes wird ein Umgangsrecht von den Gerichten versagt. Dies ist dann der Fall, wenn etwa versucht wird, das Kind durch negative Äußerungen über den jeweils anderen zu beeinflussen und den Streit so über das Kind weiter auszutragen.


3. Umgang mit Großeltern und Geschwistern

Im Gegensatz zu anderen Verwandten und Bezugspersonen nehme Großeltern und Geschwistern eine grundsätzlich enge familiäre Stellung zu ihren Enkeln bzw. Geschwistern ein. Daher ist einzige Voraussetzung für ein Umgangsrecht für diese Verwandten, dass der Kontakt mit ihnen dem Wohl des Kindes entspricht. Ist dies der Fall, ist der Umgang mit dem Kind zu gestatten (§ 1685 Abs. 1 BGB).

Doch an dieser Voraussetzung kann es selbst dann fehlen, wenn die Großeltern zu dem Kind ein gutes Verhältnis aufgebaut haben – was grundsätzlich dem Kindeswohl zuträglich ist. Die familiären Gesamtumstände können gegen ein Umgangsrecht sprechen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn das Verhältnis der Eltern zu den Großeltern massiv gestört ist. Unter diesen Gegebenheiten kann nicht angenommen werden, dass der Kontakt zu den Großeltern für das Kind förderlich ist.

Demgemäß ist von den Oberlandesgerichten schon mehrfach gegen ein Umgangsrecht der Großeltern entschieden worden, wenn das Kind einem Konflikt der Erwachsenen ausgesetzt sein würde.

Hierzu ein Beispiel aus der Rechtsprechung:

Das Oberlandesgericht Brandenburg (Beschluss vom 31.03.2010, Az.: 9 UF 176/09) befasste sich mit einem Fall, in dem die Kindesmutter bereits seit Jahren mit den Großeltern zerstritten war. Da die Mutter den Großeltern seit längerem das Umgangsrecht aus nachvollziehbaren Gründen versagte, war es nach dem Gericht zum einen Sache der Großeltern, darzulegen und notfalls zu beweisen, dass der Umgang dem Wohl des Kindes diente. Zum anderen war für das Gericht maßgeblich, ob die Großeltern den grundsätzlichen Erziehungsvorrang des sorgeberechtigten Elternteils respektierten.

An beiden Grundsätzen scheiterte es hier jedoch: Beide Großeltern sprachen der Kindesmutter jegliche Erziehungsfähigkeit ab und ließen auch nicht erkennen, dass sie sich ernsthaft um eine Bereinigung des zerstrittenen Verhältnisses zu ihrer Tochter bemühten und so im Sinne des Kindeswohls handelten.

Das Gericht stellte dazu fest, dass unter solchen Voraussetzungen der Umgang mit den Großeltern dem Enkel schadet.

Andererseits können Spannungen zwischen Kindeseltern und Großeltern nicht immer als Grund dafür hergenommen werden, das Umgangsrecht der Großeltern zu verweigern. Nach der in § 1684 Abs. 2 BGB verankerten Wohlverhaltensklausel sind Eltern bei der Ausübung des Umgangsrechts dazu verpflichtet, sich zu unterstützen und vorbildlich gegenüber ihren Kindern einzulassen. Nach Abs. 2 Satz 2 der Vorschrift gilt ausdrücklich Entsprechendes, wenn sich das Kind in der Obhut einer anderen Person befindet. Besitzt das (ältere) Kind zu den Großeltern bereits eine enge, gewachsene Bindung, so dass das Kind unter dem Kontaktabbruch leiden würde, sind die beteiligten Kindeseltern und Großeltern gehalten, den Umgang zu gewähren und nach bestem Wissen und Gewissen zu fördern.


4. Umgang mit anderen Bezugspersonen

Auch andere Verwandte oder sonstige Personen können gemäß § 1685 Abs. 2 BGB umgangsberechtigt sein. Voraussetzung ist, dass es sich um enge Bezugspersonen des Kindes handelt. Dies ist der Fall, wenn eine Person für das Kind tatsächliche Verantwortung trägt oder getragen hat, also eine sozial-familiäre Beziehung zum Kind besteht. Eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung ist nach der Vorschrift in der Regel anzunehmen, wenn die Person mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat.

Erfasster Personenkreis

Als enge Bezugspersonen kommen folgende Personenkreise in Betracht:

  • der frühere Ehegatte oder Lebensgefährte eines Elternteils, aber auch der neue Ehegatte oder Lebensgefährte, wenn er bereits eine sozial-familiäre Beziehung zu dem Kind aufgebaut hat
  • der biologische, aber nicht rechtliche Vater
  • Pflegepersonen, bei denen das Kind längere Zeit in Familienpflege gelebt hat
  • Tanten, Onkel, Cousins oder Cousinen
  • angeheiratete Großelternteile, die nicht unter Absatz 1 der Vorschrift fallen
  • Freunde, Nachbarn

Enger Bezug zu dem Kind

Die vorgenannten Personenkreise können nur dann den Umgang verlangen, wenn zu dem Kind ein enger sozial-familiärer Bezug bestanden hat oder besteht.

Wann eine längere häusliche Gemeinschaft mit dem Kind im Sinne der Regelung anzunehmen ist, hat der Gesetzgeber offengelassen und ist stets im Einzelfall zu betrachten. Dies hängt auch ab vom Zeitempfinden des Kindes, das je nach Alter eines Kindes unterschiedlich ist. Sporadische oder vorübergehende Kontakte reichen nicht. Ein Zeitraum ab 6 Monaten kann als längere Zeit angesehen werden.

Beispiel aus der Rechtsprechung: Besuch der Tante

Das Oberlandesgericht Bremen (Beschluss v. 27.08.2012, AZ 4 UF 89/12) hatte über das Umgangsrecht einer Tante zu entscheiden. Nach dem Tod ihres Bruders wollte sie Umgang mit seinem Kind beantragen. Die Mutter (und Witwe des Bruders) weigerte sich, weil das Verhältnis zu ihrer Schwägerin durch einen anderen Rechtsstreit empfindlich gestört war.

Schon das Amtsgericht folgte der Argumentation der Kindesmutter, dass eine sozial-familiäre Bindung des Kindes zur Tante nicht vorläge und ließ darüber hinaus offen, ob durch den anhaltenden Zwist innerhalb der Familie der Umgang mit der Tante das Kindeswohl fördere. Die Tante hatte ihrerseits angeführt, durch häufiges „Babysitten“ im Alter von 7 oder 8 Monaten eine solche Bindung zu haben.

Das OLG bestätigte die Ansicht des Amtsgerichts, dass hierin lediglich die übliche Unterstützung von Verwandten, aber keine darüber hinaus gehende Betreuungsleistung mit der Übernahme tatsächlicher, regelmäßiger Verantwortung zu sehen sei.

5. Verfahren vor dem Familiengericht

Großeltern oder andere Personen, die den Umgang zu dem Enkel bzw. Kind gegen den Willen der Kindeseltern geltend machen wollen, müssen einen entsprechenden Antrag beim Familiengericht zur Einräumung des Umgangsrechts stellen. Denn die Eltern können nur verpflichtet werden, den Umgang der Kinder mit anderen Personen zu fördern, wenn dieser Umgang gerichtlich angeordnet ist. Dies gilt sowohl für Großeltern als auch für andere Verwandte und Bezugspersonen.

Der Antragsteller muss im Verfahren sein ernsthaftes Interesse an dem Kind dartun: Wer sich darauf beruft, eine Bezugsperson des Kindes zu sein, muss erläutern, woher diese Beziehung rührt und ebenso darlegen und nötigenfalls beweisen, dass der Umgang dem Kindeswohl dient. Ohne konkrete Anhaltspunkte wird das Familiengericht gegen den Willen der Eltern kein Umgangsrecht bestimmen.

6. Fazit

  • Großeltern sowie andere Verwandte und enge Bezugspersonen können ein Recht auf Umgang mit Enkelkindern bzw. Kindern der Familie haben.
  • Entscheidend ist, dass der Umgang dem Wohl des Kindes dient.
  • Das Umgangsrecht muss gerichtlich angeordnet werden, um gegen den Willen der Eltern durchgesetzt werden zu können.