1. Bekomme ich Urlaub, wann ich will?
  2. Darf der Arbeitgeber Urlaub anordnen?
  3. Muss mir der Arbeitgeber unaufgefordert Urlaub geben?
  4. Kann ich ohne Genehmigung Urlaub nehmen?
  5. Darf der Arbeitgeber bereits genehmigten Urlaub streichen?
  6. Wie lang darf bzw. muss der Urlaub sein?
  7. Was muss der Betriebsrat mitbestimmen?
  8. Fazit

1. Bekomme ich Urlaub, wann ich will?

Die gute Nachricht zuerst: Jeder Arbeitnehmer hat einen gesetzlichen Anspruch auf Urlaub. Dazu sollte der Arbeitnehmer seine Urlaubswünsche dem Arbeitgeber gegenüber rechtzeitig äußern.

Die weniger gute Nachricht: Der Arbeitgeber muss den konkreten Wunsch zwar berücksichtigen, ihn aber nicht zwangsweise genehmigen. Hierzu regelt das Bundesurlaubsgesetz in § 7 Abs. 1:

Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, dass ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen.

Dringende betriebliche Belange können z.B. sein:

  • personelle Engpässe in Saison- und Kampagnenzeiten (LAG Köln 17.3.95, 13 Sa 1282/94)
  • Unterbesetzung wegen Krankheit oder Kündigung anderer Arbeitnehmer
  • eine unerwartet große Menge an Arbeit durch einen zusätzlichen Auftrag
  • Abschluss- und Inventurarbeiten
  • Gefahr des Verderbs großer Mengen an Waren oder hochwertiger Produktionsergebnisse.

Urlaubswünsche anderer Mitarbeiter können zum Beispiel wegen folgender Umstände vorgehen:

  • Urlaub des Ehepartners
  • schulpflichtige Kinder
  • Dauer der Betriebszugehörigkeit
  • die Urlaubsregelung in den vergangenen Jahren

Der Arbeitgeber kann aufgrund dieser Gründe den Urlaubswunsch des Arbeitnehmers nach einer Abwägung der verschiedenen Interessen ablehnen.

Beispiel: Möchte ein kinderloser Arbeitnehmer während der Schulferien Urlaub nehmen, hat er nicht zwangsweise das Nachsehen gegenüber Kollegen mit Kindern. Die Abwägung kann durchaus ergeben, dass der Urlaubswunsch des kinderlosen Arbeitnehmers vorgeht. Dafür kann etwa sprechen, dass seinen Wünschen in den letzten Jahren häufig nicht nachgekommen wurde und seine Ehefrau Lehrerin ist.

Nur die genannten Aspekte dürfen in die Abwägung einfließen. Das Prinzip „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“ ist rechtlich daher nicht durchsetzbar. Urlaubswünsche der Kollegen gehen nur vor, wenn sie unter sozialen Gesichtspunkten vorrangig sind – nicht, weil sie schneller waren.

Nur in einem Ausnahmefall hat der Arbeitgeber übrigens kein Ablehnungsrecht (§ 7 Abs. 1 S. 2 BurlG): Wenn der Arbeitnehmer Urlaub im Anschluss an eine medizinische Vorsorge oder Rehabilitation beantragt, MUSS der Arbeitgeber ihm frei geben.

2. Darf der Arbeitgeber Urlaub anordnen?

Äußert der Arbeitnehmer keine Urlaubswünsche, kann der Arbeitgeber den Urlaubszeitraum von sich aus bestimmen. Dies ist in der Praxis jedoch selten der Fall.

Relevanter ist hingegen die Frage, ob der Arbeitgeber Urlaub in Form von Betriebsferien anordnen darf. Unter Betriebsferien versteht man die komplette Schließung eines Betriebs für einen bestimmten Zeitraum unter gleichzeitiger Anordnung, dass während dieser Zeit Urlaub zu nehmen ist.

Grundsätzlich kann der Arbeitgeber Betriebsferien bestimmen. Sie müssen wohl aus dringenden betrieblichen Gründen erforderlich sein, was der Arbeitgeber nachzuweisen hat. Allerdings ist diese Frage umstritten. Besteht ein Betriebsrat, hat dieser ein Mitbestimmungsrecht.

Gleiches gilt für sogenannte Schließtage. Darunter fallen z.B. die Tage zwischen Weihnachten und Neujahr. Der Arbeitgeber kann in diesem Zeitraum für einzelne Tage die Schließung des Betriebs mit Zustimmung des Betriebsrates anordnen. Dies ist jedoch nur in wenigen Fällen möglich, z.B. wenn kein regulärer Geschäftsbetrieb in dieser Zeit zu erwarten ist.


3. Muss mir der Arbeitgeber unaufgefordert Urlaub geben?

Zwar hat der Arbeitnehmer einen gesetzlichen Anspruch auf Urlaub. Der Arbeitgeber muss seine Mitarbeiter allerdings nicht selbst in den Urlaub schicken, wenn sie ihn nicht rechtzeitig nehmen. Nicht genommener Urlaub verfällt grundsätzlich.

Allerdings gelten hier besondere Regelungen: So hat der Arbeitgeber „konkret und in völliger Transparenz dafür zu sorgen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage ist, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen“ (BAG 19.2.2019 – 9 AZR 541/15). Er muss den Arbeitnehmer also rechtzeitig vor dem Verfall auf die nicht genommenen Urlaubstage aufmerksam machen, zur Beanspruchung auffordern und auf den drohenden Verfall hinweisen.

Kommt der Arbeitgeber dem nicht nach, können Arbeitnehmer die offenen Urlaubstage auch nach dem vorgesehenen Verfallsdatum noch nutzen. Dies betrifft sogar offene Urlaubstage aus vergangenen Jahren.


4. Kann ich ohne Genehmigung Urlaub nehmen?

Nein, der Arbeitnehmer hat grundsätzlich kein Recht zur Selbstbeurlaubung. Er darf nicht einfach Urlaub machen, ohne dass der Arbeitgeber diesen genehmigt. Hier ist Vorsicht geboten: Das Fernbleiben von der Arbeitsstelle aufgrund von „Selbstbeurlaubung“ kann einen Kündigungsgrund für den Arbeitgeber darstellen.


5. Darf der Arbeitgeber bereits genehmigten Urlaub streichen?

Grundsätzlich gilt: Genehmigt ist genehmigt. Der Arbeitgeber kann den Urlaub nicht im Nachhinein einseitig zurücknehmen. Ausnahmen kommen nur in absoluten Notfällen in Betracht.

Beispiel: Denkbar ist der Widerruf des bereits genehmigten Urlaubs etwa gegenüber dem Leiter der Produktion, wenn die Bänder stehenbleiben und dringend Reparaturen organisiert werden müssen.

Natürlich können sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer darauf einigen, dass der genehmigte Urlaub doch nicht genommen wird.

Auch können die ausgefallenen Urlaubstage selbstverständlich später nachgeholt werden. Unwirksam sind allerdings im Vorhinein getroffene Vereinbarungen, wonach der Arbeitgeber in bestimmten Fällen Mitarbeiter aus dem Urlaub zurückrufen darf.


6. Wie lang darf bzw. muss der Urlaub sein?

Die Klauseln des Bundesurlaubsgesetzes mit Bezug zu Länge und Aufteilung des Urlaubs entsprechen nicht mehr den heutigen Bedürfnissen und werden daher kaum noch beachtet.

Dennoch: Vor Gericht sind die gesetzlichen Regelungen im Streitfall nach wie vor durchsetzbar.

Insbesondere sind zwei Stolpersteine zu beachten:

  1. Der Arbeitgeber kann Urlaub grundsätzlich nur für ganze Tage gewähren. Einen „halben Urlaubstag“ gibt es in rechtlicher Hinsicht (fast) nie. Ausnahmsweise können Arbeitnehmer in den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses einen Urlaubsanspruch erwerben, der auch Bruchteile eines Tages beinhaltet (§§ 4,5 BUrlG).
  2. Urlaub ist „zusammenhängend“ zu gewähren. Streng genommen muss zumindest ein Urlaub eines Arbeitnehmers mit einer Fünf-Tage-Woche mindestens zehn Tagen betragen.

Von diesem Grundsatz gibt es allerdings eine Ausnahme: Machen dringende betriebliche oder persönliche Gründe eine kürzere Abwesenheit erforderlich, darf der Urlaub auch aufgeteilt werden.

Beispiele:

  • Der Arbeitnehmer wird im Notdienst eingesetzt und kann daher dem Betrieb nicht lange fernbleiben
  • Erholung nach einer langen Krankheit
  • Hochzeit eines nahen Angehörigen

Nicht ausreichend ist hingegen allein der Wunsch des Arbeitnehmers nach einem Kurzurlaub.

Von diesen strengen Regeln kann unter Umständen beim vertraglichen Zusatzurlaub abgewichen werden. Darunter versteht man die Urlaubstage, die der Arbeitgeber über den gesetzlichen Mindestanspruch hinaus gewährt. Bei einer Fünf-Tage-Woche ist jeder über den 20. Urlaubstag hinausgehende Tag vertraglicher Zusatzurlaub. Im Arbeits- oder Tarifvertrag kann dann geregelt sein, dass diese Urlaubstage einzeln oder sogar in Bruchteilen gewährt werden dürfen.

Zumindest der gesetzliche Mindesturlaub kann erneut genommen werden, wenn der Arbeitgeber ihn nicht im Zusammenhang oder sogar in halben Urlaubstagen gewährt hat (sofern keine der o.g. Ausnahmen vorliegt).
 
Beispiel: Arbeitnehmer A wird auf Antrag ein halber Urlaubstag gewährt. Er macht dementsprechend frei. Von seinem Anwalt hört er später, dass halbe Urlaubstage nicht gewährt werden dürfen. A kann von seinem Arbeitgeber verlangen, dass er den beanspruchten Urlaub erneut nehmen kann (dann natürlich nur in Form eines ganzen Tages).
 
Wie eingangs erwähnt, werden diese Regelungen in der Praxis kaum beachtet. Schließlich liegt es meist im Interesse aller, dass der Urlaub in kleinere Raten aufgeteilt wird. Wer die rechtlichen Vorgaben allerdings durchsetzen möchte, ist daran nicht gehindert. Allerdings ist noch nicht eindeutig geklärt, ob und wann der Arbeitnehmer in diesen Fällen missbräuchlich handelt. Führt er den Arbeitgeber ganz bewusst hinters Licht, ist der Urlaub eventuell nicht noch einmal zu gewähren. Die Gerichte hatten darüber noch nicht zu entscheiden.
 
Da die Rechtslage hier nur im Überblick dargestellt werden kann, empfiehlt sich im Konfliktfall die anwaltliche Beratung.

7. Was muss der Betriebsrat mitbestimmen?

Wenn es im Unternehmen einen Betriebsrat gibt, ist dessen frühzeitige Einbeziehung in die Urlaubsplanung empfehlenswert. Gesetzlich steht dem Betriebsrat nämlich ein Mitbestimmungsrecht hinsichtlich der Urlaubsgrundsätze und der Urlaubsplanung zu (§ 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG).

Hierunter fallen z.B.

  • die Aufteilung des Urlaubsanspruchs,
  • die Verteilung des Urlaubs innerhalb des Kalenderjahres,
  • Sperrzeiten während des Schlussverkaufs im Einzelhandel und
  • Auswirkungen von Familienstand und schulpflichtigen Kindern auf die zeitliche Lage des Urlaubs.

Ferner ist der Betriebsrat der richtige Ansprechpartner, wenn sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber nicht auf die Gewährung des Urlaubs einigen können.

8. Fazit

  • Der Arbeitgeber muss die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers berücksichtigen und kann dessen Urlaubsantrag nur aufgrund betrieblicher Belange oder kollidierender Urlaubswünsche ablehnen.
  • Betriebsferien sind grundsätzlich zulässig. Dafür müssen aber dringende betriebliche Gründe vorliegen und der Betriebsrat hat zuzustimmen.
  • Der Arbeitgeber muss rechtzeitig darauf hinweisen, dass offene Urlaubsansprüche bald verfallen.
  • Selbstbeurlaubung kann zur Kündigung führen.
  • Der Betriebsrat kann die Grundsätze der Urlaubsgewährung mitbestimmen.
  • Urlaub, in dem der Arbeitnehmer auf Abruf verfügbar ist, ist unzulässig.