1. Grundsätzliches zum Urlaub und Resturlaub
Der Urlaub ist im Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) geregelt, der Resturlaub insbesondere in § 7 Abs. 3 BUrlG.
Gesetzlich festgeschrieben ist ein Mindesturlaub von vier Wochen. Es wird also grundsätzlich ein Urlaub von 20 Tagen bei einer 5-Tage Woche gewährt, sofern nicht mehr Urlaubstage im Arbeitsvertrag oder einem eventuell einschlägigen Branchentarifvertrag vereinbart sind. Der Urlaubsanspruch verhält sich entsprechend zu der geleisteten Arbeitszeit und berechnet sich immer bezogen auf das Kalenderjahr. Wie sich der Urlaub in einzelnen Konstellationen wie etwa einer Teilzeit-Anstellung berechnet, lesen Sie hier.
Während dem Arbeitnehmer auf der einen Seite ein Urlaubsanspruch zusteht, hat er auf der anderen Seite auch die Pflicht, den ihm zustehenden Urlaub im laufenden Kalenderjahr zu nehmen, um seine Erholung sicherzustellen.
2. Wann verfällt Resturlaub?
Damit soll der Arbeitnehmer in seinem eigenen Interesse zu einer ausreichenden Auszeit gezwungen und ein endloses Aufstauen von Urlaubstagen verhindert werden. Wenn Arbeitnehmer also die Möglichkeit haben, ihren Urlaub im laufenden Kalenderjahr zu nehmen, müssen sie dies nach dem Gesetz auch tun.
Nur in Ausnahmefällen erlaubt § 7 Abs. 3 BUrlG, den Urlaub bis zum 31. März des Folgejahres zu übertragen, wenn
- dringende betriebliche Gründe (z.B. Großaufträge, besonders hohes Krankheitsaufkommen im Unternehmen)
oder
- in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe (z.B. eigene Krankheit, die Elternzeit oder Mutterschutz)
dies rechtfertigen.
In der Praxis werden insbesondere die in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründe eher weit gefasst. So kann auch einmal als Grund für eine Übertragung des Resturlaubs ausreichen, dass der Partner keine Möglichkeit zu einem Sommerurlaub hatte. Dies hängt vom Einzelfall ab und kann verschieden beurteilt werden.
Die neuere Rechtsprechung von EuGH (Urteile vom 06.11.2018, Az.: C-619/16 und C-684/16) und Bundesarbeitsgericht (BAG) (Urteil vom 19.02.2019 – AZR 541/19) nimmt den Arbeitnehmer nun noch ein wenig mehr in Schutz: So darf der Resturlaub nicht mehr einfach so verfallen.
Resturlaub verfällt demnach nur noch dann, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer
- im laufenden Kalenderjahr auf den noch vorhandenen Resturlaub aufmerksam gemacht hat,
- ihn zuvor konkret aufgefordert hat, den Urlaub zu nehmen
- und ihn auf den drohenden Verfall ausdrücklich und unmissverständlich hingewiesen hat.
Diese dem Arbeitgeber obliegende Pflicht bezieht sich nicht nur auf das laufende Kalenderjahr, sondern auch auf den Urlaub aus vorangegangenen Kalenderjahren. Dementsprechend können u.U. auch noch Resturlaubstage aus der Vergangenheit durch den Arbeitnehmer geltend gemacht werden. Das galt bisher jedenfalls bis zur Verjährung des Urlaubsanspruchs (drei Jahre ab dem Ende des Jahres, in dem der Urlaubsanspruch entstanden war).
Das BAG hat den Schutz von Arbeitnehmern inzwischen noch weiter ausgedehnt. Urlaubsansprüche verjähren demnach gar nicht mehr, wenn der Arbeitgeber seine Hinweis- und Aufklärungspflicht verletzt hat (Urteil vom 20.12.2022 – 9 AZR 266/20). Das BAG hat damit eine Vorgabe des EuGH umgesetzt, das zuvor über diese Frage zu entscheiden hatte (Urteil vom 22.09.2022, Az.: C-120/21)
Urlaubsansprüche von Arbeitnehmern verjähren nicht mehr, wenn der Arbeitgeber nicht ordnungsgemäß auf den Urlaubsanspruch und den Verfall des Urlaubs hingewiesen hat.
Mit anderen Worten: Der Arbeitnehmer verliert seinen Anspruch auf Resturlaub nicht alleine deshalb, weil er den Urlaub nicht beantragt hat.
Noch wird diskutiert, ob Arbeitnehmer nun auch ganz alte Urlaubsansprüche geltend machen können. Das Bundesarbeitsgericht hat hierzu nicht Stellung bezogen.
Arbeitnehmer müssen in dem Fall jedenfalls beweisen, dass ein Urlaubsanspruch bestanden hat. Dazu reicht ein bestehender Arbeitsvertrag im maßgeblichen Zeitraum aus. Will der Arbeitgeber den Urlaub nicht nachträglich gewähren, muss er beweisen, dass der Urlaub bereits genommen wurde und er den Urlaubsanspruch erfüllt hat.
3. Vertragliche Vereinbarungen zu Urlaub und Resturlaub
Von den genannten gesetzlichen Regelungen können abweichende Vereinbarungen im Arbeitsvertrag, im Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung getroffen werden.
Das Bundesurlaubsgesetz verbietet es in § 13 BUrlG allerdings, abweichende Regelungen bzgl. der Mindestdauer des Urlaubs und der Lohnfortzahlung während des Erholungsurlaubs zu treffen, die zu Lasten des Arbeitnehmers gehen. Dementsprechend dürfen die Urlaubstage nicht vertraglich gekürzt werden.
In welcher Höhe der Urlaubsanspruch besteht und ob bzw. wie Resturlaub übertragen werden kann, ist dann eine Sache des Einzelfalles.
4. Resturlaub bei Krankheit
Konnte der Arbeitnehmer wegen Krankheit den Resturlaub nicht im laufenden Kalenderjahr nehmen, werden die übrig gebliebenen Urlaubstage in das Folgejahr übertragen und können bis zum Ende des ersten Quartals genommen werden.
Insbesondere Arbeitnehmer mit einer Langzeiterkrankung haben einen Anspruch darauf, ihre verpassten Urlaubstage zu einem späteren Zeitpunkt nachzuholen. Nach einschlägiger Rechtsprechung (BAG, Urteil vom 07.08.2012 – 9 AZR 353/10) dürfen Langzeiterkrankte ihren Resturlaub bis zum 31. März des übernächsten Jahres nehmen, wenn sie ihn bis zu diesem Zeitpunkt aufgrund der Erkrankung nicht nachholen konnten. Danach verfällt auch dieser. Das Urteil bezieht sich allerdings auf den gesetzlichen Mindesturlaub – alle darüber hinaus gehenden Urlaubstage können bereits am Ende des Jahres verfallen. Dies setzt jedoch eine vertraglich wirksame Differenzierung zwischen dem gesetzlichen Mindesturlaub und dem übergesetzlich gewährten Mehrurlaubsanspruch voraus.
5. Resturlaub bei Kündigung
Der Resturlaub bei Kündigung richtet sich nach § 7 Abs. 4 BUrlG. Wie viel Resturlaub der Arbeitnehmer noch geltend machen kann, hängt dabei vom konkreten Zeitpunkt der Kündigung ab. Ergeht die Kündigung vor dem 30. Juni, so steht dem Arbeitnehmer ein Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat zu, den er in diesem Kalenderjahr noch beschäftigt war (sog. „Teilurlaub“).
Wenn das Arbeitsverhältnis nach dem 30. Juni beendet wird, steht dem Arbeitnehmer dagegen der gesetzliche Urlaubsanspruch eines ganzen Arbeitsjahres zu. Der darüber hinausgehende Urlaubsanspruch darf nur anteilig gekürzt werden, wenn dies vertraglich geregelt ist.
Dieser Urlaub sollte nach Möglichkeit noch während des bestehenden Arbeitsverhältnisses genommen werden.
6. Habe ich einen Anspruch auf Auszahlung des Resturlaubs?
Viele Arbeitnehmer nehmen ihren Urlaub im laufenden Jahr auch in dem Glauben nicht, dass ausstehende Urlaubstage ausgezahlt werden. Wegen der Intention, dass sich der Arbeitnehmer durch den Urlaub erholen soll, ist dies aber grundsätzlich nicht möglich. In den meisten Fällen wird nicht genommener Urlaub vielmehr ins nächste Jahr übertragen.
Die einzige Ausnahme ist die Kündigung. Man spricht dann von der Urlaubsabgeltung.
Nach dem Ausspruch einer Kündigung sollte der Resturlaub in aller Regel in natura, also tatsächlich genommen werden. Erst wenn dafür keine Möglichkeit im bestehenden Arbeitsverhältnis verbleibt, wird der Urlaub mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgegolten. Die Auszahlung richtet sich nach dem Durchschnittsverdienst in den letzten 13 Wochen vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Hierbei ist zu beachten, dass der Abgeltungsanspruch nach dem Gesetz innerhalb von drei Jahren verjährt.
7. Zusammenfassung:
- Vertragliche Abweichungen von den gesetzlichen Regelungen zu Urlaub und Resturlaub sind möglich – aber nicht zu Lasten des Arbeitnehmers.
- Der Arbeitnehmer ist nach dem Gesetz verpflichtet, Urlaub im laufenden Kalenderjahr zu nehmen.
- Daher verfällt Resturlaub grundsätzlich am 31. Dezember des jeweiligen Jahres.
- In besonderen Fällen kann Resturlaub aus betrieblichen oder persönlichen Gründen in das nächste Jahr übertragen werden.
- Der übertragene Resturlaub verfällt im Folgejahr nur, wenn der Arbeitnehmer auf seinen Resturlaub aufmerksam gemacht und auf den drohenden Verfall ausdrücklich und unmissverständlich hingewiesen wurde.
- Urlaubsansprüche verjähren nicht mehr, wenn der Arbeitgeber diese Hinweispflichten verletzt hat.
- Bei Langzeiterkrankungen kann der Urlaub bis zum 31. März des übernächsten Jahres genommen werden.
- Grundsätzlich kann der Urlaub nur im Falle einer Kündigung ausgezahlt werden, wenn er vor dem Ausscheiden aus dem Unternehmen nicht mehr genommen werden kann. Der auszuzahlende Betrag errechnet sich dann anhand des letzten Durchschnittsgehalts.