1. Was ist ein Eilantrag und was kann man damit erreichen?
  2. Bei welchen familienrechtlichen Angelegenheiten sind Eilverfahren sinnvoll?
  3. Wie läuft ein Eilverfahren im Familienrecht ab?
  4. Wie lange bleibt eine einstweilige Anordnung wirksam?
  5. Kann man gegen eine einstweilige Anordnung Beschwerde einlegen?
  6. Braucht man bei einem Eilantrag einen Anwalt?
  7. Fazit

1. Was ist ein Eilantrag und was kann man damit erreichen?

Gerichtsverfahren ziehen sich oft über mehrere Monate oder gar Jahre hin. Manche Streitigkeiten sind allerdings so dringend, dass sofortiger Klärungsbedarf besteht.

Mit einem Eilantrag kann man erreichen, dass ein akuter Streit zumindest vorübergehend durch ein Gericht geregelt wird, bis im sog. „Hauptsacheverfahren“ eine endgültige Entscheidung in der Sache ergeht.

Im Familienrecht werden diese Eilanträge “Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung” genannt. Sie sind im Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) in §§ 49 ff. geregelt. Häufig wird auch der Begriff „einstweilige Verfügung“ verwendet. Dabei handelt es sich ebenfalls um einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz, der aber in der Zivilprozessordnung geregelt ist. Für Anträge im Bereich des Familienrechts hat das FamFG Vorrang.

Die Verfahrensanforderungen sind in solchen Fällen geringer als bei normalen Verfahren, damit das Gericht schneller entscheiden kann.

Vorläufiger Rechtsschutz ist nur für einen vorübergehenden Zeitraum angelegt. Eine verbindliche Regelung kann dem Antragsgegner aber die Akzeptanz in der Sache erleichtern, so dass die Parteien möglicherweise schon in diesem Stadium ihren Rechtsstreit endgültig beilegen können.


2. Bei welchen familienrechtlichen Angelegenheiten sind Eilanträge sinnvoll?

Vorläufiger Rechtsschutz kommt im Familienrecht insbesondere in den folgenden Bereichen zur Anwendung:

In diesen Bereichen ergeben sich erfahrungsgemäß häufig Situationen, die einen sofortigen Handlungsbedarf auslösen.

Beispiel Sorgerecht: Vater und Mutter leben getrennt voneinander und üben das Sorgerecht über das Kind gemeinsam aus. Zur Einschulung des Kindes ist die Zustimmung beider Elternteile erforderlich, der Vater verweigert diese jedoch. Da die Einschulung schon in Kürze ansteht, würde ein reguläres Gerichtsverfahren zu lange dauern und nur ein Eilantrag kann rechtzeitig für Klarheit sorgen.
Beispiel Umgangsrecht: Die Mutter verweigert dem Vater nach der Trennung den Umgang mit dem Kind. Bei Durchlaufen eines normalen Gerichtsverfahrens besteht die Gefahr, dass das Kind dem Vater entfremdet wird.
Beispiel Aufenthaltsbestimmungsrecht: Nach der Trennung möchte die Mutter zusammen mit dem Kind in eine andere Stadt umziehen, um dort einen neuen Job aufzunehmen. Der Vater, der mit der Mutter gemeinsam das Sorgerecht ausübt, ist dagegen, weil dadurch seine Besuchsmöglichkeiten eingeschränkt werden.
Bei Scheidungen spielen diese Eilverfahren nur bei den untergeordneten Themen eine Rolle, insbesondere bei Konflikten zum Unterhalt oder Sorgerecht der gemeinsamen Kinder. Das Scheidungsverfahren selbst kann nicht im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes beschleunigt werden. Es gibt jedoch anerkannte Härtefalle, die eine sog. Blitzscheidung bereits vor Ablauf des Trennungsjahres ermöglichen.

3. Wie läuft ein Eilverfahren im Familienrecht ab?

Zuständiges Gericht

Wenn noch kein normales Verfahren bei Gericht betrieben wird, ist das Familiengericht örtlich zuständig, das für ein solches Verfahren in der ersten Instanz zuständig wäre. Es gelten dann also die allgemeinen Regelungen.

Sollte bei Beantragung des Eilverfahrens bereits ein Scheidungsverfahren bei Gericht laufen, ist dieses Gericht zugleich für den Eilantrag örtlich zuständig.

Wenn ohne zeitgleiches Scheidungsverfahren bereits im normalen Klageweg z. B. auf das alleinige Sorgerecht geklagt wurde und erst später Gründe hinzutreten, die eine schnelle Entscheidung erfordern, ist das Gericht der Hauptsache auch für die Bearbeitung des Eilantrags zuständig.

In ganz dringenden Fällen kann auch ein davon abweichendes Amtsgericht tätig werden (weil sich der Antragsteller z. B. gerade in dem Zuständigkeitsgebiet des anderen Gerichts aufhält). Dieses Gericht muss das Verfahren dann aber schnellstmöglich an das eigentlich zuständige Gericht abgeben.

Beispiel: Die Eltern streiten sich über das Sorgerecht ihrer gemeinsamen minderjährigen Kinder. Bei Kindschaftssachen im Zusammenhang mit einer laufenden Scheidung ist das Gericht zuständig, das auch die Scheidung bearbeitet. Ohne Scheidung richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach dem Bezirk, wo das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Das ist in aller Regel der Wohnsitz des Kindes.

Antrag

Das Eilverfahren wird per Antrag beim zuständigen Gericht eingeleitet. Es gibt hierfür keine vorgedruckten Formulare wie beim Mahnverfahren, sondern der Antragsteller muss einen Schriftsatz einreichen. Darin muss ein Antrag formuliert sein, also das Ziel, das er mit seinem Antrag verfolgt. Darüber hinaus muss sich aus den Ausführungen des Antragstellers ergeben, dass sein Antrag begründet ist und dass eine besondere Dringlichkeit vorliegt.

Der Antragsteller kann sich bei vielen Gerichten auch an die Rechtsantragstelle wenden und dort seinen Eilantrag zu Protokoll geben. Rechtsantragstellen leisten zwar keine Rechtsberatung, können aber bei der Formulierung von Anträgen helfen.

In den meisten Fällen wird eine einstweilige Anordnung nur auf Antrag erlassen. Es gibt jedoch auch Situationen, in denen das Gericht von Amts wegen tätig werden kann. Dazu gehören beispielsweise das Umgangsrecht (§ 1684 BGB) oder Fälle der Gefährdung des Kindeswohls (§ 1666 BGB).

Die Dringlichkeit sollte gut begründet werden. Wenn das Gericht keine Zweifel an der Dringlichkeit hat, wird es eher auf eine mündliche Verhandlung verzichten, so dass der Antragsteller schneller zum Ziel kommt.

Da es sich beim Eilverfahren um ein vereinfachtes Verfahren handelt, sind auch die Anforderungen an die Beweisführung geringer. Der Antragsteller muss die Voraussetzungen seines Antrags daher nicht wie sonst üblich beweisen, sondern nur glaubhaft machen.

Bei einer Glaubhaftmachung genügt der Nachweis der überwiegenden Wahrscheinlichkeit. Es muss für den Richter also eher wahrscheinlich sein, dass eine behauptete Tatsache besteht, als dass sie nicht besteht. Bei einem Beweis muss der Richter jedoch von der Richtigkeit der behaupteten Tatsache überzeugt sein. Eine Glaubhaftmachung erfolgt in der Praxis häufig mit eidesstattlichen Versicherungen. Zeugen und Beteiligte bekräftigen so den Wahrheitsgehalt ihrer Aussage, denn die Abgabe falscher eidesstattlicher Versicherungen steht unter Strafe. Auch Gutachten und ärztliche Atteste können hilfreich sein.

Verfahrensablauf

Nach Eingang des Antrags wird das Verfahren eröffnet, ein Aktenzeichen vergeben und alle Beteiligten informiert. Dazu gehören neben dem Antragsgegner bei Kindschaftssachen ein Verfahrensbeistand und das Jugendamt. In besonders dringenden Fällen kann das Gericht davon absehen und unmittelbar eine einstweilige Anordnung erlassen.

Ein Verfahrensbeistand wird bestimmt, um die Interessen des Kindes zu vertreten. Er fungiert sozusagen als Anwalt des Kindes und führt Gespräche mit den Eltern und den Kindern. Auch das Jugendamt nimmt in der Regel persönlichen Kontakt auf, um sich ein Bild von der Lage machen zu können. Ihren Eindruck teilen Verfahrensbeistand und Jugendamt dem Gericht in einer Stellungnahme mit.

Der Antragsgegner erhält ebenso in aller Regel Gelegenheit zur Stellungnahme. Je nach Dringlichkeit kann die Stellungnahmefrist sehr kurz ausfallen. Da die Beurteilung von Jugendamt und Verfahrensbeistand oft maßgeblich für die Entscheidung des Gerichts sind, sollten beide Elternteile auf ein kooperatives Verhalten großen Wert legen.

Das Gericht prüft inhaltlich, ob das Vorbringen des Antragstellers begründet ist und ob eine besondere Dringlichkeit besteht. Kommt es zu dem Schluss, dass schnelles Handeln erforderlich ist, kann es allein aufgrund der vorliegenden Schriftsätze bereits eine Entscheidung treffen. In diesem Fall können die Beteiligten anschließend eine neue Entscheidung aufgrund einer mündlichen Verhandlung beantragen.

In der Regel erfolgt jedoch innerhalb von vier Wochen nach Antragseingang ein Anhörungstermin. Kurz danach entscheidet das Gericht mit einem schriftlichen Beschluss, der den Verfahrensbeteiligten per Post zugestellt wird. Bei anwaltlicher Vertretung erfolgt die Zustellung an den Rechtsanwalt, der den Beschluss an den jeweiligen Beteiligten weiterleitet.

Einleitung des Hauptsacheverfahrens

Das Eilverfahren ist ein selbständiges Verfahren. Daher muss nicht zwingend auch ein Hauptsacheverfahren durchgeführt werden. Wenn alle Beteiligten mit der gerichtlichen Entscheidung im Eilverfahren einverstanden sind, ist ein Hauptsacheverfahren sogar überflüssig.

Bei Eilverfahren, die von Amts wegen eingeleitet wurden, können die Beteiligten nach Zustellung des Beschlusses ein Hauptsacheverfahren herbeiführen. Das Gericht kann hierfür eine Wartefrist von maximal drei Monaten bestimmen, um die übereilte Aufnahme eines Hauptsacheverfahrens zu vermeiden. Je schwerer der Eingriff in die Rechte eines Beteiligten ist, desto kürzer wird die Frist ausfallen oder es wird auf eine Fristsetzung ganz verzichtet. Unabhängig davon prüft das Gericht aber auch selbst, ob die Einleitung eines Hauptsacheverfahrens notwendig ist.

Wurde das Verfahren auf Antrag eines Beteiligten eingeleitet, können die anderen Verfahrensbeteiligten – in der Regel der Antragsgegner – erwirken, dass der Antragsteller zur Einleitung eines Hauptsacheverfahrens verpflichtet wird. Dazu setzt das Gericht dem Antragsteller eine Frist von maximal drei Monaten. In der Regel ist diese Frist aber deutlich kürzer. Wenn der Antragsteller dieser Aufforderung nicht nachkommt und die Frist verstreichen lässt, wird die einstweilige Anordnung aufgehoben.

Achtung: Die Aufhebung der Anordnung erfolgt rückwirkend, d. h. es entfällt zugleich die Grundlage für Vollstreckungsmaßnahmen.

Über die Möglichkeiten, ein Hauptsacheverfahren einzuleiten, muss das Gericht die Beteiligten im Beschluss der einstweiligen Anordnung nur dann belehren, wenn es selbst das Verfahren von Amts wegen eingeleitet hat.

Vollstreckung der einstweiligen Anordnung

Die einstweilige Anordnung stellt einen Vollstreckungstitel dar und kann vollstreckt werden, sobald sie wirksam ist. In der Regel tritt die Wirksamkeit mit Zustellung des Beschlusses ein. Hierzu versendet die Geschäftsstelle des Gerichts den Beschluss z. B. per Post an den Antragsgegner.

In Fällen besonderer Eilbedürftigkeit wie der Herausgabe eines Kindes wird die einstweilige Anordnung bereits mit Erlass wirksam und kann damit noch schneller vollstreckt werden.


4. Wie lange bleibt eine einstweilige Anordnung wirksam?

Eine einstweilige Anordnung ist grundsätzlich so lange wirksam, bis sie durch eine andere Regelung ersetzt wird.

Sobald also in der Hauptsache eine andere Regelung oder Entscheidung getroffen wurde, tritt die einstweilige Anordnung außer Kraft. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Antrag im Hauptsacheverfahren zurückgenommen, vom Gericht endgültig abgewiesen oder ein Vergleich geschlossen wird.

Darüber hinaus kann eine Anordnung unwirksam werden, wenn sich die Beteiligten bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes einigen können oder wenn die Anordnung von vornherein zeitlich begrenzt war.


5. Kann man gegen eine einstweilige Anordnung Beschwerde einlegen?

Entscheidungen im Wege der einstweiligen Anordnung sind grundsätzlich unanfechtbar, d.h. sie können nicht mehr mit Rechtsmitteln angegriffen werden. Dadurch sollen Verzögerungen des Verfahrens vermieden werden.

Es gibt aber mehrere Wege, die gerichtliche Entscheidung überprüfen, abändern oder aufheben zu lassen:

  • Bei einer Entscheidung ohne mündliche Anhörung können die Beteiligten eine neue Entscheidung aufgrund einer mündlichen Verhandlung verlangen.
  • Der Antragsteller kann gezwungen werden, das Hauptsacheverfahren einzuleiten, andernfalls wird die einstweilige Anordnung rückwirkend unwirksam.
  • Bei einer wesentlichen Änderung der Sach- und Rechtslage oder bei neuen Beweismöglichkeiten kann ein Antrag auf Abänderung des Beschlusses bzw. dessen Aufhebung gestellt werden.

Nur ausnahmsweise ist ein Rechtsmittel gegen eine einstweilige Anordnung möglich, wenn es im Rahmen einer mündlichen Verhandlung z. B. um Sorgerechtsfragen, die Herausgabe eines Kindes oder die Zuweisung einer Ehewohnung ging.


6. Braucht man bei einem Eilantrag einen Anwalt?

Für die meisten Eilverfahren vor dem Familiengericht ist die Einschaltung eines Anwalts nicht erforderlich. Pflicht ist eine anwaltliche Vertretung bei Scheidung, die aber nicht im Eilverfahren durchgeführt werden kann, und bei Unterhaltsverfahren.

Unabhängig davon kann die Einschaltung eines Anwalts sinnvoll sein, da es für erfolgreiche Eilanträge entscheidend darauf ankommt, neben der inhaltlichen Begründung die Dringlichkeit rechtssicher darzustellen. Darüber hinaus kann Familienrecht sehr kompliziert sein, so dass ein Rechtsanwalt für Familienrecht bei der Durchsetzung der Ansprüche wertvolle Unterstützung leisten kann, gerade, wenn es schnell gehen muss.

7. Fazit

  • Mit einem Eilantrag im Familienrecht kann man in dringenden Situationen schnell eine vorläufige gerichtliche Entscheidung herbeiführen.
  • Ein Eilverfahren kommt häufig im Sorge- und Umgangsrecht, beim Aufenthaltsbestimmungsrecht oder bei Unterhaltsfragen in Betracht.
  • Voraussetzung für einen erfolgreichen Eilantrag ist, dass der Antrag begründet und besonders dringlich ist.
  • Da bei Beteiligung eines minderjährigen Kindes auch Jugendamt und ein Verfahrensbeistand für das Kind angehört werden, ist ein kooperatives Verhalten der Beteiligten wichtig.
  • Eine vorläufige gerichtliche Entscheidung ist vollstreckbar, so dass z. B. eine Unterhaltsforderung notfalls durch einen Gerichtsvollzieher beigetrieben werden kann.
  • Beschlüsse im Eilverfahren sind unanfechtbar, es gibt aber mehrere Möglichkeiten, die gerichtliche Entscheidung zu korrigieren.