1. Wann kann man nachehelichen Altersunterhalt fordern?

Das Wichtigste vorweg: Es ist möglich, auch nach der Scheidung finanzielle Hilfe durch den geschiedenen Ehegatten in Form von Unterhalt zu fordern, wenn man selbst zu alt ist, um noch erwerbstätig zu sein.

Der Unterhalt wegen Alters ist jedoch an einige Voraussetzungen geknüpft:

  • Der fordernde Ehegatte ist aufgrund seines fortgeschrittenen Alters nicht mehr in der Lage, sich seinen Unterhalt selbst zu verdienen.
  • Er ist bedürftig.
  • Der andere Ehegatte ist leistungsfähig.

Voraussetzung 1: Alter

Nach der Scheidung ist jeder Ehegatte grundsätzlich erst einmal dazu verpflichtet, sich seinen Unterhalt selbst zu verdienen (§ 1569 BGB). Er muss also eine angemessene Erwerbstätigkeit aufnehmen oder sich sogar umschulen lassen. Was „angemessen“ ist, wird im Einzelfall entschieden.

Nur wenn der geschiedene Ehegatte hierzu nicht in der Lage ist, kann er nachehelichen Unterhalt fordern. Das Gesetz stellt hier zahlreiche „Unterhaltstatbestände“ auf, welche festlegen, wann ein Ehegatte sich seinen Unterhalt nicht selbst verdienen kann. Neben Arbeitslosigkeit und Kindesbetreuung zählt hierzu auch ein fortgeschrittenes Alter (§ 1571 BGB).

Aber ab wann ist man „alt“?

Ob einem Ehegatten aufgrund seines Alters eine Arbeit nicht mehr zugemutet werden kann, wird im Einzelfall entschieden. Eine feste Regel gibt es hierbei nicht. Grob wird die Regelaltersgrenze der Rente als Richtwert gesehen. Zeigt der Ehegatte jedoch bereits vorher altersbedingte Einschränkungen, kann die Grenze auch nach unten verschoben werden. Dies ist oft der Fall und kann beispielsweise in folgenden Situationen angenommen werden:

  • Schlechter Gesundheitszustand.
  • Konkrete Ausbildung. So kann ein körperlich anspruchsvoller Beruf weniger lang ausgeübt werden als eine Bürotätigkeit.
  • Der Ehegatte findet aufgrund seines Alters keine Anstellung mehr.

So wird in einigen dieser Fälle bereits ein Alter ab 55 Jahren als ausreichend angesehen.

Grundsätzlich kommt es für die Entscheidung über den Unterhaltsanspruch auf das Alter zum Zeitpunkt der Scheidung an.

Der Ehegatte kann also nicht nachehelichen Unterhalt fordern, wenn er erst Jahre nach der Scheidung ein fortgeschrittenes Alter erreicht.

Beispiel: Die Eheleute A und B lassen sich scheiden. Zum Zeitpunkt der Scheidung ist A 53 Jahre alt. 15 Jahre später, A ist nun 68, wendet A sich an B und verlangt Unterhalt aufgrund Alters. Zu Recht?

A kann keinen Unterhalt verlangen. Entscheidend ist nämlich grundsätzlich das Alter des Unterhaltsberechtigten bei der Scheidung.

Der Unterhalt wegen Alters kann jedoch ausnahmsweise als sogenannter „Anschlussunterhalt“ nach Wegfall eines nachehelichen Unterhalts wegen Krankheit, Kinderbetreuung oder Erwerbslosigkeit gewährt werden. In diesem Fall ist der Zeitpunkt entscheidend, an dem der vorherige Unterhalt endet.

Beispiel: Die Eheleute A und B lassen sich scheiden. A ist 60 Jahre alt und aufgrund einer Erkrankung momentan arbeitsunfähig. Er erhält daher nachehelichen Unterhalt wegen Krankheit von B. A wird erst 5 Jahre später wieder gesund. Er kann nun als „Anschlussunterhalt“ nachehelichen Altersunterhalt fordern.

Altersunterhalt kann übrigens auch bezogen werden, wenn ein Ehegatte schon bei der Heirat aufgrund seines Alters keiner Erwerbstätigkeit nachgehen konnte („Altersehe“).

Beispiel: Der 70-jährige Rentner A heiratet die deutlich jüngere C, welche vermögender ist als er. 5 Jahre später lassen sie sich scheiden. Kann A nun Altersunterhalt verlangen oder muss er wie vor der Ehe mit seiner Rente leben?

Er kann Altersunterhalt verlangen. Es wird allein auf das Alter zum Zeitpunkt der Scheidung abgestellt. Das Alter bei der Heirat ist unerheblich, auch wenn A schon bei der Hochzeit im hohen Alter war.

Voraussetzung 2: Bedürftigkeit

Der unterhaltsfordernde Ehegatte muss auch bedürftig sein. Er muss also auf die Zahlung des Ehegatten zur Deckung seines Lebensunterhaltes angewiesen sein. Maßgeblich sind auch hier die Lebensverhältnisse der Ehegatten vor der Scheidung. Hat der Ehegatte hinreichend eigenes Einkommen, kann er keinen Altersunterhalt verlangen.

Beispiel: A und B lassen sich scheiden. A ist aufgrund seines Alters nicht in der Lage, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Er hat jedoch mehrere Häuser, aus denen er durch Mietzahlungen ein monatliches Einkommen in Höhe von 20.000 € erzielt. Damit kann er den früheren Lebensstil in der Ehe fortführen.

A ist nicht bedürftig, da er seinen Unterhalt selbst decken kann.

Voraussetzung 3: Leistungsfähigkeit

Die Leistungsfähigkeit ist das Gegenstück zur Bedürftigkeit.

Unterhalt muss nur bezahlen, wer hierzu auch in der Lage ist.

Hierbei darf der geschiedene Ehegatte, von dem Unterhalt gefordert wird, einen Teil seiner Einkünfte für sich selbst behalten („Selbstbehalt“). Er muss daher nur Unterhalt zahlen, wenn seine Einkünfte über diesem Selbstbehalt liegen, der derzeit 1.200 € beträgt.

Auch muss beachtet werden, dass der geschiedene Ehegatte mitunter noch andere Unterhaltsverpflichtungen hat. Unterhaltsverpflichtungen gegenüber minderjährigen Kindern gehen dem nachehelichen Unterhalt vor. Dies gilt auch für Kinder bis 21 Jahre, sofern diese unverheiratet sind, noch im Haushalt eines Elternteils wohnen und eine Schulausbildung absolvieren.


2. Wie hoch ist der nacheheliche Unterhalt wegen Alters?

Die Höhe des Unterhalts legt das Familiengericht fest. Der nacheheliche Unterhalt soll grundsätzlich den gesamten Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten abdecken. Hierbei kann vorab kein exakter Wert aufgestellt werden, da sich der Lebensbedarf nach dem Lebensstandard richtet, den die Ehegatten während ihrer Ehe gelebt haben (§ 1578 BGB). Der geschiedene Ehegatte soll also grundsätzlich den Lebensstandard beibehalten können, welchen er während der Ehe hatte.

Zum Lebensbedarf gehören insbesondere:

  • Grundbedürfnisse, z.B. Essen, Wohnen und Kleidung
  • Kranken- und Pflegeversicherung
  • Freizeit und Erholung

Hat der Unterhaltsberechtigte die Regelaltersgrenze noch nicht erreicht, so umfasst der nacheheliche Unterhalt auch die Altersvorsorge.


3. Und wenn der Altersunterhalt „unfair“ ist?

Auch wenn alle obigen Voraussetzungen erfüllt sind, kann der Unterhalt versagt, herabgesetzt oder zeitlich begrenzt werden, wenn er „unfair“ ist. Rechtlich spricht man von der „Billigkeit“. Ob ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt unbillig ist, wird im Einzelfall entschieden.

Der nacheheliche Unterhalt kann insbesondere in folgenden Fällen unbillig (§§ 1578b, 1579) sein:

  • Kurze Dauer der Ehe (2-3 Jahre), insbesondere bei der Altersehe.
  • Schwere Verfehlung des Unterhaltsberechtigten gegenüber dem Unterhaltsverpflichteten, z.B. Körperverletzung.
  • Der Unterhaltsberechtigte hat seine Bedürftigkeit selbst herbeigeführt, z.B. sein Vermögen verspielt.
  • Der Unterhaltsberechtigte lebt in einer neuen verfestigten Lebensgemeinschaft. Das ist z.B. anzunehmen, wenn er zu einem neuen Partner gezogen ist, die Beziehung auf Dauer ausgerichtet ist und aus einer gemeinsamen Kasse gewirtschaftet wird.

Die Unbilligkeit kann auch erst geraume Zeit nach der Scheidung eintreten und den Unterhaltsanspruch beeinflussen.


4. Wie lange wird der nacheheliche Unterhalt wegen Alters gewährt?

Der Altersunterhalt wird grundsätzlich unbefristet gewährt. Er endet jedoch mit Wiederheirat des Unterhaltsberechtigten oder zwangsläufig mit seinem Tod.

Eine Befristung ist insbesondere bei Unbilligkeit möglich. Dies gilt auch, wenn diese erst nach Scheidung eintrat.


5. Wie beantrage ich nachehelichen Altersunterhalt?

Der nacheheliche Unterhalt muss beim Familiengericht beantragt werden. Er kann entweder schon im Rahmen des Scheidungsverfahrens oder in einem abgesonderten Verfahren geltend gemacht werden.

Die Ehegatten müssen hier ihre Finanzen offenlegen, damit das Gericht eine sachgerechte Entscheidung treffen und die Höhe des nachehelichen Unterhalts festlegen kann.

Derjenige, der Unterhalt erhalten möchte, muss grundsätzlich nachweisen, dass er aufgrund seines Alters nicht mehr zu einer angemessenen Erwerbstätigkeit in der Lage ist. Hierzu kann durchaus auch der Nachweis fehlgeschlagener Bewerbungen gehören.

6. Fazit

  • Der Bezieher von Altersunterhalt muss aufgrund seines Alters nicht mehr in der Lage sein, einer angemessenen Erwerbstätigkeit nachzugehen.
  • Eine feste Altersgrenze gibt es dabei nicht. Äußerste Grenze ist aber das Eintrittsalter der gesetzlichen Rente.
  • Die fordernde Person muss bedürftig und der ehemalige Ehegatte leistungsfähig sein. Hier sind insbesondere Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern zu berücksichtigen.
  • Der Altersunterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten. Die konkrete Höhe des Unterhalts richtet sich nach dem ehelichen Lebensstandard vor der Scheidung.
  • Altersunterhalt wird grundsätzlich zeitlich unbegrenzt gewährt.
  • Ist die Zahlung des Altersunterhalts im Einzelfall ungerecht, kann der Anspruch ausgeschlossen, herabgesetzt oder zeitlich begrenzt werden.