Geraten Arbeitnehmer in einen finanziellen Engpass, kann ein Arbeitgeberdarlehen eine Alternative zum üblichen Bankkredit sein. Das Arbeitgeberdarlehen bietet sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber Vorteile. Damit es später jedoch nicht zu einem bösen Erwachen kommt, müssen sich beide Vertragsparteien auch der Bedingungen und Risiken bewusst sein. Welche besonderen Vorgaben für die finanzielle Hilfe des Arbeitgebers zu beachten sind, erläutern wir im folgenden Beitrag.

  1. Was ist ein Arbeitgeberdarlehen?
  2. Vorteile und Risiken des Arbeitgeberdarlehens
  3. Welche Regeln gelten für das Arbeitgeberdarlehen?
  4. Auszahlung und Rückzahlung des Arbeitgeberdarlehens
  5. Was geschieht im Falle einer Kündigung mit dem Arbeitgeberdarlehen?
  6. Notwendige Regelungen im Vertrag zum Arbeitgeberdarlehen
  7. Fazit

1. Was ist ein Arbeitgeberdarlehen?

Viele Arbeitnehmer wissen nicht, dass grundsätzlich auch Unternehmen Kredite an ihre Mitarbeiter vergeben dürfen. Häufig kann dies zu günstigeren Bedingungen erfolgen, als dies bei einem Darlehen von der Bank der Fall wäre.

Freilich muss der Arbeitgeber auch bereit sein, seinem Mitarbeiter Geld zu leihen, denn das Darlehen stellt eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers dar. Ist der Chef damit einverstanden, einem Mitarbeiter aus einer finanziellen Klemme zu helfen, kann dies über einen entsprechenden Darlehensvertrag vereinbart werden.

Das Darlehen steht in keinem direkten Zusammenhang mit der Arbeit und dem Arbeitsvertrag des Arbeitnehmers, stellt also keine Gegenleistung für die Arbeitsleistung dar. Daher ist das Mitarbeiterdarlehen von der eigentlichen Vergütung und von Vorschüssen und Abschlägen zur Vergütung abzugrenzen, z. B. Vorschüsse für Reisekosten und Auslagen oder Abschlagszahlungen auf den Arbeitslohn.

2. Vorteile und Risiken des Arbeitgeberdarlehens

Sowohl für Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer hat das Arbeitgeberdarlehen verschiedene Vorteile:

  • Stärkere Bindung des Arbeitnehmers an das Unternehmen.
  • Vertrauensbeweis seitens des Arbeitgebers, so dass der Arbeitnehmer davon ausgehen kann, dass seine Weiterbeschäftigung auf absehbare Zeit gesichert ist.
  • Geldwerter Vorteil für den Arbeitnehmer auch ohne Gehaltserhöhung: Günstigere Finanzierung, da oftmals niedrigere als die marktüblichen Zinsen vereinbart werden und häufig keine Bearbeitungsgebühren.
  • Möglich ist die Förderung und Finanzierung von Fort- und Weiterbildungen, die ein Mitarbeiter aus Eigeninitiative machen möchte – wovon der Arbeitgeber ggf. mittelbar profitiert.
  • Unterstützung des Erwerbs von Wohneigentum.
  • Steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Vorteile: Der Arbeitnehmer hat je nach Steuersatz erhebliche Ersparnisse, der Arbeitgeber muss auf das Darlehen keine Sozialversicherungsbeiträge zahlen.

Risiken bzw. mögliche Nachteile bestehen insbesondere auf Arbeitgeberseite:

  • Fehler bei der Vertragsgestaltung können dazu führen, dass das Darlehen als steuerpflichtiger Arbeitslohn gilt; hierdurch soll auch verhindert werden, dass Arbeitgeber auf die Darlehensrückzahlung verzichten u. ä. steuerlich „getrickst“ wird.
  • Gerät der Arbeitnehmer in die Privatinsolvenz, kann der Arbeitgeber das geliehene Geld nicht mehr eintreiben – er nimmt keine stärkere Rechtsposition als andere Gläubiger ein.

Aber auch für den Arbeitnehmer kann das Arbeitgeberdarlehen Risiken und Nachteile mit sich bringen:

  • Der Tilgungssatz ist meist erheblich höher als bei Bankkrediten.
  • Der Arbeitnehmer bindet sich durch das Darlehen stark an den Arbeitgeber, was im Einzelfall auch einen Nachteil darstellen kann.

Für beide Seiten gilt es zu beachten: Im Falle der Beendigung oder Kündigung des Arbeitsverhältnisses kann es über den Darlehensvertrag schnell zum Streit kommen. Wichtig ist daher, diesen Punkt bereits im Darlehensvertrag zu berücksichtigen, wie wir unter Ziffer 5 noch genauer erklären.

3. Welche Regeln gelten für das Arbeitgeberdarlehen?

Das Arbeitgeberdarlehen ist gesetzlich nicht gesondert geregelt, sondern ergibt sich vor allem aus den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches zum Darlehensvertrag (§ 488 ff. BGB) und dem Verbraucherdarlehensvertrag (§ 491 ff. BGB). Im Einzelnen sind folgende Regelungen zu beachten:

  • Für manche Mitarbeiterdarlehen sind die Vorschriften zum Verbraucherdarlehensvertrag nach den §§ 491 ff. BGB maßgeblich. Diese regeln die formalen Vorgaben, wie nachfolgend erläutert. Entsprechend der Bestimmungen in 491 Abs. 2 BGB gelten die Regelungen für Verbraucherdarlehensverträge für Mitarbeiterdarlehen, bei denen der Nettodarlehensbetrag über 200 Euro liegt und die Rückzahlung über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten erfolgt.
  • Verbraucherdarlehensverträge sind entgeltliche Darlehensverträge zwischen einem Unternehmer (z.B. Arbeitgeber) als Darlehensgeber und einem Verbraucher – also jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu privaten Zwecken abschließt – als Darlehensnehmer (z.B. Arbeitnehmer). Entgeltlich bedeutet, dass in dem Vertrag eine Leistung (z. B. eine Finanzierungshilfe wie ein Darlehen) und eine Gegenleistung (z.B. die Rückzahlung nebst Zinsen) vereinbart werden.
  • Für Verbraucherdarlehen gilt (anders als beim Darlehensvertrag nach § 488 BGB) die Schriftform, 492 BGB. Daher sind diese Darlehensverträge zwingend schriftlich abzufassen. Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer nach Vertragsabschluss zudem eine schriftliche Kopie des Vertrages aushändigen.
  • Darlehensverträge, die von Arbeitgebern mit ihren Arbeitnehmern zu niedrigeren als den marktüblichen Zinsen abgeschlossen werden, fallen nicht unter die Verbraucherdarlehensverträge, § 491 Abs. 2 Nr. 4 BGB. Wie hoch die marktüblichen Zinsen liegen, ist aus der Zinsstatistik der Deutschen Bundesbank ersichtlich. Aktuelle Informationen finden Sie in der Zinsstatistik vom 05.03.2019. Entscheidend sind hierbei die Zinssätze für das Neugeschäft. Alternativ kann der Arbeitgeber von seiner Bank den Effektivzinssatz für ein vergleichbares Darlehen ermitteln lassen.
  • Vom Arbeitgeber vorformulierte Darlehensverträge gelten als allgemeine Geschäftsbedingungen und unterliegen der AGB-Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB. Klauseln, die überraschend sind oder den Mitarbeiter unangemessen benachteiligen, sind dann unwirksam. Dies gilt auch für Darlehen, die keine Verbraucherdarlehen sind!
  • Darlehenssumme: Wie hoch das Darlehen ausfällt, kann der Arbeitgeber frei bestimmen – es gibt keine Höchstsummen für Mitarbeiterdarlehen.
  • Zinsen: Nicht erlaubt sind Wucherzinsen; diese wären unwirksam ( 138 Abs. 2 BGB). Darum wäre es z. B. nicht zulässig, wenn ein Arbeitgeber im Vertrag für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses besonders hohe Zinsen festlegt. Es könnte jedoch vereinbart werden, dass im Fall einer Beendigung das Darlehen statt zinslos oder zinsgünstig zu marktüblichen Zinsen weitergeführt wird.
Wichtig ist: Möchte der Arbeitgeber das Darlehen nur mit Zinsen vergeben, müssen diese im Vertrag ausdrücklich vereinbart werden. Ist im Vertrag keine Verzinsung vereinbart, gilt im Streitfall nicht etwa der marktübliche Zinssatz. In einem solchen Fall ist das Darlehen zinslos zurückzuzahlen.
  • Steuerrecht: Bei Darlehen, die über der Freigrenze von 2600 Euro liegen und deren Zinsen unter dem marktüblichen Zinssatz liegen, bilden die eingesparten Zinsen einen geldwerten Vorteil. Dieser Zinsvorteil ist gemäß Einkommenssteuergesetz als steuer- und beitragspflichtiger Lohn des Mitarbeiters zu versteuern. Bei Unklarheiten zur Berechnung der steuerpflichtigen Zinsvorteile eines Mitarbeiterdarlehens nach der jeweils aktuellen Rechtslage sollten Arbeitgeber einen Steuerberater oder Rechtsanwalt um Rat fragen.
  • Zweckbindung: In vielen Fällen sind Arbeitgeberdarlehen an einen bestimmten Zweck gebunden, wie etwa die Finanzierung eines Immobilienkaufs, Fortbildungskosten etc. Je nachdem bestimmt sich die Finanzhilfe als Konsum- oder Immobiliendarlehen. Unzulässig ist aber eine Finanzierung zum Zweck des Erwerbs firmeneigener Produkte; dies verstößt gegen die Gewerbeordnung, 107 Abs. 2 S. 2 der GewO.
  • Individuelle Konditionen: Meist machen Arbeitgeber die Bedingungen des Darlehens abhängig von der Dauer der Betriebszugehörigkeit, vom Verdienst oder von der Position im Unternehmen. Bei Vergabe von Darlehen an mehrere Arbeitnehmer ist gleichwohl der Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten, wie schon erläutert.
  • Sicherheiten: Bei größeren Darlehen vergeben Arbeitgeber häufig sogenannte nachrangige Darlehen. Diese werden mit einem Eintrag ins Grundbuch abgesichert. Kleinere Darlehen werden meist über Lohn- und Gehaltsabtretungen gesichert.

4. Auszahlung und Rückzahlung des Arbeitgeberdarlehens

Die Darlehenssumme ist getrennt vom Arbeitslohn an den Mitarbeiter zu überweisen. Die Zahlungsmodalitäten sind im Darlehensvertrag festzuhalten.

Die Rückzahlung des Darlehens erfolgt meist in Raten, die im Vertrag vereinbart werden. Hierzu sollte in einem Tilgungsplan genau aufgeschlüsselt werden, welche Beträge und Zinsen jeweils monatlich zurückzuzahlen sind.

Zudem wird häufig vereinbart, dass der Ausgleich direkt in Form eines Lohnabzugs erfolgt. Das bedeutet, der Arbeitgeber behält die vereinbarte Rate ein und zahlt einen entsprechend geringeren Nettolohn aus. Dabei muss er allerdings die gesetzlich vorgeschriebenen Pfändungsgrenzen beachten.

5. Was geschieht im Falle einer Kündigung mit dem Arbeitgeberdarlehen?

Grundsätzlich gilt: Der Darlehensvertrag darf vertraglich nicht von dem Arbeitsverhältnis abhängig gemacht werden. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat also keinen unmittelbaren Einfluss auf das Darlehen.

Kommt es vor vollständiger Rückzahlung des Arbeitgeberdarlehens zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sind die vertraglichen Vereinbarungen maßgeblich.

Denkbar sind insbesondere folgende Szenarien:

  1. das Darlehen läuft weiter mit den vereinbarten Raten bzw. dem vereinbarten Tilgungsplan.
  2. das Darlehen wird auf eine zu zahlende Abfindung angerechnet
  3. das Darlehen wird gegen ausstehende Gehalts- und Bonuszahlungen aufgerechnet – dabei zu beachten: Pfändungsfreigrenzen (§ 394 BGB) sowie nach § 850 a BGB unpfändbare Bezüge; z. B. darf ein Bonus anlässlich besonderer Treue nur zur Hälfte vom Arbeitgeber einbehalten werden.
  4. das Darlehen ist sofort zurückzuzahlen
Der letzten Variante hat allerdings das Bundesarbeitsgericht weitestgehend eine Absage erteilt: Kündigt ein Mitarbeiter, muss er das Darlehen nicht sofort vollständig zurückzahlen, auch dann nicht, wenn dies im Darlehensvertrag vereinbart wurde. Solche Regelungen, die für jedweden Fall der Kündigung eine sofortige Rückzahlung vorsehen, stellen nach dem BAG eine unangemessene Benachteiligung dar (BAG, Urteil vom 12.12.2013, 8 AZR 829/12).

Eine Ausnahme hiervon besteht nur für den Fall, dass der Mitarbeiter z. B. aufgrund eigenen Fehlverhaltens aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos gekündigt wird. Ist explizit für diesen Fall im Vertrag eine sofortige Rückzahlung vereinbart, kann der Arbeitgeber diese auch fordern.

Sofern im Darlehensvertrag zur Rückzahlung nichts bestimmt wurde, gelten die Regeln des BGB. Hiernach kann der Arbeitgeber das Darlehen unter Beachtung einer Frist von drei Monaten bzw. von einem Monat (bei Kleindarlehen, die keine Verbraucherdarlehen darstellen) kündigen und zurückfordern. Folgt keine vollständige Zahlung, ist die nach Ablauf der Frist noch offene Darlehenssumme sofort fällig. Zudem darf der Arbeitgeber in diesem Fall zuvor günstige Zinsen an die marktüblichen Zinsen anpassen (BAG, Urteil vom 23.02.1999, 9 AZR 737/97).

Um späteren Ärger im Falle einer Kündigung zu vermeiden, sollten die Parteien im Darlehensvertrag eine klare Regelung der Rückzahlung und möglichst auch der Zinsen für den Fall einer Kündigung treffen. Hierbei sollte kein Unterschied danach gemacht werden, welche Seite das Arbeitsverhältnis kündigt.

6. Notwendige Regelungen im Vertrag zum Arbeitgeberdarlehen

Der Darlehensvertrag sollte so genau wie möglich geregelt werden, um Unklarheiten gar nicht erst aufkommen zu lassen. Gerade Arbeitnehmer sollten nicht aus lauter Dankbarkeit ungeprüft unterschreiben, was der Arbeitgeber vorlegt. Egal wie gut das Verhältnis zum hilfsbereiten Arbeitgeber ist – man weiß nie, ob es nicht irgendwann zu Unstimmigkeiten kommt. Und dann kommt es allein darauf an, was sich nachweisbar aus dem schriftlichen Vertrag ergibt.

Zudem ist eine genaue Vereinbarung auch aus steuerrechtlichen Gründen für beide Parteien dringend erforderlich. Ansonsten kann das Arbeitgeberdarlehen als Arbeitslohn eingestuft werden. Daher sind folgende Inhalte zwingend aufzunehmen:

  • Höhe der Darlehenssumme
  • Zinssatz
  • Aus- und Rückzahlungsmodalität
  • Laufzeit
  • im Falle von Verbraucherdarlehen: Erläuterung zum Widerrufsrecht

Des Weiteren sollte vereinbart werden, was im Falle einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch Arbeitnehmer oder Arbeitgeber für das Darlehen gilt.

Daneben sind vor allem aus Sicht des Arbeitgebers empfehlenswert:

  • Regelungen für den Fall des Zahlungsverzugs des Mitarbeiters und bei Lohnpfändungen, insbesondere die Bestimmung von Verzugszinsen
  • Regelungen zu Sicherheiten

Da jeder Fall anders ist und individueller Regelungen bedarf, sollte zur rechtssicheren Fertigung eines Darlehensvertrages stets ein Experte für Arbeitsrecht hinzugezogen werden.

7. Fazit

  • Das Arbeitgeberdarlehen (auch: Mitarbeiterdarlehen) ist eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers. Dieser kann die Darlehenshöhe frei bestimmen – Höchstsummen für Mitarbeiterdarlehen gibt es nicht.
  • Ein Arbeitgeberdarlehen bietet dem Arbeitnehmer meist günstigere Konditionen als ein Bankkredit.
  • Das Mitarbeiterdarlehen ist gesetzlich nicht speziell geregelt. Es gelten die Regeln des BGB zum Darlehens- und ggf. zum Verbraucherdarlehensvertrag.
  • Das Arbeitgeberdarlehen ist häufig ein Verbraucherdarlehen. § 491 BGB regelt hierzu, wie das Widerrufsrecht auszugestalten ist und welche formalen Kriterien einzuhalten sind.
  • Vorformulierte Darlehensverträge unterliegen der AGB-Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB. Klauseln, die überraschend sind oder den Mitarbeiter unangemessen benachteiligen, sind unwirksam.
  • Die Darlehenssumme muss getrennt vom Arbeitslohn ausgezahlt werden. Zur Rückzahlung, die meist in Raten erfolgt, sollte im Vertrag ein genauer Tilgungsplan mit Tilgungs- und evtl. vereinbarten Zinsbeträgen aufgenommen werden.
  • Der Darlehensvertrag gilt rechtlich unabhängig vom Arbeitsvertrag. Daher sollte in der Darlehensregelung vereinbart werden, was z.B. im Fall einer Kündigung, bei Zahlungsverzug etc. gilt.
  • Fehler bei der Darlehensvereinbarung können dazu führen, dass das Darlehen als steuerpflichtiger Arbeitslohn gilt oder sonstige Nachteile (z. B. bezüglich des zu zahlenden Zinses etc.) entstehen.