Durch einen Aufhebungsvertrag kann ein Arbeitsverhältnis in beiderseitigem Einverständnis aufgelöst werden. Dies kann aus verschiedenen Gründen von Vorteil sein, z.B. wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine kurzfristige Beendigung des Vertrags ohne Einhaltung längerer Kündigungsfristen wünschen.

Doch was gilt, wenn eine der Parteien es sich nach der Unterschrift anders überlegt? In folgendem Beitrag erläutern wir, unter welchen Umständen eine Rückabwicklung des Aufhebungsvertrags möglich ist.

  1. Was ist ein Aufhebungsvertrag?
  2. Rückabwicklung nur in besonderen Fällen möglich
  3. Rücktritt vom Aufhebungsvertrag
  4. Widerruf eines Aufhebungsvertrags
  5. Anfechtung eines Aufhebungsvertrags
  6. Verletzung von Aufklärungspflichten führt nicht zur Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrages
  7. Fazit

1. Was ist ein Aufhebungsvertrag?

Durch einen Aufhebungsvertrag vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer, dass das Arbeitsverhältnis im gegenseitigen Einvernehmen aufgelöst wird. Der Aufhebungsvertrag, der auch Auflösungsvertrag genannt wird, muss schriftlich erfolgen, § 623 BGB. Anders als bei einer Kündigung, die einseitig durch eine Partei erklärt wird, ist für das Zustandekommen eines Aufhebungsvertrages die Zustimmung beider Parteien erforderlich. In vielen Fällen legt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen hierfür bereits in Schriftform gefertigten Aufhebungsvertrag vor. Der Arbeitnehmer muss dann seinerseits nur noch seine Unterschrift unter den Vertragstext setzen, damit der Aufhebungsvertrag wirksam und das Arbeitsverhältnis beendet wird. Häufig wird der Arbeitnehmer zu einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses dadurch motiviert, dass im Aufhebungsvertrag eine Abfindung vereinbart wird.


2. Rückabwicklung nur in besonderen Fällen möglich

Mit der Zustimmung zum Aufhebungsvertrag gibt der Arbeitnehmer seine Rechte aus dem vorherigen Arbeitsvertrag auf. Dass der Vertrag nachteilige Regelungen enthält wird oft erst später erkannt, weil viele Arbeitnehmer sich erst nach Unterzeichnung des Aufhebungsvertrags anwaltlich beraten lassen. Es stellt sich dann die Frage, ob und wie der unterschriebene Aufhebungsvertrag rückgängig gemacht werden kann.

Für die Rückabwicklung eines Aufhebungsvertrags bestehen grundsätzlich folgende Möglichkeiten:

  • Rücktritt
  • Widerruf
  • Anfechtung

Allerdings ist es im Normalfall äußerst schwierig, sich einseitig (z. B. als Arbeitnehmer) von einem einmal geschlossenen Aufhebungsvertrag wieder loszusagen. In aller Regel sind beide Parteien an den Vertrag rechtlich gebunden und können nichts dagegen unternehmen, dass das Arbeitsverhältnis auf die im Aufhebungsvertrag bestimmte Weise endet. Beispielsweise also mit sofortiger Wirkung oder mit Ablauf zu einem bestimmten Datum.

Eine Rückabwicklung kommt im Einzelfall also nur bei Vorliegen besonderer Umstände in Betracht.


3. Rücktritt vom Aufhebungsvertrag

Ein Rücktritt vom Aufhebungsvertrag kommt in Betracht, wenn diese Möglichkeit

  • in dem Aufhebungsvertrag selbst oder
  • in einem Tarifvertrag

ausdrücklich geregelt ist.

In der Praxis wird aber meist kein Rücktrittsrecht im Aufhebungsvertrag vereinbart. Auch ein allgemeines Rücktrittsrecht bei Aufhebungsverträgen besteht nicht. Ist also im Aufhebungsvertrag oder in einem einschlägigen Branchentarifvertrag kein entsprechendes Recht bestimmt, kann ein Aufhebungsvertrag nicht ohne Weiteres rückabgewickelt werden.

Ein Rücktritt kommt aber dann in Betracht, wenn im Zuge der Abwicklung des Aufhebungsvertrages der Arbeitgeber seinen Pflichten nicht nachkommt.

In der Praxis geht es vor allem um die Auszahlung einer vereinbarten Abfindung. Für die Zahlung wird im Vertrag meist ein Fälligkeitstermin bestimmt. Ist kein Datum vereinbart, muss der Arbeitnehmer vor weiteren Schritten dem Arbeitgeber eine Frist zur Zahlung setzen. Schuldet der Arbeitgeber weiterhin die Zahlung, kann der Arbeitnehmer vom Aufhebungsvertrag grundsätzlich zurücktreten. Denn die Zustimmung des Arbeitnehmers zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgt meist gerade nur im Hinblick auf die Abfindungszusage des Arbeitgebers. Ein Arbeitgeber, der einfach nur nicht zahlt, obwohl er zahlen könnte, verletzt seine Pflichten aus dem Aufhebungsvertrag. In diesem Fall kann ein Rücktrittsrecht des Arbeitnehmers in Betracht kommen.

Anders liegt aber der Fall, wenn der Arbeitnehmer nach geschlossenem Aufhebungsvertrag nicht mehr zahlen kann.

Das Rücktrittsrecht gemäß § 323 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass der Anspruch auf Zahlung der Abfindung durchsetzbar ist. Der Anspruch besteht nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts daher nicht, wenn der Schuldner nicht leisten muss oder nicht leisten darf. Im konkreten Fall entschied das BAG, dass ein Arbeitnehmer vom Aufhebungsvertrag nicht zurücktreten kann, wenn sein Arbeitgeber die zugesicherte Abfindung wegen einer Insolvenz nicht zahlt (BAG, Urteil vom 10.11.2011, 6 AZR 357/10). Denn infolge der Insolvenzeröffnung darf der Arbeitgeber über vorhandenes Vermögen nicht mehr verfügen und auch die Gläubiger haben keinen Zugriff auf die Insolvenzmasse. Die Verfügungsbefugnis geht auf den Insolvenzverwalter über. Der Arbeitnehmer kann seine Forderung aber später im Insolvenzverfahren zur Insolvenztabelle anmelden und auf eine Insolvenzquote hoffen.

Demgemäß kommt ein Rücktritt vom Aufhebungsvertrag während eines Insolvenzeröffnungsverfahrens nicht in Betracht, sondern nur außerhalb einer Insolvenz des Arbeitgebers.

Ein Wiedereinstellungsanspruch nach Rücktritt vom Aufhebungsvertrag kommt also ebenfalls nur außerhalb einer Insolvenz in Betracht (BAG, Urteil vom 10.11.2011, 6 AZR 357/10).

Ebenso kann ein Rücktrittsrecht bestehen, wenn wesentliche Grundlagen, aufgrund derer der Aufhebungsvertrag geschlossen wurde, entfallen. Dies ist z. B. der Fall, wenn die Aufhebung im Hinblick auf eine Betriebsschließung erfolgt und dieser Betrieb später aufgrund neuer unternehmerischer Entwicklungen oder einer Fusion doch nicht geschlossen wird. Zum Nachweis ist es sinnvoll, den Grund bzw. Anlass für die Aufhebung explizit in der Aufhebungsvereinbarung mit aufzunehmen.


4. Widerruf eines Aufhebungsvertrags

Eher möglich ist es, dass ein Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis anwendbar ist und dieser dem Arbeitnehmer ein Widerrufsrecht bei Aufhebungsverträgen zugesteht.

Daneben besteht kein allgemeines Widerrufsrecht bei Aufhebungsverträgen. Insbesondere gibt es kein Widerrufsrecht nach Verbraucherschutzregeln, wie es Verbrauchern infolge einer Überrumpelung bei Haustürgeschäften nach § 312g BGB eingeräumt wird.

Nach einer älteren Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts befinden sich Arbeitnehmer bei einem dienstlichen Gespräch im Personalbüro nicht in einer derartigen Überrumpelungssituation, wie sie sich für Verbraucher bei Geschäften an der Haustür (z. B. mit Handelsvertretern) o. ä. ergeben kann (BAG, Urteil vom 27.11.2003, 2 AZR 177/03).

5. Anfechtung eines Aufhebungsvertrags

Besteht kein Recht auf Rücktritt oder Widerruf des Vertrages, bleibt als dritte denkbare Möglichkeit unter bestimmten Voraussetzungen die Anfechtung, um einen Aufhebungsvertrag zu Fall zu bringen.

Eine Anfechtung ist hierbei in zwei Fällen möglich: Wenn eine Partei

  1. bei Abschluss des Vertrages einem Irrtum unterlag, § 119 BGB, oder
  2. zu dem Vertrag durch widerrechtliche Drohung oder arglistige Täuschung gedrängt wurde, § 123 Abs. 1 BGB.

Bei einer erfolgreichen Anfechtung wird der Aufhebungsvertrag unwirksam und das Arbeitsverhältnis wird unverändert fortgesetzt, als wäre die Aufhebung nicht erfolgt.

Anfechtung wegen Irrtums

Der Irrtum kann darin liegen, dass die Partei über den Inhalt der Erklärung im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte (§ 119 Abs. 1 BGB). Häufiger kommt jedoch der Fall vor, dass der Erklärende sich über eine wesentliche Eigenschaft der Person oder der Sache geirrt hat, die Gegenstand des Aufhebungsvertrages war (§ 119 Abs. 2 BGB).

Beispiele:

  • Der Arbeitnehmer denkt, es gehe um eine Vertragsänderung zum weiterhin bestehenden Arbeitsvertrag. Ihm ist überhaupt nicht bewusst, dass er einen Aufhebungsvertrag unterschreibt.
  • Kein Anfechtungsgrund stellt der Umstand dar, dass ein Arbeitnehmer den Umfang seines Kündigungsschutzes, z. B. eines Sonderkündigungsschutzes, nicht kennt. Unterschreibt also ein schwerbehinderter Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag, weil er nichts von seinem besonderen Kündigungsschutz weiß und glaubt, andernfalls gekündigt zu werden, berechtigt dieser Irrtum nicht zur Anfechtung des Aufhebungsvertrages. Gleiches gilt, wenn eine Arbeitnehmerin in Unkenntnis ihrer Schwangerschaft einer Aufhebung zustimmt.

Eine Irrtumsanfechtung ist also nur in wenigen Fällen berechtigt und kommt daher in der Praxis selten vor.

Anfechtung wegen widerrechtlicher Drohung

Durchaus häufig drohen Arbeitgeber mit der Kündigung, wenn der Arbeitnehmer den Aufhebungsvertrag nicht abschließt. Solchermaßen unter Druck gesetzt, kann sich der Arbeitnehmer gezwungen fühlen, der Aufhebung zuzustimmen.

Er hat deshalb ein Anfechtungsrecht, wenn diese Drohung widerrechtlich erfolgt ist. Dies ist der Fall, wenn ein verständiger Arbeitgeber in der konkreten Situation die angedrohte Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung ziehen durfte.

Dagegen ist die Androhung einer Kündigung zulässig, wenn der Arbeitgeber aus seiner Sicht die angedrohte Kündigung nach den Umständen im Einzelfall ernsthaft in Erwägung ziehen durfte. Dabei spielt es keine Rolle, ob die angedrohte Kündigung in einem etwaigen Kündigungsschutzprozess Bestand gehabt hätte. Nach der Rechtsprechung ist der Arbeitgeber daher berechtigt, mit einer – grundsätzlich zulässigen – Kündigung zu drohen, sofern das Arbeitsverhältnis nicht durch Aufhebungsvertrag aufgelöst wird (LAG Hessen, Urteil v. 22.3.2010, 17 Sa 1303/09). Dies kommt beispielsweise in Betracht, wenn anderenfalls eine Kündigung wegen Diebstahls bevorsteht.

Anfechtung wegen arglistiger Täuschung

Nicht selten ist auch der Fall, dass Arbeitgeber versuchen, den Arbeitnehmer durch eine Täuschung von einem Aufhebungsvertrag zu überzeugen. Eine arglistige Täuschung liegt vor, wenn der Arbeitgeber vorsätzlich den Irrtum des Arbeitnehmers hervorruft.

Beispielsweise könnte ein Arbeitgeber bewusst wahrheitswidrig behaupten, dass er den Betrieb stilllegen wird, um den Mitarbeiter zur Zustimmung zu verleiten.

Dies ist abzugrenzen von dem schon erwähnten Fall einer tatsächlich geplanten Betriebsstilllegung, die entgegen der Erwartung der Vertragsparteien aus anderen Gründen doch noch abgewendet werden kann und den Arbeitnehmer wegen des Wegfalls der Grundlage des Aufhebungsvertrags im Einzelfall zum Rücktritt berechtigt.

Problematisch bei der Anfechtung ist stets die Beweisbarkeit:

Wer die genannten Anfechtungsgründe geltend macht, muss diese auch beweisen.

Dies gelingt in vielen Fällen nur schwer oder gar nicht. Insbesondere, wenn es auf mündliche Aussagen ankommt, da Personalgespräche regelmäßig unter vier Augen geführt werden.

Ob eine Anfechtung berechtigt ist oder nicht, hängt stark von den Umständen des Einzelfalls ab und sollte durch einen erfahrenen Rechtsanwalt für Arbeitsrecht geprüft werden.

Hierbei ist rasches Handeln erforderlich, da bei der Anfechtung auch Fristen einzuhalten sind: Eine Irrtumsanfechtung muss gemäß § 121 BGB unverzüglich, eine Anfechtung wegen Täuschung oder Drohung binnen Jahresfrist (§ 124 BGB) erfolgen, jeweils ab Kenntnis des Anfechtungsgrundes.

6. Verletzung von Aufklärungspflichten führt nicht zur Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrags

Beim Aufhebungsvertrag muss jeder Vertragspartner selbst dafür sorgen, dass seine Interessen gewahrt werden. Vor Abschluss sollte sich daher nicht nur der Arbeitgeber, sondern auch der Arbeitnehmer genau darüber informieren, welche Folgen mit dem Vertrag verbunden sind.

Der Arbeitgeber ist also nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer über etwaige sozialrechtliche oder finanzielle Risiken des Aufhebungsvertrags aufzuklären. Gleichwohl kann der Arbeitgeber, vor allem wenn er den Vertrag vorschlägt bzw. den Vertragstext vorgibt, gewisse Aufklärungspflichten haben – dies ist für jeden Einzelfall zu prüfen. Außerdem ist der Arbeitgeber immer verpflichtet, den Arbeitnehmer über seine Meldepflicht bei der Agentur für Arbeit zu informieren, wie § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III bestimmt. Denn wenn der Arbeitnehmer dieser in § 38 Abs. 1 SGB III bestimmten Pflicht nicht nachkommt, droht ihm eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld.

Die Verletzung von Aufklärungspflichten durch den Arbeitgeber bedeutet jedoch nicht, dass der Aufhebungsvertrag unwirksam ist oder dies zu einem Rücktritts-, Widerrufs- oder Anfechtungsrecht des Arbeitnehmers führt. Allerdings kann die unzureichende Aufklärung eine Schadensersatzpflicht des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer zur Folge haben.

7. Fazit

  • In vielen Fällen kann ein Aufhebungsvertrag nicht rückgängig gemacht werden.
  • Unterschreiben Sie daher keinen Aufhebungsvertrag, ohne ihn vorher durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht prüfen zu lassen.
  • Nur unter besonderen Umständen ist der Rücktritt, Widerruf oder eine Anfechtung möglich.
  • Bei erfolgreicher Rückabwicklung des Aufhebungsvertrages wird das Arbeitsverhältnis wie zuvor fortgesetzt.