- Was ist eine Nutzungsentschädigung?
- Wann kann Nutzungsentschädigung geltend gemacht werden?
- Wem steht der Anspruch auf Nutzungsentschädigung überhaupt zu?
- Voraussetzungen für einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung
- So wird die Höhe der Nutzungsentschädigung berechnet
- Kann die Pflicht zur Zahlung einer Nutzungsvergütung abgewendet werden?
- Nutzungsentschädigung nach der Scheidung
- Fazit
1. Was ist eine Nutzungsentschädigung?
Eine Scheidung bringt nicht nur emotionale Belastungen mit sich, sondern wirft auch viele praktische und finanzielle Fragen auf. Besonders häufig geht es um die gemeinsame Immobilie: Was wird aus dem gemeinsamen Haus? Wer darf darin wohnen bleiben und unter welchen Bedingungen?
Zieht einer der Ehepartner aus, während der andere weiterhin allein im gemeinsamen Haus oder in der Wohnung lebt, kann das schnell zu Ungleichgewichten führen. Der ausgezogene Partner muss sich eine neue Unterkunft suchen und finanzieren, während der andere mietfrei in der Immobilie bleibt, die oft beiden gehört. Gleichzeitig laufen Kredite, Nebenkosten oder Instandhaltungskosten – meist zulasten beider – weiter.
Eine Nutzungsvergütung kommt sowohl beim Auszug aus einem Eigenheim als auch aus einer Mietwohnung in Betracht.
2. Welche Rechtsgrundlagen gelten vor und nach der Scheidung?
Je nachdem, ob sich die Eheleute noch in der Trennungszeit befinden oder bereits rechtskräftig geschieden sind, richtet sich der Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach unterschiedlichen gesetzlichen Vorschriften:
- Während der Trennungsphase bis zur rechtskräftigen Scheidung: In diesem Zeitraum kann der ausgezogene Ehepartner eine Nutzungsentschädigung nach dem (familienrechtlichen) Anspruch aus § 1361b Abs. 3 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) geltend machen, wenn der andere Ehegatte die Immobilie allein nutzt.
- Ab der rechtskräftigen Scheidung: Nach der Scheidung entfällt der familienrechtliche Anspruch. Ab diesem Zeitpunkt kann eine Nutzungsentschädigung nur noch auf Grundlage des allgemeinen Zivilrechts gemäß § 745 Abs. 2 BGB gefordert werden.
Schwerpunktmäßiger Gegenstand des folgenden Beitrags ist der familienrechtliche Anspruch während der Trennungszeit gemäß § 1361b BGB. Die Abgrenzung zum Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach der Scheidung erklären wir in Ziffer 7.
3. Wem steht der Anspruch auf Nutzungsentschädigung überhaupt zu?
Eine Nutzungsentschädigung kann grundsätzlich nur der Ehegatte verlangen, der auch ein eigenes Recht an der Ehewohnung hat. Das bedeutet:
Ein Ehepartner, der weder Eigentümer noch Mieter ist, hat dagegen kaum Chancen, einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung geltend zu machen. Etwas anderes gilt, wenn abweichende vertragliche Vereinbarungen zwischen den Eheleuten – z. B. in einem Ehevertrag – geschlossen wurden.
4. Voraussetzungen für einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung
Gemäß § 1361b Abs. 3 Satz 2 BGB kann der Ehepartner, der aus der gemeinsamen Wohnung oder dem gemeinsamen Haus ausgezogen ist, vom anderen Ehegatten eine Vergütung verlangen, sofern dies angemessen ist.
Damit ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung besteht, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
Endgültige Trennung der Eheleute
Der Anspruch setzt eine bestehende Ehe voraus und kommt nur im Fall einer tatsächlichen Trennung der Ehegatten in Betracht (für eingetragene Lebenspartner gelten nach § 14 Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG) die gleichen Regeln). Eine Trennung liegt vor, wenn die Eheleute nicht mehr zusammenleben und mindestens einer von ihnen die eheliche Lebensgemeinschaft eindeutig und endgültig beendet hat.
Völlige oder teilweise Überlassung der Ehewohnung
Eine weitere Voraussetzung ist, dass einer der Ehepartner, der zumindest Miteigentümer bzw. Mitmieter ist, aus der gemeinsamen Wohnung oder dem Haus ausgezogen ist und die Nutzung dem anderen Ehegatten vollständig oder zumindest teilweise überlassen hat. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Auszug freiwillig erfolgte oder durch eine gerichtliche Entscheidung (Wohnungszuweisung) veranlasst wurde. Wichtig ist nur, dass der ausgezogene Ehegatte seine eigenen Nutzungsmöglichkeiten aufgegeben hat, während der andere den Wohnraum weiterhin allein oder überwiegend nutzt.
Je umfassender der in der Immobilie verbleibende Ehepartner das Objekt allein nutzt, desto eher kommt ein Anspruch auf Nutzungsvergütung in Betracht. Bleibt beispielsweise ein Teil der Ehewohnung weiterhin für den ausgezogenen Ehepartner zugänglich oder werden einzelne Räume gemeinsam genutzt, kann dies den Anspruch mindern oder im Einzelfall ausschließen.
Keine Berücksichtigung des Wohnvorteils durch Unterhalt
Wenn der Wohnvorteil durch Überlassung der Ehewohnung bereits in einer Unterhaltsregelung mit einbezogen wurde, besteht kein Anspruch mehr auf eine zusätzliche Nutzungsentschädigung.
Ausdrückliche Geltendmachung des Anspruchs auf Nutzungsvergütung
Damit ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung entsteht, muss der ausgezogene Ehepartner den in der Immobilie verbleibenden Ehegatten ausdrücklich zur Zahlung auffordern. Nur so kann dieser die Entscheidung treffen, ob er weiterhin in der Immobilie bleiben und ein Entgelt zahlen oder lieber ausziehen möchte.
Der Anspruch richtet sich ausschließlich gegen den (Noch-) Ehepartner, nicht jedoch gegen einen möglicherweise neu eingezogenen Lebensgefährten.
Angemessenheit der Nutzungsentschädigung
Ob eine Nutzungsentschädigung angemessen ist, wird immer im Einzelfall anhand der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehepartner entschieden. Dabei spielen verschiedene Faktoren eine Rolle, wie z. B.:
- Vermögens- und Einkommensverhältnisse
- Alter
- bestehende Krankheiten oder Behinderungen
- die familiäre Situation
Auch das Verhalten des weichenden Ehepartners kann relevant sein. Wenn das Gericht z. B. einen Ehepartner wegen seines unerträglichen Verhaltens aus der Wohnung gewiesen hat, kann dies zu einer Herabsetzung oder Versagung der Nutzungsentschädigung führen.
Von besonderer Bedeutung ist die Frage, wie leistungsfähig der in der Immobilie verbleibende Ehepartner ist. Ist beispielsweise die Ehefrau wegen der Betreuung eines Kleinkindes nicht erwerbstätig oder zahlt der ausgezogene Ehemann keinen Trennungsunterhalt, kann die Forderung einer Nutzungsentschädigung unangemessen sein.
Ein Anspruch kann auch dann als unangemessen gelten, wenn dem verbleibenden Ehegatten die Alleinnutzung aufgedrängt wird, er wirtschaftlich aber gar nicht in der Lage wäre, eine Nutzungsvergütung zu zahlen. In solchen Fällen könnte eine Zahlungspflicht den Ehepartner praktisch zum Auszug zwingen, um der finanziellen Belastung zu entgehen.
Verbleibt der Alleinmieter bzw. der Alleineigentümer in der Ehewohnung und trägt alle Kosten, kommt ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung in aller Regel nicht in Betracht.
5. So wird die Höhe der Nutzungsentschädigung berechnet
Wird ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung dem Grunde nach bejaht, stellt sich im nächsten Schritt die Frage, in welcher Höhe der Anspruch besteht.
Grundsatz: Vergleichbarer Marktwert
Grundsätzlich orientiert sich die Höhe der Nutzungsentschädigung am objektiven Mietwert der Immobilie oder des tatsächlich genutzten Teils davon. Maßgeblich ist, welche ortsübliche Miete für eine vergleichbare Wohnung oder ein ähnliches Haus erzielt werden könnte. Als Anhaltspunkte dienen dabei etwa lokale Mietspiegel, Gutachten oder Vergleichsmieten.
Wie wirken sich Nebenkosten auf die Nutzungsentschädigung aus?
Die Nutzungsentschädigung richtet sich grundsätzlich nach der Nettokaltmiete, also dem Betrag, den man allein für die Nutzung der Räume zahlen müsste, ohne Nebenkosten wie Wasser oder Heizung.
Zahlt der im Haus verbliebene Ehepartner selbst für verbrauchsabhängige Kosten wie Wasser, Strom und Heizung, ändert das nichts an der Höhe der Nutzungsentschädigung, denn solche Kosten müssen auch Mieter zusätzlich zur Kaltmiete bezahlen.
Anders sieht es aus bei verbrauchsunabhängigen Kosten, die nicht auf den Mieter umlegbar sind (z. B. Kosten für Instandhaltung oder Verwaltung der Immobilie). Übernimmt der verbleibende Ehepartner solche Kosten, die normalerweise Vermietersache wären, kann sich die Nutzungsentschädigung verringern.
Berechnung der Nutzungsvergütung bei Miteigentum
Bei Miteigentum richtet sich die Höhe der Nutzungsentschädigung grundsätzlich nach dem anteiligen (in der Regel hälftigen) objektiven Mietwert. Davon sind die Darlehensraten sowie die nicht auf Mieter umlegbaren verbrauchsunabhängigen Nebenkosten abzuziehen, sofern sie vom verbleibenden Ehepartner gezahlt werden.
Wann wird der objektive Nutzungswert gekürzt?
Allerdings wird oft nicht der volle objektive Mietwert angesetzt, denn bei der Bemessung der Entschädigung ist immer die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit beider Ehegatten zu berücksichtigen. Faktoren wie Vermögensverhältnisse, laufende finanzielle Belastungen und Erwerbstätigkeit können dazu führen, dass die Nutzungsentschädigung herabgesetzt wird.
Auch eine nur teilweise Nutzung der Immobilie (etwa wenn einzelne Räume ungenutzt bleiben) oder ein schlechter baulicher Zustand des Hauses können zu einer Reduzierung der Entschädigung führen.
6. Kann die Pflicht zur Zahlung einer Nutzungsvergütung während der Trennung abgewendet werden?
Der im Haus bleibende Ehepartner kann die Zahlung einer Nutzungsentschädigung abwenden, indem er dem Ex-Partner die Rückkehr in die Immobilie anbietet. Voraussetzung ist jedoch, dass dem ausgezogenen Ehegatten dies auch zumutbar ist.
Umgekehrt gilt: Zieht ein Ehepartner bei der Trennung nur vorübergehend aus, muss er dem in der Immobilie verbleibenden Ehegatten spätestens innerhalb von sechs Monaten ausdrücklich – am besten schriftlich – mitteilen, dass er die Rückkehr in die gemeinsame Ehewohnung beabsichtigt. Erfolgt innerhalb dieser Frist keine Mitteilung, wird angenommen, dass er dem verbleibenden Ehegatten die Ehewohnung zur alleinigen Nutzung überlassen hat. Der ausgezogene Partner verliert dann zumindest in der Trennungszeit das Recht, in die Ehewohnung zurückzukehren, solange der andere nicht zustimmt.
7. Nutzungsentschädigung nach der Scheidung
Mit der rechtskräftigen Scheidung endet der besondere familienrechtliche Schutz des § 1361b BGB. Ab diesem Zeitpunkt kann eine Nutzungsentschädigung nach § 745 Abs. 2 BGB geltend gemacht werden. Danach kann jeder Miteigentümer eine faire Regelung im Interesse aller Beteiligten für die Verwaltung und Benutzung der gemeinsamen Sache verlangen. Das umfasst auch eine Vergütung dafür, dass ein Miteigentümer die Immobilie allein nutzt und der andere seine Mitbenutzungsrechte nicht ausüben kann.
Ob eine bloße Zahlungsaufforderung für die Geltendmachung des Anspruchs auf Nutzungsentschädigung ausreicht, ist in der Rechtsprechung umstritten. Aus Gründen der Vorsicht sollte der Ex-Partner daher immer auch vor die Wahl gestellt werden, entweder eine angemessene Entschädigung für den Wohnvorteil zu zahlen oder aus der gemeinsamen Immobilie auszuziehen.
Nutzungsentschädigung während der Trennung bzw. nach der Scheidung im Vergleich:
Während der Trennung | Nach der Scheidung | |
Wer | Nur Eheleute | Nicht nur Eheleute, sondern jeder Miteigentümer einer Immobilie |
Wofür | Eigentum und Mietwohnung | Nur Eigentum, keine Mietwohnung |
Wann | Während der Trennung | Ab rechtskräftiger Scheidung |
Wie | Eindeutige Zahlungsaufforderung | Eindeutige Zahlungsaufforderung und Ex-Partner vor die Wahl stellen, ohne Zahlung auszuziehen |
Wie viel | Objektiver Mietwert, größere Berücksichtigung der Angemessenheit, Zahlungen i.d.R. niedriger | Objektiver Mietwert, geringere Berücksichtigung der Angemessenheit, Zahlungen i.d.R. höher |
Gesetzliche Regelung | § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB | § 745 Abs. 2 BGB |
8. Fazit
- Eine Nutzungsentschädigung ist der finanzielle Ausgleich dafür, dass bei einer Trennung der ausgezogene Ehepartner seinen Anteil an der gemeinsamen Immobilie nicht mehr nutzen kann.
- Nur (Mit-) Eigentümer oder (Mit-) Mieter der Immobilie können eine Nutzungsentschädigung während der Trennung verlangen.
- Wird der Vorteil des mietfreien Wohnens bereits bei Unterhaltszahlungen berücksichtigt, besteht kein zusätzlicher Anspruch auf Nutzungsentschädigung.
- Die Nutzungsentschädigung muss angemessen sein und berücksichtigt die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit beider Ehepartner.
- Die Berechnung erfolgt anhand der ortsüblichen Miete für eine vergleichbare Immobilie, wobei eine Abweichung nach unten möglich ist. Eine Nutzungsentschädigung nach der Scheidung ist in der Regel höher als während der Trennung.
- Die Nutzungsvergütung muss ausdrücklich verlangt werden. Eine rückwirkende Geltendmachung ist ausgeschlossen.
- Zur Vermeidung der Zahlung kann dem ausgezogenen Ehegatten die Rückkehr in die Ehewohnung angeboten werden.