1. Unterschied zwischen einer Scheidung mit und ohne Ehevertrag

Scheidung mit Ehevertrag

Mit einem Ehevertrag können Ehepartner individuell vereinbaren, wie Vermögen, Unterhalt und andere Aspekte im Falle einer Scheidung geregelt werden sollen. Auch für Anpassungen des gesetzlichen Güterstands der Zugewinngemeinschaft bedarf es eines Ehevertrags.

Insbesondere, wenn die Eheleute über unterschiedlich hohe Vermögen verfügen, im Ausland leben oder einer der beiden unternehmerisch tätig ist, ist ein Ehevertrag empfehlenswert. Ein weiterer Vorteil ist, dass man mit einem Ehevertrag schon im Vorfeld klare, für beide Seiten akzeptable Regelungen für den Fall einer Scheidung bestimmen kann. Wenn erst einmal die Fetzen fliegen, ist eine sachliche Kommunikation oft nicht mehr möglich.

Wenn sich die Umstände während der Ehe ändern, weil zum Beispiel einer der Ehepartner beginnt, unternehmerisches Vermögen aufzubauen, kann auch noch nachträglich jederzeit ein Ehevertrag geschlossen werden.

Scheidung ohne Ehevertrag

Die meisten Ehen in Deutschland werden allerdings ohne Ehevertrag geschlossen, so dass im Scheidungsfall unwillkürlich die Frage aufkommt, wer was bekommt.

Bei einer Scheidung ohne Ehevertrag greifen die allgemeinen gesetzlichen Regelungen. Diese sollen sicherstellen, dass keiner der Ehepartner durch die Scheidung finanziell benachteiligt wird.

Allerdings sieht das Gesetz standardisierte Lösungen vor, die nicht immer den individuellen Lebensverhältnissen der Ehepartner gerecht werden. Daher ist Streit vorprogrammiert, wenn man sich nicht im Guten trennt. Dies betrifft insbesondere emotional aufgeladene Themen wie die Aufteilung von Vermögen oder die Bestimmung von Unterhaltsansprüchen.

2. Wer bekommt was bei einer Scheidung ohne Ehevertrag?

Für Ehepartner, die ohne Ehevertrag heiraten, gilt automatisch der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Dabei behält jeder Ehegatte sein eingebrachtes Vermögen. Auch während der Ehe bleiben die Vermögen der Ehepartner getrennt. Wird der Güterstand jedoch durch Scheidung beendet, findet auf Antrag ein Zugewinnausgleich statt.

Bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs werden das Anfangs- und das Endvermögen beider Eheleute gegenüberstellt, um den Vermögenszuwachs – den sogenannten „Zugewinn“ – während der Ehe zu ermitteln. Fällt der Zugewinn eines Ehegatten höher aus, muss dieser einen Ausgleich an den anderen Ehegatten zahlen, damit beide einen gleich hohen Vermögenszuwachs erzielen.

Rechenbeispiel Zugewinnausgleich

3. Was passiert mit dem gemeinsamen Haus?

Da die Vermögensaufteilung bei einer Scheidung ohne Ehevertrag nach den Grundsätzen der Zugewinngemeinschaft erfolgt, gehört eine gemeinsam während der Ehe erworbene Immobilie zum Zugewinnausgleich. Das bedeutet, dass der Wert des Hauses geteilt und beiden Ehepartnern hälftig als Zugewinn zugerechnet wird.

Erwirbt ein Ehepartner ein Haus während der Ehe allein, wird der volle Wert der Immobilie abzüglich Schulden seinem Zugewinn zugeordnet.

Wenn jedoch eine Immobilie von einem der Ehegatten in die Ehe eingebracht wurde, bleibt der Wert der Immobilie beim Zugewinnausgleich außen vor. Nur die Wertsteigerungen während der Ehezeit (z.B. infolge einer Renovierung) werden berücksichtigt.

Unabhängig vom Zugewinnausgleich ist Eigentümer des Hauses immer derjenige, der im Grundbuch als Eigentümer eingetragen ist.

Wie in der Praxis mit einem gemeinsamen Haus zu verfahren ist, hängt immer von der konkreten Situation der Eheleute, ihren Bedürfnissen und ihrem Umgang miteinander ab. Denkbare Möglichkeiten sind u. a.

  • ein Verkauf und die Teilung des Verkaufserlöses
  • eine Vermietung und Teilung der Mieteinnahmen
  • die Übernahme des Hauses durch einen Ehegatten allein bei Auszahlung des Ex-Partners
  • eine Teilungsversteigerung – als letzter Ausweg, wenn keine anderweitige Einigung mehr möglich ist

4. Wer behält Erbe und Schenkungen?

Erbschaften während der Ehe

Geht es bei dem Erbe um Immobilien, handelt es sich um einen sogenannten privilegierten Erwerb, der beim Zugewinnausgleich nicht berücksichtigt wird. Dasselbe gilt für geschenkte Immobilien, die im Sinne eines vorweggenommenen Erbes übertragen werden.

Nur die während der Ehe erfolgten Wertsteigerungen der Immobilie fließen in den Zugewinn ein. Auch wenn während der Ehe Mieteinnahmen aus der geerbten Immobilie erzielt wurden und noch im Vermögen vorhanden sind, unterliegen diese dem Zugewinnausgleich. Mieteinnahmen, die ausgegeben werden, fließen also nicht in den Zugewinnausgleich ein.

Praxistipp: Wer die Wertzuwächse seiner Erbschaft aus dem Zugewinnausgleich heraushalten möchte, sollte einen Ehevertrag mit einer entsprechenden Regelung schließen.

Erbe bei Tod eines Ehepartners

Wenn Kinder vorhanden sind, die Eheleute im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt und weder Testament noch Erbvertrag aufgesetzt haben, erhält der überlebende Ehepartner ein Viertel als gesetzlichen Erbteil und ein weiteres Viertel als Zugewinnausgleich. Im Ergebnis bekommt er also die Hälfte des Erbes.

Ist die Ehe kinderlos gewesen, erbt der Ehegatte die Hälfte des Nachlasses als gesetzlichen Erbteil und erhält ein Viertel als Zugewinnausgleich, so dass er auf drei Viertel des Nachlasses kommt.

Erbe bei Tod eines Ehepartners

Lebten die Ehepartner zum Zeitpunkt des Todesfalls bereits getrennt, kommt es hinsichtlich der Erbansprüche des überlebenden Ehepartners auf den Stand der Scheidung an. Maßgeblich ist dabei, ob im Zeitpunkt des Todes die Voraussetzungen zur Scheidung bereits erfüllt waren. Dies ist der Fall, wenn die Ehe gemäß § 1565 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) als gescheitert gilt:

Dies bedeutet für die Erbfolge getrenntlebender Ehegatten:

Vor Ablauf des Trennungsjahres Nach Ablauf des Trennungsjahres
Keine abweichenden Regelungen Ehepartner wurde im Testament enterbt
voller Anspruch
  • Anspruch auf Pflichtteil (50%)
  • Kein Anspruch, wenn Pflichtteilsverzicht notariell vereinbart wurde
Kein Anspruch

Schenkungen

Bei Schenkungen kommt es immer auf die Art der Schenkung an. Als Richtlinie kann man aber festhalten, dass Schenkungen von Dritten an einen der Ehepartner nicht in den Zugewinn fallen, Schenkungen an beide Ehepartner zum Zweck der Ehe dagegen im Zugewinnausgleich berücksichtigt werden.

Beispiele:

  • Freiwillige Geschenke im Zusammenhang mit der Berufstätigkeit eines Ehegatten: Kein Zugewinn.
  • Hochzeitsgeschenke: Sie gelten meist als eine Schenkung für beide Ehepartner und werden daher beim Zugewinnausgleich berücksichtigt.
  • Lebensversicherungen: Wird ein Ehepartner durch den Tod eines nahen Angehörigen mit dessen Lebensversicherung begünstigt, fällt der Betrag nicht in den Zugewinn.
  • Schenkungen der Eheleute untereinander: Diese finden auf Basis der Ehe statt und unterfallen in aller Regel dem Zugewinnausgleich.
  • Schenkungen der Eltern und Schwiegereltern: Solche Geschenke dienen oft dem Start in die Ehe und unterliegen grundsätzlich dem Zugewinnausgleich, können aber – je nach Dauer der Ehe – innerhalb der Verjährungsfrist zurückgefordert werden. Bei Grundstücksschenkungen beträgt die Frist zehn Jahre, andernfalls drei Jahre, beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem die Scheidung rechtskräftig geworden ist.
Hinweis: Für den Zugewinnausgleich fallen keine Erb- oder Schenkungssteuern an.

5. Ausgleich der Rentenansprüche durch einen Versorgungsausgleich

Während der Ehezeit werden von den Ehepartnern Rentenanwartschaften aufgebaut. Darunter ist der Betrag zu verstehen, der bei Erreichen des Renteneintrittsalters als monatliche Altersrente zu erwarten ist. Diese Rentenansprüche werden bei einer Scheidung ähnlich wie beim Zugewinnausgleich durch den sogenannten Versorgungsausgleich zwischen den Ehepartnern aufgeteilt.

Der Versorgungsausgleich erfolgt automatisch nach Einreichung der Scheidung, wenn die Ehe mindestens drei Jahre bestanden hat (bei kürzeren Ehen nur auf Antrag). Dazu erhalten die Ehepartner vom Gericht jeweils einen Fragebogen zum Versorgungsausgleich.

Praxistipp:  Die Ehepartner können mit einem Ehevertrag oder mit einer Scheidungsfolgenvereinbarung (u. U. auch noch im Scheidungstermin) auf den Versorgungsausgleich verzichten. Dabei sollte auf eine ausgewogene Regelung geachtet werden. Wird einer der Ehepartner durch den Verzicht stark benachteiligt, kann der Verzicht sittenwidrig und damit unwirksam sein.

6. Unterhaltsansprüche der Ehegatten

Bei einer Scheidung ohne Ehevertrag sollen die gesetzlichen Regelungen sicherstellen, dass der finanziell schwächere Partner während der Trennungszeit bzw. nach der Scheidung nicht ohne Unterstützung dasteht:

Trennungsunterhalt

Trennungsunterhalt wird auf Antrag ab der Trennung bis zur rechtskräftigen Scheidung gezahlt, wenn ein Ehegatte schlechter verdient, während der andere leistungsfähig ist.

Nachehelicher Unterhalt

Nachehelicher Unterhalt muss u. U. ab Rechtskraft der Scheidung an den Ex-Partner gezahlt werden, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind (z. B. bei Kinderbetreuung oder Krankheit).

Ehegattenunterhalt: Unterschied von Trennungsunterhalt und nachehelichem Unterhalt

In einem Ehevertrag können die Ansprüche auf nachehelichen Unterhalt ausgeschlossen oder beschränkt werden. Auf Trennungsunterhalt kann jedoch nicht wirksam verzichtet werden, da Eheleute bis zur rechtskräftigen Scheidung gesetzlich verpflichtet sind, sich gegenseitig zu unterstützen.

7. Was ist mit den Kindern?

Einer der emotional schwierigsten Aspekte bei einer Scheidung betrifft die gemeinsamen Kinder.

Sorgerecht

In den meisten Fällen behalten beide Elternteile nach der Scheidung das gemeinsame Sorgerecht und müssen weiterhin alle wichtigen Entscheidungen für das Kind gemeinsam treffen (z. B. Umzug, medizinische Behandlungen). Dies setzt eine kooperative Beziehung zwischen den Eltern voraus.

Bei Gefährdung des Kindeswohls kann das alleinige Sorgerecht beim zuständigen Familiengericht beantragt werden.

Umgangsrecht

Das Umgangsrecht (auch „Besuchsrecht“ genannt) gewährt dem Elternteil, bei dem das Kind nicht lebt, das Recht auf regelmäßigen Kontakt mit dem Kind. Auch Großeltern und andere enge Bezugspersonen können ein Umgangsrecht haben. Ziel ist es, dass das Kind eine stabile und kontinuierliche Beziehung zu beiden Elternteilen aufrechterhalten kann.

Gängige Modelle für die Durchführung des Umgangs sind:

  • Residenzmodell: Das Kind wohnt überwiegend bei einem Elternteil und verbringt z. B. jedes zweite Wochenende beim anderen Elternteil oder ein Elternteil hat ein ausgedehntes Besuchsrecht.
  • Wechselmodell: Das Kind wechselt regelmäßig zwischen den Haushalten der Eltern (z. B. wöchentlich) und ist bei beiden Elternteilen in etwa gleichem Umfang.

Nur bei schwerwiegender Beeinträchtigung des Kindeswohls ist eine Einschränkung oder Verweigerung des Umgangs möglich.

Kindesunterhalt

Der Kindesunterhalt dient dazu, den Lebensbedarf des Kindes zu decken und beinhaltet Kosten für Unterkunft, Nahrung, Kleidung, Bildung und Freizeitaktivitäten. Er ist bis zur Volljährigkeit des Kindes zu zahlen und oft auch darüber hinaus, wenn das Kind eine Ausbildung oder ein Studium absolviert. Bei eigenem Einkommen (z.B. durch eine Ausbildung) kann die Unterhaltspflicht auch schon vor der Volljährigkeit enden.

Unterhalt muss von beiden Elternteilen geleistet werden. Derjenige Elternteil, in dessen Haushalt das Kind lebt, gewährt den Unterhalt durch Nahrung, Unterkunft, Kleidung und sonstiges (sogenannter Naturalunterhalt). Der andere Elternteil ist zum Unterhalt mit Geldmitteln (sogenannter Barunterhalt) verpflichtet. Die Höhe des Barunterhalts richtet sich nach der Düsseldorfer Tabelle.

8. Risiken einer Scheidung ohne Ehevertrag für Unternehmer

Eine Scheidung ohne Ehevertrag birgt für Unternehmer und Selbständige hohe Risiken, die sowohl die Firma selbst als auch die persönliche finanzielle Situation des Unternehmers betreffen können:

  • Vermögensaufteilung: Das gemeinsam während der Ehe gegründete Unternehmen bzw. der Wertzuwachs des Unternehmens während der Ehezeit unterliegen ohne Ehevertrag dem Zugewinnausgleich, was zu erheblichen Ausgleichsforderungen führen kann.
  • Liquiditätsprobleme: Der Zugewinnausgleich kann nur mit Geldmitteln erfolgen. Wenn der ausgleichspflichtige Ehegatte nicht ausreichend liquide ist, muss er auf andere Weise den nötigen Geldbetrag beschaffen, z. B. durch ein Darlehen oder durch einen Verkauf des Unternehmens. Andernfalls droht die Zwangsvollstreckung.
  • Finanzieller Verlust durch Verkauf unter Zeitdruck: Die Notwendigkeit, den Zugewinnausgleich zu finanzieren, kann zu einem Verkauf unter Zeitdruck und damit möglicherweise zu einem unter dem Marktwert liegenden Preis führen.
  • Verzögerung der Scheidung durch schwierige Unternehmensbewertung: Gerade bei größeren Unternehmen kann eine Bewertung schwierig und umstritten sein, was den Scheidungsprozess in die Länge zieht.
Weitere Risiken bestehen durch Ansprüche auf Unterhalt oder die Durchführung eines Versorgungsausgleichs. Um sämtliche Risiken möglichst klein zu halten, sollten Selbständige daher frühzeitig einen Ehevertrag abschließen, der klare Regelungen für den Fall einer Scheidung festlegt.

9. Ablauf und Dauer einer Scheidung ohne Ehevertrag im Überblick

Sind sich die Eheleute einig und liegt kein Härtefall vor, kann eine Scheidung frühestens nach Ablauf des Trennungsjahres erfolgen. Der Ablauf der Scheidung erfolgt regelmäßig in diesen Schritten:
Ablauf einer Scheidung

  1. Einreichung der Scheidung beim zuständigen Familiengericht
  2. Zahlung des Gerichtskostenvorschusses
  3. Zustellung des Scheidungsantrags an den Ehepartner
  4. Ausfüllen des Fragebogens zum Versorgungsausgleich
  5. Scheidungstermin vor Gericht
  6. Scheidungsbeschluss: Die Ehepartner sind geschieden!

Die Dauer einer Scheidung ohne Ehevertrag hängt vor allem davon ab, ob die Scheidung einvernehmlich oder streitig erfolgt. Sind sich die Ehepartner im Wesentlichen einig, dauert das Verfahren ungefähr zwischen 6 und 12 Monaten. Bei hoher Auslastung des Familiengerichts kann es auch länger dauern. Beschleunigt werden kann ein Verfahren durch einen Verzicht auf den Versorgungsausgleich.

Bei Scheidungsverfahren herrscht Anwaltszwang! Die sogenannte Online-Scheidung stellt keine eigene Verfahrensart unter Verzicht eines Anwalts dar. In einfach gelagerten Fällen werden bei Online-Verfahren die Daten mittels Online-Formularen dem Anwalt zur weiteren Bearbeitung zur Verfügung gestellt. Dadurch spart man immerhin Zeit, aber in den meisten Fällen kein Geld, da die anwaltlichen und gerichtlichen Gebühren gesetzlich festgelegt sind. Kosten können am besten bei einvernehmlicher Scheidung gespart werden, indem man sich den Anwalt teilt. Bei niedrigen Einkommen kommt auch die Beantragung von Verfahrenskostenhilfe in Betracht.

10. Fazit

  • Ein Ehevertrag ermöglicht individuelle Scheidungsvereinbarungen und ist besonders bei ungleichen Vermögen, Auslandswohnsitz oder unternehmerischer Tätigkeit sinnvoll.
  • Ohne Ehevertrag gilt der Güterstand der Zugewinngemeinschaft: Bei Scheidung wird der Vermögenszuwachs während der Ehe durch einen Zugewinnausgleich aufgeteilt.
  • Immobilien können dem Zugewinnausgleich unterliegen, Erbschaften und Schenkungen fallen hingegen häufig nicht in den Zugewinn.
  • Die Aufteilung der Rentenansprüche erfolgt durch den Versorgungsausgleich.
  • Der wirtschaftlich stärkere Ehepartner kann zur Zahlung von Ehegattenunterhalt verpflichtet sein.
  • Die Eheleute behalten meist das gemeinsame Sorgerecht für Kinder und müssen Regelungen zu Umgang und Unterhalt treffen.
  • Bei einer Scheidung ohne Ehevertrag besteht für Unternehmer ein hohes Risiko.