1. Was ist das Umgangsrecht?
  2. Wer hat ein Umgangsrecht?
  3. Wie sollte der Umgang geregelt werden?
  4. Wer bestimmt beim Umgangsrecht?
  5. Welche Pflichten haben die Eltern?
  6. Kann das Umgangsrecht verweigert oder eingeschränkt werden?
  7. Wie setze ich mein Umgangsrecht durch?
  8. Welche Rolle hat das Jugendamt?
  9. Fazit
  10. Video

1. Was ist das Umgangsrecht?

Kinder und Eltern haben das Recht, Zeit miteinander verbringen. Dieses Umgangsrecht (auch „Besuchsrecht“ genannt) wird in § 1684 Abs. 1 BGB festgelegt. Es wird relevant, wenn Eltern sich scheiden lassen oder getrennt leben.

Zum Umgang mit dem Kind gehören zum Beispiel:

  • Besuche
  • Übernachtungen
  • Unternehmungen
  • Urlaube
  • Postalische und telefonische Kontakte
  • Geschenke
Wichtig: Das Umgangsrecht ist strikt vom Sorgerecht zu trennen, denn es regelt lediglich den Kontakt zum Kind. Dagegen sind sorgeberechtigte Eltern verantwortlich für die angemessene Versorgung und Betreuung eines Kindes. Auch ein nicht sorgeberechtigter Elternteil hat deshalb erstmal ein Recht auf Umgang mit dem Kind.

2. Wer hat ein Umgangsrecht?

Umgangsberechtigt sind zunächst der Vater und die Mutter des Kindes. Aber auch andere Bezugspersonen haben ein Umgangsrecht, wenn dies dem Kindeswohl dient. Das ist meistens dann der Fall, wenn das Kind eine enge Beziehung zu der Person aufgebaut hat.

Umgangsrecht des biologischen Vaters

Rechtlicher und biologischer Vater fallen nicht immer zusammen. Es wird aber angenommen, dass das Kind eine natürliche, emotionale Beziehung zu seinem biologischen Vater hat. Der (geschiedene oder getrennte) Vater hat deswegen grundsätzlich immer ein Umgangsrecht mit dem Kind, auch wenn dies in einer anderen Ehe geboren wurde. Dafür muss keine vorherige Beziehung mit dem Kind bestanden haben. Es reicht aus, dass der leibliche Vater ernsthaften Kontakt mit dem Kind wünscht und dies mit dem Kindeswohl vereinbar ist.

Umgangsrecht des rechtlichen, nicht leiblichen Vaters

Umgekehrt hat auch der rechtliche, nicht biologische Vater ein Umgangsrecht mit dem Kind. Das gilt allerdings nur, wenn zuvor eine enge Beziehung aufgebaut wurde. Davon kann meistens ausgegangen werden, wenn das Kind mit seinem Adoptiv- oder Stiefvater für längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengewohnt hat.

Umgangsrecht von Verwandten und anderen Bezugspersonen

Auch Verwandte und andere Bezugspersonen können nach § 1685 BGB umgangsberechtigt sein. Hier entstehen häufig Konflikte. Ein typischer Fall: Die Eltern sind mit den Großeltern zerstritten. Sie wollen deshalb jeglichen Einfluss der Großeltern auf das Kind vermeiden. Diese wollen ihr Enkelkind aber unbedingt ab und zu besuchen.

Da grundsätzlich der Kontakt des Kindes mit den Eltern vorgeht, ist es in solchen Fällen schwer, das Umgangsrecht der Großeltern durchzusetzen.

3. Wie sollte der Umgang geregelt werden?

Wir empfehlen Ihnen insbesondere nach einer Trennung, klare Vereinbarungen zum Umgangsrecht zu treffen.

Umgangsvereinbarung

Die konkrete Ausgestaltung des Umgangsrechts ist nicht gesetzlich geregelt. Um Klarheit zu schaffen, sollte daher nach Möglichkeit eine schriftliche Vereinbarung geschlossen werden, in der die wichtigsten Konfliktpunkte geregelt werden:

  • Häufigkeit des Umgangs (z.B. jedes zweite Wochenende)
  • Dauer der Besuche/Unternehmungen (über das ganze Wochenende, nur halbtags)
  • Ausgestaltung des Umgangs (wer bringt das Kind hin und zurück, Ausflüge, Urlaube, Kosten)
  • Regeln für das Kind, die bei beiden Elternteilen gelten (Schlafenszeiten, Hausaufgaben, Fernsehen/Internet)

Natürlich gehen solche Vereinbarungen den gesetzlichen Bestimmungen vor.

Beispiel: Beschränkt die Umgangsvereinbarung die Internetnutzung des Kindes auf ein bestimmtes Maß, müssen sich beide Elternteile daran halten. Es spielt dann keine Rolle, dass sie ohne eine Vereinbarung frei über diesen Aspekt hätten bestimmen können.

Gängige Regeln und Prinzipien

Eine Umgangsvereinbarung ist erst dann rechtsverbindlich, wenn sie vom zuständigen Familiengericht protokolliert und genehmigt wurde. Erst dann kann sie gerichtlich durchgesetzt werden.

In der Praxis haben sich einige gängige Prinzipien und Regelungen herausgebildet:

Wechsel-, Residenz- oder Nestmodell

Wenn das Kind überwiegend bei einem Elternteil wohnt, ist eine Umgangsregelung nach dem Residenzmodell üblich. Dem nicht hauptsächlich betreuenden Elternteil wird dann ein festgelegtes Umgangsrecht eingeräumt (z.B. Besuche über jedes zweite Wochenende).

Immer häufiger wird auch das Wechselmodell gewählt. Dann verbringen die Kinder gleich viel Zeit bei ihren Elternteilen (echtes Wechselmodell) oder ein Elternteil hat ein sehr ausgedehntes Besuchsrecht (unechtes Wechselmodell).

Gelegentlich fällt die Wahl auch auf das Nestmodell. Danach wohnen die Kinder stets in derselben Wohnung. Die Eltern ziehen im Wochenrhythmus o.ä. ein und aus.

Umgangszeiten und Umgangsdauer

Umgangszeit und Umgangsdauer richten sich insbesondere nach dem Alter der Kinder. Babys und Kleinkinder sollen möglichst mit ihrer engsten Bezugsperson (meist der Mutter) verbunden bleiben. Das Umgangsrecht des anderen Elternteils beschränkt sich dort also auf einige Stunden pro Woche. Ab dem Alter von 3 Jahren können Kinder auch regelmäßig beim anderen Elternteil übernachten.

Je weniger Kontakt zuvor mit der umgangsberechtigten Person bestand, desto weniger Kontaktanspruch wird das Gericht dieser Person zusprechen.
Wichtig: Insbesondere werden auch die Meinung des Kindes und die Familiengewohnheiten vom Gericht berücksichtigt. Nur so kann das Kindeswohl umfassend eingeschätzt werden.

Ferien und Feiertage

Der Umgangsberechtigte hat einen Anspruch darauf, zumindest einen Teil der Ferien- und Feiertage mit dem Kind zu verbringen. Bei der genauen Ausgestaltung kommt es auf den Einzelfall an. Ein regelmäßiger Streitpunkt ist Weihnachten. In der Praxis gehen die Kinder häufig am zweiten Feiertag zum Umgangsberechtigten oder es wird jährlich gewechselt. Ferien werden oft hälftig geteilt.


4. Wer bestimmt beim Umgangsrecht?

Alltägliche Entscheidungen kann der Umgangsberechtigte – unabhängig vom Sorgerecht – während des Umgangs mit dem Kind alleine treffen.

Entscheidungen, die für den Lebensweg des Kindes von erheblicher Bedeutung sind, müssen jedoch immer von den Sorgeberechtigten gemeinsam getroffen werden. Nur wenn ein Elternteil das alleinige Sorgerecht hat, darf dieser über solche Angelegenheiten alleine entscheiden.

Beispiele:

Alltägliche Entscheidungen
(bestimmt der Umgangsberechtigte)
Entscheidungen von erheblicher Bedeutung
(bestimmt der Sorgeberechtigte)
Schulalltag, Umgang mit Freunden Auswahl der Bildungseinrichtung
Schlafenszeiten Ausbildung des Kindes
Kleidung Grundlegende Fragen der religiösen Erziehung
Gewöhnliche medizinische Versorgung wichtige medizinische Behandlungen
Ernährung Aufenthaltsbestimmung
Taschengeld, Verwaltung von kleinen Geldgeschenken
Nutzung elektronischer Geräte

5. Welche Pflichten haben die Eltern?

Der Umgang ist nicht bloß ein Recht. Er ist auch mit Pflichten verbunden.

Umgangspflicht

Eltern haben nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, mit ihrem Kind Zeit zu verbringen. Allerdings ist diese Pflicht kaum zwangsweise durchsetzbar. Muss ein Elternteil zum Umgang mit dem Kind gezwungen werden, dient der Kontakt nämlich kaum dem Kindeswohl.

Loyalitätspflicht

Trennungen verlaufen nicht immer harmonisch. Häufig verbleiben die Eltern im Konflikt. Trotzdem sind sie gesetzlich verpflichtet, den Kontakt des Kindes mit dem anderen Elternteil zu fördern. Nach § 1684 Abs. 2 BGB haben sie alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil erschwert. Herablassende Äußerungen und Ähnliches müssen unterbleiben.


6. Kann das Umgangsrecht verweigert oder eingeschränkt werden?

Das Umgangsrecht kann nur verweigert oder eingeschränkt werden, wenn der Kontakt die körperliche oder seelische Gesundheit des Kindes gefährdet. Dies ist der Fall wenn:

  • das Kind oder das andere Elternteil körperlich misshandelt wird
  • eine Kindesentführung droht
  • der Umgangsberechtigte drogenabhängig ist
  • das Kind ansteckenden Krankheiten ausgesetzt wird
  • das Kind schwerwiegend psychisch beeinträchtigt wird
Auch bei Vorliegen dieser Voraussetzungen sollte das betreuende Elternteil den Umgang nicht einfach verweigern, sondern stattdessen umgehend das Jugendamt benachrichtigen oder einen Eilantrag beim zuständigen Familiengericht stellen. Ein vollständiger Umgangsausschluss kommt nur in Frage, wenn kein milderes Mittel denkbar ist.

7. Wie setze ich mein Umgangsrecht durch?

Wenn Ihnen der Umgang mit dem Kind grundlos verweigert wird, sollten Sie schnell handeln. Häufig muss Ihr Anspruch in langwierigen Verfahren gerichtlich durchgesetzt werden. Je länger Sie also warten, desto länger leidet die Beziehung zu dem Kind.

Diese Schritte kommen in Betracht:

Anwalt beauftragen und Umgangsrecht einklagen

Sie sollten zunächst einen Anwalt für Familienrecht beauftragen. Wenn noch keine vollstreckbare, gerichtliche Umgangsvereinbarung vorliegt, stellt dieser einen Antrag auf Umgang beim Familiengericht. Ihr Umgangsrecht wird dann gerichtlich durchgesetzt.

Zwangsvollstreckung

Wenn Ihr Ex-Partner trotz der gerichtlichen Entscheidung den Umgang verweigert, kann dieser zwangsweise durchgesetzt werden. In Frage kommen Zwangsgelder oder auch Ordnungshaft. Wird der Umgang wiederholt verweigert, kann dem betreuenden Elternteil sogar das Aufenthaltsbestimmungsrecht entzogen werden.


8. Welche Rolle hat das Jugendamt?

Als Umgangsberechtigter haben Sie einen Anspruch auf kostenlose Beratung und Unterstützung durch das Jugendamt. Diese kann gerade bei Konflikten ratsam sein.

Das Jugendamt kann insbesondere:

  • zwischen den Umgangsberechtigten vermitteln
  • bei der Gestaltung von Umgangsvereinbarungen sowie der Ausführung gerichtlicher oder vereinbarter Umgangsregelungen unterstützen
  • von den Eltern Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes verlangen
  • Umgangskontakte herstellen

9. Fazit

  • Umgangsrecht ist der Anspruch auf Umgang („Zeit verbringen“) mit einem Kind.
  • Neben den Eltern können auch andere Verwandte und enge Bezugspersonen des Kindes ein Umgangsrecht haben.
  • Die Ausgestaltung des Besuchsrechts steht den Eltern offen. Zur Vermeidung von Konflikten sollte eine schriftliche Umgangsvereinbarung getroffen werden. Möglich ist auch eine gerichtliche, bindende Umgangsregelung.
  • Bei der Regelung des Umgangsrechts ist stets das Kindeswohl maßgeblich.
  • Das Besuchsrecht kann nur eingeschränkt oder ausgeschlossen werden, wenn der Kontakt das Wohl des Kindes gefährdet.
  • Ein gerichtlich festgestelltes Umgangsrecht kann im Wege der Zwangsvollstreckung durchgesetzt werden.

10. Video