Bisher konnten unverheiratete Väter nur an das gemeinsame Sorgerecht (Mitsorge) kommen, wenn die Mutter damit einverstanden war. Dies soll sich bald durch eine Gesetzesänderung grundlegend ändern. Dann können unverheiratete Väter die Mitsorge vom Gericht zugesprochen bekommen, ohne dass es auf den Willen der Mutter ankommt. Wichtigste Voraussetzung ist, dass die Mitsorge dem Kindeswohl dient.

Hier die wichtigsten Fragen & Antworten zu dem neuen Gesetz:

  1. Warum kommt es zu dieser Gesetzesänderung?
  2. Was ist das gemeinsame Sorgerecht?
  3. Wie sollte der sorgewillige unverheiratete Vater vorgehen?
  4. Was tun, wenn die Mutter gegen den Antrag ist?
  5. Wer trägt die Kosten des Verfahrens?
  6. Wann soll das Gesetz in Kraft treten?
  7. Gilt das Gesetz dann auch für Altfälle?
  8. Was für Kritik wird gegen den Gesetzentwurf vorgebracht?

1. Warum kommt es zu dieser Gesetzesänderung?
Die derzeitige Gesetzeslage ist das Ergebnis eines nicht mehr bestehenden Gesellschaftszustands. 1995 gingen noch 85 % der Kinder aus einer Ehe hervor, 2010 waren es nur noch 66 %. Jedes drittes Kind ist also nichtehelich. Erkenntnisse der Familienforschung belegen, dass Kinder in aller Regel eine enge Beziehung zu beiden Elternteilen wünschen. So sollte es auch beiden Elternteilen gleichermaßen möglich sein, diese aufzubauen.

Genau dies strebte die damalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger mit dem Gesetzesentwurf an, wie sie in einer Pressekonferenz am 2. April 2012 erläuterte. 

Der Druck auf den Gesetzgeber, ein entsprechendes Gesetz zu verabschieden, wurde erstmals 2009 ausgeübt, als der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) die bestehende Rechtslage gerügt hatte, da der nichteheliche Vater durch diese diskriminiert wurde. 2010 hat dann auch das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber zu einer Änderung beim Sorgerecht für uneheliche Kinder aufgefordert.

2. Was ist das gemeinsame Sorgerecht?
Unter Sorgerecht versteht man das Recht, alle wichtigen Entscheidungen über das Kind zu treffen, z.B. bei wem das Kind wohnt, in welchen Kindergarten es geht, in welche Schule usw.
Nach der Geburt des Kindes steht das Sorgerecht zunächst der Mutter allein zu, während der unverheiratete Vater nur ein Umgangsrecht hat, d.h. er darf das Kind – je nach Vereinbarung mit der Mutter – für einen oder mehrere Tage zu sich nehmen, ist aber von allen wichtigen Entscheidungen ausgeschlossen. Anders liegt es bei verheirateten Eltern: Hier haben beide das gemeinsame Sorgerecht von Anfang an.

3. Wie sollte der sorgewillige unverheiratete Vater vorgehen?
Natürlich sollte zuerst versucht werden, mit der Mutter eine einvernehmliche Lösung zu finden – hierfür können die Eltern auch die Hilfe des Jugendamtes in Anspruch nehmen. Scheitert dieser Versuch, kann der Vater einen Antrag auf gemeinsame elterliche Sorge beim Familiengericht stellen. Das Gericht wird die Mutter dann bald zu einer Stellungnahme auffordern. Die Mutter hat sechs Wochen Zeit (Schutzfrist), sich dazu zu äußern. Tut sie dies nicht, wird die Mitsorge automatisch dem Vater zugesprochen.

4. Was tun, wenn die Mutter gegen den Antrag ist?
Die Mutter ist selbstverständlich berechtigt, alle Bedenken zu äußern. Das Gericht wird allerdings nur die Bedenken beachten, die einen Bezug zum Kindeswohl haben. Befürchtet die Mutter etwa, dass das gemeinsame Sorgerecht dem Kind schaden würde, weil der Vater beispielsweise alkoholabhängig oder gewalttätig ist, so wird das Gericht das überprüfen und gegebenenfalls den Antrag ablehnen. Äußert die Mutter hingegen, dass sie das Kind allein erziehen will, weil sie aus persönlichen Gründen nichts mehr mit dem Vater zu tun haben will, spielt das für den Antrag keine Rolle.

5. Wer trägt die Kosten des Verfahrens?
Die Gerichtskosten muss der Antragssteller (Vater) zunächst vorschießen. Verläuft das Verfahren für ihn erfolgreich, muss ihm die Mutter in der Regel die Hälfte der Kosten erstatten. Anders ist es hingegen, wenn er das Verfahren verliert. Dann muss er die gesamten Kosten tragen. Wenn der Vater die Kosten nicht aufbringen kann, besteht möglicherweise ein Anspruch auf Verfahrenskostenhilfe.

6. Wann soll das Gesetz in Kraft treten?
Presseberichten zufolge im Frühjahr 2013. Mit Gewissheit kann das jedoch noch nicht gesagt werden.

7. Gilt das Gesetz dann auch für Altfälle?
Ja, auch wer schon seit Jahren vergebens um die Mitsorge kämpft, kann nun den Antrag stellen.

8. Was für Kritik wird gegen den Gesetzesentwurf vorgebracht?
Der Verband Alleinerziehender Mütter und Väter kritisiert, dass eine gerichtliche Entscheidung über das gemeinsame Sorgerecht nicht immer dem Kindeswohl diene. Denn gerade, wenn keine einvernehmliche Lösung gefunden wird, liege dem oftmals ein Konflikt zwischen den Eltern zugrunde, der sich negativ auf das Kindeswohl auswirken könne. Das Sorgerecht im Sinne des Kindeswohls ausüben zu können, setze gerade voraus, dass die Eltern dazu fähig sind, gemeinsam tragfähige Entscheidungen zu finden.

Die Hoffnung, dass ein gemeinsames Sorgerecht diese Konflikte vermeide, sei trügerisch, da eine gerichtliche Auseinandersetzung weitere Streitigkeiten schüre. Es sollten vielmehr alle Beteiligten angehört werden und im Falle beträchtlicher Konflikte von einem gemeinsamen Sorgerecht zugunsten des Kindes abgesehen werden.

Zum anderen wird die Schutzfrist bemängelt. Es sei nicht akzeptabel, dass der Antrag auf Mitsorge die Mutter bereits spätestens sechs Wochen nach der Geburt des Kindes dazu auffordere, Stellung zu nehmen.