Leistet der Mann Unterhalt an sein vermeintliches Kind in dem Glauben, er sei der Vater und erfährt er später von der Nichtvaterschaft, kann er den geleisteten Unterhalt nicht zurückfordern, wenn die Mutter keine Auskunft über die Identität des Erzeugers gibt, weil sie sich nicht mehr an diesen erinnern kann. Dies entschied der BGH in einem aktuellen Urteil (Az. XII ZB 412/11).

1961 heirateten die Beteiligten. Fünf Jahre später wurde ihr Sohn geboren. Die Ehe scheiterte aufgrund beidseitiger Verfehlungen und wurde 1968 geschieden. Im Scheidungstermin gab die Frau an, eine Beziehung zu einem anderen Mann unterhalten und damit einen Ehebruch begangen zu haben. Dieser Ehebruch sei aber erst nach dem letzten ehelichen Verkehr (Mitte Februar 1968) vollzogen worden, also zwei Jahre nachdem der Sohn geboren wurde.

Mehr als 40 Jahre später bezweifelte der Mann, der biologische Vater des Sohnes zu sein. Er ließ einen Vaterschaftstest durchführen, der seine Zweifel bestätigte, dass er nicht der Kindesvater war. Darauf focht er vor Gericht erfolgreich seine Vaterschaft an. Er forderte sodann die Frau auf, ihm den Namen des Erzeugers zu nennen, um von diesem den Kindesunterhalt zurückzufordern, den er geleistet hatte. Die Frau lehnte diese Auskunft jedoch ab mit der Begründung, sie erinnere sich nicht mehr daran, was vor mehr als 40 Jahren geschehen ist. Da sie also keine Auskunft gab, konnte er den unbekannten (biologischen) Vater auch nicht verklagen. Daher versuchte er nun, die Frau in Regress zu nehmen. Er machte dabei geltend, die Frau habe ihn durch ihr Schweigen in dem Glauben gelassen, er sei der Kindesvater des Sohnes. Aufgrund dieses Irrtums habe er den Unterhalt gezahlt, den er nunmehr zurückforderte.

BGH: Kein Schadensersatzanspruch wegen Ehebruchs und Verschweigens der Nichtvaterschaft

Zunächst stellte der BGH fest, dass der Mann kein Schadensersatzanspruch gegen die Frau hat, nur weil diese den Ehebruch verheimlicht hatte und obwohl daraus letztlich der Sohn hervorging. Denn es bestehe keine schadensersatzrechtlich sanktionierte Pflicht, dem anderen Ehegatten einen Ehebruch zu offenbaren. Anders wäre es nur gewesen, wenn die Frau Zweifel des Ehemannes an dessen Vaterschaft durch unzutreffende Angaben bzw. durch ausdrückliches Leugnen zerstreut hätte.
Das (vorinstanzliche) Oberlandesgericht kam allerdings zu der Überzeugung, dass die Frau durch ihre Aussage im Scheidungstermin nicht hat vortäuschen wollen, bereits vor 1968 einen Ehebruch begangen zu haben. Die Frau wollte im Scheidungstermin nur darlegen, dass die Ehe zerrüttet ist, damit die Scheidung vollzogen werden kann. Im Scheidungstermin (1968) ist es also gar nicht notwendig gewesen, einen bereits drei Jahre zurückliegenden Ehebruch anzuzeigen. Das Gericht kam darüber hinaus zu dem Ergebnis, dass die Frau keine anderweitigen Täuschungshandlungen vorgenommen hat, um Zweifel des Mannes an dessen Vaterschaft zu zerstreuen.

Verschweigen der Nichtvaterschaft ist trotzdem ein schwerwiegender Verstoß

Allerdings entschied der BGH in einem vorherigen Urteil (Az. XII ZR 137/09), dass das Verschweigen der möglichen Vaterschaft eines anderen Mannes ein offensichtliches schwerwiegendes Fehlverhalten unter Ehegatten darstellt (§ 1579 Nr. 7 BGB). Ein derartiges Fehlverhalten kann im Falle der Scheidung zum Ausschluss des Versorgungsausgleichs führen oder die Anfechtung einer schenkweisen Zuwendung wegen arglistiger Täuschung begründen. Daher hat die Mutter also die Pflicht, dem Scheinvater ungefragt zu offenbaren, dass das Kind möglicherweise nicht von ihm abstammt – ein Unterlassen führt jedoch nicht zu einer Schadensersatzpflicht.

Auskunftsanspruch besteht

Der BGH hat bereits entschieden, dass die Mutter im Fall einer erfolgreichen Vaterschaftsanfechtung dem Scheinvater Auskunft über die Person schulden kann, die ihr während der Empfängniszeit beigewohnt hat (BGHZ 191, 259). Dies ergibt sich daraus, dass es dabei ja nicht mehr um die Offenbarung eines Ehebruchs geht, sondern dieser aufgrund der erfolgreichen Vaterschaftsanfechtung bereits feststeht und nun nur noch festgestellt werden soll, wer als biologischer Vater in Betracht kommt. Das gilt sowohl dafür, dass die Mutter und der Scheinvater miteinander verheiratet sind als auch dafür, dass keine Ehe besteht, der Scheinvater aber die Vaterschaft anerkannt hat.

Der BGH merkte noch an, dass es zweifelhaft erscheine, dass sich die Frau nicht mehr an den Erzeuger erinnern kann, bloß weil es schon über 40 Jahre zurückliegt. Diese lange Dauer allein ist nach Ansicht des Gerichts noch kein nachvollziehbarer Grund, sich nicht mehr daran zu erinnern, da die Schwangerschaft ein einschneidendes Ereignis darstellt. Der Mann hat daher das Recht, von der Mutter eine ausführliche Erklärung zu verlangen, warum sie sich nicht mehr erinnern kann.