- Wettbewerbsverbote im Arbeitsrecht
- Nachvertragliche Wettbewerbsklauseln
- Formelle Voraussetzungen einer Wettbewerbsbestimmung
- Zulässige Inhalte eines Wettbewerbsverbots
- Karenzentschädigung
- Anrechnung eigener Verdienste
- Fazit und Praxistipp
1. Wettbewerbsverbote im Arbeitsrecht
Aufgrund des Arbeitsverhältnisses schuldet der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber nicht nur die Erbringung der Arbeitsleistung, sondern auch die Pflicht, sich diesem gegenüber loyal zu verhalten. Diese Treuepflicht beinhaltet auch das Unterlassen von jeglichem Wettbewerb gegen den Arbeitgeber, damit dieser nicht durch seinen Arbeitnehmer „als Konkurrent“ wirtschaftliche Einbußen erleidet.
Diese Pflicht ist während des Bestehens des Arbeitsverhältnisses naheliegend – aus diesem Grund ist eine Konkurrenztätigkeit des Arbeitnehmers während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses auch ohne Einwilligung des Arbeitgebers nicht gestattet. Denn der Arbeitnehmer soll natürlich durch seine Nebentätigkeit nicht zum Konkurrenten werden, indem er in dem Geschäftsfeld des Arbeitgebers tätig wird. Eine Konkurrenztätigkeit in diesem Sinne setzt eine, wenn auch nur spekulative, auf Gewinn gerichtete Teilnahme am Geschäftsverkehr voraus (vgl. BAG, Urt. v. 17.10.2012 – Az. 10 AZR 809/11). So sind etwa reine Unterstützungstätigkeiten (z.B. Schreibarbeiten, Buchführung) erlaubt, auch wenn im Ergebnis auch diese dem Wettbewerber zugutekommen.
Dies alles gilt selbstverständlich nur dann, wenn die Nebentätigkeit in der eigentlichen „Freizeit“ des Arbeitnehmers dessen Arbeitsleistung gegenüber dem Arbeitnehmer nicht gefährdet. Dies wäre zum Beispiel der Fall, wenn der Arbeitnehmer eine körperlich sehr anstrengende Nebentätigkeit ausführt, obwohl er bereits eine körperlich anstrengende Hauptbeschäftigung ausübt, oder wenn die Nebentätigkeit unter der Woche ständig in Nachtarbeit ausgeübt wird, während der Arbeitnehmer im Rahmen seiner Haupttätigkeit im Tag- oder Spätdienst eingesetzt ist.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urt. v. 28.01.2010 – Az. 2 AZR 1008/08) behält das Wettbewerbsverbot auch dann seine Gültigkeit, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Arbeitgeber gekündigt wurde und sich die Kündigung später im Kündigungsschutzprozess als unwirksam herausstellt.
2. Nachvertragliche Wettbewerbsklauseln
Wie sieht es aber für die Zeit nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus? Grundsätzlich endet das Wettbewerbsverbot mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses. Viele Arbeitgeber befürchten daher, dass der Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Konkurrenten wird oder sogar am Arbeitsplatz erworbenes Wissen oder Geschäftsbeziehungen nun „gegen den Arbeitgeber verwendet“. Aus diesem Grund werden nachvertragliche Wettbewerbsverbote mit dem Arbeitnehmer ausgehandelt. Diese Bestimmungen stehen gewöhnlich bereits im abgeschlossenen Arbeitsvertrag und regeln die Zeit nach einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses, d.h. wie sich der Arbeitnehmer nachvertraglich zu verhalten hat.
3. Formelle Voraussetzungen eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots
Die Voraussetzungen eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes sind in den Vorschriften der §§ 74 ff. HGB geregelt. Die Vereinbarung bedarf nach § 74 Abs. 1 HGB der Schriftform. Das Schriftformerfordernis verlangt eine eigenhändige Unterschrift beider Parteien auf einem Schriftstück, reine Textform (Fax, E-Mail) reicht nicht. Der Arbeitnehmer muss zudem ein vom Arbeitgeber unterschriebenes Exemplar mit der Wettbewerbsvereinbarung erhalten. Dies bedeutet, dass mündliche Vorgaben des Arbeitgebers unwirksam sind. Ebenso reicht eine nachträgliche Vorgabe des Arbeitgebers nicht aus.
4. Zulässige Inhalte eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes
Ein Wettbewerbsverbot muss sich auch inhaltlich an den handelsrechtlichen Vorschriften messen lassen. Typischerweise enthält das nachvertragliche Wettbewerbsverbot die Bestimmung, geschäftliche Handlungen im Geschäftsfeld des ehemaligen Arbeitgebers zu unterlassen. Derartige Beschränkungsvorgaben sind für eine Dauer von maximal 2 Jahren nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zulässig.
Hierbei ist zu beachten, dass das Wettbewerbsverbot gemäß § 74a HGB nur dann verbindlich ist, wenn es zum Schutze eines berechtigten geschäftlichen Interesses des Arbeitgebers dient. Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot muss nach Tätigkeit (Branche) und auch bezogen auf den Ort räumlich begrenzt werden, der (ehemalige) Arbeitnehmer darf also nicht so sehr in seiner Berufsausübungsfreiheit eingeschränkt werden, dass das Wettbewerbsverbot faktisch einem Berufsausübungsverbot gleichkommt. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber aufpassen muss, dass er es bei der Formulierung des Wettbewerbsverbots nicht „übertreibt“ und eine Übersicherung vorschreibt, die wegen eines Verstoßes gegen die §§ 74 ff. HGB unverbindlich wird. Unverbindlich bedeutet in diesem Kontext (dazu gleich), dass es nun dem Arbeitnehmer überlassen ist, ob er sich an das Wettbewerbsverbot hält oder nicht.
Bei der Formulierung einer nachvertraglichen Wettbewerbsklausel empfehlen sich daher räumliche Beschränkungen des Verbots sowie eine inhaltliche Begrenzung auf bestimmte Tätigkeitsfelder oder eine bestimmte Branche.
Natürlich ist es den Arbeitgebern überlassen, zusätzliche Regelungen oder Einschränkungen hinsichtlich der Wettbewerbsklausel vorzunehmen.
5. Karenzentschädigung
Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist nur dann verbindlich, wenn eine Bestimmung enthalten ist, wonach für die Dauer des Verbots eine Entschädigung (sog. Karenzentschädigung) zu zahlen ist, welche nach § 74 Abs. 2 HGB „für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der (…) zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen erreicht“. Dies bedeutet, dass Sonderzahlungen wie Boni oder Weihnachtsgeld bei der Berechnung miteinfließen müssen. Sachleistungen (z.B. Dienstwagen zum privaten Gebrauch) müssen ebenso wertmäßig angerechnet werden.
Um eine Unverbindlichkeit einer Wettbewerbsklausel zu vermeiden, verweisen viele Unternehmen in ihren Wettbewerbsklauseln einfach pauschal auf die gesetzlichen Vorschriften der §§ 74 ff. HGB. Dies ist zulässig (BAG v. 28.06.2006 – Az. 10 AZR 407/05).
Wird hiervon zu Lasten des Arbeitnehmers (nach unten) abgewichen, besteht wieder die Gefahr, dass die gesamte Regelung zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot unverbindlich wird. In diesem Fall kann der ausgeschiedene Arbeitnehmer dann auswählen, ob er sich an das Wettbewerbsverbot hält und die Karenzentschädigung erwirbt oder nicht.
Die gesetzliche Vorgabe hinsichtlich der Mindesthöhe der Karenzentschädigung darf nicht unterschritten werden. Auch die Nennung von festen Beträgen statt anteilsweiser Bezugnahmen („die Hälfte“) ist insoweit gefährlich – wird der Lohn nämlich im Laufe des Arbeitsverhältnisses angehoben und die Klausel nicht entsprechend angepasst, wird die Wettbewerbsklausel wiederum unverbindlich.
6. Anrechnung eigener Verdienste
Die Karenzentschädigung wird allerding durch Einkünfte geschmälert, die der Arbeitnehmer während der Dauer des Wettbewerbsverbotes erwirbt. Dabei sind monatliche Karenzentschädigung und anderweitige monatliche Einkünfte zusammen zu rechnen. Soweit die Summe 110 Prozent des vorherigen monatlichen Einkommens inklusive der variablen Gehaltsbestandteile übersteigt, ist die Entschädigung entsprechend zu reduzieren. Muss der Arbeitnehmer aufgrund der räumlichen Reichweite des Wettbewerbsverbots den Wohnort wechseln, erhöht sich diese Anrechnungsgrenze auf 125 Prozent.
Beispiel: Ein ausgeschiedener Mitarbeiter hat 5.000 Euro (brutto) im Monat bei einer Karenzentschädigung von 2.500 Euro verdient. Im neuen Job verdient er nun 5.200 Euro.
Ergebnis: Der Alt-Arbeitgeber muss monatlich 300 Euro Karenzentschädigung bezahlen.
Hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit, eine zumutbare Tätigkeit aufzunehmen und unterlässt er dies und handelt insoweit böswillig, kann auch ein sog. fiktives Einkommen auf die Karenzentschädigung angerechnet werden.
Bei der neuen Vergütung werden ebenfalls alle etwaigen Sondervergütungen angerechnet. Der (alte) Arbeitgeber hat hier einen Auskunftsanspruch gegen seinen ehemaligen Arbeitnehmer. Auch Arbeitslosengeld (ALG I) zählt zum Einkommen – da dessen Höhe jedoch gedeckelt ist und sich auf 60 bzw. 67 Prozent der letzten Einkünfte bezieht, wird eine Anrechnung regelmäßig ausscheiden (vgl. BAG v. 23.11.2004 – Az. 9 AZR 595/03).
7. Fazit und Praxistipp
Wie bereits dargestellt, kann es für den Arbeitgeber ratsam sein, wenn er hinsichtlich der zu zahlenden Karenzentschädigung in seinen nachvertraglichen Wettbewerbsbestimmungen (weitestgehend) auf die § 74 ff. HGB verweist, anstatt sich auf gefährliche „Sonderregelungen“ einzulassen. Auch die Gefahr der Übersicherung (z.B. durch zu allgemeine Branchenbeschreibung oder einen zu großen räumlichen Geltungsbereich) mit der Folge einer Unverbindlichkeit des Wettbewerbsverbots sollte im Blick behalten werden.Bei der Bestimmung der Tätigkeit/Branche, auf die sich das Wettbewerbsverbot beziehen soll (und für die der Arbeitgeber ein geschäftliches Interesse nachweisen kann), ist ebenfalls Vorsicht geboten. Denn nicht nur die Fachbranche ist entscheidend, sondern auch die Handelsstufe, auf die sich das Verbot beziehen soll. Handelt der Arbeitgeber etwa ausschließlich mit Geschäftskunden („B2B“), macht ihm ein ehemaliger Angestellter keine Konkurrenz, wenn er zwar in derselben Branche tätig wird, aber ausschließlich Endkunden („B2C“) bedient (BAG v. 21.04.2010 – Az. 10 AZR 288/09).