Ist ein Arbeitsverhältnis nicht von vorneherein befristet, sondern auf unbestimmte Zeit eingegangen, bedarf die Beendigung einer gesonderten Rechtshandlung. Dazu gibt es im Arbeitsrecht mehrere Optionen. Eine davon ist, den Arbeitsvertrag innerhalb bestimmter Fristen zu kündigen – man spricht von einer sogenannten ordentlichen Kündigung.

Eine andere Möglichkeit besteht darin, den Vertrag ohne die Einhaltung solcher Fristen zu kündigen. Die Rede ist dann von einer außerordentlichen oder fristlosen Kündigung.

Die ordentliche Kündigung bildet den Regelfall, die außerordentliche Kündigung die Ausnahme. Da die Nichteinhaltung bestimmter Fristen dem anderen Vertragsteil die Möglichkeit nimmt, sich durch ausreichend Zeit auf die Aufhebung des Vertrages vorzubereiten, gelten für die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung besondere Voraussetzungen.

Unter welchen Umständen ein Arbeitnehmer seinen Arbeitsvertrag außerordentlich kündigen kann, soll der vorliegende Beitrag veranschaulichen.

1. Welche Gründe gibt es für eine fristlose Kündigung?

Um die besonderen Voraussetzungen der ordentlichen Kündigung nicht zu umgehen, kann das Arbeitsverhältnis nur aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Zudem müssen Tatsachen vorliegen, wonach dem Kündigenden die Bindung an das Arbeitsverhältnis nicht bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zugemutet werden kann. Dies erfordert eine umfassende Abwägung der gegensätzlichen Interessen im Einzelfall.

Die Hürden für eine außerordentliche Kündigung sind damit recht hoch. Doch der Reihe nach…

Wichtiger Kündigungsgrund

In einem ersten Schritt müssen die Tatsachen, die zur Kündigung berechtigen sollen, „an sich“ geeignet sein, einen wichtigen Grund für eine Kündigung darzustellen. Das klingt erst einmal kompliziert, ist aber eigentlich ganz einfach. Sie müssen sich nur fragen, ob Ihre Kündigungsgründe derart schwerwiegend sind, dass ein wichtiger Kündigungsgrund ohne genaue Kenntnis der Einzelheiten generell angenommen werden kann.

Zwar gibt es bei der fristlosen Kündigung keine „absoluten Kündigungsgründe“. Wichtige Hinweise für typische Sachverhalte sind aber beispielsweise

  • die Verletzung der Hauptleistungspflichten des Arbeitgebers, wie etwa Versäumnisse bei der Lohnzahlung, die zu erheblichen Lohnrückständen führen.
    Achtung: Dies gilt erst nach vorheriger Abmahnung und Setzung einer Frist zur Zahlung!
  • die Verletzung von Fürsorge- und Treuepflichten, wie etwa die Weigerung des Arbeitgebers, zwingende Vorschriften zum Arbeitsschutz zu beachten.
  • erhebliche Ehrverletzungen wie etwa sexuelle Belästigungen, Beleidigungen oder falsche Verdächtigungen sowie
  • sonstige gewichtige Arbeitsvertragsbrüche, wie etwa eine unberechtigte Suspendierung oder die unberechtigte und wiederholte Weigerung des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer den ihm zustehenden Urlaub zu gewähren.

Die Liste von Gründen, die eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen können, ist lang und keinesfalls abschließend. Auch mutmaßlich „kleinere“ Verstöße können aufgrund der Häufigkeit oder der Art und Weise, wie sie wirken, einen wichtigen Grund darstellen. Auch ist es grundsätzlich irrelevant, ob die Vertragsverletzungen unmittelbar von Ihrem Arbeitgeber oder von Mitarbeitern ausgehen. Ein klassisches Beispiel dafür wäre etwa Mobbing.

Als ungerechtfertigt angesehen worden ist eine fristlose Kündigung durch den Arbeitnehmer in der Vergangenheit in folgenden Fällen:

  • Ein beabsichtigter Wechsel des Arbeitgebers rechtfertigt für sich allein genommen noch keine außerordentliche Kündigung. Dies gilt auch dann, wenn für den Arbeitnehmer mit der neuen Beschäftigung eine erhebliche Verbesserung der finanziellen und beruflichen Situation verbunden ist.
  • Bei kurzfristigen Studienplatzangeboten.
  • Eine fristlose Kündigung bei einer nicht vertragsgemäßen Werkdienstwohnung ist nur dann angezeigt, wenn die Wohnverhältnisse unzumutbar sind und die Erfüllung des Arbeitsvertrages und die Nutzung der Werkswohnung untrennbar miteinander verbunden sind.

Unzumutbarkeit (Interessenabwägung)

Liegen der Kündigung Tatsachen zugrunde, die eine außerordentliche Kündigung an sich rechtfertigen, sind die jeweiligen Interessen der Vertragsteile in einem zweiten Schritt unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls gegeneinander abzuwägen. In der Praxis liegt in dieser Frage häufig der Schwerpunkt der (gerichtlichen) Auseinandersetzung. Ein festes Schema, an das man sich halten kann, gibt es leider nicht. Allerdings lassen sich die Arbeitsgerichte bei der Entscheidung, zu wessen Gunsten die Abwägung ausfällt, von unterschiedlichen Prinzipien leiten.

Ein ganz wichtiger Gesichtspunkt ist dabei, dass die Kündigung keine Strafe für vergangenes Fehlverhalten darstellt. Entscheidend ist vielmehr die Prognose, in welchem Maße die Störungen das zukünftige Arbeitsverhältnis belasten.

Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der auch im Arbeitsrecht ein wichtiger Leitsatz ist, muss die außerordentliche Kündigung das allerletzte Mittel sein, um die eingetretenen Störungen im Arbeitsverhältnis zu beseitigen. Dies ist erst der Fall, wenn der Kündigende zuvor alle (rechtlich) zulässigen, geeigneten und angemessenen Mittel ausgeschöpft hat.

Dazu gehören beispielsweise

  • die Abmahnung des Arbeitgebers
  • die Versetzung
  • Vertragsänderungen oder
  • eine ordentliche Kündigung.

Erst wenn diese milderen Mittel keinen Erfolg versprechen, ist für eine außerordentliche Kündigung der Weg geebnet.


2. Kündigungserklärungsfrist

Eine außerordentliche Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis des Kündigungsgrundes erklärt werden. Diese Frist hat nichts mit den Fristen der ordentlichen Kündigung zu tun, sondern soll eine unverzügliche Geltendmachung der fristlosen Kündigung sicherstellen. Die kurze Frist beruht auf dem Gedanken, dass ein längeres Zuwarten die Unzumutbarkeit des Verstoßes entfallen lässt. Anders ausgedrückt, wird die Zumutbarkeit der Pflichtverletzung sozusagen vermutet, wenn der zur Kündigung Berechtigte nicht zeitnah dagegen vorgeht.

Die Kündigungsfrist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitnehmer von den Tatsachen Kenntnis erhält, die für die Kündigung maßgebend sind.

Ist die Zweiwochenfrist abgelaufen, ohne dass dem Arbeitgeber die Kündigung zugegangen ist, ist die Geltendmachung der betreffenden Kündigungsgründe für die Zukunft ausgeschlossen. Eine spätere Kündigung kann daher nur auf neue Tatsachen gestützt werden.


3. Schriftform beachten

Damit die Kündigung – aus welchem Grund auch immer – wirksam werden kann, müssen Sie sie Ihrem Arbeitgeber gegenüber erklären. Eine rein mündliche Mitteilung reicht dafür allerdings nicht aus.

Vielmehr bedarf die außerordentliche Kündigungserklärung – wie auch die ordentliche Kündigung – der Schriftform.

Das Schriftformerfordernis dient dabei nicht bloß Beweiszwecken, sondern ist auch eine echte Voraussetzung für eine wirksame Kündigung. Ohne schriftliche Kündigung wird selbst bei Vorliegen eines wichtigen Kündigungsgrundes das Arbeitsverhältnis nicht wirksam beendet. Die Kündigungserklärung sollte dabei unzweifelhaft Ihren Willen zur Kündigung erkennen lassen und von Ihnen eigenhändig im Original unterschrieben sein. Eine elektronische Kündigung per E-Mail, SMS oder Whatsapp ist nach dem Gesetz ausdrücklich ausgeschlossen.

Hierdurch sollen Kurzschlussreaktionen verhindert werden. Einen Kündigungsgrund können Sie, müssen Sie aber nicht angeben. Etwas anderes gilt nur, wenn es sich um ein Ausbildungsverhältnis handelt oder der andere Teil (Ihr Arbeitgeber) dies ausdrücklich von Ihnen verlangt. Da für die Geltendmachung der Kündigung besondere Erklärungsfristen gelten, sollten Sie in der Lage sein, den Zugang der Kündigungserklärung im Zweifelsfall nachzuweisen, z.B. durch Versenden per Einwurfeinschreiben. Im besten Fall ziehen Sie dabei noch einen Zeugen hinzu, der in einem späteren Gerichtsverfahren bestätigen kann, dass das versendete Schreiben zweifellos Ihr Kündigungsschreiben enthielt.


4. Schadensersatz verlangen

Der Nachteil einer fristlosen Kündigung liegt auf der Hand: Sie stehen von jetzt auf gleich ohne Lohn da. Schuld daran hat in aller Regel der Arbeitgeber, weil er mit seinem Fehlverhalten Anlass zur fristlosen Kündigung gegeben hat.

Diesen Nachteil hat Ihnen der Arbeitgeber zumindest teilweise auszugleichen. Sie können gemäß § 628 Abs. 2 BGB Schadensersatz fordern, wenn tatsächlich ein vertragswidriges Fehlverhalten Ihres Arbeitgebers den Anlass für Ihre fristlose Kündigung gegeben hat. Ihnen steht mindestens der Lohn zu, den Sie noch bis zum Ablauf einer hypothetischen fristgerechten Kündigung erhalten hätten. Besonders vorteilhaft: Es wird die längere Kündigungsfrist des Arbeitgebers zugrunde gelegt.

Beispiel: A wird von seinem Arbeitgeber nachweislich gemobbt. Daraufhin kündigt er fristlos am 10.6. Er war bis dahin sechs Jahre bei seinem Arbeitgeber beschäftigt. Die Kündigungsfrist für den Arbeitgeber hätte also gemäß § 622 BGB zwei Monate zum Monatsende betragen und wäre dementsprechend am 31.8. abgelaufen.
 
A kann nach seiner fristlosen Kündigung daher bis Ende August Lohn verlangen.

Noch nicht ganz geklärt ist, ob daneben sogar noch eine Abfindung hinzugerechnet werden muss.

Für eine Zahlung gemäß § 628 Abs. 2 BGB gilt folgendes:

  • Sie ist zu versteuern.
  • Es müssen keine Sozialabgaben auf die Zahlung geleistet werden.
  • Für den Zeitraum, der vom Arbeitgeber noch bezahlt wird, erhalten Sie kein Arbeitslosengeld.

Der Nachteil dieser Regelung ist, dass sie sich vertraglich ausschließen lässt. Es lohnt daher ein Blick in Ihren Arbeits- und/oder Tarifvertrag. Der Ausschluss ist nach überzeugender Auffassung nur wirksam, wenn er gleichermaßen für eine Kündigung des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers gilt.

Achtung: Schadensersatzpflichten können auch den Arbeitnehmer treffen. Damit ist insbesondere zu rechnen, wenn Sie (vermeintlich) fristlos kündigen, die Arbeit anschließend verweigern und der Arbeitgeber dadurch einen Schaden erleidet (z.B. in Form höherer Kosten für eine Ersatzkraft).

Stellt sich Ihre fristlose Kündigung später als (offensichtlich) unwirksam heraus, kann der Arbeitgeber Schadensersatz von Ihnen verlangen.

5. Fazit

  • Ob ein Kündigungsgrund zur fristlosen Kündigung berechtigt, hängt davon ab, ob ein wichtiger Grund vorliegt und inwieweit dieser so schwer wiegt, dass die fristlose Kündigung das einzige Mittel ist, um die Störung im Arbeitsverhältnis zu beseitigen.
  • Die fristlose Kündigung muss innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis des Kündigungsgrundes erklärt werden. Eine spätere Kündigung kann nur auf neue Tatsachen gestützt werden.
  • Die fristlose Kündigung bedarf einer schriftlichen Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber. Dabei ist unbedingt darauf zu achten, dass deren Zugang später nachgewiesen werden kann.

6. Video