1. Weihnachtsgeld und Kündigung
  2. Gratifikationen, Sonderzahlungen und 13. Monatsgehalt
  3. Ausschüttungsregelungen für Gratifikationsleistungen
  4. Rückzahlung von Weihnachtsgeld bei Kündigung
  5. Fazit und Praxistipp
  6. Video

1. Weihnachtsgeld und Kündigung

Knapp über die Hälfte aller Arbeitnehmer in Deutschland erhalten Weihnachtsgeld im Sinne einer zusätzlichen Lohnausschüttung anlässlich des Weihnachtsfestes. Solange das Geld (meist mit dem Novembergehalt) auch ausbezahlt wird, werden sich die wenigsten Menschen Gedanken über den rechtlichen Charakter oder die genaue Ausgestaltung des Weihnachtsgeldes im Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber machen (müssen). Wurde das Arbeitsverhältnis jedoch von einer Seite gekündigt oder einvernehmlich durch einen Aufhebungsvertrag aufgelöst, steht schnell die Frage im Raum, ob noch Weihnachtsgeld verlangt werden kann oder ob bereits ausbezahltes Weihnachtsgeld ganz oder teilweise wieder an den Arbeitgeber zurückgezahlt werden muss. In diesem Fall müssen die einschlägigen arbeitsrechtlichen Regelungen über das Weihnachtsgeld genauer untersucht werden.

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2. Gratifikationen, Sonderzahlungen und 13. Monatsgehalt

Eine Gratifikation (wörtlich eigentlich: Gefälligkeit) ist eine finanzielle Zuwendung aus einem bestimmten Anlass zusätzlich zum normalen Gehalt. Neben dem Weihnachtsgeld zählen dazu auch das zusätzliche Urlaubsgeld oder Jubiläumszahlungen für eine längere Betriebszugehörigkeit.

Der Grund für eine Gratifikation ist nicht immer derselbe. Es ist zu unterscheiden zwischen

  1. einem zusätzlichen Entgelt (Entgeltcharakter),
  2. Zahlungen, die die Betriebstreue (Belohnungscharakter) entlohnen sollen sowie
  3. Mischformen mit Entgelt- und Belohnungscharakter (Mischcharakter).

Das „echte“ 13. Monatsgehalt ist als reine Entgeltregelung ohne Belohnungscharakter anzusehen. Viele Arbeitgeber bezeichnen ihre Sonderzahlungen allerdings hinsichtlich des Auszahlungsgrundes ungenau. Oft soll doch eine gewisse Betriebstreue honoriert oder eine Mischform umgesetzt werden. Gratifikationen sind nicht gesetzlich geregelt, oft existieren jedoch diesbezügliche Regelungen im Arbeitsvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder in einem Tarifvertrag.

Auch ohne ausdrückliche – also schriftliche – Regelung kann ein Anspruch auf Weihnachtsgeld bestehen und zwar bei einer dreimaligen vorbehaltslosen Ausschüttung, einer sog. betrieblichen Übung. Eine solche kann der Arbeitgeber dadurch vermeiden, indem er die Ausschüttung jedes Jahr individuell vornimmt (z.B. mit schwankender Beitragshöhe bzw. Berechnungsgrundlage). Eine andere Möglichkeit besteht darin, die Auszahlung mit einer entsprechenden Erklärung zu verbinden, wonach die Auszahlung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erfolgt (sog. Freiwilligkeitsvorbehalt).

Vom Grund der Ausschüttung des Weihnachtsgeldes und der arbeitsrechtlichen Normierung hängen die Möglichkeiten des Arbeitgebers ab, Gratifikationen bei Kündigungen zu kürzen oder ganz zu versagen.

3. Ausschüttungsregelungen für Gratifikationsleistungen

Zunächst sind Arbeitsvertrag und sonstiges Regelwerk daraufhin zu überprüfen, ob Ausschüttungsregelungen bestehen, also ob überhaupt Weihnachtsgeld beansprucht werden kann. Danach ist der Grund für die Ausschüttung herauszuarbeiten. Bei Weihnachtsgeld lässt sich leider nicht pauschal sagen, ob dieses vom Arbeitgeber als zusätzliches Entgelt oder zur Belohnung der Betriebstreue gedacht war.

Viele Regelungen machen einen Anspruch auf Weihnachtsgeld davon abhängig, ob ein Arbeitnehmer zu einem bestimmten Datum (Stichtag) noch im Unternehmen beschäftigt war und ob das Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt bereits gekündigt worden ist. Dabei wird im Rahmen einer solchen Stichtagsklausel in der Regel darauf abgestellt, ob eine Kündigung zum Stichtag bereits erklärt worden ist.

Grundsätzlich gilt: Honoriert das Weihnachtsgeld lediglich und ausschließlich die Betriebstreue, kann der Anspruch auf das Weihnachtsgeld ausgeschlossen werden. Stellt das Weihnachtsgeld hingegen zumindest auch eine Vergütung für die bisherige Arbeitsleistung dar (reiner Entgeltzweck bzw. Sonderzahlung mit Mischcharakter), kann es allenfalls anteilig gekürzt werden, da sich der Arbeitnehmer für die Dauer des Arbeitsverhältnisses einen anteiligen Anspruch auf das Weihnachtsgeld bereits erarbeitet hat. Demnach kann das Weihnachtsgeld in einem solchen Fall nicht vollständig allein deshalb versagt werden, weil der Arbeitnehmer vor Jahresende (oder vor Weihnachten) aus dem Unternehmen ausgeschieden ist (BAG v. 13.11.2013 – Az. 10 AZR 848/12).

Beispiel 1: Weihnachtsgeld wird im Unternehmen als „echtes“ 13. Monatsgehalt (und somit als Entgeltleistung) zusammen mit dem Novembergehalt ausgezahlt. Scheidet Arbeitnehmer A zum vorletzten Quartal des Jahres und somit zum 30. September aus dem Unternehmen aus, hat A noch Anspruch auf 9/12 seines 13. Monatsgehaltes. Der Umstand, dass A zeitlich vor der geplanten Ausschüttung aus dem Unternehmen ausscheidet, spielt insoweit keine besondere Rolle.

Beispiel 2: Scheidet A in oben genanntem Beispiel zum Jahresende aus dem Unternehmen aus, erhält er das volle 13. Monatsgehalt.

4. Rückzahlung von Weihnachtsgeld bei Kündigung

Zu unterscheiden von der Frage, ob überhaupt ein Anspruch auf Weihnachtsgeld besteht, ist der Aspekt, ob bereits erhaltenes Weihnachtsgeld bei einem Ausscheiden aus dem Unternehmen wieder zurückgezahlt werden muss. Grundsätzlich ist es hier (ebenfalls) zulässig, die Rückzahlung von Weihnachtsgeld von bestimmten sachlichen Voraussetzungen abhängig zu machen.

So sind in der Praxis auch für die Rückzahlungsverpflichtung bestimmte Stichtagsregelungen üblich. Diese sehen vor, dass der Arbeitnehmer bereits erhaltenes Weihnachtsgeld zurückzahlen muss, wenn das Arbeitsverhältnis zum Stichtag beendet ist.

Zu diesem Themenkomplex hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) dezidierte Vorgaben aufgestellt, welche Regelungen erlaubt sind und welche nicht. Dabei wird auch danach differenziert, in welcher Höhe das Weihnachtsgeld ausgezahlt wird. Entscheidend sind dabei natürlich letztlich die Umstände des Einzelfalls. Folgende Maßgaben sind u.a. zu beachten:

  • Der Arbeitnehmer kann durch die Stichtagsregelung nicht zeitlich unbegrenzt an das Unternehmen gebunden werden
  • Rückzahlungsvorbehalte für Weihnachtsgeldleistungen in einer Höhe bis zu 100 Euro sind unzulässig, dieses Geld kann der Arbeitgeber also nicht zurückfordern
  • Bei Weihnachtsgeld über 100 Euro, aber von weniger als einem Monatsgehalt darf der Stichtag für eine Rückzahlungsverpflichtung spätestens am 31. März des Folgejahres liegen. Entscheidend ist dabei, ob der Arbeitnehmer an diesem Tag noch im Unternehmen ist (selbst wenn der Arbeitsvertrag zu diesem Zeitpunkt schon gekündigt sein sollte)
  • Bei Weihnachtsgeld von einem oder mehr Monatsgehältern darf der Stichtag spätestens auf den 30. Juni des Folgejahres fallen
  • Streitig ist, inwieweit eine Rückzahlungsvereinbarung auch dann zulässig ist, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt kündigt. Dies soll grundsätzlich möglich sein (BAG v. 18.01.2012 – Az. 10 AZR 667/10)

Beispiel 3: Erhält ein Arbeitnehmer mit einem Lohn von 3.000 Euro ein Weihnachtsgeld von 1.500 Euro (jeweils Brutto), darf dieses nicht zurückgefordert werden, wenn der Arbeitnehmer am 31. März des Folgejahres noch im Unternehmen weilt. Ob zu diesem Zeitpunkt bereits eine Kündigung ausgesprochen wurde ist dagegen irrelevant.

Beispiel 4: Erhält ein Arbeitnehmer mit einem Monatsgehalt von 3.000 Euro ein volles Gehalt als Weihnachtsgeld (3.000 Euro), darf dieses nicht mehr zurückgefordert werden, wenn der Arbeitnehmer am 30. Juni des Folgejahres noch einen gültigen Arbeitsvertrag im Unternehmen hat. Dies gilt selbst dann, wenn der Arbeitsvertrag zum 30. Juni beendet wurde oder der Arbeitnehmer an diesem Datum bereits von der Arbeit freigestellt ist.

Infografik_Rückzahlung_V3_17122015

5. Fazit und Praxistipp

Gerade bei der (Rück)zahlung von Weihnachtsgeld gilt: Entscheidend für die Wirksamkeit einer Regelung ist oft die genaue Formulierung, also der genaue Wortlaut der Regelung im Arbeitsvertrag, der Betriebsvereinbarung oder dem Tarifvertrag.

Die Rechtsprechung zum Thema „Weihnachtsgeld“ ist sehr umfangreich. Neben der Frage, inwieweit eine Kürzung des Weihnachtsgeldes wegen Kündigung zulässig ist, spielt natürlich auch der Aspekt eine Rolle, ob die in Rede stehende Weihnachtsgeldregelung überhaupt einer rechtlichen Überprüfung standhält. Viele Regelungen scheitern an einer AGB-Kontrolle wegen unangemessener Benachteiligung (des Arbeitnehmers) nach § 307 BGB. Arbeitsvertragliche Differenzierungen über die Höhe des Weihnachtsgeldes sind natürlich möglich. Wird allerdings zwischen verschiedenen Betriebsangehörigen unterschieden, wieviel Weihnachtsgeld diese jeweils erhalten, muss stets klar ersichtlich sein, worin der sachliche Grund für diese Differenzierung besteht.

6. Video