1. Die Schwangerschaft im Arbeitsrecht
  2. Behördliche Ausnahmegenehmigung möglich
  3. Mitteilungspflicht der Schwangeren
  4. Kündigung durch die Schwangere
  5. Schwanger bei der Bewerbung
  6. Schwangerschaft in der Probezeit
  7. Befristete Arbeitsverhältnisse
  8. Video
  9. Fazit

1. Die Schwangerschaft im Arbeitsrecht

Aus gutem Grund sind werdende Mütter im Arbeitsrecht besonders geschützt. Das gilt insbesondere für die Kündigung von Schwangeren, die der Gesetzgeber möglichst verhindern will. Wir geben Ihnen einen Überblick über die wichtigsten gesetzlichen Vorschriften.

Grundsätzlich ist eine Kündigung während der Schwangerschaft nicht möglich. Das regelt § 17 des Mutterschutzgesetzes. Auch bis vier Monate nach der Entbindung ist die Mutter vor einer arbeitgeberseitigen Kündigung geschützt.

Sinn der Regelungen ist vor allem, die finanzielle Absicherung der werdenden Mutter zu gewährleisten und sie vor psychischen Belastungen durch den Druck einer Kündigung zu bewahren. Außerdem soll die Erholung und der Aufbau einer Mutter-Kind-Beziehung in den ersten Wochen nach der Entbindung gefördert werden. Zur finanziellen Absicherung erhält die Mutter für den Zeitraum unmittelbar vor und nach der Entbindung – also während des Beschäftigungsverbotes – Mutterschaftsgeld von der Krankenkasse, sowie einen Zuschuss vom Arbeitgeber.

Schwangerschaft und Mutterschaft stehen zudem unter dem besonderen Schutz des Grundgesetzes. In Artikel 6 Absatz 4 Grundgesetz heißt es: „Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.“

Über die Vorschriften zum Mutterschutz kann man sich deswegen fast nie hinwegsetzen. Das gilt sowohl für die Mutter, als auch für den Arbeitgeber.


2. Behördliche Ausnahmegenehmigung möglich

Ab dem Zeitpunkt, an dem die Arbeitnehmerin schwanger ist, besteht für den Arbeitgeber ein Kündigungsverbot, wenn die Arbeitnehmerin dem Arbeitgeber die Schwangerschaft (bis spätestens zwei Wochen nach einer Kündigung oder generell) mitteilt. Dieser ist dann verpflichtet, die Arbeitsbedingungen zu schaffen, welche die werdende Mutter physiologisch und psychologisch entlasten (zum Beispiel durch das Verbot schwerer körperlicher Arbeit und dem Schutz vor schädlichen Umwelteinflüssen).

Liegen allerdings (betriebs- oder verhaltensbedingte) Gründe vor, die nichts mit der Schwangerschaft zu tun haben, kann die zuständige oberste Landesbehörde eine Kündigung ausnahmsweise für zulässig erklären. Zum besonderen Schutz der Mutter sind besondere Formvorschriften an die Kündigung gebunden. Diese darf nur schriftlich erfolgen und muss den zulässigen und genehmigten Kündigungsgrund beinhalten.

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Genehmigung bei der zuständigen Aufsichtsbehörde einzuholen. In NRW sind das beispielsweise die Bezirksregierungen und in Hessen die Regierungspräsidien.

In anderen Bundesländern ist die zuständige Aufsichtsbehörde oft die Gewerbeaufsicht (z.B. in Bremen, Bayern und Niedersachsen).

Eine Übersicht über die zuständigen Aufsichtsbehörden der einzelnen Bundesländer finden Sie auf der Seite des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Diese Fälle sind in der Praxis sehr selten. Zum einen weil der Beweis, dass die Schwangerschaft nichts mit der Kündigung zu tun hat, äußerst selten gelingt, und zum anderen, weil die Gründe dafür (beispielsweise die Insolvenz des Arbeitgebers) selten vorliegen.

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ohne die erforderliche behördliche Zustimmung, kann er zur Zahlung einer Geldentschädigung verpflichtet sein.

Beispiel aus der Praxis: Die Kündigung einer Schwangeren stellt eine Benachteiligung wegen des Geschlechts nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) dar, die den Arbeitgeber zur Zahlung einer Entschädigung in Geld verpflichtet (Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 16.09.2015 – Az. 23 Sa 1045/15). Der Geschädigten wurde eine Entschädigung in Höhe von 1.500 Euro zugesprochen.

In dem Verfahren ging es um eine Rechtsanwaltsfachangestellte, die noch während ihrer Probezeit gekündigt wurde. Die Kündigung wurde in dem darauffolgenden Kündigungsschutzprozess für unwirksam erklärt, weil der Arbeitgeber nicht die erforderliche Zustimmung der Arbeitsschutzbehörde eingeholt hatte. Einige Monate später kündigte der Arbeitgeber der Frau erneut – auch diesmal ohne die erforderliche behördliche Zustimmung.

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3. Mitteilungspflicht der Schwangeren

Damit die (werdende) Mutter arbeitsrechtlich besonders geschützt ist, muss der Arbeitgeber natürlich auch wissen, dass sie schwanger ist. Deswegen besteht für Schwangere eine Mitteilungspflicht nach § 15 MuSchG. Danach sollen sie dem Arbeitgeber die Schwangerschaft und den erwarteten Geburtstermin mitteilen.

Das gilt natürlich erst ab dem Zeitpunkt, zu dem ihr die Schwangerschaft auch tatsächlich bekannt ist. In diesem Moment soll der Umstand dem Arbeitgeber unverzüglich mitgeteilt werden.

Eine Rechtspflicht zur unverzüglichen Mitteilung der Schwangerschaft kann sich allerdings aus bestimmten Treuepflichten gegenüber dem Arbeitgeber ergeben. Das kann z.B. der Fall sein, wenn die Arbeitnehmerin eine Schlüsselposition im Unternehmen besetzt und die Einarbeitung einer Vertretung längere Zeit in Anspruch nehmen würde. Auch wenn die Arbeitgeberinteressen dadurch berührt werden, dass aufgrund der Schwangerschaft Beschäftigungsverbote eingreifen (z.B. Verbot der Nachtarbeit), muss die Schwangerschaft unverzüglich mitgeteilt werden. Kommt die Schwangere dieser Rechtspflicht nicht nach, kann sie sich unter Umständen schadensersatzpflichtig machen.

Aus Gründen der Rechtssicherheit kann der Arbeitgeber zudem das „Zeugnis“ eines Arztes oder einer Hebamme verlangen, in dem die Schwangerschaft bestätigt und der voraussichtliche Geburtstermin genannt wird. Der genannte Termin bildet die Grundlage für die Fristberechnungen, etwa die Sechswochenfrist für das Beschäftigungsverbot vor der Entbindung. Für den häufigen Fall, dass der errechnete Geburtstermin nicht eingehalten wird, werden die Fristen entsprechend angepasst.

Zu Gunsten der Arbeitnehmerin wird vermutet, dass die Schwangerschaft und damit der Kündigungsschutz bereits 280 Tage vor dem errechneten Geburtstermin begonnen hat. Das hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 24.11.2022 erneut bestätigt (Az. 2 AZR 11/22) und damit einer Verkürzung der vermuteten Schwangerschaftsdauer auf 266 Tage eine Absage erteilt.
 
Dank dieser Vermutungsregel greift der Kündigungsschutz für Schwangere häufig schon vor dem tatsächlichen Schwangerschaftsbeginn.

Kündigt der Arbeitgeber vorher, also ohne, dass er von der Schwangerschaft Kenntnis hat, hat die Mutter bis zu zwei Wochen nach Zugang der Kündigung Zeit, ihn darüber in Kenntnis zu setzen. Verstreicht diese Frist, wird die Kündigung wirksam. Es gibt allerdings auch hier eine Ausnahme zu Gunsten der werdenden Mutter: Ist es ihr nicht möglich diese Frist einzuhalten, weil sie von der Schwangerschaft beispielsweise gar nichts weiß, kann sie die Mitteilung unverzüglich nach Bekanntwerden der Schwangerschaft nachholen. In diesem Fall erhält sie den vollen Kündigungsschutz.

Beispiel: Eine Arbeitnehmerin ist im ersten Monat schwanger und hat dies bislang nicht bemerkt. Ihr Arbeitgeber kündigt ihr und erst vier Wochen später bestätigen die Ärzte die Schwangerschaft. Wenn sie dem Arbeitgeber die Schwangerschaft sofort mitteilt, ist die „Verspätung“ unproblematisch. Dabei ist wichtig darauf hinzuweisen, dass die Schwangerschaft auch schon zum Zeitpunkt der Kündigung bestand (BAG 15.11.1990 AP Nr. 17 zu §9 MuSchG 1968).

4. Kündigung durch die Schwangere

Auch der umgekehrte Fall ist denkbar. Will eine Frau während der Schwangerschaft von sich aus kündigen, muss sie die Schutzvorschriften des Mutterschutzgesetzes nicht beachten. Ihre Kündigung ist auch zulässig, wenn der Arbeitgeber beispielsweise die Meldepflichten an die Aufsichtsbehörde verletzt hat (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 19. August 1982, Aktenzeichen: 2 AZR 116/81).


5. Schwanger bei der Bewerbung?

Viele Arbeitgeber sind nicht gerade erpicht darauf, eine schwangere Frau einzustellen. Unabhängig von ihrer Qualifikation fällt eine Schwangere mindestens 14 Wochen (sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Entbindung) aus. Währenddessen ist ihr Gehalt weiterhin zu zahlen und auch die Möglichkeit der Elternzeit steht im Raum. Das wirkt sich oft schon auf die Bewerberauswahl aus. Zwar dürfen Arbeitgeber Bewerberinnen nicht ablehnen, weil sie schwanger sind, in der Praxis finden Arbeitgeber aber viele Ausreden, warum sie einen anderen Bewerber vorziehen. Das Gegenteil zu beweisen ist meist unmöglich.

Viele Frauen verschweigen deshalb ihre Schwangerschaft in der Bewerbung, einige lügen sogar aktiv im Bewerbungsgespräch. Diese Praxis war lang umstritten, bis das Bundesarbeitsgericht vor einigen Jahren [BAG 15.10.1992 AP Nr. 8 zu § 611a BGB] erklärte, dass die Lüge im Bewerbungsgespräch in diesem Fall zulässig sei, um sich vor Diskriminierung wegen der Schwangerschaft zu schützen. Auch eine nachträgliche Anfechtung des Arbeitsvertrages kommt damit nicht in Betracht.

6. Schwangerschaft in der Probezeit

Der Grundsatz des § 17 MuSchG, dass schwangeren Arbeitnehmerinnen nicht gekündigt werden darf, gilt auch während der Probezeit.

Während Arbeitnehmern in der meist 6-monatigen Probezeit sonst mit einer Frist von zwei Wochen und ohne Angabe besonderer Gründe gekündigt werden kann, ist die Situation bei Schwangeren gänzlich anders:

Einer Mitarbeiterin, die in der Probezeit schwanger wird, kann der Arbeitgeber ab der Kenntnis der Schwangerschaft bis vier Monate nach der Geburt nur kündigen, wenn die zuständige Behörde die Kündigung zuvor ausdrücklich für zulässig erklärt hat. Kündigt er ihr, ohne von der Schwangerschaft zu wissen, ist die Kündigung auch dann unwirksam, wenn die Frau ihm innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung ihre Schwangerschaft mitteilt. Geht die Frau nach der Geburt in Elternzeit, so genießt sie auch danach weiter Kündigungsschutz.

Insgesamt wird das vereinfachte Kündigungsrecht in der Probezeit für Schwangere quasi komplett ausgehebelt.


7. Befristete Arbeitsverhältnisse

Das Mutterschutzgesetz, besonders der § 17 MuSchG, kommt nur bei arbeitgeberseitigen Kündigungen zur Anwendung (siehe oben). Läuft während der Schwangerschaft ein befristeter Arbeitsvertrag aus, endet das Arbeitsverhältnis ganz normal so, als wäre die Arbeitnehmerin nicht schwanger.

8. Video

9. Fazit

  • Ein Kündigungsverbot für Schwangere gilt von dem Moment an, in dem der Arbeitgeber von der Schwangerschaft in Kenntnis gesetzt wird bis vier Monaten nach der Entbindung.
  • Wusste der Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung nichts von der Schwangerschaft der Arbeitnehmerin, so kann ihm dies bis spätestens zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt werden.
  • Das Kündigungsverbot gilt auch während der Probezeit.
  • Die Kündigung einer schwangeren Frau ist trotz Kündigungsverbot nur mit einer behördlichen Zustimmung möglich.
  • Damit der Arbeitgeber die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der Schwangeren ergreifen kann, ist die Schwangere dazu angehalten, dem Arbeitgeber die Schwangerschaft mitzuteilen. Eine Pflicht zur Mitteilung besteht allerdings nur in Ausnahmefällen.
  • Auf befristete Arbeitsverträge wirkt sich das Kündigungsverbot nicht aus. Ein befristeter Vertrag endet also auch bei Vorliegen einer Schwangerschaft.