1. Streit über das Umgangsrecht
  2. Umgangsvereinbarung treffen
  3. Wie kann man eine Umgangsvereinbarung durchsetzen?
  4. Erst eine gerichtliche Vereinbarung kann vollstreckt werden
  5. Was passiert wenn man sich der Vollstreckung widersetzt?
  6. Vater kommt Umgangsrecht nicht nach – was tun?
  7. Fazit
  8. Praxistipp

1. Streit über das Umgangsrecht

Wie bereits von uns geschildert, herrscht zwischen getrennten Eltern immer wieder Streit über das Umgangsrecht. Gemeint ist das Recht des getrennt lebenden Elternteils, das eigene Kind bzw. die Kinder zu besuchen und den Kontakt zu halten. Wenn nach Scheidung das Sorgerecht z.B. der Mutter zugesprochen wurde, so hat auch der Vater ein Recht auf regelmäßigen Kontakt mit seinem Sohn bzw. seiner Tochter.

Praktisch kommt es häufiger vor, dass die Kinder bei der Mutter aufwachsen.

Vater und Mutter haben sich getrennt, der Vater ist ausgezogen. Sie haben gemeinsam beschlossen, dass der Sohn Jan bei der Mutter aufwachsen, aber regelmäßigen Kontakt zum Vater haben soll. Da der Vater berufstätig ist und nun weiter entfernt wohnt, vereinbaren sie, dass er Jan alle zwei Wochenenden mit dem Auto abholt und der Junge an beiden Tagen bei ihm wohnen soll.

Oft haben sich die Eltern freilich (scheinbar) darüber geeinigt, wie das Umgangsrecht ausgeübt werden soll. Dennoch bedeutet das nicht, dass es in solchen Fällen nicht zu Streitereien kommt – im Gegenteil. Vielfach entbrennen die Meinungsverschiedenheiten deshalb, weil sich ein Elternteil nicht an eine getroffene Vereinbarung hält, die Besuchsregelungen eigenmächtig ändert oder Konfliktpunkte auftauchen, die von beiden Eltern vorher nicht bedacht wurden. Streit kann dabei über alle Bestandteile des Umgangsrechts entstehen – also über die Häufigkeit oder Dauer eines Besuchs und ob das Kind beim Vater übernachten oder gar mit ihm in den Urlaub fahren darf.

Natürlich sollten Mutter und Vater in einem solchen Fall gemeinsam darauf hinwirken, sich an die gemachten Verabredungen zu halten oder einvernehmlich neue, etwa praktikablere Umgangsregeln aufzustellen. Lässt jedoch die Mutter das Umgangsrecht des Vaters fortwährend nicht zu, taucht irgendwann der Wunsch auf, das Umgangsrecht vor dem Familiengericht einzuklagen. Hat man dann ein entsprechendes Urteil odereinen Beschluss, kann dieser auch mit Zwangsmitteln durchgesetzt – also „vollstreckt“ – werden.

2. Umgangsvereinbarung treffen

Es bietet sich zunächst an, dass beide Elternteile eine Umgangsvereinbarung treffen, die alle wichtigen Punkte des Umgangs abdeckt. Dies mag dem einen oder anderen Elternteil zunächst etwas zu „reglementiert“ vorkommen. Doch oft herrscht gerade Streit über scheinbare „Trivialitäten“ – etwa zu welcher genauen Uhrzeit ein Kind abgeholt und wieder nach Hause gebracht wird. Je weiter der Vater weg wohnt, desto genauere Regelungen können angebracht sein.

Ganz wichtig: Die Vereinbarungen sollten schriftlich festgehalten werden. Denn nur dann gibt es im Streitfall eine gemeinsame Diskussionsgrundlage. Auch sollten sämtliche Regelungen gebündelt festgeschrieben werden – es ist wenig praktikabel, wenn man im Streitfall verschiedene E-Mails oder SMS-Textnachrichten hinzuziehen muss.

Die Vereinbarung sollte mögliche Ausnahmen und Sonderfälle abdecken. Eine Umgangsvereinbarung, die regelmäßige Besuchszeiten an den Wochenenden und längere Aufenthalte des Kindes bei Vater oder Mutter in Ferienzeiten festschreibt, sollte etwa Aussagen über folgende Punkte treffen:

  • An welchen Wochentagen und zu welcher genauen Uhrzeit wird das Kind abgeholt und wieder nach Hause gebracht?
  • Welche Regelungen gelten bei „langen Wochenenden“ und Feiertagen? Findet hier ein entsprechender Ausgleich statt (z.B. dass das Kind an hohen Feiertagen abwechselnd beim einen oder anderen Elternteil ist?)
  • Wie ist mit Besuchszeiten zu verfahren, wenn das Kind oder ein Elternteil krank wird?
  • Wie wird die An- und Abreise (bei größeren Entfernungen zum getrennten Elternteil) organisiert? Teilen sich (mit welcher Quote) die Eltern die Kosten?
  • Wo verbringt das Kind seinen Urlaub?

Natürlich kann (und sollte) nicht für jedes erdenkliche Detail und jede Eventualität eine Regelung getroffen werden. Die wichtigsten Punkte sollten aber abgedeckt sein. Grundsätzlich sind die Kosten für das Abholen und Zurückbringen des Kindes von dem Elternteil zu tragen, bei dem das Kind nicht wohnt.

Wir haben ein Muster für eine Umgangsvereinbarung erstellt, das Eltern sich kostenlos herunterladen und an Ihre individuelle Situation anpassen können.

Die Eltern sollten sich dabei bewusst machen, dass eine schriftliche Fixierung beiden Elternteilen und nicht zuletzt dem Kind dient. Eine schriftliche Umgangsvereinbarung, auf die vielleicht gar nicht zurückgegriffen werden muss ist besser, als wenn sich die Eltern gar nicht (mehr) einig sind, was geregelt wurde. Und dies geschieht meistens dann, wenn das Umgangsrecht nur mündlich vereinbart wurde, zumal das Verhältnis der Eltern zueinander ja häufig ohnehin eher angespannt ist.

3. Wie kann man eine Umgangsvereinbarung durchsetzen?

Eine (schriftliche) Umgangsvereinbarung dient auch als Grundlage dafür, diese „zur Not“ – also wenn sie von einem Elternteil wiederholt missachtet wird – zwangsweise durchzusetzen, also gerichtlich zu vollstrecken.

Eine (spätere) Vollstreckung ist nur dann möglich, wenn die Umgangsvereinbarung überhaupt vollstreckungsfähig ist. Dafür muss die Umgangsvereinbarung hinreichend konkrete Angaben darüber enthalten, wie das Umgangsrecht konkret ausgeübt werden soll. Hier sind genaue Angaben über Art, Ort und Zeit des Umgangs erforderlich. Denn nur dann ist es auch möglich, im Falle einer Zuwiderhandlung (z.B. Kind wird nicht rechtzeitig abgeholt) konkrete Maßnahmen zur Vollstreckung anzuordnen, etwa Anordnung und Festsetzung eines Ordnungsgeldes (vgl. BGH v. 01.02.2012 – Az. XII ZB 188/11).

Grundsätzlich gilt: Je genauer die getroffenen Vereinbarungen formuliert sind, desto kleiner ist sowohl die Gefahr von Meinungsverschiedenheiten zwischen den Eltern als auch die einer fehlenden Vollstreckungsfähigkeit. Dies betrifft insbesondere die Frage, wie das Abholen und Zurückbringen des Kindes organisiert werden und ob den anderen Elternteil dabei Mitwirkungspflichten treffen (z.B. Hinbringen des Kindes zum Bahnhof, an dem Vater wartet).

4. Erst eine gerichtliche Entscheidung kann vollstreckt werden

Eine einfache Vereinbarung zwischen den Eltern kann freilich noch nicht vollstreckt werden. Dafür ist ein (gerichtlicher) Umgangstitel auf Grundlage der Umgangsvereinbarung notwendig. Wer dies anstrebt, kann eine Regelung des Umgangsrechts vor Gericht mit Hilfe eines Anwalts beantragen. Dieser Antrag wird dann der Mutter weitergeleitet.

Der Vergleich kann durch das Gericht gebilligt werden, wenn dieser dem Kindeswohl nicht zuwiderläuft. Das bedeutet, dass das Gericht überprüft, ob die Regelung auch dem Kind dient. Will sich das Kind selbst gar nicht mit dem Vater treffen, muss das Gericht prüfen, ob dieser Wille beachtlich ist. Je älter und reifer das Kind, desto schwerer wird es sein, eine Umgangsvereinbarung gegen den Willen des Kindes durchzusetzen. Wird ein Vergleich gerichtlich gebilligt, erwächst dadurch ein gerichtlich vollstreckbarer Titel.

Die Billigung eines Umgangsrechtsvergleichs ist auch im Rahmen eines anderen Verfahrens (z.B. Sorgerechtsstreit) möglich. Zudem kann ein gerichtliches Vermittlungsverfahren (§ 165 FamFG) durchgeführt werden. Dieses stellt ein Instrument dar, eine zwangsweise Vollstreckung zu verhindern und doch noch eine gütliche Einigung der Eltern zu erreichen. Das Vermittlungsverfahren ist jedoch keine Voraussetzung für eine spätere Vollstreckung des Umgangstitels. Wird ein Vergleich gerichtlich gebilligt, erwächst dadurch ein gerichtlich vollstreckbarer Titel (§ 86 Abs. 1 Nr. 2 FamFG).

5. Was passiert, wenn man sich der Vollstreckung widersetzt?

Wird ein Umgangstitel vollstreckt, kann das Familiengericht für den Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld verhängen. Verspricht das keinen Erfolg, ist es sogar möglich, die Mutter in Ordnungshaft zu nehmen (§ 89 FamFG). Auch die Anordnung „unmittelbaren Zwangs“ ist denkbar. Dies gilt allerdings nur gegenüber dem Elternteil, der sich nicht an die Umgangsvereinbarung hält – unmittelbarer Zwang gegen das Kind ist dagegen nicht möglich. Erforderlich ist, dass die Mutter angehört wird, bevor gegen sie vollstreckt werden soll. Vor der Vollstreckung muss dieser auf die Folgen einer Zuwiderhandlung (d.h. die angedrohten Ordnungsmittel, etwa ein Ordnungsgeld) hingewiesen werden.

Wer das Umgangsrecht des Vaters vereitelt, muss also damit rechnen, dass das Umgangsrecht zwangsweise durchgesetzt wird. In extremen Fällen einer mutwilligen „Vereitelung“ des Umgangsrechts drohen sogar Konsequenzen für das Sorgerecht. Dieses kann in einem solchen Fall teilweise oder sogar vollständig entzogen werden. Auch kann eine Ergänzungspflegschaft bestellt werden – das Kind ist dann zur Vermeidung von persönlichen Konflikten an den Pfleger zu übergeben (vgl. OLG Frankfurt v. 03.09.2002 – Az. 3 WF 210/02).

6. Vater kommt Umgangsrecht nicht nach – was tun?

Wie ist der (umgekehrte) Fall zu behandeln, dass der Vater sein Umgangsrecht zwar ausüben könnte, dies aber nicht tut? Kann man auch hier das Umgangsrecht zwangsweise durchsetzen?

Das Bundesverfassungsgericht (Urt. v. 01.04.2008 – Az. 1 BvR 1620/04) hat hierzu ausgeführt:

  • Grundsätzlich ist es möglich, einen umgangsunwilligen Elternteil dazu zu verpflichten, sein Umgangsrecht auszuüben, wenn dies dem Kindeswohl dient.
  •  Kann das Umgangsrecht allerdings fortgesetzt nur unter Durchführung von Zwangsmitteln durchgesetzt werden, dient dies regelmäßig nicht mehr der Entwicklung des Kindes.

Oft genügt es schon, damit zu „drohen“, das Umgangsrecht notfalls gerichtlich durchzusetzen. Denn meist sind liegt es nicht daran, dass der Vater das Kind nicht sehen will, sondern lediglich unzuverlässig ist und immer wieder verabredete Termine zum Besuch oder Abholung des Kindes versäumt.

7. Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen:

  • Das Umgangsrecht wird meistens dann eingeklagt, wenn zwischen den Eltern getroffene Vereinbarungen zum Umgangsrecht fortwährend nicht eingehalten werden
  • Es empfiehlt sich eine schriftliche Vereinbarung, die die wesentlichen Eckpunkte des Umgangsrechts festschreibt
  • Nur hinreichend konkrete Umgangsvereinbarungen können später vollstreckt werden
  • Zur Vollstreckung muss auf Grundlage der Umgangsvereinbarung ein vollstreckbarer Titel erwirkt werden
  • Die Vollstreckung kann durch eine Auferlegung von Ordnungsgeld oder gar Ordnungshaft durchgeführt werden
  • Denkbar ist auch eine Vollstreckung des Umgangsrechts in der Form, dass auch ein fehlender Umgang (Umgangsboykott) eines Elternteils erzwungen werden kann.

8. Praxistipp

Man sollte nie vergessen, dass die Situation mit getrennten Eltern für das Kind eine enorme Belastung ist. Diese Belastung wird durch eine zwangsweise Durchsetzung des Umgangsrechts natürlich noch verstärkt. Denn „Scheidungskinder“ projizieren eine Trennung ohnehin oft auf sich selbst, d.h. sie fühlen sich „mitverantwortlich“ für die Trennung der Eltern. Probleme beim Umgangsrecht werden oft als (zusätzliche) Ablehnung empfunden. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Vater sein Umgangsrecht nicht wahrnimmt.

Eine rechtzeitige und verbindliche Umgangsregelung dient letztlich auch dazu, es gar nicht zu einer Eskalation und zwangsweisen Durchsetzung kommen zu lassen – diese sollte „ultima ratio“ bleiben.