1. Lohnfortzahlung auch nach einer Kündigung

Eine Kündigung – egal ob durch den Arbeitnehmer oder den Arbeitgeber – beendet das Arbeitsverhältnis nicht unmittelbar, sondern erst mit Ablauf der Kündigungsfrist. Innerhalb dieser Kündigungsfrist muss der Arbeitgeber seinem erkrankten Arbeitnehmer den Lohn weiterzahlen, sofern eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AUB) vorliegt (§ 3 und § 8 Abs. 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes – EFZG).

Erst mit dem Ablauf der Kündigungsfrist – also nach dem Ende der Beschäftigung – ist § 3 EFZG nicht mehr anwendbar und der weiterhin krankgeschriebene Arbeitnehmer erhält Krankengeld (§ 44 SGB V).


2. Frist für Kündigungsschutzklage auch bei Krankheit

Arbeitnehmer können die (Un-)Zulässigkeit einer Kündigung durch den Arbeitgeber gerichtlich überprüfen lassen, indem sie eine Kündigungsschutzklage einreichen.

Erkrankt der Arbeitnehmer nach Erhalt der Kündigung, hat dies keinen Einfluss auf die Fristen für seine Kündigungsschutzklage.

Diese muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung eingereicht werden und verlängert sich nicht aufgrund der Erkrankung.

Nach Ablauf dieser Frist kann der Arbeitnehmer nicht mehr gegen die Kündigung vorgehen, selbst wenn diese eigentlich unwirksam ist. Daher ist schnelles Handeln trotz Krankheit essenziell.

Tipp für Arbeitnehmer: Notieren Sie das Fristende in Ihren Kalender, um sich gerichtlich gegen die Kündigung wehren zu können.

3. Krankmeldung und AUB auch nach Kündigung

Auch nach einer Kündigung müssen Arbeitnehmer ihren arbeitsvertraglichen Pflichten im Krankheitsfall nachkommen, denn diese bestehen bis zum letzten Tag des Arbeitsverhältnisses.

Zwei wesentliche Pflichten sind dabei von besonderer Bedeutung:

  1. Mitteilungspflicht: Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, den Arbeitgeber darüber zu informieren, dass er aufgrund einer Krankheit arbeitsunfähig ist. Dabei müssen keine Diagnosen oder Details zur Erkrankung genannt werden. Die Mitteilung sollte so früh wie möglich erfolgen, vorzugsweise vor Beginn der regulären Arbeitszeit. Die Form der Krankmeldung kann telefonisch, per E-Mail oder über andere Kommunikationswege erfolgen, soweit dies der Vereinbarung mit dem Arbeitgeber entspricht.
  2. Nachweispflicht: Eine ärztliche AUB muss spätestens am vierten Tag der Erkrankung vorliegen. Manche Arbeitgeber verlangen diese allerdings bereits am ersten Tag.

4. Verdacht auf vorgetäuschte Krankheit: Möglichkeiten für Arbeitnehmer und Arbeitgeber

Dem Arbeitnehmer steht es grundsätzlich frei, sich nach einer Kündigung krankschreiben zu lassen. Eine Krankschreibung bzw. AUB hat allerdings eventuell nicht die üblicherweise hohe Beweiskraft, wenn diese zeitlich genau bis zum Ende der Anstellung reicht.

Der Arbeitgeber möchte berechtigterweise erfahren, ob sein Noch-Mitarbeiter tatsächlich krank ist oder ob dieser seinen Gesundheitszustand nur vortäuscht. Zur Aufklärung kann der Arbeitgeber…

  • das Gespräch mit dem Arbeitnehmer und/oder mit dem behandelnden Arzt suchen, allerdings müssen sich weder der betroffene Mitarbeiter noch sein Arzt hierzu äußern. So kann es passieren, dass der Arbeitgeber mit offenen Fragen zurückbleibt.
  • außerdem die Krankenkasse des Arbeitnehmers auffordern, die Arbeitsunfähigkeit durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) überprüfen zu lassen (§ 275 SGB V). Die Krankenkasse entscheidet, ob und wie die Arbeitsunfähigkeit überprüft wird.
Wenn die Erkrankung tatsächlich nur vorgetäuscht war, riskieren Arbeitnehmer nicht nur eine fristlose Kündigung, sondern auch Schadensersatzansprüche oder ggf. eine Strafanzeige durch den Arbeitgeber.

Ein Schadensersatzanspruch ergibt sich für den Arbeitgeber aus § 823 BGB (unerlaubte Handlung) oder § 280 BGB (Vertragspflichtverletzung), wobei der Schaden in erster Linie in dem unrechtmäßig fortgezahlten Lohn für die Dauer der vorgetäuschten Krankheit besteht. Zusätzlich können weitere ersatzfähige Kosten entstehen, die dem Arbeitgeber zur Aufklärung des Krankheitsfalles entstanden sind, wie beispielsweise die Kosten eines Detektiveinsatzes. Diese unfreiwillige Einbuße hat der Arbeitnehmer ebenfalls zu tragen. Zudem kann das Vortäuschen einer Krankheit als Betrug gewertet werden kann und somit strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Um eine Krankheit zu beweisen, können betroffene Arbeitnehmer ihren behandelnden Arzt als Zeugen benennen und von der ärztlichen Schweigepflicht entbinden. Diese erhöhte Nachweispflicht trifft den Arbeitnehmer jedoch erst, wenn der Arbeitgeber vorher den Nachweis erbringt, dass die Krankheit vorgetäuscht wurde (z.B. durch Zeugenaussagen von Kollegen oder Kunden, die den Arbeitnehmer bei Tätigkeiten beobachtet haben oder Abweichungen zwischen ärztlichen Diagnosen).
Für die Beurteilung des Beweiswerts einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist es nach Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (siehe beispielsweise Az.: 5 AZR 137/23) unerheblich, ob die Kündigung vom Arbeitgeber oder Arbeitnehmer ausgesprochen wurde und ob es sich um eine AUB oder mehrere handelt. Es kommt vielmehr stets auf die Bewertung des Einzelfalls an.

5. Anspruch auf Resturlaub auch bei Erkrankung nach Kündigung

Der Arbeitnehmer sollte trotz Kündigung den verbliebenen Resturlaub bis zum tatsächlichen Ende seiner Anstellung beantragt haben. Ist dies aus persönlichen, organisatorischen oder geschäftlichen Gründen nicht möglich, muss der Arbeitgeber die übrigen Urlaubstage abgelten, also finanziell vergüten (vgl. § 7 Abs. 4 BUrlG).

Die Krankschreibung nach einer Kündigung ändert daran nichts und lässt die Ansprüche auf Resturlaub bzw. den Abgeltungsanspruch nicht verfallen.

6. Fazit

  • Der Anspruch auf Lohnfortzahlung besteht während der gesamten Kündigungsfrist, nach Ende der Beschäftigung zahlt die Krankenkasse Krankengeld.
  • Eine Erkrankung nach Erhalt der Kündigung hat keinen Einfluss auf die Fristen für eine Kündigungsschutzklage.
  • Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hat grundsätzlich einen hohen Beweiswert. Der Arbeitgeber kann die Echtheit der AUB aber anzweifeln und das Attest anfechten, insbesondere wenn dieses auffällig genau bis zum Ende der Kündigungsfrist reicht.
  • Der Arbeitnehmer muss seine Arbeitsunfähigkeit ggf. nachweisen, z. B. durch die Entbindung seines Arztes von der Schweigepflicht. Gelingt der Nachweis nicht, droht der Verlust des Entgeltanspruchs.
  • Eine Arbeitsunfähigkeit nach Kündigung hat keinen Einfluss auf den Anspruch auf den Resturlaub bzw. dessen Auszahlung.

7. Was wir für Sie tun können

  • Wir erörtern in einem ersten Beratungsgespräch Ihre rechtliche Situation und klären Sie über mögliche Vorgehensweisen und deren Erfolgschancen auf.
  • Sollte Ihr Arbeitgeber Ihre Krankmeldung oder deren Dauer infrage stellen, beraten wir Sie gern zu möglichen Verteidigungsstrategien.
  • Bei einem Streit um eine durch Ihren Arbeitgeber verweigerte Lohnfortzahlung wegen Anzweifelns Ihrer Krankheit, leiten wir ebenfalls gerne die erforderlichen rechtlichen Schritte für Sie ein.
  • In einem ersten Beratungsgespräch informieren wir Sie über Möglichkeiten, gegen verspätete oder ausgebliebene Krankmeldungen/AUB vorzugehen.
  • Bei der Formulierung von Abmahnungen sind einige Fallstricke zu beachten. Wir verfassen das Schreiben für Sie rechtssicher.
  • Im äußersten Fall kann auch eine Klage sinnvoll sein. Natürlich vertreten wir Sie auch vor Gericht.