- Wie funktioniert ein Aufhebungsvertrag wegen Krankheit?
- Wann ist ein Aufhebungsvertrag wegen Krankheit sinnvoll?
- Besteht bei einem Aufhebungsvertrag wegen Krankheit ein Anspruch auf Abfindung?
- Nachteile und Risiken eines Aufhebungsvertrags wegen Krankheit
- Mögliche Sperrzeit beim Arbeitslosengeld
- Was passiert mit dem Krankengeld?
- Resturlaub im Aufhebungsvertrag wegen Krankheit regeln
- Fazit
1. Wie funktioniert ein Aufhebungsvertrag wegen Krankheit?
Damit der Vertrag wirksam wird, muss er die Schriftform wahren, § 623 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Der Vertragstext muss also von beiden Seiten unterschrieben werden. Eine mündliche Vereinbarung oder eine Einigung via E-Mail reichen nicht aus.
In der Praxis bekommt der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber in aller Regel einen fertigen Vertragstext vorgelegt, den er nur noch unterschreiben muss. Das Angebot einer Abfindung soll dabei häufig die Motivation des Arbeitnehmers zur Unterschrift des Aufhebungsvertrags erhöhen.
Sobald der Aufhebungsvertrag wirksam geworden ist, kann er nur noch ausnahmsweise rückgängig gemacht werden. Folgende Situationen sind dabei denkbar:
- Eine Anfechtung gemäß §§ 119 ff. BGB kommt in Frage, wenn der Arbeitnehmer durch Irrtum, arglistige Täuschung oder widerrechtliche Drohung zum Unterschreiben des Aufhebungsvertrags gebracht wurde.
- Verstoß gegen ein gesetzliches Gebot: Darunter fallen z. B. Regelungen zur Beendigung eines Arbeitsverhältnisses, die gegen zwingende Vorschriften des Kündigungsschutzes verstoßen.
- Ein Verstoß gegen die guten Sitten ist denkbar, wenn der Arbeitnehmer mit besonderer Härte zur Unterschrift gedrängt wird, nicht dagegen schon bei fehlender Bedenkzeit.
- Das Bundesarbeitsgericht (BAG) stellte eine Missachtung des Gebots fairen Verhandelns fest, wenn die Verhandlungen zu ungewöhnlichen Zeiten oder an ungewöhnlichen Orten stattfinden und der Arbeitnehmer dadurch überrumpelt wird (BAG, Urteil vom 7.2.2019, Az. 6 AZR 75/18).
2. Wann ist ein Aufhebungsvertrag wegen Krankheit sinnvoll?
Wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber im Krankheitsfall das Arbeitsverhältnis einvernehmlich beenden wollen, bietet ein Aufhebungsvertrag einige Vorteile. Daher sollten auch Arbeitnehmer prüfen, ob ein Aufhebungsvertrag für sie in Frage kommt.
Vorteile für beide Seiten
Gegenüber einer Kündigung ist ein Aufhebungsvertrag deutlich flexibler in der Gestaltung. Die Parteien können sich auf ein bestimmtes Enddatum einigen, ohne an starre Kündigungsfristen gebunden zu sein.
Weitere Vorteile für den Arbeitgeber
- Insbesondere bei länger andauernden Krankheiten besteht für Arbeitgeber eine gewisse Planungsunsicherheit, ob und wann ein erkrankter Mitarbeiter wieder an seinen Arbeitsplatz zurückkehrt. Wenn der Arbeitgeber die Stelle neu besetzen will, ist eine Kündigung wegen Krankheit immer mit dem Risiko einer Kündigungsschutzklage verbunden. Mit einem Aufhebungsvertrag hingegen kann ein langwieriges und teures Gerichtsverfahren vor dem Arbeitsgericht vermieden werden.
- Zudem muss der Betriebsrat nicht angehört werden.
Weitere Vorteile für den Arbeitnehmer
- Gerade Arbeitnehmer können davon profitieren, dass der Arbeitgeber sie loswerden möchte, da sich dann häufig eine höhere Abfindung verhandeln lässt.
- Ohne starre Kündigungsvorschriften können Arbeitnehmer schnell in einen neuen Job wechseln, der besser zu ihrem Gesundheitszustand passt.
- Darüber hinaus sieht es im Arbeitszeugnis für künftige Bewerbungen besser aus, wenn das Arbeitsverhältnis einvernehmlich beendet wird.
- Auch, wenn der Krankengeldbezug bald ausläuft, kann ein Aufhebungsvertrag für den Arbeitnehmer sinnvoll sein.
Praxistipp für Arbeitnehmer, die einen Aufhebungsvertrag vereinbaren möchten: Bei der Bitte um eine Aufhebung des Arbeitsvertrages sollten Arbeitnehmer das persönliche Gespräch mit dem Chef suchen und ihre Beweggründe vortragen. Dies ist zwar nicht erforderlich, fördert aber das Verständnis auf Arbeitgeberseite. Dabei sollte schriftlich eine Frist zur Rückmeldung vereinbart werden. Reagiert der Arbeitgeber nicht zeitnah, kann der Arbeitnehmer immer noch fristgemäß kündigen.
Im nächsten Abschnitt erläutern wir Ihnen, wie in dieser Situation Ihre Chancen auf eine Abfindung stehen.
3. Besteht bei einem Aufhebungsvertrag wegen Krankheit ein Anspruch auf Abfindung?
Es besteht zwar kein gesetzlicher Anspruch auf die Zahlung einer Abfindung, bei den meisten Aufhebungsverträgen wird jedoch eine Abfindung vereinbart. Die Höhe der Abfindungszahlung hängt von den individuellen Umständen und dem Verhandlungsgeschick ab.
Grundsätzlich sind die Chancen auf eine Abfindung deutlich höher, wenn der Arbeitgeber den kranken Mitarbeiter loswerden möchte. Um einen teuren Kündigungsschutzprozess mit ungewissem Ausgang zu vermeiden, sind Arbeitgeber in aller Regel bereit, eine höhere Abfindung zu zahlen.
Im Hinblick auf die Höhe ist in der Praxis folgende Formel weit verbreitet:
Abfindung = halbes Bruttogehalt x Beschäftigungsjahre.
Rechenbeispiel: Ein Arbeitnehmer verdient 6.000 Euro brutto und schließt nach zehnjähriger Tätigkeit einen Aufhebungsvertrag mit seinem Arbeitgeber. Dann beträgt seine Abfindung nach der Faustformel 3.000 Euro (halbes Bruttogehalt) x 10 (Beschäftigungsjahre) = 30.000 Euro.
Dies ist allerdings nur ein Näherungswert. Denn je schlechter die Aussichten für eine reguläre Kündigung, desto besser stehen die Chancen auf eine höhere Abfindung. Auch kann ein Arbeitnehmer mehr herausholen, wenn er weiß, dass der Arbeitgeber den Posten zeitnah neu besetzen will. Um den eigenen Marktwert zu bestimmen und unter den gegebenen Umständen eine möglichst hohe Abfindung zu erzielen, sollte unbedingt ein Rechtsanwalt für Arbeitsrecht mit an Bord genommen werden.
Mit unserem kostenlosen Abfindungsrechner können Sie schnell die voraussichtliche Höhe Ihrer Abfindung ermitteln.
4. Nachteile und Risiken eines Aufhebungsvertrags wegen Krankheit
Die Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrags muss sorgfältig geprüft werden. Einmal unterschrieben, gibt es in der Regel kein Zurück. Der Arbeitnehmer kann sich nicht mehr auf Vorschriften des Kündigungsschutzes berufen und verliert seinen Job.
Darüber hinaus droht bei einem Aufhebungsvertrag eine Sperrzeit bei Arbeitslosengeld und Krankengeld von drei Monaten.
Bei Vereinbarung einer Abfindung ist zu beachten, dass diese zu einem Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld führen kann. Dies gilt jedoch nur, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Aufhebungsvertrag früher endet als die arbeitsvertragliche Kündigungsfrist.
5. Mögliche Sperrzeit beim Arbeitslosengeld
Mit einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld bis zu zwölf Wochen muss ein Arbeitnehmer immer dann rechnen, wenn er das Arbeitsverhältnis selbst kündigt oder einen Aufhebungsvertrag abschließt, ohne einen wichtigen Grund dafür zu haben. Eigenkündigung und Aufhebungsvertrag sind insoweit gleichgestellt.
Ob eine Krankheit einen wichtigen Grund darstellt, ist immer im Einzelfall zu beurteilen. Grundsätzlich gilt, dass bei einem Aufhebungsvertrag aus gesundheitlichen Gründen eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt sein muss, damit keine Sperrzeit verhängt wird:
- Kündigung droht: Den Arbeitnehmer erwartet aufgrund seiner Krankheit aus betrieblichen oder personenbezogenen Gründen eine Kündigung. Der Aufhebungsvertrag darf in diesem Fall das Arbeitsverhältnis nicht vor Ablauf der vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist beenden. Ist die vereinbarte Abfindung im Aufhebungsvertrag deutlich höher als allgemein üblich, prüft die Arbeitsagentur darüber hinaus, ob die angedrohte Kündigung wirksam gewesen wäre.
- Arbeit aus gesundheitlichen Gründen unzumutbar: Unabhängig vom Androhen einer Kündigung kann die Krankheit selbst den Arbeitnehmer so beeinträchtigen, dass ihm eine weitere Tätigkeit nicht mehr zumutbar ist. Dies muss ärztlich bestätigt werden.
6. Was passiert mit dem Krankengeld?
Wann gibt es Krankengeld?
Privat Versicherte können einen Anspruch auf Krankengeld geltend machen, wenn sie bei ihrer Krankenversicherung eine Krankentagegeld-Versicherung abgeschlossen haben.
Kein Krankengeld während Sperrzeit
Wird bei einem Aufhebungsvertrag aus gesundheitlichen Gründen die Erkrankung des Arbeitnehmers nicht als wichtiger Grund anerkannt, wird neben dem Arbeitslosengeld auch das Krankengeld bis zu 12 Wochen gesperrt.
Wird eine Abfindung auf das Krankengeld angerechnet?
Grundsätzlich hat eine Abfindung keinen Einfluss auf die Höhe des Krankengelds. Dies gilt jedenfalls für “echte Abfindungen”, also solche, die den Arbeitnehmer für den Verlust des Arbeitsplatzes entschädigen sollen.
7. Resturlaub im Aufhebungsvertrag wegen Krankheit regeln
Wenn ein Arbeitnehmer krankgeschrieben ist, kann er keinen Urlaub in Anspruch nehmen, baut aber zugleich weitere Urlaubsansprüche auf. Bei Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrags läuft der Arbeitnehmer dann allerdings Gefahr, seine Urlaubsansprüche zu verlieren, denn häufig enthalten Aufhebungsverträge Erledigungsklauseln, wonach mit dem Aufhebungsvertrag alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis abgegolten sind.
Zwar kann gem. § 13 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) nicht wirksam auf den Mindesturlaubsanspruch von 20 Tagen verzichtet werden. Darüber hinausgehende Urlaubsansprüche können jedoch von einer Abgeltungsklausel wirksam erfasst werden.
8. Fazit
- Ein Aufhebungsvertrag wegen Krankheit muss schriftlich vereinbart werden und beendet das Arbeitsverhältnis meist unwiderruflich.
- Arbeitgeber können mit einem Aufhebungsvertrag einen teuren und ungewissen Kündigungsschutzprozess vermeiden, Arbeitnehmer eine attraktive Abfindung aushandeln.
- Ein Aufhebungsvertrag wegen Krankheit kann zu einer Sperrzeit bei Arbeitslosengeld und Krankengeld führen.
- Im Vertrag sollte eine ausdrückliche Regelung zum Resturlaub getroffen werden.
- Eine echte Abfindung wird nicht auf das Krankengeld angerechnet.