1. Gibt es überhaupt einen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis?

Jeder Arbeitnehmer – ob Aushilfe, Minijobber oder Mitarbeiter in Voll- oder Teilzeit – hat bei Beendigung seines Arbeitsverhältnisses gemäß § 109 Abs. 1 der Gewerbeordnung (GewO) Anspruch auf ein Arbeitszeugnis, unabhängig von der Dauer seiner Beschäftigung. Dieses muss mindestens die Art und Dauer der ausgeübten Tätigkeit angeben (einfaches Zeugnis).

Wenn der Arbeitnehmer es verlangt, muss der Arbeitgeber auch ein qualifiziertes Zeugnis ausstellen, das darüber hinaus eine Beurteilung zu Leistung und Verhalten des Arbeitnehmers enthält. Dieses ist besonders für Bewerbungen wichtig, da es ein umfassenderes Bild des Arbeitnehmers vermittelt.

Während des laufenden Arbeitsverhältnisses kann ein Mitarbeiter ein Zwischenzeugnis fordern. Liegt ein nachvollziehbarer Grund vor – etwa eine interne Versetzung oder ein Wechsel des Vorgesetzten – muss der Arbeitgeber das Zeugnis unverzüglich ausstellen.


2. Gründe zur Anfechtung eines Arbeitszeugnisses

Viele Arbeitszeugnisse weisen Fehler auf, die eine Anfechtung begründen können. Dabei kann es sich um formale oder inhaltliche Fehler handeln.

Formale Anforderungen eines Arbeitszeugnisses

Die wichtigsten formalen Anforderungen im Überblick:

  • Schriftliche Erteilung (seit dem 1. Januar 2025 auch in elektronischer Form mit einer qualifizierten elektronischen Signatur möglich, sofern der Arbeitnehmer einverstanden ist)
  • Unterschrift des Arbeitgebers bzw. dessen Vertreters im Original
  • Name und Anschrift des Arbeitgebers
  • Ordentlich und sauber: Keine Flecken, Eselsohren, Durchstreichungen oder Rechtschreibfehler
  • Aufzählungen nur bei Tätigkeitsbeschreibungen, nicht bei Beurteilungen von Leistung und Verhalten
  • Korrekte Struktur/Gliederung des Arbeitszeugnisses

Inhaltliche Anforderungen eines Arbeitszeugnisses

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, ein wahrheitsgemäßes Zeugnis auszustellen und darf keine unrichtigen oder geschönten Angaben machen. Gleichzeitig muss es wohlwollend formuliert sein, damit es das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers nicht ungerechtfertigt erschwert. Auch missverständliche oder zweideutige Formulierungen sind angreifbar.

Häufig sind Arbeitnehmer mit ihrer Leistungsbeurteilung unzufrieden. Unzulässig ist es etwa, dass der Arbeitgeber die Arbeitsweise des Mitarbeiters offen kritisiert oder – um dies zu umgehen – Geheimcodes verwendet, die eigentlich das Gegenteil dessen ausdrücken, was der Arbeitgeber meint. Auch die Auslassung von herausragenden Leistungen wie z. B. eine gute Teamleitung schadet dem Arbeitnehmer und ist damit anfechtbar.

3. Wie kann man ein Arbeitszeugnis anfechten?

Da ein Arbeitszeugnis entscheidend für das berufliche Weiterkommen des Arbeitnehmers ist, sollte es nach Erhalt genau auf Fehler untersucht werden. Verwendet der Arbeitgeber Geheimcodes, ist das Zeugnis womöglich gar nicht so positiv, wie es auf den ersten Blick scheint. Daher kann es sich lohnen, das Zeugnis von einem Rechtsanwalt für Arbeitsrecht prüfen zu lassen.

Ist ein Arbeitnehmer mit seinem Arbeitszeugnis unzufrieden, weil er sich ungerecht beurteilt fühlt oder das Zeugnis formale Fehler enthält, sollte er wie folgt vorgehen:

Gespräch mit dem Arbeitgeber

Er sollte zunächst das Gespräch mit seinem Arbeitgeber suchen und klar darlegen, warum er das Arbeitszeugnis beanstandet und eine Überarbeitung wünscht.

Oft zeigen sich Arbeitgeber an dieser Stelle bereits kompromissbereit, da Fehler im Zeugnis nicht immer auf böse Absicht zurückzuführen sind. Häufig fehlt es einfach an Erfahrung mit dem korrekten Aufbau und den passenden Formulierungen. Zudem empfinden viele Arbeitgeber die Ausstellung eines Arbeitszeugnisses am Ende des Arbeitsverhältnisses als lästige Pflicht, die schnell erledigt werden soll, was zu Fehlern führen kann.

Praxis-Tipp: Zur Vorbereitung des Gesprächs sollte das Arbeitszeugnis kopiert und mit den gewünschten Änderungen versehen werden. Auf diese Weise erkennt der Arbeitgeber sofort, worauf der Arbeitnehmer hinauswill. Da ihm so zusätzliche Arbeit erspart bleibt, steigt auch die Bereitschaft, den Änderungen zuzustimmen.

Widerspruch: Schriftliche Aufforderung zur Änderung des Arbeitszeugnisses

Zeigt sich der Arbeitgeber jedoch nicht kooperativ, sollte der Arbeitnehmer schriftlich Einspruch einlegen und dabei dem Arbeitgeber mitteilen, dass er das Arbeitszeugnis in seiner jetzigen Form nicht akzeptiert und eine Änderung des Zeugnisses bis zu einer bestimmten Frist verlangen.

Rechtsanwalt einschalten und Klage erheben

Weigert sich der Arbeitgeber weiterhin, das Arbeitszeugnis zu ändern, oder reagiert er gar nicht, sollte der Arbeitnehmer spätestens jetzt einen erfahrenen Rechtsanwalt für Arbeitsrecht einschalten. Dieser kann mit dem Arbeitnehmer erörtern, wie sinnvoll weiter vorzugehen ist, ein anwaltliches Aufforderungsschreiben zur Änderung des Zeugnisses versenden und im letzten Schritt Klage auf Zeugnisberichtigung erheben.


4. Wann lohnt sich eine Klage gegen das Arbeitszeugnis?

Bei formalen Fehlern im Arbeitszeugnis hat der Arbeitnehmer vor Gericht sehr gute Chancen. Dasselbe gilt für gravierende Fehler wie direkte Kritik am Arbeitnehmer, Verwendung unzulässiger Geheimcodes oder Erwähnung von Krankheitstagen.

Praxistipp: Der Arbeitgeber darf von einem einmal erteilten Zeugnis nicht negativ abweichen, sofern er nicht nachträglich von Umständen Kenntnis erlangt, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen. Der Arbeitnehmer hat bei einem Prozess in aller Regel also nichts zu verlieren, sondern kann sich nur verbessern. Daher kann eine Klage auch in weniger eindeutigen Fällen Sinn machen, denn ein Arbeitszeugnis begleitet den Arbeitnehmer ein Leben lang und spielt eine wichtige Rolle für die weitere berufliche Karriere.

5. Was ist bei einer Zeugnisberichtigungsklage zu beachten?

Eine Klage auf Änderung des Arbeitszeugnisses unterscheidet sich vom grundsätzlichen Ablauf nicht von anderen Klagen gegen den Arbeitgeber:

  • Nach Einreichung der Klageschrift findet innerhalb von zwei bis fünf Wochen ein Gütetermin statt, um einen Vergleich zwischen den Parteien herbeizuführen.
  • Scheitert dies, fällt das Gericht ein Urteil, was je nach Auslastung des Gerichts einige Monate dauern kann.

Infografik: Ablauf einer Klage vor dem Arbeitsgericht

Folgendes ist bei einer Zeugnisberichtigungsklage besonders zu berücksichtigen:

Klageantrag

Die gewünschten Änderungen des Arbeitszeugnisses müssen im Klageantrag genau benannt werden. Allgemeine Formulierungen wie „ein besseres Zeugnis“ reichen nicht aus. Stattdessen sollten konkrete Textpassagen angegeben und durch die gewünschten Formulierungen ersetzt werden.

Keinen Anspruch haben Arbeitnehmer auf bestimmte Formulierungen, solange das Zeugnis den gesetzlichen Anforderungen genügt (Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg, Urteil vom 11. Oktober 2028, Az. 5 Sa 100/18).

Auch die Einfügung einer Dankes- und Schlussformel kann nicht verlangt werden, da es sich um eine persönliche Empfindung des Arbeitgebers handelt und sich das Zeugnis in erster Linie an künftige Arbeitgeber richtet und nicht an den Arbeitnehmer selbst (LAG München, Urteil vom 15. Juli 2021, Az. 3 Sa 188/21).

Beweislast

Die Beweislast regelt, wer vor Gericht nachweisen muss, dass eine bestimmte Behauptung zutrifft. Grundsätzlich gilt: Derjenige, der einen Anspruch geltend macht, muss dessen Voraussetzungen belegen.

Möchte der Arbeitnehmer mit seiner Klage eine bessere Gesamtbewertung erreichen, richtet sich die Beweislast nach der vergebenen Note. Dabei gilt die Note „befriedigend“ als Ausgangspunkt:

  • Wenn der Arbeitnehmer eine Bewertung mit „gut“ oder „sehr gut“ anstrebt, muss er konkrete Tatsachen vorbringen, die diese Einschätzung stützen, etwa herausragende Erfolge in einem Projekt oder die erfolgreiche Leitung eines Teams.
  • Soll die Bewertung jedoch schlechter als befriedigend ausfallen, liegt die Beweislast beim Arbeitgeber. Er muss also darlegen, warum die Arbeitsleistung des Mitarbeiters so negativ bewertet wird.

Ähnlich verhält es sich bei Auslassungen: Werden außergewöhnliche Leistungen des Mitarbeiters im Zeugnis nicht erwähnt, muss der Arbeitnehmer diese Leistungen konkret benennen und belegen, dass er sie tatsächlich erbracht hat.

Gütetermin

Der Gütetermin hat das Ziel, dass die Parteien eine Einigung durch einen Vergleich herbeiführen. Die meisten Verfahren zur Zeugnisberichtigung enden auf diese Weise, da Arbeitgeber oft lange Prozesse vermeiden möchten und daher zu Kompromissen bereit sind. Auch das Arbeitsgericht betont meist, dass eine gütliche Einigung sinnvoller ist als ein zeitaufwendiger Rechtsstreit und versucht, die Parteien zu einer Einigung zu bewegen.

Ein Vergleich kann für den Arbeitnehmer besonders vorteilhaft sein, da der Arbeitgeber das bereits ausgestellte Zeugnis in der Regel nicht weiter verschlechtern darf. Häufig drängen Arbeitsgerichte auf wohlwollendere Formulierungen und setzen sich sogar dafür ein, dass Schlussformeln in das Zeugnis aufgenommen werden, obwohl darauf kein rechtlicher Anspruch besteht. Während der Vergleichsverhandlungen können auch die Regeln zur Beweislast in den Hintergrund treten, wenn es darum geht, eine für beide Seiten akzeptable Verbesserung des Zeugnisses zu erreichen.

Frist

Grundsätzlich beträgt die Verjährungsfrist für die Einreichung einer Zeugnisberichtigungsklage drei Jahre.

Arbeitnehmer sollten allerdings nicht zu lange zögern, denn viele Arbeitsgerichte sehen den Anspruch auf Änderung des Arbeitszeugnisses als verwirkt an, wenn er nicht innerhalb eines angemessenen Zeitraums geltend gemacht wird. Nach einer gewissen Zeit darf der Arbeitgeber berechtigterweise davon ausgehen, dass keine Änderungen mehr verlangt werden. Als angemessen werden oft Zeiträume betrachtet, die deutlich unter der Verjährungsfrist liegen und nur wenige Monate betragen.

Zeugnisberichtigungsklage ohne Anwalt?

Arbeitnehmer benötigen vor den Arbeitsgerichten der ersten Instanz grundsätzlich keinen Anwalt.

Dennoch ist es ratsam, einen erfahrenen Rechtsanwalt für Arbeitsrecht hinzuzuziehen, um den Klageantrag korrekt zu formulieren, beim Gütetermin strategisch klug zu verhandeln und der meist anwaltlich vertretenen Gegenseite auf Augenhöhe zu begegnen.


6. Kosten einer Klage gegen das Arbeitszeugnis

Bei einer Klage auf Änderung des Arbeitszeugnisses entstehen Gerichtskosten und Anwaltsgebühren.

Grundsätzlich gilt für Klageverfahren vor Arbeitsgerichten: Die Partei, die den Prozess verliert, muss die Gerichtskosten tragen. Wird der Prozess nur teilweise verloren, müssen die Kosten nur anteilig gezahlt werden. Wenn allerdings ein Vergleich geschlossen wird – was in vielen Zeugnisberichtigungsklagen der Fall ist – entfallen die Gerichtsgebühren. Die Anwaltskosten trägt jede Partei selbst, unabhängig vom Ausgang des Verfahrens.

Die Höhe der Gerichts- und Anwaltskosten richtet sich nach dem Streitwert des Verfahrens. Bei einer Klage auf Zeugnisberichtigung wird in der Regel ein Bruttomonatsgehalt angenommen.

Rechenbeispiel: Ein Arbeitnehmer verdient 5.000 Euro brutto monatlich und verklagt seinen Arbeitgeber bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses, weil er ein schlechtes Arbeitszeugnis bekommen hat und sich der Arbeitgeber weigert, Änderungen daran vorzunehmen. Er beauftragt einen Anwalt, der auch den Gütetermin vor Gericht wahrnimmt.

Folgende Anwaltskosten entstehen bei einem Streitwert von 5.000 Euro:

Verfahrensgebühr 1,3 434,20 Euro
Terminsgebühr 1,2 400,80 Euro
Post- und Telekommunikationspauschale 20,00 Euro
= Zwischensumme 855,00 Euro
+ 19 % Umsatzsteuer 162,45 Euro
= Gesamt 1.017,45 Euro

Hinzu kommt eine Gerichtskostengebühr (2,0) in Höhe von 322 Euro, die bei einem Vergleich entfällt (dafür erhält der Anwalt eine Einigungsgebühr (1,0) in Höhe von 334 Euro).

7. Fazit

  • Jeder Arbeitnehmer kann bei Beendigung seines Jobs ein Arbeitszeugnis verlangen.
  • Arbeitszeugnisse müssen klar, wohlwollend und wahrheitsgemäß formuliert sein. Direkte Kritik, Geheimcodes oder formale Fehler sind anfechtbar.
  • Fehler im Arbeitszeugnis sollte der Arbeitnehmer mit seinem Arbeitgeber besprechen und Änderungen vorschlagen. Bleibt ein Gespräch ohne Erfolg, sollte man dem schlechten Zeugnis schriftlich widersprechen, Änderungen fordern und eine Frist setzen.
  • Als letzte Möglichkeit kann der Arbeitnehmer eine Klage auf Zeugnisberichtigung erheben, wobei dies zeitnah erfolgen sollte.
  • Eine Klage kann sich auch bei kleineren Fehlern lohnen, da der Arbeitgeber das Zeugnis in aller Regel nicht verschlechtern darf.
  • Herausragende Leistungen muss der Arbeitnehmer, schlechte Leistungen der Arbeitgeber nachweisen.
  • Prozesse enden oft mit einem für den Arbeitnehmer vorteilhaften Vergleich.