1. Was bedeutet die Impfpflicht im Gesundheitswesen genau?
  2. Darf der Arbeitgeber ungeimpften Mitarbeitern kündigen?
  3. Werden ungeimpfte Mitarbeiter weiterbezahlt?
  4. Kündigung wegen Impfverweigerung außerhalb des Gesundheitswesens
  5. Kündigung wegen gefälschtem Impfausweis
  6. Fazit

1. Was bedeutet die Impfpflicht im Gesundheitswesen genau?

Bisher gibt es eine Impfpflicht nur im Gesundheitswesen.

Welcher Nachweis muss erbracht werden?

Tatsächlich besteht im Gesundheitswesen ab März keine absolute Impfpflicht, sondern eine Immunisierungspflicht. Die „Impfpflicht“ ist also vielmehr eine 2G-Pflicht (geimpft oder genesen).

Arbeitnehmer, die in einer in § 20a IfSG genannten Einrichtung tätig sind, müssen deren Leitung bis spätestens zum 15. März 2022 einen Nachweis über ihren Immunisierungsstatus vorlegen.

Nach Ablauf eines Nachweises muss innerhalb von einem Monat ein neuer Immunitätsnachweis erbracht werden.

Tipp: Genese wie Geimpfte sollten genau beachten, wie lange sie als vollständig geimpft oder genesen gelten. Gelegentlich kommt es diesbezüglich zu Änderungen durch den Gesetzgeber.

Können Arbeitnehmer sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen, ist die Vorlage eines entsprechenden ärztlichen Zeugnisses ebenfalls ausreichend. Die Immunisierungspflicht gilt vorerst bis zum 31. Dezember 2022.

Welche Einrichtungen sind betroffen?

Die neuen Vorschriften gelten beispielsweise für folgende Gesundheitseinrichtungen:

  • Krankenhäuser
  • Einrichtungen für ambulantes Operieren
  • Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen
  • Dialyseeinrichtungen
  • Tageskliniken
  • Entbindungseinrichtungen
  • Arztpraxen incl. Zahnarztpraxen
  • Praxen sonstiger humanmedizinischer Heilberufe
  • Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitsdienstes, in denen medizinische Untersuchungen, Präventionsmaßnahmen oder ambulante Behandlungen durchgeführt werden
  • Rettungsdienste
  • sozialpädiatrische Zentren nach § 119 SGB V
  • medizinische Behandlungszentren für Erwachsene mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen nach § 119c SGB V,
  • Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation nach § 51 SGB V und Dienste der beruflichen Rehabilitation

Hinzu kommen Pflegeeinrichtungen. Das Gesetz nennt Einrichtungen, die der „Betreuung und Unterbringung älterer, behinderter oder pflegebedürftiger Menschen“ dienen, sowie vergleichbare Einrichtungen. Daneben gilt die „Impfpflicht“ auch für ambulante Pflegedienste.

Eine vollständige Aufzählung ist in § 20a des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) zu finden.

Keine Rolle spielt, in welcher Funktion oder wie „nah am Patienten“ der Arbeitnehmer in der Einrichtung tätig wird. Die Impfpflicht gilt auch z.B. für Hausmeister und Transport-, Küchen- oder Reinigungspersonal in Gesundheitseinrichtungen.

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Was folgt, wenn kein Nachweis vorgelegt wird?

Anders als häufig angenommen, ist die Tätigkeit nicht geimpfter Arbeitnehmer nicht automatisch verboten. Vielmehr ist folgendes Verfahren vorgesehen:

  1. Erbringen Arbeitnehmer den Nachweis nicht rechtzeitig oder bestehen Zweifel an der Echtheit des Dokuments, muss der Arbeitgeber die Dokumente und Daten des Mitarbeiters an das Gesundheitsamt weitergeben.
  2. Dieses wird ggf. den Arbeitnehmer dazu auffordern, die Nachweise innerhalb einer bestimmten Frist der Behörde nachzureichen.
  3. Unter Umständen wird auch eine Untersuchung angeordnet, um die Unverträglichkeit einer Corona-Schutzimpfung zu überprüfen.

Im äußersten Fall darf das Gesundheitsamt dem Mitarbeiter untersagen, die Räume der o.g. Gesundheits- oder Pflegeeinrichtung zu betreten oder dort tätig zu werden. Zuletzt war in der Politik vereinzelt die Rede davon, dass derartige Verbote doch nicht oder nur im äußersten Fall verhängt werden sollen. Bis sich eine verlässliche Praxis etabliert, sollten Arbeitnehmer allerdings vorsichtig sein und die Rechtslage ggf. mit einem Rechtsanwalt abklären.

Wichtig in diesem Zusammenhang: Legen Mitarbeiter keinen ausreichenden Immunitätsnachweis vor, ist ihre Mitarbeit nicht automatisch verboten. Das Verbot greift vielmehr erst nach einem entsprechenden Bescheid des Gesundheitsamts. Etwas anderes gilt für neu eingestellte Mitarbeiter, s.u.

Verstoßen Arbeitnehmer gegen diese Anordnung der Behörde, droht ihnen ein Bußgeld von bis zu 2.500 €. Außerdem könnten sie im äußersten Fall z.B. von der Polizei oder dem Ordnungsamt am Betreten des Gebäudes gehindert werden.

Inwieweit die Anordnung der Behörde zur Kündigung führen kann, beantworten wir in den nächsten Abschnitten.

Das Betretungsverbot wird so auszulegen sein, dass der Mitarbeiter die Einrichtung weiterhin betreten darf, wenn er selbst als Patient/Pflegebedürftiger dort erscheint.

Was bedeutet die Impfpflicht für Bewerber?

Die Impfpflicht gilt auch für Bewerber. Arbeitgeber haben entsprechende Nachweise zu verlangen, wenn die Person ab dem 15.3.2022 in einer der o.g. Einrichtung tätig werden soll. Fehlen die Nachweise, dürfen sie grundsätzlich nicht eingestellt werden.

Dieses unmittelbare Beschäftigungsverbot für neu Eingestellte gilt auch ohne eine behördliche Anordnung. Verstößt der Arbeitgeber dagegen, droht ihm ein Bußgeld.

2. Darf der Arbeitgeber ungeimpften Mitarbeitern kündigen?

Auch hier gilt: Genesene Personen sind Geimpften gleichgestellt. Ob bei ausgebliebenem oder abgelaufenem Immunitätsnachweis eine Kündigung möglich ist, hängt vom Einzelfall ab. Grob zu unterscheiden sind diese beiden Konstellationen:

Gesundheitsamt hat noch kein Verbot ausgesprochen

Wie erwähnt, dürfen Arbeitnehmer ohne ausreichenden Immunitätsnachweis grundsätzlich zunächst weiterarbeiten. Erst wenn das Gesundheitsamt einen entsprechenden Bescheid ausstellt, ist die Tätigkeit und das Betreten der Einrichtung verboten. Wegen der hohen Auslastung der Gesundheitsämter ist durchaus zu erwarten, dass die jeweiligen Verbote erst mit erheblicher Verzögerung oder gar nicht ausgestellt werden.

Bis zur Aussprache eines Tätigkeitsverbotes durch das Gesundheitsamt ist grundsätzlich auch keine Kündigungen wegen der fehlenden Impfung zulässig.

Der Arbeitgeber könnte sich allenfalls darauf berufen, dass jederzeit mit einem Verbot durch die Behörde zu rechnen ist. Kündigt er auf dieser Basis, begibt er sich allerdings auf „dünnes Eis“, da die Rechtslage insofern nicht eindeutig ist. Arbeitnehmer haben dann vor Gericht recht gute Chancen. In fast jedem Fall muss der Arbeitgeber vor der Kündigung abmahnen.

In einigen Unternehmen der Gesundheitsbranche mag der Arbeitgeber von sich aus die 2G-Regelung eingeführt haben. Auf den ersten Blick dürfte der Mitarbeiter dann also auch ohne behördliche Anordnung nicht arbeiten. Dieser Schein trügt in den meisten Fällen aber, denn eine 2G-Regelung kann der Arbeitgeber nicht einseitig einführen. Allenfalls entsprechende Einigungen mit dem Betriebsrat sind denkbar. Allerdings ist auch die Wirksamkeit einer solchen Betriebsvereinbarung noch nicht geklärt. Kündigungen oder der Einbehalt des Lohns wären also nicht rechtmäßig.

Gesundheitsamt hat Verbot ausgesprochen

Hat die Behörde ein Tätigkeits- und Betretungsverbot ausgesprochen, sieht die Lage anders aus:

Der Arbeitgeber hat nichts von seinen Mitarbeitern, wenn sie nicht arbeiten dürfen. Eine Kündigung ist daher nicht ausgeschlossen. In jedem Fall wird der Arbeitgeber den Mitarbeiter zuvor aber abmahnen müssen. Erst danach darf er kündigen. Dies ist unabhängig davon anzunehmen, ob die verhaltens- oder personenbedingte Kündigung einschlägig ist.

Allerdings sind einige Fälle denkbar, in denen eine Kündigung wegen fehlender Immunitätsnachweise rechtswidrig wäre. Gründe dafür können z.B. sein:

  • Eine Kündigung ist stets das äußerste Mittel. Der Arbeitgeber muss zunächst weniger einschneidende Maßnahmen ergreifen. In ausgewählten Fällen ist der Wechsel ins Home Office (z.B. Krankenhausverwaltung) oder eine unbezahlte Freistellung denkbar.
  • Eine Kündigung ist grundsätzlich auch rechtswidrig, wenn das behördliche Verbot in naher Zukunft aufgehoben werden wird. Denkbar ist etwa, dass die Gesundheitsämter wegen erheblichen Personalbedarfs die erlassenen Verbote aufheben oder § 20a IfSG ausläuft (Geltung zunächst bis zum 31.12.2022).
  • Infiziert sich der Mitarbeiter noch während der Kündigungsfrist an Corona, muss die Behörde den Verbotsbescheid grundsätzlich aufheben. Auch dann ist die Kündigung in aller Regel rechtswidrig. Ggf. kann der Arbeitgeber aber erneut kündigen.
Eine fristlose Kündigung wegen fehlender Impfung kommt nur in seltenen Ausnahmefällen in Betracht, z.B. wenn Arbeitnehmer einen gefälschten Impfpass vorlegen.

Bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber kann Arbeitnehmern grundsätzlich auch eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld drohen, weil sie die Kündigung durch Impfverweigerung selbst verschuldet haben. Die Bundesagentur für Arbeit hat gegenüber der Presse allerdings erklärt, dass sie in der Impfverweigerung grundsätzlich einen wichtigen Grund sieht und von einer Sperrzeit daher absehen wird.

Achtung: Gegen eine Kündigung muss innerhalb von drei Wochen geklagt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Arbeitsstelle endgültig verloren – auch wenn die Kündigung eigentlich rechtswidrig war.

3. Werden ungeimpfte Arbeitnehmer weiterbezahlt?

Hier gilt der Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“. Dürfen Arbeitnehmer also wegen des behördlichen Verbots nicht mehr arbeiten, steht ihnen grundsätzlich auch kein Arbeitslohn für die Zeit ihres Ausfalls zu.

Etwas anderes gilt natürlich, wenn der Arbeitgeber Homeoffice ermöglichen kann.

Achtung: Solange noch kein Bescheid der Behörde ergangen ist, dürfen Arbeitnehmer weiterarbeiten und haben grundsätzlich Anspruch auf ihre vollen Bezüge.

4. Kündigung wegen Impfverweigerung außerhalb des Gesundheitswesens

Eine Immunisierungspflicht besteht bisher nur im Gesundheitswesen.

Eine Kündigung wegen Impfverweigerung außerhalb der Gesundheitsbranche ist daher grundsätzlich ausgeschlossen.

Allerdings kommen Ausnahmefälle in Betracht:

  • Denkbar ist z.B., dass der (einzige oder wichtigste) Kunde eines Handwerkerbetriebs die Beauftragung davon abhängig macht, dass die in seinem Gebäude tätigen Mitarbeiter vollständig geimpft sind. Im äußersten Fall darf der Arbeitgeber ungeimpften Mitarbeitern, die er nur für diesen Kunden einsetzen kann, kündigen. Hier kommt es allerdings einmal mehr auf den Einzelfall an.
  • Ggf. führt der Arbeitgeber in Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat eine Impfpflicht ein. Ob eine solche Betriebsvereinbarung und darauf gestützte Kündigungen rechtmäßig sind, kann allerdings bezweifelt werden. Eine Prüfung lohnt sich daher. Leichter hat der Arbeitgeber es hingegen, wenn er eine 3G-Pflicht einführen möchte (die gesetzliche 3G-Pflicht ist am 19.03.2022 ausgelaufen). Dies ist grundsätzlich möglich – siehe Arbeitsgericht HH, 27 Ca 208/21. Legen Mitarbeiter dann trotz entsprechender Anordnung keinen 3G-Nachweis vor, droht ihnen die Abmahnung oder Kündigung.

Vorsicht: Das Vorstehende gilt nur für Arbeitnehmer, die unter den Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes fallen. Für Arbeitnehmer in den ersten sechs Monaten ihres Arbeitsverhältnisses und in Kleinbetrieben mit zehn oder weniger Arbeitnehmern gilt dies jedoch nicht.

Hier kann der Arbeitgeber ohne Grund kündigen. Auch eine Kündigung infolge einer Impfverweigerung ist dann möglich.

So hat mittlerweile auch das Arbeitsgericht Berlin im Fall einer Musical-Darstellerin entschieden , die sich der betrieblichen Impfpflicht verweigerte und deswegen gekündigt wurde (Az. 17 Ca 11178/21). Grundlage der 2G-Regel waren allerdings allein Weisungen des Arbeitgebers, nicht etwa ein Gesetz oder eine Betriebsvereinbarung. Dennoch hielten die Richter die Kündigung für wirksam. Die Mitarbeiterin war noch keine sechs Monate in dem Betrieb beschäftigt und genoss daher keinen allgemeinen Kündigungsschutz. Zwar gelte dennoch ein gewisser Mindest-Kündigungsschutz – entsprechende Verstöße gegen das Maßregelungsverbot aus § 612a BGB oder das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz konnten die Richter aber nicht ausmachen.

5. Kündigung wegen gefälschtem Impfausweis

Zwar reicht eine verweigerte Impfung in aller Regel nicht für eine Kündigung aus. Dennoch sollten Arbeitnehmer niemals einen falschen Impfausweis vorlegen. Dies berechtigt den Arbeitgeber ggf. zur fristlosen Kündigung, wie kürzlich das Arbeitsgericht Köln entschied.
 
Der Arbeitgeber hatte festgelegt, dass nur noch Mitarbeiter mit vollem Impfschutz zu Kundenbesuchen zugelassen würden. Die Mitarbeiterin legte daraufhin einen gefälschten Impfausweis vor. Das Gericht berücksichtigte zu ihren Lasten, dass sie sich nicht nur einer Weisung des Arbeitgebers widersetzt, sondern auch die Gesundheit der Kunden riskiert hatte.

6. Fazit

  • Im Gesundheitswesen gilt eine Immunisierungspflicht. Ab dem 15. März 2022 müssen Arbeitnehmer in diesen Einrichtungen geimpft oder genesen sein.
  • Auch Ungeimpfte dürfen zunächst weiterarbeiten. Erst wenn das Gesundheitsamt ihnen gegenüber ein Verbot ausspricht, ist ihnen das Betreten der Arbeitsstätte verboten.
  • Ein unmittelbares Tätigkeitsverbot (also auch ohne einen Bescheid der Behörde) gilt nur ggü. Personen, die ab dem 16. März 2022 neu eingestellt werden.
  • Eine Kündigung ist nur als äußerstes Mittel und regelmäßig erst nach dem Verbot durch das Gesundheitsamt zulässig. Je nach Fall können Arbeitnehmer erfolgreich gegen die Kündigung vorgehen.
  • Dürfen Arbeitnehmer im Gesundheitssektor wegen der 2G-Pflicht nicht mehr zur Arbeit erscheinen, werden sie grundsätzlich auch nicht mehr bezahlt. Das gilt nicht für Arbeitnehmer, die aus dem Homeoffice arbeiten könnten.
  • Außerhalb des Gesundheitswesens ist eine Kündigung wegen Impfverweigerung in den meisten Fällen nicht möglich.