1. Was ist ein Abwicklungsvertrag?
  2. Unterschied zwischen Abwicklungs- und Aufhebungsvertrag
  3. Welche Risiken bestehen beim Abwicklungsvertrag?
  4. Alternativen zum Abwicklungsvertrag
  5. Wie hoch sollte die Abfindung im Abwicklungsvertrag sein?
  6. Kann ich einen Abwicklungsvertrag rückgängig machen?
  7. Fazit

1. Was ist ein Abwicklungsvertrag?

Ein Abwicklungsvertrag ist eine vertragliche Vereinbarung mit Ihrem Arbeitgeber. Der Vertrag kommt also nur zu Stande, wenn beide Seiten sich einigen und zustimmen. Arbeitnehmer können zum Abschluss nicht gezwungen werden.

Zweck des Abwicklungsvertrages ist es, die Einzelheiten der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu regeln.

Der Abwicklungsvertrag kann folgende Regelungen umfassen:

  • Klageverzicht: Der Arbeitnehmer erkennt die Wirksamkeit der Kündigung an und verzichtet darauf, eine Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht zu erheben.
  • Abfindungszahlung: Im Gegenzug dazu verpflichtet sich der Arbeitgeber meistens, Ihnen eine Abfindung zu zahlen.
  • Ende des Arbeitsverhältnisses: Häufig wird auch das Enddatum des Arbeitsverhältnisses festgelegt, ggf. abweichend vom Datum, das in der Kündigung vorgesehen ist.
  • Sprinterklausel: Mit einer Sprinterklausel können Sie schon vor dem vereinbarten Austrittsdatum eine neue Arbeitsstelle antreten. Scheiden Sie früher aus als ursprünglich vereinbart, entfallen die Gehaltszahlungen Ihres Arbeitgebers für diesen Zeitraum. Das kann bei geschickter Verhandlung dazu führen, dass sich Ihre Abfindung erhöht. Der Arbeitgeber spart trotzdem, weil weniger Sozialbeiträge anfallen.
  • Arbeitszeugnis: Anspruch auf ein Arbeitszeugnis haben Sie natürlich auch ohne einen Abwicklungsvertrag. Im Abwicklungsvertrag können Sie aber bestimmte Inhalte, Noten oder ganze Formulierungen vereinbaren. Im Idealfall wurde das Zeugnis bereits formuliert und wird als Anlage zu dem Vertrag genommen.
  • Freistellung: Gelegentlich will der Arbeitgeber den gekündigten Arbeitnehmer nicht mehr im Betrieb sehen. Das ist vor allem bei Konflikten oder einem möglichen Wechsel zu einem Wettbewerber der Fall. Die Parteien können sich dann für das verbleibende Arbeitsverhältnis (also während der Kündigungsfrist) auf eine Freistellung einigen. Sie müssen also nicht mehr arbeiten, erhalten in der Regel aber weiter Ihr Gehalt.
  • Vergütung von Resturlaub und Überstunden: Ausstehender Urlaub und Überstunden können nach der Kündigung entweder in Freizeit ausgeglichen oder ausgezahlt werden. Entscheidend sind die Regelungen im Arbeitsvertrag. Sie können im Abwicklungsvertrag allerdings abweichende Regelungen treffen (z.B. Freizeitausgleich statt Auszahlung).
  • Rückgabe von Firmengegenständen (z.B. Dienstwagen, -handy oder -laptop)

Der Abwicklungsvertrag kann sowohl außergerichtlich als auch gerichtlich abgeschlossen werden. Im letzteren Fall spricht man von einem gerichtlichen Vergleich.

Warum sollte der Arbeitgeber einem Abwicklungsvertrag mit Abfindung zustimmen? Dies erklärt folgendes Beispiel:

Bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber soll der Abwicklungsvertrag die Wirksamkeit der Kündigung für Ihren Arbeitgeber sicherstellen. Dazu dient der oben aufgeführte Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage. Bei einer Klage vor dem Arbeitsgericht bestünde für den Arbeitgeber das Risiko, dass das Arbeitsgericht die Kündigung für unwirksam erklärt. Dies hätte teure und unangenehme Folgen für den Arbeitgeber (Wiedereinstellung, Nachzahlung Ihres Gehalts während der Prozessdauer, Verfahrenskosten, Ansehensverlust in der Belegschaft). Durch den Verzicht wird eine Kündigungsschutzklage unzulässig und die Kündigung automatisch wirksam.

Wichtig: Haben Sie bereits Klage gegen Ihre Kündigung erhoben, können Sie immer noch einen Abwicklungsvertrag bzw. gerichtlichen Vergleich abschließen. Viele Kündigungsschutzprozesse enden mit solch einer Einigung. Sie nehmen dazu Ihre Klage zurück und akzeptieren so die ausgesprochene Kündigung. Ihr Arbeitgeber zahlt im Gegenzug eine Abfindung. Auch über die weiteren Einzelheiten der Beendigung können Sie sich noch vor Gericht einigen.

2. Unterschied zwischen Abwicklungs- und Aufhebungsvertrag

Ein Abwicklungsvertrag ist nicht dasselbe wie ein Aufhebungsvertrag.

  • Der Abwicklungsvertrag beendet nicht selbst das Arbeitsverhältnis; dies geschieht vielmehr durch eine gewöhnliche Kündigung des Arbeitgebers. Erst danach kommen die Parteien aufeinander zu und schließen ggf. einen Abwicklungsvertrag ab. Der Abwicklungsvertrag bezieht sich dann auf die vorher erklärte Kündigung.
  • Ein Aufhebungsvertrag setzt im Gegensatz dazu keine Kündigung voraus, sondern stellt eine Alternative zur Kündigung dar. Hier versuchen die Parteien also von Beginn an, das Arbeitsverhältnis einvernehmlich aufzulösen. Der Arbeitgeber bietet meist einen Aufhebungsvertrag an, wenn er wegen des Kündigungsschutzes nicht einseitig kündigen kann.

Der Abwicklungsvertrag ist im Gegensatz zum Aufhebungsvertrag nicht zwingend schriftlich abzuschließen. Der Text muss von Ihnen und Ihrem Arbeitgeber also nicht unterschrieben werden. Die Schriftform ist beim Abwicklungsvertrag nur in einigen Fälle erforderlich, zum Beispiel wenn ein Klageverzicht aufgenommen wird. Das heißt, er kann grundsätzlich auch per E-Mail abgeschlossen werden. Sie sollten daher besonders vorsichtig sein, wenn Ihnen Ihr Arbeitgeber einen solchen Vertrag zukommen lässt.

Wichtig: Auch wenn keine bestimmte Form vorgeschrieben ist, sollten Sie die Vereinbarung mit ihrem Arbeitgeber zu Beweiszwecken immer schriftlich festzuhalten. Besonders bei den Konditionen einer Abfindungszahlung fehlen Ihnen sonst wichtige Beweise.
Aufhebungsvertrag Abwicklungsvertrag
Vorherige Kündigung nötig? Nein, Aufhebungsvertrag selbst
beendet den Arbeitsvertrag
Ja, Abwicklungsvertrag regelt nur die
Folgen einer Kündigung
Typischer, wesentlicher Inhalt Einigung, dass Arbeitsvertrag endet
Abfindung für Arbeitnehmer
Beendigungsdatum
Arbeitnehmer akzeptiert Kündigung und
verzichtet auf Kündigungsschutzklage
Abfindung für Arbeitnehmer
Abschluss jederzeit möglich? Ja Nur sinnvoll innerhalb von drei Wochen
nach Zugang der Kündigung
Abfindungshöhe Verhandlungssache Verhandlungssache
Einigung über Arbeitszeugnis
möglich?
Ja Ja
Beliebiges Enddatum? Ja Ja
Risiko einer Sperrzeit Ja Ja, aber eher vermeidbar, wenn der
Vertrag im Rahmen eines Vergleiches
vor Gericht geschlossen wird
Persönliche Unterschrift nötig? Ja Meist ja, da Klageverzicht enthalten

3. Welche Risiken bestehen beim Abwicklungsvertrag?

Der Abwicklungsvertrag bietet nicht nur Vorteile. Daher müssen Sie genau hinschauen, ob sich eine Abwicklungsvereinbarung für Sie lohnt. Halten Sie insbesondere dies drei Risiken im Blick:

Sperrzeit

Es könnte eine sog. Sperrzeit gegen Sie verhängt werden. Sie erhalten dann erst mit Verzögerung und insgesamt weniger Arbeitslosengeld I. Klassischer Grund für eine Sperrzeit ist die freiwillige Arbeitsaufgabe. Dazu müssen Sie als Arbeitnehmer aktiv Einfluss auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses genommen haben. Davon geht das Bundesozialgericht beim Abschluss eines Abwicklungsvertrags grundsätzlich aus. Die maßgebliche Entscheidung stammt aus dem Jahr 2003 und wurde vielfach kritisiert. Dennoch ist zunächst davon auszugehen, dass sie der Rechtslage entspricht.

Die Sperrzeit beträgt in aller Regel 12 Wochen. Haben Sie hingegen einen wichtigen Grund für den Abschluss des Abwicklungsvertrages, bleibt die Sperrzeit aus und Sie erhalten regulär Arbeitslosengeld. Wenn Sie zeitnah in einen neuen Job wechseln, spielen Arbeitslosengeld und Sperrzeit sowieso keine Rolle.

Ruhenszeit

Mit einem Abwicklungsvertrag gehen Sie weitere Risiken beim Arbeitslosengeld I ein. Selbst wenn Ihnen eine Sperrzeit erspart bleibt, droht eine sog. Ruhenszeit. Diese führt ebenfalls dazu, dass Ihnen erst später Arbeitslosengeld ausgezahlt wird. Voraussetzung dafür ist, dass Sie eine Abfindung o.ä. erhalten haben und Ihr Arbeitsverhältnis noch vor Ablauf der Kündigungsfrist endet. Ihre Abfindung wird dann faktisch auf das Arbeitslosengeld angerechnet.

Deshalb gilt: Vereinbaren Sie niemals ein Ausstiegsdatum, das vor Ablauf der Kündigungsfrist liegt, ohne mit Ihrem Anwalt gesprochen zu haben.

Kündigungsschutz aufgegeben

Sie verzichten in der Regel auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage. Dadurch kann die Kündigung nicht mehr gerichtlich geprüft und für unwirksam erklärt werden. Hier liegt der Knackpunkt des Abwicklungsvertrags. Was für Ihren Arbeitgeber der größte Vorteil der Vereinbarung ist, kann für Sie nachteilig sein. Durch den Verzicht versperren Sie sich den Weg zurück in Ihr altes Arbeitsverhältnis.

Bedenken Sie: Bietet Ihnen der Arbeitgeber schnell einen Abwicklungsvertrag an, spricht dies nicht unbedingt für die Wirksamkeit der vorher erklärten Kündigung.

Abfindung zu niedrig

Im Regelfall ist die vom Arbeitgeber angebotene Abfindung zu niedrig. Sie sollten das Angebot vorher rechtlich prüfen lassen und bessere Bedingungen aushandeln. Das gelingt Ihnen vor allem, wenn Zweifel an der Wirksamkeit der Kündigung bestehen.


4. Alternativen zum Abwicklungsvertrag

Nach einer Kündigung durch den Arbeitgeber stehen Sie als Arbeitnehmer vor der Wahl:

  1. Sie tun nichts und nehmen die Entlassung (meist ohne Abfindung) hin.
  2. Sie erheben Kündigungsschutzklage und retten Ihren Arbeitsplatz oder verhandeln vor Gericht eine Abfindung aus.
  3. Sie schließen zeitnah nach Zugang der Kündigung einen Abwicklungsvertrag ab, der eine Abfindung vorsieht.

Die erstgenannte Option ist meist die schlechteste. Arbeitnehmer sollten sie nur ergreifen, wenn die Kündigung offenkundig wirksam ist, was selten der Fall ist.

Option 2 hat den Vorteil, dass Sie sich die Möglichkeit offenhalten, an Ihren Arbeitsplatz zurückzukehren. Dazu müssen Sie allerdings auf ein Urteil zu Ihren Gunsten hoffen. Um das Risiko einer Niederlage vor Gericht zu vermeiden (also ohne Abfindung die Stelle zu verlieren), schließen viele Arbeitnehmer während des Gerichtsverfahrens einen Vergleich mit Abfindung ab.

Option 3 führt zu einem ähnlichen Ergebnis wie der gerichtliche Vergleich. Sie hat allerdings den Vorteil, dass Ihnen der Gang zum Gericht und damit Zeit sowie Gerichtskosten erspart bleiben. Oft ist der Arbeitgeber Ihnen mit Blick auf Zeugnis und Abfindung wohler gesonnen, wenn Sie sich schon vor einem Gerichtsverfahren einigen. Andererseits können Sie durch die Klageerhebung Druck auf Ihren Arbeitgeber erhöhen und so ggf. höhere Beträge erzielen. Der Abwicklungsvertrag hat auch den Nachteil, dass er eher zu einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld führt als ein gerichtlicher Vergleich.

5. Wie hoch sollte die Abfindung im Abwicklungsvertrag sein?

Besonders wichtig für Sie ist die bereits angesprochene Abfindungszahlung. In aller Regel gibt es bei einer Kündigung keinen gesetzlichen Anspruch auf eine Abfindung. Die Abfindung ist also Verhandlungssache. Ihre Höhe liegt im typischen „Lehrbuchfall“ bei 0,5 Bruttomonatsgehältern pro Beschäftigungsjahr.

Beispiel: Haben Sie zehn Jahre bei Ihrem Arbeitgeber gearbeitet und pro Monat 2.000 € brutto verdient, beträgt die Abfindung bei 0,5 Monatsgehältern pro Beschäftigungsjahr: 0,5 x 2.000 x 10 = 10.000 Euro.
Achtung! Es kann nicht genug betont werden, dass diese Formel allenfalls eine sehr grobe Orientierung bietet. Wie hoch Ihre Abfindung ausfallen sollte, hängt entscheidend von den Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage ab. Würde ein Gericht die Kündigung sehr wahrscheinlich kassieren, wird Ihr Arbeitgeber meist zu deutlich höheren Beträgen bereit sein. Eine Niederlage vor Gericht käme ihm nämlich ausgesprochen teuer zu stehen.

Mit unserem kostenlosen Abfindungsrechner können Sie bequem errechnen, welche Abfindungshöhe in Ihrem Fall realistisch ist.


6. Kann ich einen Abwicklungsvertrag rückgängig machen?

Wurde der Abwicklungsvertrag einmal abgeschlossen, lässt er sich nicht mehr so leicht aus der Welt schaffen. In Betracht kommen beispielsweise aber folgende Ausnahmen:

Vorsicht: Anders als beim Aufhebungsvertrag wird das Arbeitsverhältnis hier nicht durch den Abwicklungsvertrag aufgelöst. Daher bleibt selbst für den Fall, dass der Abwicklungsvertrag rückgängig gemacht wird, die Kündigung wirksam. Wenn Sie möchten, dass das Arbeitsverhältnis weiterhin besteht, müssen Sie gegen die Kündigung selbst mit einer Kündigungsschutzklage vorgehen. Diese können Sie aber nur innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung einlegen. In vielen Fällen hilft daher selbst eine Anfechtung oder ein Rücktritt nicht weiter. Sie sollten sich im Fall der Kündigung daher umgehend mit uns in Verbindung setzen und den Abwicklungsvertrag sehr genau prüfen.

7. Fazit

  • Mit einem Abwicklungsvertrag regeln Sie die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach einer Kündigung.
  • Wichtigster und typischer Inhalt ist, dass Sie die Kündigung akzeptieren und im Gegenzug eine Abfindung erhalten.
  • Der Abwicklungsvertrag folgt auf eine Kündigung, der Aufhebungsvertrag ersetzt hingegen die Kündigung durch eine gemeinsame Vereinbarung.
  • Die größten Risiken des Abwicklungsvertrags sind eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld, der Verzicht auf die Kündigungsschutzklage und die Vereinbarung einer zu niedrigen Abfindung.
  • Ein Abwicklungsvertrag ist nur sehr schwer rückgängig zu machen, daher sollten Sie die Vereinbarung vorher rechtlich prüfen lassen.