Dieser Beitrag erklärt, was Sie als Arbeitnehmer tun müssen, wenn Sie krank sind und mit welchen Konsequenzen Sie zu rechnen haben, wenn Sie keine Krankmeldung abgeben.

  1. Unterschied zwischen Krankmeldung und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
  2. Wie lange habe ich Zeit für die Krankmeldung?
  3. Bis wann muss die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorliegen?
  4. Mit welchen Folgen muss ich rechnen, wenn ich mich nicht oder zu spät krankmelde?
  5. Fazit
  6. Was wir für Sie tun können

1. Unterschied zwischen Krankmeldung und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Nach § 5 Abs. 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EntgFG) ist der Arbeitnehmer verpflichtet, dem Arbeitgeber unverzüglich eine Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit mitzuteilen. Auch die voraussichtliche Dauer der Erkrankung ist anzugeben.

Diese Krankmeldung ist nicht gleichzusetzen mit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Diese Bescheinigung (auch bekannt als AU, AUB oder „gelber Schein“) ist ein ärztliches Attest, das die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers bestätigt.

Eine solche AUB müssen Sie als Arbeitnehmer nach dem Gesetz immer dann vorlegen, wenn Sie mehr als drei Tage arbeitsunfähig sind. Allerdings darf der Arbeitgeber eine AU auch schon ab dem 1. Krankheitstag verlangen.

Die Krankmeldung ist schlicht und einfach die Mitteilung an den Arbeitgeber, dass Sie krank sind und deswegen nicht arbeiten können. Dafür ist keine bestimmte Form vorgesehen – es reicht also aus, wenn Sie den Arbeitgeber anrufen. Allerdings ist es empfehlenswert, die Mitteilung zum Beispiel per E-Mail zu verschicken. So kann Ihr Chef später nicht bestreiten, dass Sie sich krankgemeldet haben.

Bei Krankmeldungen, die im zeitlichen Zusammenhang mit einer Kündigung erfolgen, gilt zudem eine Besonderheit: Beginnt die Arbeitsunfähigkeit zeitgleich mit der Kündigung und hält bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses an, kann der Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit in Frage stellen.
 
Nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts muss der Arbeitnehmer in diesem Fall seine Arbeitsunfähigkeit anderweitig darlegen und beweisen, z. B. durch entsprechende Vernehmung und Aussage des Arztes, der die AUB ausgestellt hat – Entbindung von der Schweigepflicht vorausgesetzt. Kann der Arbeitnehmer diesen Beweis nicht erbringen, kann der Arbeitgeber die Lohnzahlung während der Kündigungsfrist verweigern.

2. Wie lange habe ich Zeit für die Krankmeldung?

Nach dem Gesetz (§ 5 EntgFG) muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer mitteilen.

Unverzüglich meint „ohne schuldhaftes Zögern.“ Als Arbeitnehmer müssen Sie also so früh wie möglich den Arbeitgeber informieren. Dieser soll nämlich in der Lage sein, frühzeitig auf den Arbeitsausfall reagieren zu können, um zum Beispiel eine Vertretungskraft zu organisieren. In der Regel muss die Krankmeldung innerhalb der ersten Betriebsstunden eingehen.

Deshalb sollten Sie den Arbeitgeber kontaktieren, sobald Sie merken, dass Sie krank sind und deshalb nicht zur Arbeit kommen können. Dafür bieten sich insbesondere E-Mail, SMS oder Fax an, sofern der Arbeitgeber keine anderen Vorgaben macht. Eine Mitteilung per Brief würde zu lange dauern. In einigen Betrieben macht der Arbeitgeber genaue Vorgaben dazu, wie Sie Ihre Krankmeldung zu übermitteln haben. Daran müssen Sie sich halten.

Sie müssen auch mitteilen, wie lange Sie – nach ihrer eigenen Einschätzung – voraussichtlich krank sein werden. Wenn Sie so krank sind, dass Sie gar nicht in der Lage sind, den Arbeitgeber anzurufen (oder zum Beispiel nach einem Unfall bewusstlos sind), kann Ihnen daraus natürlich niemand einen Strick drehen. Sie müssen dann aber die Information nachholen oder einen Angehörigen bitten, dies für Sie zu tun, sobald Sie dazu in der Lage sind.

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3. Bis wann muss die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorliegen?

Wenn Sie länger als drei Tage nicht zur Arbeit gehen können, muss die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dem Arbeitgeber spätestens an dem Arbeitstag zugehen, der auf den dritten Tag der Arbeitsunfähigkeit folgt. Fällt dieser Tag auf einen Samstag oder Sonntag und wird im Betrieb des Arbeitgebers an diesen Tagen gearbeitet, muss die Mitteilung an diesem Tag zugehen.

Beispiel: Sie werden am Dienstag krank. Spätestens Freitag muss die AUB Ihrem Arbeitgeber zugehen.

Es kommt auf drei Kalender-, nicht drei Arbeitstage an. Auch Sonn- und Feiertage werden daher immer mitgezählt.

Beispiel: Sie werden freitags krank. Die AUB muss dem Arbeitgeber spätestens Montag zugehen.

Bei der Berechnung der Krankheitsdauer werden Samstage, Sonntage und Feiertage stets mitberechnet. Bei der Bestimmung des Arbeitstags, an dem die Mitteilung zugehen muss, sind diese Tage nur zu berücksichtigen, wenn im Betrieb an ihnen gearbeitet wird.

Beispiel: Sie werden mittwochs krank. Am Samstag sind Sie bereits vier Tage erkrankt. Ihre Krankmeldung muss Ihren Arbeitgeber an diesem Tag noch erreichen, wenn samstags Betrieb herrscht. Ist der Betrieb am Wochenende geschlossen, muss die Mitteilung erst am Montag zugehen.

Dem Arbeitgeber steht es allerdings frei, schon früher eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu verlangen. Ab dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit ist dies zulässig. Dies kann generell im Tarif- oder Arbeitsvertrag geregelt sein. Auch ohne eine solche vertragliche Regelung kann der Arbeitgeber im Einzelfall früher die Vorlage einer AUB verlangen. Hierzu kann der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber auch im laufenden Arbeitsverhältnis für die Zukunft aufgefordert werden. Ein besonderer Anlass oder eine Begründung ist dafür nicht erforderlich (BAG, Urteil vom 14.12.2012 – 5 AZR 886/11).

Für die Rechtzeitigkeit des Nachweises kommt es auf den Zugang an. Zugang bedeutet, dass die AUB so in den „Machtbereich“ des Arbeitgebers gelangt, dass dieser davon unter gewöhnlichen Umständen Kenntnis nimmt. Wenn Sie den gelben Schein per Post verschicken, ist entscheidend, dass sie rechtzeitig im Briefkasten des Arbeitgebers landet. Deshalb sollten Sie nicht zu lange warten, sondern die AUB so früh wie möglich abschicken. Natürlich können Sie die AUB – sofern Ihr Gesundheitszustand dies erlaubt – auch persönlich beim Arbeitgeber vorbeibringen.

Beispiel: Sie sind vom 03.06.2019 (Montag) bis zum 07.06.2019 (Freitag) arbeitsunfähig erkrankt. Dann muss der Arbeitnehmer spätestens am 06.06.2019 (Donnerstag) die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erhalten, also am 4. Krankheitstag. Dass Sie krank sind, müssen Sie dem Arbeitgeber aber schon am Montagmorgen mitteilen!
Beachten Sie: Sollten Sie länger arbeitsunfähig erkrankt sein als in Ihrer Krankmeldung und/oder Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung angegeben, müssen Sie dem Arbeitgeber dies mitteilen.

Nach herrschender Auffassung gelten dafür die Fristen wie für die ersten Mitteilungen. Zu informieren haben Sie den Arbeitgeber über die Verzögerung Ihrer Rückkehr also unverzüglich (Krankmeldung). Den Nachweis (AUB) müssen sie spätestens am vierten Tag des Zeitraums erbringen, der über die Angabe in Ihrer ersten AUB hinausgeht.

4. Mit welchen Folgen muss ich rechnen, wenn ich mich nicht oder zu spät krankmelde?

Wenn Sie sich gar nicht oder nicht rechtzeitig krankmelden, kann Ihr Chef Sie abmahnen und – wenn Sie häufiger keine oder eine verspätete Krankmeldung abgeben – Ihnen sogar kündigen! Eine Abmahnung kann der Arbeitgeber schon beim allerersten Fall aussprechen. Die arbeitsrechtliche Abmahnung soll dem Arbeitnehmer die Chance geben, sein Verhalten für die Zukunft zu ändern.

Wenn der Arbeitnehmer trotz Abmahnung sein Verhalten nicht ändert, riskiert er die Kündigung. Diese ist allerdings nur unter strengen Voraussetzungen möglich, denn in den meisten Unternehmen gilt das Kündigungsschutzgesetz. Ausnahmen bestehen nach § 23 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) lediglich für Kleinbetriebe mit zehn oder weniger Arbeitnehmern und für Arbeitnehmer in den ersten sechs Monaten ihrer Beschäftigung. In allen anderen Fällen benötigen Arbeitgeber für eine ordentliche Kündigung immer einen Kündigungsgrund (§ 1 Abs. 2 KSchG).

Es gibt personenbedingte, betriebsbedingte und verhaltensbedingte Kündigungsgründe. Bei fehlender oder verspäteter Krankmeldung kommt eine verhaltensbedingte Kündigung in Betracht. Eine solche ist vom Gesetz erlaubt, wenn der Arbeitnehmer gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen hat und deshalb dem Arbeitgeber die weitere Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar ist. In diesem Fall droht außerdem eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld.

Es lässt sich pauschal nicht sagen, in welchen Fällen eine Kündigung wegen verspäteter Krankmeldung erlaubt ist. Dafür muss immer eine Interessenabwägung vorgenommen. Dabei spielen folgende Kriterien eine Rolle:

  • Dauer des Arbeitsverhältnisses – je länger Sie bei einem Arbeitgeber bereits beschäftigt sind, desto schwieriger wird die Kündigung wegen verspäteter Krankmeldung oder Übermittlung der AUB.
  • Häufigkeit des Fehlverhaltens – in aller Regel wird eine Kündigung bei nur einmaliger verspäteter Krankmeldung oder AUB nicht möglich sein.
  • Vorherige Abmahnungen: Will der Arbeitgeber Sie – auch bei wiederholter verspäteter Krankmeldung – kündigen, dann muss er in der Regel vorher eine (oder sogar mehrere) Abmahnungen wegen genau dieses Fehlverhaltens aussprechen. Eine vorherige Abmahnung wegen unachtsamen Umgangs mit Arbeitsgeräten spielt zum Beispiel keine Rolle. Ein enger Zusammenhang des jeweils abgemahnten Verhaltens muss bestehen.
  • Dauer der Verspätung: Wenn Sie sich erst nach einer Woche beim Arbeitgeber melden, ist das natürlich gravierender als wenn Sie noch am gleichen Nachmittag anrufen. Noch schlimmer ist es natürlich, wenn Sie sich gar nicht krankmelden oder nie eine AUB einreichen, obwohl dies erforderlich ist.
  • Auswirkungen: Ist es im Betriebsablauf zu erheblichen Störungen wegen Ihres Verhaltens gekommen, fällt dies ebenfalls negativ ins Gewicht.

Hierzu zwei Beispiele:

Beachten Sie: Auch wenn Sie nicht gleich wegen einer verspäteten AUB gekündigt werden können, sollten Sie die oben genannten Fristen einhalten. Gemäß § 7 Abs. 1 EntgFG kann der Arbeitnehmer nämlich von der Entgeltfortzahlung absehen, solange Sie die erforderliche AUB nicht einreichen. Reichen Sie den gelben Schein zeitnah nach, hat der Arbeitgeber die Zahlungen allerdings nachzuholen.

5. Fazit

  • Wenn Sie krank sind und nicht zur Arbeit gehen können, sollten Sie dies möglichst schnell Ihrem Arbeitgeber mitteilen!
  • Spätestens am vierten Tag der Krankheit haben Sie eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom Arzt einzuholen und vorzulegen. Der Arbeitgeber kann diese auch früher verlangen.
  • Wenn Sie dem Arbeitgeber nicht rechtzeitig Bescheid geben oder die AUB einreichen, kann er Ihnen eine Abmahnung aussprechen.
  • Kommt es wiederholt vor, dass Sie sich nicht krankmelden oder das Attest nicht übermitteln, kann der Arbeitgeber Ihnen sogar kündigen. Ob eine Kündigung tatsächlich möglich ist, hängt aber vom Einzelfall ab und lässt sich nicht pauschal beantworten.
  • Solange Sie die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht vorlegen, muss der Arbeitgeber Ihr Entgelt nicht fortzahlen.

6. Was wir für Sie tun können

  • Wir beraten Sie in einem ersten Gespräch über mögliche Vorgehensweisen und deren Chancen.
  • Sollten Sie eine Abmahnung wegen einer verspätet eingereichten AUB oder Krankmeldung erhalten haben, kann es sich lohnen, sich für die Entfernung dieser Abmahnung aus der Personalakte einzusetzen. Das übernehmen wir für Sie.
  • Sollten Sie eine Krankmeldung oder AUB zu spät abgegeben haben und deshalb gekündigt worden sein, müssen Sie schnell handeln. Sollten Sie nicht innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Kündigungsschutzklage erheben, wird diese automatisch wirksam. Wir vertreten Sie gerne vor Gericht.
  • In einem ersten Beratungsgespräch informieren wir Sie über Möglichkeiten, gegen verspätete oder ausgebliebene Krankmeldungen/AUB vorzugehen.
  • Bei der Formulierung von Abmahnungen sind einige Fallstricke zu beachten. Wir verfassen das Schreiben für Sie rechtssicher.
  • Im äußersten Fall kann auch eine Klage sinnvoll sein. Natürlich vertreten wir Sie auch vor Gericht.