1. Definition eines leitenden Angestellten

Eine konkrete arbeitsrechtliche Definition von leitenden Angestellten gibt es nicht. Diese hängt vielmehr von vielen Faktoren der individuellen Beschäftigung ab. Zunächst gelten also die allgemeinen arbeitsrechtlichen Regelungen für Arbeitnehmer und leitende Angestellte. Gleichwohl zeichnen sich leitende Angestellte dadurch aus, dass ihnen wesentliche Arbeitgeberbefugnisse übertragen wurden und sie dem Arbeitszeitgesetz nicht unterliegen.

Erste Anhaltspunkte liefert § 5 Absatz 3 des Betriebsverfassungsgesetzes. Demnach ist leitender Angestellter, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen:

  • zur selbstständigen Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmern im Betrieb oder der Abteilung berechtigt ist oder
  • Inhaber einer nicht unbedeutenden Generalvollmacht oder Prokura ist oder
  • Jemand, der regelmäßig Aufgaben übernimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens von Bedeutung sind und besondere Erfahrung und Kenntnis verlangen. Dabei müssen die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen getroffen werden oder maßgeblich vom leitenden Angestellten beeinflusst werden.

Weitere Anhaltspunkte liefert auch der § 5 Absatz 4 des Betriebsverfassungsgesetzes. Leitender Angestellter ist demnach auch:

  • wer unter anderem aus der letzten Betriebsrats- oder Sprecherausschusswahl den leitenden Angestellten zugeordnet wurde oder
  • einer Ebene im Unternehmen angehört, in der überwiegend leitende Angestellte tätig sind oder
  • ein Gehalt bezieht, welches für leitende Angestellte im Unternehmen üblich ist oder
  • das dreifache Gehalt der Bezugsgröße nach 18 SGB IV bezieht.

§ 14 Absatz 2 des Kündigungsschutzgesetzes setzt zwingend die besondere Befugnis zur Entlassung und/oder Einstellung voraus. Leitende Angestellte werden hier mit Geschäftsführern und Betriebsleitern genannt und sind beim Thema Kündigung dementsprechend gleichzusetzen.

Im Grunde sind leitende Angestellte also Arbeitnehmer, die in ihrem Verantwortungsbereich unternehmerische Aufgaben mit großer Entscheidungsfreiheit wahrnehmen. Die hohe Verantwortung aus den unternehmerischen Aufgaben rührt wiederum aus der Nähe zur Geschäftsleitung und der Vorgesetztenfunktion für die unterstellten Mitarbeiter. Um als leitender Angestellter zu gelten, kommt es aber nicht auf eine bestimmte Anzahl an unterstellten Mitarbeitern oder gar eine Gehaltsgrenze an.

Ein leitender Angestellter wird in mitbestimmungsrechtlichen Angelegenheiten dem Arbeitgeber zugeordnet und somit nicht vom Betriebsrat vertreten. Dies macht die Stellung des leitenden Angestellten nochmal deutlich. Ein sogenannter Sprecherausschuss vertritt die Belange der leitenden Angestellten und wird aus diesen gebildet. Einen besonderer Kündigungsschutz – wie ihn Betriebsratsmitglieder genießen – gibt es hier allerdings nicht.

In Kündigungsprozessen wird die Feststellung, ob es sich um einen echten leitenden Angestellten handelt, sehr genau genommen. Oft sind es nämlich nur Feinheiten, die zu einer Unterscheidung führen. Im Hinblick auf Personalentscheidungen ist es z.B. äußerst wichtig, ob der vermeintlich leitende Angestellte diese ohne jegliche weiteren Absprachen tätigen kann und dies auch tut. Muss er dazu andere Entscheidungen einholen, so ist dieses Merkmal nicht erfüllt. Problem im Alltag ist, dass viele meinen, sie seien leitende Angestellte, aber bei genauerer Überprüfung stellt sich dann oft heraus, dass es sich im Einzelfall dann doch nicht um einen leitenden Angestellten handelt. Der Grat ist also schmal und die Arbeitsgerichte haben bereits in der Vergangenheit schon sehr genau hingeschaut (so zum Beispiel das Bundesarbeitsgericht in einem Urteil aus 2011, BAG 14.4.2011, 2 AZR 167/10).

Die Merkmale eines leitenden Angestellten im Überblick:
  • Eine Befugnis zur Einstellung und Entlassung von Mitarbeitern ist das stärkste Indiz.
  • Sie unterstehen nicht dem Arbeitszeitgesetz, wie die anderen Mitarbeiter.
  • Aufgrund der Stellung im Unternehmen tragen sie eine entsprechend hohe soziale und wirtschaftliche Verantwortung.
  • Arbeitsrechtliche Regelungen gelten gleichermaßen wie bei anderen Arbeitnehmern.

2. Die Abmahnung des Leitenden

Eine arbeitsrechtliche Abmahnung ist die Konsequenz aus einem Fehlverhalten des Arbeitnehmers und damit sozusagen die „gelbe Karte“.

Aufgrund der Sonderstellung eines leitenden Angestellten und den damit verbundenen hohen Erwartungen an ihn kann ein Fehlverhalten nicht mit dem eines anderen Arbeitnehmers gleichgestellt werden. Ein zerstörtes und nicht wiederherstellbares Vertrauensverhältnis könnte daher schneller als bei anderen Arbeitnehmern auch ohne vorherige Abmahnung zur Kündigung führen. Trotzdem ist ein leitender Angestellter nicht vor einer Abmahnung geschützt, denn diese ist ein individuell nutzbares Instrument des Arbeitgebers und schließt keinen Arbeitnehmerkreis aus.

3. Besteht ein besonderer Kündigungsschutz?

Ein leitender Angestellter untersteht den allgemeinen Regeln des Kündigungsschutzes. So ist eine Kündigung grundsätzlich nur möglich, sofern dafür betriebs-, personen- oder verhaltensbedingte Gründe vorliegen.

Hier sind jedoch die näheren Hintergründe der Kündigung eines leitenden Angestellten zu berücksichtigen. Aufgrund seiner Stellung sind ein hohes Verantwortungsbewusstsein und wirtschaftliches Handeln nah an der Geschäftsführung unerlässlich. Gibt es hier einen Missstand, so wiegt dieser aufgrund der Position schwerer als bei einem Fehltritt eines anderen Arbeitnehmers. Der leitende Angestellte kann jedoch wie andere Arbeitnehmer auch eine Klage gegen diese Kündigung innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist beim zuständigen Gericht einreichen.

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4. Was ist der Auflösungsantrag?

Der Auflösungsantrag unterscheidet den leitenden Angestellten nun von den üblichen Arbeitnehmern und bietet beiden Parteien ein gewisses Sonderrecht. Gemäß §9 des Kündigungsschutzgesetzes haben Arbeitnehmer und Arbeitgeber nach einer erfolgreichen Kündigungsschutzklage die Möglichkeit, einen Auflösungsantrag zu stellen. Seinen Arbeitsplatz könnte der leitende Angestellte gemäß Urteil also behalten. Aus vielen Gerichtsverfahren sowie den damit verbundenen Umständen entstehen jedoch häufig auch unangenehme Situationen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, so dass das Vertrauensverhältnis unwiderruflich gestört sein könnte. Ist dem Arbeitnehmer also eine Fortführung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so kann er einen Auflösungsantrag stellen.

Auf diesem Wege kann sich auch der Arbeitgeber von der Führungskraft trennen und muss die Beschäftigung des leitenden Angestellten nicht fortführen.

Mit dem Auflösungsantrag kann sich der Arbeitgeber also trotz eines bestehenden Kündigungsschutzes von dem leitenden Angestellten trennen und es muss keine Weiterbeschäftigung gegen den Willen des Arbeitgebers stattfinden.

Tatsächliche Gründe für die Antragstellung muss jedoch keine der beiden Parteien hervorbringen. Das Gericht kann in der Folge das Arbeitsverhältnis auflösen und die Zahlung einer Abfindung anordnen.

Der Auflösungsantrag kann also beide Parteien gleichermaßen aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis herausholen. Der Arbeitnehmer muss sich trotz gewonnener Kündigungsschutzklage nicht mehr in das Arbeitsverhältnis begeben und bekommt zudem eine vom Gericht festgesetzte Abfindung. Auch der Arbeitgeber kann sich in der Folge des Auflösungsvertrages von seiner Führungskraft trennen, wird dabei jedoch schärfer betrachtet, um nicht grundlos leitende Angestellte zu entlassen.

In eben dieser Situation wird die Echtheit leitender Angestellter genau geprüft. Im Zweifel kann diese Prüfung auch für ihn sprechen. Denn falls der Angestellte nicht leitend ist, steht dem Arbeitgeber das Mittel des Auflösungsvertrages nicht mehr zur Verfügung. Eine außergerichtliche Einigung beziehungsweise eine vergleichsweise Regelung zwischen den Parteien im Prozess kann dann hier das Mittel zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses sein.

5. Die Abfindung nach der Beendigung des Arbeitsvertrages

Ein Anspruch auf Abfindung bei Kündigung ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag und etwaigen Zusatzvereinbarungen, die das Arbeitsverhältnis betreffen. Die Höhe der Abfindung ist jedenfalls im Kündigungsschutzgesetz definiert und findet dementsprechend auch Anwendung auf leitende Angestellte. Hier legt der §10 eine Höhe von bis zu zwölf Monatsgehältern fest. Weiterhin gelten Stufen für ältere Arbeitnehmer mit langer Betriebszugehörigkeit wie folgt:

  • ab 50 Jahre mit mindestens 15 Jahren Arbeitsverhältnis stehen dem Arbeitnehmer 15 Monatsgehälter Abfindung zu
  • ab einem Alter von 55 Jahren und mindestens 20 Jahren Bestand des Arbeitsverhältnisses entspricht die Abfindung mindestens 18 Monatsgehältern

Zum Zeitpunkt der Festsetzung der Abfindung darf das Alter des Arbeitnehmers das Lebensalter der Regelaltersrente jedoch nicht überschreiten.

Eine Abfindung im Verfahren um einen Auflösungsantrag fällt außerdem häufig eher niedriger aus, da auch soziale Aspekte vom Gericht mit einbezogen werden. In einer solche Situation ist es also für den Arbeitnehmer lohnenswerter, sich außergerichtlich zu einigen.

6. Fazit

  • Die Definition eines leitenden Angestellten hängt unter anderem von der Entscheidungsmacht im personellen Bereich und seiner Verbundenheit zu den wirtschaftlichen Interessen des Unternehmens ab.
  • Aufgrund dieser Sonderstellung im Unternehmen und der damit verbundenen Vorbildfunktion gelten hohe Anforderungen an ihn, die eine etwaige Abmahnung entbehrlich machen können.
  • Nach einem für den leitenden Angestellten erfolgreichen Kündigungsschutzprozess vor dem Arbeitsgericht können Arbeitgeber und -nehmer das Arbeitsverhältnis durch einen Auflösungsantrag trotzdem auflösen.
  • Ein Anspruch auf Abfindung kann aus bestehenden Verträgen zum Arbeitsverhältnis oder einer arbeitsgerichtlichen Anordnung entstehen. Die Höhe der Abfindung ergibt sich aus dem Alter des leitenden Angestellten, der Dauer des Arbeitsverhältnisses und vor dem Arbeitsgericht auch nach sozialen Aspekten.