1. Können Arbeitgeber während der Kurzarbeit kündigen?
  2. Können Arbeitnehmer während der Kurzarbeit kündigen?
  3. Wann ist eine Kündigung während der Kurzarbeit wirksam?
  4. Kann der Arbeitgeber eine Änderungskündigung aussprechen, wenn der Arbeitnehmer die Einführung von Kurzarbeitergeld ablehnt?
  5. Kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis bei Ablehnung einer Vereinbarung zur Kurzarbeit beenden?
  6. Kündigungsfrist bei einer Kündigung während der Kurzarbeit
  7. Muss der Arbeitgeber das volle oder nur anteilige Gehalt während der Kündigungsfrist zahlen?
  8. Höhe der Urlaubsabgeltung nach einer Kündigung während der Kurzarbeit
  9. Höhe des Arbeitslosengeldes nach einer Kündigung während der Kurzarbeit
  10. Was kann man gegen eine Kündigung während der Kurzarbeit tun?
  11. Aufhebungsvertrag oder Kündigung – Was ist günstiger?
  12. Fazit

1. Können Arbeitgeber während der Kurzarbeit kündigen?

Das Instrument der Kurzarbeit soll bei der Überbrückung wirtschaftlicher Engpässe helfen und dadurch Entlassungen vermeiden. Wenn der Arbeitgeber seine wirtschaftlichen Schwierigkeiten nämlich dauerhaft nicht überbrücken und Arbeitsplätze nicht halten kann, können Kündigungen erforderlich sein.

Entgegen weitläufiger Auffassung sind Arbeitnehmer aber grds. nicht vor einer Kündigung während Kurzarbeit geschützt, denn die Regelungen zur Beendigung arbeitsrechtlicher Vertragsbeziehungen gelten auch während der Kurzarbeit. Ein besonderer Kündigungsschutz, z.B. wegen Mutterschutz oder Elternzeit, Schwerbehinderung oder Betriebsratstätigkeit, hat jedoch trotz Kurzarbeit weiterhin Bestand.


2. Können Arbeitnehmer während der Kurzarbeit kündigen?

Auch Arbeitnehmer können ihr Arbeitsverhältnis während der Kurzarbeit kündigen, denn auf die Voraussetzungen der Eigenkündigung hat die Kurzarbeit keine Auswirkungen. Der Arbeitnehmer muss die Kündigungsfrist in Abhängigkeit zur Beschäftigungsdauer einhalten (§ 622 Abs. 1 BGB), sofern Arbeits- oder Tarifvertrag nichts Abweichendes bestimmen.

Achtung: Bei einer Eigenkündigung droht eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld: Beendet der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis freiwillig ohne Anschlussbeschäftigung, zahlt die Agentur für Arbeit unter Umständen für bis zu zwölf Wochen kein Arbeitslosengeld.

3. Wann ist eine Kündigung während der Kurzarbeit wirksam?

Grundsätzlich kann der Arbeitgeber eine Kündigung aus personenbedingten, verhaltensbedingten oder betriebsbedingten Gründen aussprechen. Dies gilt auch bei Ausspruch einer Kündigung während der Kurzarbeit.

Der Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung während der Kurzarbeit ist an strenge Anforderungen geknüpft. Sinn und Zweck der Kurzarbeit ist es, vorübergehende betriebliche Engpässe zu überbrücken. Eine betriebsbedingte Kündigung darf sich daher nicht ausschließlich auf Gründe berufen, die bereits zur Anordnung der Kurzarbeit geführt haben. Eine betriebsbedingte Kündigung kommt vielmehr lediglich dann in Betracht, wenn neue Umstände hinzutreten.

Eine personenbedingte Kündigung ist nur möglich, wenn dauerhaft mit weiteren Ausfällen zu rechnen ist. Für eine krankheitsbedingte Kündigung bedarf es einer Negativprognose, wenn mit künftiger, dauerhafter oder sich wiederholender krankheitsbedingten Abwesenheit zu rechnen ist. Es kommt grundsätzlich auf die Umstände des Einzelfalls an, insb. den Krankheitsverlauf.

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4. Kann der Arbeitgeber eine Änderungskündigung aussprechen, wenn der Arbeitnehmer die Einführung von Kurzarbeitergeld ablehnt?

Ja. Zwar kann der Arbeitgeber die Kurzarbeit nicht einseitig anordnen. Lehnt der Arbeitnehmer jedoch eine Vereinbarung des Arbeitgebers zur Einführung von Kurzarbeit ab, kann der Arbeitgeber eine außerordentliche Änderungskündigung zur Einführung der Kurzarbeit aussprechen.

Das Bundesarbeitsgericht entschied bereits im Jahre 1994 (27.01.1994, 2 AZR 546/17), dass der Arbeitgeber zur Einführung von Kurzarbeit eine ordentliche Änderungskündigung aussprechen könne. Das Arbeitsgericht Stuttgart entschied ferner (Urteil vom 22.10.2020, 11 Ca 2950/20), dass eine außerordentliche, fristlose Änderungskündigung zur Einführung der Kurzarbeit gerechtfertigt sein könne.

Für deren Wirksamkeit sind laut des Urteils folgende Faktoren relevant:

  • bestimmtes Änderungsangebot (Zeitraum, Umfang der Arbeitsreduzierung),
  • angemessene Ankündigungsfrist (etwa drei Wochen),
  • Durchführung einer Sozialauswahl, ggf. Beteiligung des Betriebsrates,
  • Erstattung einer Massenentlassungsanzeige bei der Bundesagentur für Arbeit bei Überschreitung der Schwellenwerte nach § 17 KSchG,
  • Vorliegen der Voraussetzungen zur Gewährung von Kurzarbeitergeld.

Lehnt ein Arbeitnehmer eine Änderungskündigung ab, wandelt sich diese in eine Beendigungskündigung um.


5. Kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis bei Ablehnung einer Vereinbarung zur Kurzarbeit beenden?

Eine betriebsbedingte Kündigung ist rechtmäßig, wenn der Arbeitnehmer eine vom Arbeitgeber angebotene Vereinbarung zur Einführung der Kurzarbeit ablehnt. Das geht aus einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Nürnberg hervor (LAG Nürnberg, Urteil vom 18.03.2021, Az. 4 Sa 413/20).

Die Kündigung stellt in diesem Fall keine unerlaubte Maßregelung dar und benachteiligt den Arbeitnehmer auch nicht dahingehend, dass dieser in zulässiger Weise sein Recht zur Ablehnung der Kurzarbeitsvereinbarung ausgeübt hat (vgl. BAG, Urteil vom 22.05. 2003 – 2 AZR 426/02, Rn. 53, lexetius).


6. Kündigungsfrist bei einer Kündigung während der Kurzarbeit

Es gelten die allgemeinen gesetzlichen Regelungen, unabhängig von der Beschäftigung in Kurzarbeit. Die Kündigungsfrist richtet sich nach der Bestimmung im Arbeitsvertrag oder ersatzweise nach der Dauer, die der Arbeitnehmer bereits im Betrieb des Arbeitgebers beschäftigt ist (§ 622 BGB).

7. Muss der Arbeitgeber das volle oder nur anteilige Gehalt während der Kündigungsfrist zahlen?

Ein Anspruch auf Kurzarbeitergeld besteht nur, wenn das Arbeitsverhältnis „ungekündigt“ ist (§ 98 Abs. 1 Nr. 2 SGB III).

Spricht der Arbeitgeber die Kündigung gegen einen seiner Beschäftigten aus oder erfolgt die Kündigung durch den Arbeitnehmer, erlischt gleichzeitig der Anspruch auf Kurzarbeitergeld gegenüber der Arbeitsagentur (§ 98 Abs. 1 Nr. 2 SGB III) für diesen Mitarbeiter, da mit der Kündigung die persönlichen Voraussetzungen für Kurzarbeit – vor allem der vorübergehende Arbeitsausfall – wegfallen.

Der Arbeitgeber muss bis zum Ablauf der Kündigungsfrist wieder selbst die Lohnzahlung übernehmen.

Die Höhe des Vergütungsanspruches nach Ausspruch einer Kündigung während Kurzarbeit ist häufig im Arbeits- oder Tarifvertrag bzw. einer Betriebsvereinbarung geregelt.

Beispiel: Durch Betriebsvereinbarung ist geregelt, dass bei Beendigung des Kurzarbeitergeldes der Arbeitnehmer wieder voll beschäftigt wird. In dem Fall muss der Arbeitnehmer wieder seine normale Arbeitszeit leisten und erhält bis zum Ablauf der Kündigungsfrist auch sein volles Gehalt.

Unklarheit besteht jedoch, wenn vertraglich nichts vereinbart ist. Eine aktuelle höchstrichterliche Entscheidung dazu fehlt bisher.

Denkbar wäre es, dass der Arbeitnehmer

  • sein volles Gehalt, wie ursprünglich vereinbart, erhält oder
  • nur das Gehalt für die kraft Kurzarbeit reduzierte Arbeitszeit erhält oder
  • das Gehalt für die reduzierte Arbeitszeit erhält und der Arbeitgeber einen Zuschlag i.H.d. Kurzarbeitergeldes bezahlt.

Laut einer häufig zitierten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes aus dem Jahre 1990 (Urteil vom 11.07.1990 – 5 AZR 557/89) ist der Arbeitgeber verpflichtet, bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Vergütung in Höhe des zuvor gezahlten Kurzarbeitergeldes für den vereinbarten Zeitraum der Kurzarbeit zu leisten. Das heißt: Die Folgen der Kurzarbeit – also geringere Arbeitsstunden und Zahlung eines gekürzten Lohnes – bleiben bestehen. Der Arbeitgeber muss den Lohn in Form des Kurzarbeitergeldes zahlen und nicht den vollen Lohn.

Mit dem Zugang der Kündigung zahlt die Bundesagentur für Arbeit kein Kurzarbeitergeld mehr, da dieses nur bei vorübergehendem Arbeitsausfall in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis gezahlt wird. Dass die Voraussetzungen gegenüber der Bundesagentur für Arbeit wegfallen, betrifft jedoch nicht das arbeitsvertragliche Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, also auch nicht die Pflicht des Arbeitgebers, zumindest den gekürzten Lohn zu zahlen. Es wäre jedoch ungerecht, wenn der gekündigte Arbeitnehmer sein volles Gehalt und der ungekündigte Arbeitnehmer nur Kurzarbeitergeld erhält. Aus diesem Grund ist eine Vergütung in Höhe des zuvor gezahlten Kurzarbeitergeldes naheliegend.

Es bleibt abzuwarten, wie die Gerichte diese Frage entscheiden werden. Bis dahin kann eine Einigung mit dem Arbeitgeber sinnvoll sein.


8. Höhe der Urlaubsabgeltung nach einer Kündigung während der Kurzarbeit

Der Arbeitgeber kann den Urlaubsanspruch anteilig kürzen, wenn der Arbeitnehmer im Rahmen der Kurzarbeit zeitweise nicht gearbeitet hat (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 30.11.2021).

Hat der Arbeitnehmer hingegen im Rahmen der Kurzarbeit gearbeitet, wenn auch nur mit reduzierter Arbeitszeit, ist eine Kürzung des Urlaubes unzulässig. Eine anteilige Urlaubskürzung ist im Falle von Kurzarbeit nicht gesetzlich geregelt. Das ist vom Gesetzgeber auch nicht bezweckt. Für Fälle, in denen das Arbeitsverhältnis ruht, wie z.B. in Elternzeit, hat der Gesetzgeber eine anteilige Urlaubskürzung geregelt. Im Falle von Kurzarbeit hat er dies hingegen nicht und hat so zum Ausdruck gebracht, dass der Urlaubsanspruch trotz reduzierter Arbeitszeit nicht gekürzt werden soll.

Das Urlaubsentgelt bleibt auch bei angeordneter Kurzarbeit unverändert und richtet sich nach dem normalen Arbeitsverdienst (ohne Berücksichtigung des Kurzarbeitergeldes). Das Urlaubsentgelt richtet sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst der letzten 13 Wochen vor dem Beginn des Urlaubs (§ 11 Abs. 1 S. 1 BUrlG). War in dieser Zeit im Betrieb Kurzarbeit angeordnet, ist dies für das Urlaubsentgelt unschädlich: Verdienstkürzungen im Berechnungszeitraum infolge von Kurzarbeit oder unverschuldeter Arbeitsversäumnis bleiben außer Betracht (§ 11 Abs. 2 S. 3 BUrlG).


9. Höhe des Arbeitslosengeldes nach einer Kündigung während der Kurzarbeit

Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf Zahlung von Arbeitslosengeld (ALG), wenn er innerhalb der letzten 30 Monate mind. 12 Monate in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat. Grundsätzlich bemisst sich die Höhe des ALG nach dem Durchschnittslohn des letzten Jahres und liegt bei mind. 60% des Durchschnittslohnes.

Die Agentur für Arbeit zahlt nach Zugang der Kündigung jedoch kein Kurzarbeitergeld mehr (§ 98 Abs. 1 Nr. 2 SGB III). Befand sich der Arbeitnehmer vor der Kündigung in Kurzarbeit, wird das Gehalt zur Berechnung herangezogen, welches er ohne Kurzarbeit verdient hätte – also das volle Gehalt.


10. Was kann man gegen eine Kündigung während der Kurzarbeit tun?

Sie können innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung eine Kündigungsschutzklage einreichen. Es wird die Wirksamkeit der Kündigung geprüft. Die Frist ist eine Ausschlussfrist! Wird sie versäumt, gilt die Kündigung als wirksam.


11. Aufhebungsvertrag oder Kündigung – Was ist günstiger?

Es kann vorkommen, dass der Arbeitgeber vor Ausspruch der Kündigung einen Aufhebungsvertrag anbietet. Mit diesem können sich die Parteien auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses einigen. In einem Aufhebungsvertrag kann von der Höhe des Gehaltes, der Urlaubsabgeltung und der Dauer der Kündigungsfrist abgewichen werden. So kann gerade die bisher unklare Rechtslage im Hinblick auf die Höhe des Gehaltes während der Kündigungsfrist einvernehmlich geregelt werden. Dies kann für den Arbeitnehmer zudem vorteilhaft sein, da er so eine angemessene Abfindung und ein wohlwollendes Arbeitszeugnis aushandeln kann.
Ein Aufhebungsvertrag sollte nicht ohne vorherige Beratung durch einen Rechtsanwalt für Arbeitsrecht unterzeichnet werden.

12. Fazit

  • Eine Kündigung ist während der Kurzarbeit möglich. Bei der betriebsbedingten Kündigung müssen neue Umstände hinzugetreten sein.
  • Bei Ablehnung der Einführung von Kurzarbeit kann der Arbeitgeber eine außerordentliche Änderungskündigung aussprechen.
  • Es gelten die üblichen gesetzlichen Kündigungsfristen.
  • Der Arbeitgeber muss bis zum Ablauf der Kündigungsfrist Lohn/Gehalt zahlen. Die Höhe des Gehaltes kann arbeits-, tarifvertraglich oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt werden. Im Übrigen bleibt es dem Arbeitgeber überlassen, die Höhe des Gehaltes während der Kündigungsfrist zu bestimmen, da dies nicht abschließend gerichtlich entschieden ist.
  • Urlaubsabgeltung berechnet sich auf Basis des ungekürzten Gehalts.
  • Für die Höhe des Arbeitslosengeldes wird das volle Gehalt zugrunde gelegt.
  • Gegen die Kündigung während der Kurzarbeit kann innerhalb von drei Wochen eine Kündigungsschutzklage eingereicht werden.
  • Wenn Sie während der Kurzarbeit einen Aufhebungsvertrag erhalten, sollten Sie einen Rechtsanwalt für Arbeitsrecht kontaktieren.