Eine Trennung und Scheidung ist für die meisten Betroffenen eine Belastungsprobe. Dies gilt umso mehr, wenn sich die Noch-Ehegatten über die diversen zu klärenden Punkte nicht einig werden oder wenn sich einer der Ehegatten erst gar nicht scheiden lassen will.

Man spricht dann von einer streitigen Scheidung, bei der im Verfahren einige Besonderheiten zu beachten sind. Wir erläutern, welche Themen als Folgesachen der Klärung bedürfen und zum Streit führen können sowie die Abläufe und Kosten des streitigen Verfahrens.

  1. Klärung, ob eine einvernehmliche Auseinandersetzung möglich ist
  2. Streitige Scheidung und Folgesachen
  3. Wenn ein Ehegatte keine Scheidung will
  4. Scheidungskosten bei streitiger Scheidung
  5. Fazit

1. Klärung, ob eine einvernehmliche Auseinandersetzung möglich ist

Auch wenn jede Trennung einer langjährigeren Liebesbeziehung für viele Menschen eine emotionale Krise darstellt, ist es allein mit der Lossagung vom Partner im Falle von Eheleuten nicht getan. Es folgt eine nicht selten nervenaufreibende Zeit der Abwicklung der Ehe, bei der die einstigen Partner eine räumliche und finanzielle Auseinandersetzung vornehmen müssen, sowie bei Familien mit Kindern auch diese als weitere Personen betroffen sind.

Es ist nicht verwunderlich, dass gerade bei einem emotional ohnehin belasteten Verhältnis zum Expartner über die vielen zu klärenden Punkten häufig Streitigkeiten entstehen. Daher sollte – bevor es zu solchem Streit mit dem Expartner kommt – eine frühzeitige Beratung bei einem erfahrenen Rechtsanwalt für Familienrecht erfolgen. Dieser wird Ihre eigenen Rechte klären und gemeinsam mit Ihnen prüfen, ob zur Vermeidung späterer Streitigkeiten ggf. schon außergerichtlich eine Einigung mit dem Ehegatten getroffen werden kann. Sind die Ehegatten in der Lage, sich schon außergerichtlich und gütlich über einige oder alle Scheidungsfolgesachen (z. B. Unterhalt, Sorgerecht, Zugewinnausgleich etc.) zu einigen, sollte dies in einer sog. Scheidungsfolgenvereinbarung festgehalten werden.

Gelingt eine außergerichtliche Einigung mit dem Expartner nicht, weil mit ihm oder ihr nicht mehr zu reden ist oder er/sie für Sie nicht akzeptable Ansprüche stellt, bleibt nur der gerichtliche Weg.


2. Streitige Scheidung und Folgesachen

Nach einer Trennungszeit von einem Jahr kann die Ehescheidung erfolgen. Im Scheidungsverfahren wird von Amts wegen – also im Zwangsverbund und „automatisch“ – auch der Versorgungsausgleich durchgeführt. Dies ist der Ausgleich der während der Ehe erworbenen Rentenansprüche beider Ehepartner.

Neben dieser eigentlichen Ehescheidung und dem Versorgungsausgleich können bei einer Scheidung meist aber noch viele andere Fragen problematisch sein.

Erforderlich kann die Klärung folgender Punkte werden:

  • Unterhalt des Ehegatten und Kindesunterhalt
  • bei Kindern: Sorge- und Umgangsrecht
  • Vermögensaufteilung sowie die güterrechtliche Auseinandersetzung z.B. bei Zugewinngemeinschaft oder Gütertrennung

Diese Angelegenheiten sind eigene Verhandlungsthemen, die nicht – wie der Versorgungsausgleich – von Amts wegen Teil des Scheidungsverfahrens werden. Um diese Punkte gerichtlich klären zu können, müssen die Parteien bzw. ihre Anwälte eigene Anträge stellen.

Diese Anträge können im Scheidungsverfahren gestellt werden. In diesem Fall werden sie als sogenannte Folgesachen mit dem Scheidungsverfahren verbunden (man spricht dann von einem „Verbundverfahren“). Der Vorteil des Verbundes ist es, dass diese Fragen dann umfassend vor Ausspruch der Scheidung geregelt werden und somit am Ende des Scheidungsverfahrens auch sämtliche weiteren streitigen Punkte geklärt sind.

Es ist aber auch möglich, dass diese Fragen außerhalb des Verbundverfahrens – etwa nach dem Scheidungsverfahren – in eigenen Verfahren verhandelt und entschieden werden. Dies geschieht insbesondere dann, wenn die Fragen recht spät aufkommen und die Frist für die Beantragung im Scheidungsverbund bereits abgelaufen ist. Denn Folgesachen müssen spätestens zwei Wochen vor der mündlichen Verhandlung beantragt werden, um im Scheidungsverbund behandelt zu werden (§ 137 Abs. 2 FamFG).

Unterhalt

Zentraler Streitgegenstand vieler Scheidungen ist natürlich die finanzielle Absicherung der Kinder und auch des einstigen Lebenspartners, insbesondere wenn – z.B. bedingt durch die Erziehung gemeinsamer Kinder während der Ehe und damit verbundenen beruflichen Auszeiten oder Teilzeitarbeit – ein erhebliches Gefälle in den Verdiensten der Ehegatten besteht.

Zu klärende Punkte sind hier vor allem:

Umgang und Sorgerecht

Bei gemeinsamen Kindern kann es zu Unstimmigkeiten kommen, da es eine ganze Reihe von Fragen zwischen den Eltern zu klären gibt:

Vermögensauseinandersetzung und eheliches Güterrecht

Ein weiterer wichtiger Bereich, über den Entscheidungen zu treffen sind, ist die Vermögensaufteilung und das eheliche Güterrecht.

Hier ist in der Regel der Zugewinnausgleich zu klären, also der Ausgleich des während der Ehe erwirtschafteten Vermögens bei Zugewinngemeinschaft.

Aber auch folgende Themen können behandelt werden:

3. Wenn ein Ehegatte keine Scheidung will

Manche Ehegatten sind sich trotz Trennung darüber einig, dass sie sich nicht voneinander scheiden lassen wollen. Dies ist legitim, auch wenn solch eine Trennung ohne Scheidung bestimmte Risiken birgt, die bedacht werden sollten.

Andere Eheleute fassen erst nach einer längeren Trennungszeit den Entschluss, sich nun doch scheiden lassen zu wollen. Auch bei einer solchen Scheidung nach langer Trennungszeit sind einige Fallstricke zu beachten.

Problematisch wird es aber auch, wenn einer der Ehepartner nach der Trennung die Scheidung will, der andere aber nicht. Was gilt dann?

Voraussetzung für eine Scheidung in Deutschland ist, dass die Ehe gescheitert ist (sog. Zerrüttungsprinzip). Dies wird angenommen, wenn beide Ehegatten die Scheidung wollen und sie ein Jahr lang getrennt leben. Wenn aber einer der Ehegatten keine Scheidung will, ist nicht ausreichend klar, ob die Lebensgemeinschaft der Partner wirklich nicht mehr wiederherzustellen ist.

Aus diesem Grund greift in diesen Fällen die unwiderlegbare Vermutung für das Scheitern der Ehe erst bei einer dreijährigen Trennung (§ 1566 Abs. 2 BGB).

Aber auch bei einer kürzeren Trennungszeit als drei Jahre kann geschieden werden, wenn das Gericht die Zerrüttung der Ehe feststellt. In der Praxis muss daher die dreijährige Trennungsdauer selten abgewartet werden.

Allerdings gibt es von dieser Regel zur ein- bzw. dreijährigen Trennung auch Ausnahmen für Härtefälle, die sogenannte Härtefallscheidung oder auch Blitzscheidung. Diese gilt aber nur bei schwerwiegenden Gründen, bei deren Vorliegen das Abwarten eines Trennungsjahres eine unzumutbare Härte darstellen würde, z. B. kann der Ehemann die Scheidung ohne Trennungsjahr beantragen bei Schwangerschaft der Ehefrau von einem anderen Mann.

Häusliche Gewalt ist in der Regel kein Grund für eine Blitzscheidung.

4. Scheidungskosten bei streitiger Scheidung

Die Kosten einer streitigen Scheidung sind abhängig vom Einkommen und Vermögen der Ehegatten. Da eine Scheidung in Deutschland nur vor Gericht möglich ist und nur von einem Rechtsanwalt beantragt werden kann, entstehen bei jeder Scheidung sowohl Gerichts- als auch Anwaltskosten.

Diese Scheidungskosten sind in ihrer unteren Grenze gesetzlich genau festgelegt und richten sich nach dem sogenannten Verfahrenswert bzw. Streitwert in Familienverfahren. Je höher der Verfahrenswert, umso höher fallen die Gerichtskosten und Anwaltsgebühren aus. Der Verfahrenswert entspricht im Wesentlichen dem Nettoeinkommen der Eheleute für drei Monate.

Der Ehemann verdient 3.500 Euro netto, die Ehefrau 2.900 Euro. Der Streitwert beträgt damit 19.200 Euro (3.500 Euro + 2.900 Euro = 6.400 Euro x 3 = 19.200 Euro).

Hinzu kommt noch der Wert für den Versorgungsausgleich mit 10% je Rentenanwartschaft.

Wenn beide Ehegatten kein oder sehr wenig Einkommen haben, beträgt der Verfahrenswert grundsätzlich mindestens 3.000 Euro. Im Einzelfall sind vom Richter bei der Festsetzung des Verfahrenswertes eventuell Ausnahmen zu beachten, die zu Abweichungen hiervon führen.

Am günstigsten sind die Kosten bei einer sogenannten einvernehmlichen Scheidung: Wenn die Ehegatten sich über alle wesentlichen Punkte einig sind und es nur noch um die Scheidung selbst geht, reicht es auch, wenn sich nur ein Ehegatte von einem Rechtsanwalt vertreten lässt und der andere der Scheidung zustimmt. In diesem Fall können sich die Ehegatten intern die Rechtsanwaltskosten teilen.

Demgegenüber gilt für die Kosten bei einer streitigen Scheidung: Die Kosten liegen hier schon deshalb höher, weil sich beide Ehegatten jeweils durch einen eigenen Scheidungsanwalt vertreten lassen und diesen auch jeweils selbst bezahlen müssen.

Des Weiteren stellt jede Folgesache, über die verhandelt werden muss, beispielsweise Kindesunterhalt, Fragen zum Sorgerecht, Vermögensauseinandersetzung usw., eine eigene Kostenposition dar. Dem Verfahrenswert der Scheidung sind diese Kosten hinzuzuaddieren, so dass sich hieraus der Gesamtwert ergibt.

In unserem Fall ergeben sich daher die folgenden Werte:

  • Verfahrenswert für Scheidung: 19.200 Euro
  • Versorgungsausgleich (2 Renten): 3.840 Euro
  • Folgesache Sorgerecht: 3.000 Euro
  • Gesamt-Verfahrenswert: 26.040 Euro
Es ist meist kostengünstiger, die streitigen Fragen als Folgesachen bereits im Rahmen des Scheidungsverfahrens im Verbund klären zu lassen.

Das Familiengericht entscheidet dann im Verbundverfahren zu allen streitigen Punkten. Dies hat den Kostenvorteil, dass die einzelnen Gegenstandswerte zusammengerechnet werden und die Kosten insgesamt niedriger liegen als bei einzelnen, eigenen Verfahren mit jeweils eigenen Gerichts- und Anwaltskosten.

Zudem werden die Kosten im Rahmen des Scheidungsverfahrens dann auch zwischen den Parteien geteilt. Werden die einzelnen Angelegenheiten wie Kindschaftsrecht, Unterhalt etc. dagegen in eigenen Verfahren außerhalb des Verbundverfahrens geklärt, kann das sehr teuer werden: Denn derjenige, der in dem einzelnen Verfahren unterliegt, muss die gesamten Kosten des Verfahrens tragen, also alle anwaltlichen Kosten beider Seiten sowie die Gerichtskosten.

Klären Sie mit Ihrem Scheidungsanwalt frühzeitig, welche weiteren Fragen und Ansprüche bereits im Verbund mit dem Scheidungsverfahren als Folgesachen abgeklärt werden sollten, damit die entsprechenden Anträge rechtzeitig und spätestens zwei Wochen vor Beginn der mündlichen Verhandlung erfolgen.

Mehr zu der Berechnung und zu Sparmöglichkeiten bei der Scheidung erfahren Sie in unserem Beitrag zu den Scheidungskosten. Mit unserem kostenlosen Scheidungskostenrechner können Sie die voraussichtlichen Scheidungskosten für Ihren konkreten Fall ermitteln.

5. Fazit

  • Werden sich die Ehegatten im Zuge der Trennung zu wichtigen Punkten wie Unterhalt, Umgangsrecht u. ä. nicht einig, können diese Streitfragen im Zuge der Scheidung gerichtlich geklärt werden.
  • Innerhalb des Scheidungsverfahren können Folgesachen nur verhandelt werden, wenn dies spätestens zwei Wochen vor Beginn der mündlichen Verhandlung beantragt wird.
  • Später können die einzelnen Angelegenheiten nur noch in eigenständigen Verfahren außerhalb des Scheidungsverfahrens geltend gemacht werden.
  • Die Kosten der streitigen Scheidung setzen sich aus Anwalts- und Gerichtskosten zusammen und bestimmen sich nach dem Verfahrenswert.
  • Die Klärung von Folgesachen im Verbund des Scheidungsverfahrens ist meist kostengünstiger als die Klärung in eigenen Verfahren.