1. Ist eine Kündigung während der Krankschreibung möglich?
  2. Kündigungsschutz durch Kündigungsschutzgesetz
  3. Wann ist eine Kündigung wegen Krankheit wirksam?
  4. Schutz vor Kündigung wegen Krankheit in der Probezeit oder in Kleinbetrieben
  5. Muss mein Arbeitgeber mich vorher abmahnen?
  6. Was kann ich gegen eine Kündigung wegen Krankheit tun?
  7. Fazit

1. Ist eine Kündigung während der Krankschreibung möglich?

In Deutschland gibt es für besondere Situationen einen speziellen Kündigungsschutz (Sonderkündigungsschutz). Vor einer Kündigung geschützt sind beispielsweise Schwangere, Eltern in Elternzeit und Schwerbehinderte. Kranke Menschen gehören allerdings nicht dazu. Dabei ist es unerheblich, wie schwer die Krankheit ist. Auch ein Tumor-Patient ist daher vor einer Kündigung (leider) nicht sicher.

Sich zur Vermeidung einer Kündigung krankschreiben zu lassen, ist daher zwecklos. Der Arbeitgeber muss mit der Kündigung nicht warten, bis der Arbeitnehmer wieder gesund ist.

Dass die Krankschreibung vor der Kündigung schützt, ist also ein Irrglaube. Der Arbeitgeber kann auch trotz Krankheit bzw. gerade aufgrund der Krankheit kündigen. An dieser gesetzlichen Möglichkeit ändert auch die Krankschreibung durch Ihren Arzt nichts.

Dementsprechend gibt es zwar keine „Kündigungssperre“, die krankheitsbedingte Kündigung ist aber auch nicht ohne weiteres möglich. Erschwert wird die Kündigung z. B. durch das Kündigungsschutzgesetz (KSchG), sofern dieses in dem jeweiligen Fall zum Tragen kommen.

2. Kündigungsschutz durch Kündigungsschutzgesetz

Es gibt also keine „Kündigungssperre“ bei Krankheit und auch ein ärztliches Attest kann die Kündigung nicht verhindern. Trotzdem genießen Arbeitnehmer in Deutschland natürlich einen gewissen allgemeinen Kündigungsschutz nach dem KSchG. Verstößt eine Kündigung gegen das KSchG, ist sie unwirksam.

Damit das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet, müssen im Wesentlichen zwei Voraussetzungen gegeben sein:

1. Betriebsgröße

  • bei Arbeitsverhältnissen, die nach dem 31.12.2003 aufgenommen worden sind, müssen i. d. R. mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt sein
  • bei Arbeitsverhältnissen, die vor dem 31.12.2003 aufgenommen wurden, müssen i. d. R. mehr als 5 Arbeitnehmer beschäftigt sein.

2. Dauer der Betriebszugehörigkeit

  • Das Arbeitsverhältnis muss schon länger als sechs Monate ohne Unterbrechung bestehen.

3. Wann ist eine Kündigung wegen Krankheit wirksam?

Wenn das Kündigungsschutzgesetz greift, müssen für eine Kündigung wegen Krankheit (sog. „krankheitsbedingte Kündigung“) folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Negative Gesundheitsprognose
  • Erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen
  • Interessenabwägung

4. Schutz vor Kündigung wegen Krankheit in der Probezeit oder in Kleinbetrieben

In Kleinbetrieben oder bei einer Betriebszugehörigkeit von weniger als sechs Monaten (i. d. R. Probezeit), genießen Arbeitnehmer keinen Schutz nach dem KSchG. Der Arbeitgeber hat also Kündigungsfreiheit und ist nicht an die o. g. Ausführungen gebunden. Eine rechtswirksame Kündigung ist für den Arbeitgeber dementsprechend einfacher. Die Kündigung darf allerdings auch nicht willkürlich oder aufgrund von sachfremden Erwägungen erfolgen.

Unwirksam ist die Kündigung insbesondere, wenn sie

  • sittenwidrig nach § 138 BGB ist, z. B. aus Rachsucht
  • eine unzulässige Maßregelung darstellt und daher gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB verstößt (ein Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt)
  • den Arbeitnehmer nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) diskriminiert oder
  • gegen den sog. Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstößt.

Ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme muss vom Arbeitgeber eingehalten werden. Notwendig und i. d. R. auch schon ausreichend sind plausible Gründe.

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5. Muss mein Arbeitgeber mich vorher abmahnen?

Eine krankheitsbedingte Kündigung fällt unter die sog. personenbedingte Kündigung. Anders als bei einer Kündigung, die auf dem Verhalten des Arbeitnehmers beruht, können die Ursachen der personenbedingten Kündigung grundsätzlich nicht beeinflusst und damit zukünftig geändert werden.

Die Krankheit liegt nicht in der Hand des Arbeitnehmers. Eine Abmahnung bei der krankheitsbedingten Kündigung ist dementsprechend sinnlos und daher sogar entbehrlich. Ein Arbeitnehmer kann also nicht davon ausgehen, vor der Kündigung gewarnt zu werden.

Trotzdem ist der Arbeitgeber vor Ausspruch einer Kündigung wegen Krankheit gut beraten, die Beschäftigungsfähigkeit des Arbeitnehmers zu erhalten und dem Arbeitnehmer ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) anzubieten.

Dadurch soll die Arbeitsunfähigkeit überwunden und erneuter Arbeitsunfähigkeit vorbeugt werden.


6. Was kann ich gegen eine Kündigung wegen Krankheit tun?

Sie können innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Kündigungsschutzklage einreichen. Mit der Kündigungsschutzklage wird die Wirksamkeit der Kündigung gerichtlich geprüft.

Wichtig ist die Einhaltung dieser dreiwöchigen Klagefrist. Wird die Frist versäumt, gilt die Kündigung als wirksam – auch wenn sie eigentlich unwirksam gewesen wäre. Die Klage kann nur in wenigen Ausnahmefällen verspätet eingereicht werden.

Die Krankheit selbst wird nur in sehr seltenen Fällen als Grund für die Verspätung anerkannt. Krankheit kann i. d. R. auch nur dann als Grund für die Verspätung vorgeschoben werden, wenn der Arbeitnehmer weder selbst zur Erhebung der Klage in der Lage war noch eine andere Person damit beauftragen konnte. Diese Bewertung ist allerdings immer vom individuellen Fall abhängig.

7. Fazit

  • Eine Krankschreibung ist kein Schutz vor einer Kündigung.
  • Wenn ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer kündigen möchte, muss er damit nicht warten, bis dieser wieder gesund ist.
  • Es gibt nach dem Kündigungsschutzgesetz aber einen allgemeinen Schutz gegen eine krankheitsbedingte Kündigung, indem für die wirksame Kündigung eine negative Gesundheitsprognose, eine erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen und eine Interessenabwägung zu Lasten des Arbeitgebers vorliegen müssen.
  • Eine Abmahnung ist dabei wegen fehlender Einwirkungsmöglichkeit auf die Erkrankung i. d. R. entbehrlich.